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»Gemütlich« war das meistbenutzte Wort, um die Kleinstadt Crozet zu beschreiben, nicht »malerisch«, »historisch« oder »hübsch«. In Mittelvirginia im allgemeinen und Albemarle County im besonderen gab es jede Menge malerische, histori­sche und hübsche Ortschaften, aber Crozet gehörte nicht dazu. Eine behagliche Geschäftigkeit herrschte in der Gemeinde. Vie­le Familien lebten dort schon seit Generationen, andere waren Neuankömmlinge, herbeigelockt von der betörenden Anzie­hungskraft der Blue Ridge Mountains. Ob alt oder neu, reich oder arm, schwarz oder weiß, die Bewohner der Stadt nickten und winkten einander aus dem Auto zu, riefen und winkten von der anderen Straßenseite, und wer zu Fuß unterwegs war, konn­te sich darauf verlassen, daß jemand ihn im Wagen mitnahm. Heckenzäune boten den idealen Rahmen für fruchtbaren Klatsch, während die Leute von der Gartenarbeit ausruhten. Wer was mit wem machte, wer was zu wem sagte, wer wem Geld schuldete und, Glanzpunkt allen Tratsches, wer mit wem schlief. Das Gerede verstummte nie. Selbst im tiefsten Schnee griffen die Bewohner von Crozet zum Telefon, um das Neueste loszuwerden. Handelte es sich um etwas wirklich Pikantes, zog man sich warm an und eilte durch den Schnee zu einer heißen Tasse Kaffee, dem Begleiter aller anzüglichen Gespräche unter Freunden.

Das Stadtzentrum bestand aus dem Postamt, den drei Haupt­kirchen - lutherisch, baptistisch und episkopalisch - nebst ei­nem kleinen Ableger, der >Kirche zum Heiligen Licht<; den Schulen - vom Kindergarten bis zur zwölften Klasse -, Market Shifletts kleinem Lebensmittelgeschäft und einer Pizzeria mit Namen Crozet Pizza. Da man nur in jeweils einer Kirche betete, blieben die Vorgänge in den anderen drei Kirchen womöglich ein Geheimnis. Der kleine Laden bot reichlich Gelegenheit, sich auf dem laufenden zu halten, nur mußte man natürlich auch etwas kaufen. Außerdem mußte man aufpassen, daß Pewter, Markets dicke graue Katze, einem nicht das Essen klaute, bevor man dazu kam, es zu verzehren. Die Schulen waren ebenfalls eine gute Informationsquelle, doch wer kinderlos war oder seine Lieblinge endlich auf dem College hatte, war von der Versor­gung abgeschnitten. Somit fiel dem Postamt die zweifelhafte Ehre zu, als Haupttreffpunkt zu dienen, als Klatschzentrale.

Die Posthalterin - diese Bezeichnung war ihr lieber als der of­fizielle Titel Postvorsteherin - Mary Minor Haristeen frönte selten dem, was sie unter Klatsch verstand, das heißt, wenn eine Geschichte für sie nicht stichhaltig war, erzählte sie sie nicht weiter. Ansonsten verbreitete sie Neuigkeiten ausgesprochen gern. Ihre inoffizielle Assistentin, Mrs. Miranda Hogendobber, die Witwe des ehemaligen Postvorstehers, genoß die »Neuig­keiten«, aber bei Rufmord hörte für sie der Spaß auf. Wenn die Leute anfingen, andere in den Dreck zu ziehen, ermahnte Mrs. Hogendobber sie zur Mäßigung oder brachte sie kurzerhand zum Schweigen.

