Wissen ist Macht. Macht ist weder gut noch schlecht. Es kommt nur darauf an, wie man sie anwendet.
Durch sein technisches Wissen ersparte sich der schwarzgekleidete Herr viel umständlichere Handlungen. Seine Mittel waren nur wenige Millimeter elektrisch leitfähigen Materials.
Das blendende Weiß des Himmels wich einem schmutzigen Grau. Dort, wo die Sonne unter den Horizont gesunken war, loderten noch die grünen Fackeln empor, die dieses Ereignis stets begleiteten. Nun herrschte wieder die siebzehn Wochen lange Nacht des Planeten Epsilon.
Die Männer der Station saßen im Unterstand und pokerten. Es gab nicht viele Möglichkeiten, sich die Zeit zu vertreiben. Nur selten landete hier ein Raumschiff. Der Planet kreuzte zwar die Route zwischen Beta und My, aber da der Zwischenlandeplatz auf dem benachbarten Gamma lag, gab es wenig Gründe für Besuche auf Epsilon.
Um 21.10 Uhr interplanetarischer Zeit schrillten die Alarmglocken. Ein größerer Körper mußte in die Argonatmosphäre eingedrungen sein. Die Männer stürzten hinaus und konnten durch die Kuppeldecke eben noch sehen, wie eine glühende Kugel im Westen niederging, rasch weißglühend wurde und dann in ein Feuerwerk herunterregnender Glut versprühte.
Kurze Zeit zuvor war folgendes geschehen.
Der Leiter des Passagierschiffes 119 saß neben dem Mikrofilmprojektor und las einen Artikel über elektronische Grafik. Hin und wieder warf er einen Blick auf den Bildschirm, der den Ausguck ersetzte. Die Route von Gamma nach Beta fuhr er schon zum 600sten Male. Plötzlich stutzte er: Der Planet Epsilon rückte in die Mitte des Fadenkreuzes. Er wischte sich über die Augen, aber der Spuk blieb Wirklichkeit. Ein Druck auf einen Schaltknopf verband ihn mit sämtlichen 420 Passagieren.
»Positroneningenieure werden dringend gebeten, ins Büro der Schiffsleitung zu kommen!« tönte es aus den Lautsprechern. Nach wenigen Minuten meldeten sich zwei Herren.
»... automatische Steuerung des Schiffes muß defekt sein«, erklärte der Leiter und versuchte seiner Stimme einen sachlichen Klang zu geben. »Wenn wir den Fehler nicht innerhalb einer Stunde finden, zerschellen wir auf Epsilon.«
Die Männer drangen in die Räume der positronischen Anlage ein und suchten fieberhaft. Als sie den Fehler gefunden hatten, war es zu spät.
Wenige Stunden zuvor war folgendes geschehen:
Unter den ersten, die das Passagierschiff 119 auf dem Zentralflugplatz von Beta betraten, war ein unscheinbarer, dunkelgekleideter Herr. Da er kein Gepäck hatte, kam er rasch durch die Röntgenkontrolle des Zolls. Er schien sich sehr für die Einrichtung des Schiffes zu interessieren, denn er durchwanderte aufmerksam alle Räume. In einem unbeobachteten Augenblick riß er das Siegel von den Steuerräumen auf, stellte das Kombinationsschloß ein und öffnete die Tür. Er schlüpfte hindurch, zog seine altmodische Uhr hervor, ließ den Deckel aufschnappen und riß die Feder heraus. Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, klemmte er sie zwischen zwei Positronenkreise des Koordinatenaggregates so ein, daß eine leitende Verbindung entstand. Ebenso schnell trat er wieder zur Tür, vergewisserte sich, daß der Gang leer war, trat hinaus und zog den Schieber zu.
Niemand nahm Anstoß daran, daß ein Passagier darum bat, das Schiff noch einmal verlassen zu dürfen, um etwas zu besorgen. Es fiel auch niemandem auf, daß der Betreffende nicht mehr zurückkam.
Einen Tag vorher hatte sich folgendes ereignet:
Im Arbeitszimmer seiner Villa in der Umgebung der Hauptstadt von Gamma verabschiedete der einflußreiche Geschäftsmann etwas abrupt seinen Gesprächspartner, als ihm das Eintreffen eines anderen Besuchers gemeldet wurde. Gleich darauf kam vom Hinterzimmer aus ein dunkelgekleideter Herr herein und setzte sich betont bescheiden auf die Kante eines Polsterstuhls.
»... habe eine interessante Aufgabe für Sie«, erklärte der Hausherr. »Im Raumschiff hundertneunzehn, das morgen startet, werden einige Akten nach Beta befördert. Ich bin daran interessiert, daß sie nicht ankommen. Wollen Sie das für mich erledigen?«
»... wem sind die Papiere?« fragte der Agent.
»... herauszufinden ist Ihre Sache«, meinte der andere.
»... wie stellen Sie sich die Lösung vor?«
»... Sie Ihre Aufgabe erfüllen, ist mir gleichgültig«, erklärte der Geschäftsmann. »... Tarif schlage ich dieselbe Summe vor wie letztesmal.«
»Einverstanden«, entschied der Dunkelgekleidete nach kurzem Besinnen. »... werden wie immer zufrieden sein.«
Ohne ein weiteres Wort verließ er den Raum.