Harry, wie Mary Minor liebevoll genannt wurde, meisterte ih­re Aufgaben mit Bravour. Noch ziemlich jung für diesen Po­sten, profitierte sie von Mirandas Erfahrung. Aber Harrys hilf­reichste Assistentinnen waren Mrs. Murphy, ihre getigerte Kat­ze, und Tee Tucker, ihre Welsh-Corgi-Hündin. Sie schwelgten in Klatsch. Nicht nur das Treiben der Menschen hielt sie in Bann, sondern auch die Macken der Tiergemeinschaft, von denen jeder Hund berichtete, der sein Herrchen ins Postamt begleitete. Was den Hunden entging, fand Pewter nebenan her­aus. Wenn sie etwas zu erzählen hatte, rannte die rundliche graue Katze zum Hintereingang des Postamts, um es auszu­plaudern. In den vergangenen Jahren hatten die Katzen so oft an der Tür gekratzt und solch einen Radau veranstaltet, daß Harry schließlich ein Katzentürchen eingebaut hatte, damit die Freun­dinnen nach Belieben kommen und gehen konnten. Harry hatte eine Abdeckplatte konstruiert, mit der sie die Tierpforte ab­schließen konnte, weil das Postamt jede Nacht vorschriftsmäßig verriegelt werden mußte.

Nicht, daß es im Postamt von Crozet viel zu stehlen gab - Briefmarken, ein paar Dollar. Aber Harry befolgte die Vor­schriften gewissenhaft, da sie Staatsbeamtin war, eine Tatsache, die sie unendlich amüsierte. Sie hatte für die Bundesregierung nicht viel übrig und konnte die Staatsregierung kaum ertragen, die sie als Eldorado der Kleingeister betrachtete. Aber immer­hin wurde sie von dem aufgeblähten Regierungsapparat am Nordufer des Potomac bezahlt, also bemühte sie sich, ihre Mei­nung für sich zu behalten.

Miranda Hogendobber dagegen erinnerte sich noch lebhaft an Franklin Delano Roosevelt, weshalb sie eine viel positivere Einstellung zur Regierung hatte als Harry. Daß Miranda sich an FDR erinnerte, bedeutete aber noch lange nicht, daß sie ihr Al­ter preisgab.

An diesem Julitag waren die Mimosen von den rosa-goldenen Heiligenscheinen ihrer zarten Blüten umkränzt. Myrten und Hortensien übersäten die Stadt, hier mit purpur- und magentaro­ten, dort mit weißen Sprenkeln. Weil sonst nicht viel blühte in diesen schwülen Hundstagen, die am dritten Juli begannen und am fünfzehnten August endeten, war man dankbar für diese Farben.

Bislang waren in diesem Monat keine fünf Zentimeter Regen gefallen. Die Schneeballsträucher ließen die Köpfe hängen. Selbst der widerstandsfähige Hartriegel fing an, sich einzurol­len, und Mrs. Hogendobber sprengte ihre Pflanzen frühmorgens und spätabends, damit nicht zuviel Feuchtigkeit durch Verdun­stung verlorenging. Ihr Garten, um den sie die ganze Stadt be­neidete, zeugte von ihrer wachsamen Fürsorge.

Als die Post sortiert war, gönnten sich die beiden Frauen ihre morgendliche Teepause. Genauer gesagt, Tee für Harry, Kaffee für Miranda. Mrs. Murphy saß auf der Zeitung. Tucker schlief im hinteren Bereich des Postamts unter dem Tisch.

»Ist heute Honigtag oder Zuckertag, Mrs. H.?« fragte Harry, als das Wasser kochte.

»Honigtag.« Miranda lächelte. »Mir ist nach Natursüße.«

Harry verdrehte die Augen und ließ einen dicken Klacks Ho­nig von dem Spiralstab tropfen, der in dem Honigtopf aus brau­ner Keramik steckte. Dann nahm sie den Teebeutel aus ihrem Becher, wickelte den Faden um den Löffel, um die letzten Trop­fen starken Tees auszudrücken. Der Henkel ihres Bechers hatte die Form eines Pferdeschweifs, das übrige stellte Leib und Kopf des Pferdes dar. Mirandas Becher war weiß und trug in Block­buchstaben die Aufschrift SAG JA zu NEIN.

»Mrs. Murphy, ich würde gerne die Zeitung lesen.« Miranda hob sacht das Hinterteil der Tigerkatze an und zog die Zeitung unter ihr weg.

Mrs. Murphy legte die Ohren an und quittierte das Ansinnen mit einem empörten Murren. »Ich steck meine Pfoten auch nicht an deinen Hintern, Miranda, und außerdem steht nie was Le­senswertes in der Zeitung.« Sie stapfte zu der kleinen Hintertür und marschierte hinaus.

»Hat die aber schlechte Laune.« Miranda setzte sich und über­flog die Titelseite.

»Was sagt die Schlagzeile?« fragte Harry.

»Zwei Verletzte auf der I-64. Was noch? Oh, dieser Thread­needle-Virus droht am ersten August unsere Computer zu infi­zieren. Es wäre mir sehr recht, wenn unser neuer Computer todkrank wäre.«

»Ach was, der ist doch gar nicht so schlimm.« Harry griff nach dem Sportteil.

»Schlimm?« Mrs. Hogendobber schob ihre Brille hoch.

»Wenn ich auch nur eine Kleinigkeit in der falschen Reihen­folge mache, erscheint ein barsches Kommando auf diesem widerwärtigen grünen Bildschirm, und ich muß wieder ganz von vorne anfangen. Es gibt da viel zu viele Tasten. Moderne Errungenschaften! Zeitverschwender, das sind sie, Zeitver­schwender, die sich als Zeitsparer verkleiden. Ich kann mir in meinem Oberstübchen mehr merken als so ein Computerchip. Und können Sie mir sagen, wozu wir im Postamt einen Compu­ter brauchen? Wir brauchen eine gute Waage und einen guten Freistempler. Die Briefe kann ich selber stempeln!«

Als Harry sah, daß Miranda mal wieder in Maschinenstürmer­laune war, hielt sie es für das klügste, ihr nicht zu widerspre­chen.

»Nicht alle, die im Postdienst arbeiten, sind so schlau wie Sie. Die können sich nicht so viel merken. Für sie ist der Computer ein Geschenk des Himmels.« Harry reckte den Hals, um das Foto von dem Autounfall zu sehen.

»Das haben Sie hübsch gesagt.« Mrs. Hogendobber trank ih­ren Kaffee. »Wo Reverend Jones nur bleibt? Gewöhnlich ist er um diese Zeit hier. Alle anderen waren pünktlich.«

»Tausend Jahre sind vor dem Herrn wie ein Tag. Eine Stunde ist für den Reverend wie eine Minute.«

»Hüten Sie Ihre Zunge.« Miranda, tiefgläubig, auch wenn sie ihren Glauben gelegentlich den Umständen anzupassen pflegte, drohte mit dem Finger. »Wie Sie wissen, machen wir uns in der Kirche zum heiligen Licht< nicht über die Heilige Schrift lu­stig.« Miranda gehörte einer kleinen Kirchengemeinde an. Tat­sächlich waren es Abtrünnige der Baptistenkirche. Vor zwanzig Jahren war ein neuer Pfarrer gekommen, der viele Gemeinde­mitglieder zur Weißglut brachte. Nach vielem Hin und Her spalteten sich die Unzufriedenen nach altehrwürdiger Tradition ab und gründeten ihre eigene Kirche. Mrs. Hogendobber, die große Stütze des Chors, war bei der Abspaltung eine treibende Kraft gewesen. Als der unbeliebte Pfarrer sechs Jahre nach dem Aufstand seine Sachen packte und die Stadt verließ, waren die Angehörigen der Kirche zum heiligen Licht< so mit sich zufrie­den, daß sie sich weigerten, in den Schoß der Ursprungskirche zurückzukehren.

Ein leises Tappen am Hintereingang verkündete den Eintritt einer Katze. Mrs. Murphy kehrte zur Gruppe zurück. Ein laute­res Tappen zeigte an, daß sie Pewter im Schlepptau hatte.

»Hallo«, rief Pewter.

»Hallo, Miezekätzchen«, erwiderte Mrs. Hogendobber das Miauen. Als Harry damals den Posten von Mr. Hogendobber übernahm und Katze und Hund mitbrachte, hatte Miranda ge­gen die Tiere gewettert. Die Tiere eroberten sie allmählich; wenn man Miranda jedoch fragte, was sie von Menschen hielt, die mit Tieren sprachen, behauptete sie steif und fest, so etwas würde sie niemals tun. Die Tatsache, daß Harry täglich Zeugin ihrer Gespräche war, bewog sie keineswegs, von ihrer Behaup­tung abzulassen.

»Tucker, Pewter ist da«, sagte Mrs. Murphy.

Tucker machte ein Auge auf und wieder zu.

»Ich werd mich hüten, dir das Neueste zu erzählen.« Pewter leckte sich gemächlich die Pfote.

Beide Augen gingen auf, und die kleine Hündin hob den hüb­schen Kopf. »Hä?« »Mit dir sprech ich nicht. Du läßt dich ja nicht mal herab, mich zu grüßen, wenn ich zu Besuch komme.«

»Pewter, du verbringst dein halbes Leben hier drin. Ich kann doch nicht so tun, als hätte ich dich monatelang nicht gesehen«, erklärte Tucker.

Pewter schnippte mit dem Schwanz, dann sprang sie auf den Tisch. »Gibt's was zu essen?«

Mrs. Murphy lachte. »Schwein.«

»Was können sie schlimmstenfalls sagen, wenn man fragt? Höchstens nein«, sagte Pewter. »Aber sie könnten auch ja sa­gen. Mrs. Hogendobber muß was haben. Sie kommt doch nicht mit leeren Händen ins Postamt.«

Die Katze kannte ihre Nachbarin gut; tatsächlich hatte Mrs. Hogendobber einen Schwung glasierte Doughnuts mitgebracht. Sobald Pewters Pfoten den Tisch berührten, wollte Harry die Leckereien mit einer Serviette zudecken, aber zu spät. Pewter hatte ihre Beute erspäht. Sie krallte sich ein Stück Doughnut, köstlich feucht und frisch. Die Katze flitzte mit ihrer Beute vom Tisch auf den Boden.

»Diese Katze stirbt noch mal an Herzversagen. Ihr Choleste­rinspiegel muß höher sein als der Mount Everest.«

»Haben Katzen auch Cholesterin?« wunderte sich Harry laut.

»Wieso nicht? Fett ist Fett...«

Bei dieser Bemerkung schritt Reverend Herbert Jones durch die Tür. »Fett? Machen Sie sich über mich lustig?«

»Nein, wir sprachen über Pewter.«

»Relativ gesehen ist sie dicker als ich«, bemerkte er.

»Aber Sie haben Diät gehalten und sind schwimmen gegan­gen. Ich finde, Sie haben kräftig abgenommen«, schmeichelte ihm Harry.

»Wirklich? Sieht man das?«

»Allerdings. Kommen Sie, trinken Sie eine Tasse Tee«, lud Mrs. Hogendobber ihn nach hinten ein, wobei sie sorgsam die Doughnuts zugedeckt hielt.

Der gute Reverend leerte sein Postfach, dann ging er schwungvoll durch die Klapptür, die den Raum für den Publi­kumsverkehr vom hinteren Bereich trennte. »Alle sind ganz aus dem Häuschen wegen diesem Computervirus. In den Richmonder >Morgennachrichten< haben sie einen ganzen Bericht dar­über gebracht, was zu erwarten und was dagegen zu tun ist.«

»Erzählen Sie.« Harry stand vor der kleinen Kochplatte.

»Nein. Ich will, daß unser Computer stirbt.«

»Miranda, ich glaube nicht, daß Ihr Computer in Gefahr ist. Es scheint sich hier um eine Art Firmensabotage zu handeln.« Reverend Jones zog sich einen Stuhl mit Sprossenlehne heran. »Soweit ich informiert bin, wurde der Virus von einer oder mehreren Personen in das Computersystem eines großen, in Virginia ansässigen Unternehmens eingeschleust, aber niemand weiß, in welches. Das infizierte Gerät muß ein Computer sein, der mit vielen anderen Computern kommuniziert.«

»Und wie, bitte schön, darf ich das verstehen?« Miranda senk­te die Stimme. »So was wie Kommunion?«

»Reden. Computer können miteinander reden.« Herb beugte sich nach vorn. »Danke, Schätzchen.« Er nannte Harry »Schätzchen«, als sie ihm seinen Tee reichte. Wenn es von ihm kam, hatte sie nichts dagegen. »Wer immer diesen Virus einge­schleust hat.«

Miranda unterbrach ihn wieder. »Was meinen Sie mit Virus?«

Der Reverend, ein warmherziger Mann, der die Menschen liebte, zögerte einen Moment und seufzte. »Aufgrund der Art und Weise, wie ein Computer Befehle versteht, ist es möglich, ja ganz einfach, einen Befehl einzugeben, der sein Gedächtnis verwirrt oder auslöscht.«

»Dafür brauche ich keinen Virus«, sagt Miranda. »Das tu ich jeden Tag.«

»Dann könnte also jemand einem Computer so einen Befehl eingeben wie Lösche jede Datei, die mit dem Buchstaben A beginnt<«, warf Harry ein.

»Genau, aber wie der Befehl lautet, das weiß eben keiner. Stellen Sie sich vor, dies geschieht in einer medizinischen Da­tenbank. Der Befehl würde etwa lauten: Zerstöre alle Auf­zeichnungen über jeden, der John Smith heißt. < Da sehen Sie, welche Auswirkungen das haben könnte.«

»Aber Herbie« - Miranda nannte ihn beim Vornamen, weil sie seit einer Ewigkeit befreundet waren -, »warum sollte jemand so etwas tun wollen?« »Vielleicht, um eine Polizeiakte zu löschen oder eine Schuld zu stornieren oder eine Krankheit zu verheimlichen, die ihn den Job kosten könnte. Manche Firmen entlassen Angestellte, die Aids oder Krebs haben.«

»Wie können die Menschen sich davor schützen?«

Mrs. Hogendobber bekam allmählich eine Vorstellung von den Möglichkeiten, damit Unheil anzurichten.

»Der Initiator hat Faxe an Fernsehsender geschickt, daß der Virus am ersten August wirksam wird und daß er Threadneedle- Virus heißt.«

Harry rieb sich das Kinn. »Threadneedle, ein komischer Na­me. Wo mag da die Verbindung sein?«

»Oh, die gibt es bestimmt. Die Journalisten suchen wie ver­rückt danach«, erklärte Herbie zuversichtlich.

»Ein einziges großes Rätsel.« Harry liebte Rätsel.

»Der Computerexperte sagte in der Morgensendung, eine Möglichkeit, eine Information zu schützen, bestehe darin, sei­nem Computer zu sagen, daß er jeden Befehl, der am ersten August eingeht, ignorieren soll.«

Miranda nickte. »Vernünftig.«

»Nur, daß die meisten Geschäfte über Computer abgewickelt werden, und das würde heißen, daß einen ganzen Tag lang sämtliche kommerziellen, medizinischen, sogar politischen Transaktionen auf Eis liegen.«

»Ach du meine Güte.« Miranda machte große Augen. »Kann man denn sonst gar nichts tun?«

Herbie trank seinen Tee aus und stellte den Becher mit einem leisen Plop auf den Tisch. »Der Experte hat einen Überblick über die Schutzmaßnahmen gegeben und die Leute aufgerufen, ihre Computer so zu programmieren, daß sie alle am ersten August eingehenden Befehle aufschieben und überprüfen. Wenn etwas merkwürdig ist, kann das Prüfprogramm den Computer anweisen, den verdächtigen Befehl ungültig zu ma­chen. Natürlich werden große Firmen ihre eigenen Computer­experten heranziehen, aber wie es scheint, wird alles, was sie austüfteln, eine Variante des Prüfprogramms sein.«

»Ich wollte schon immer >Ungültig< auf meine Autozulassung setzen«, gestand Harry.

Mrs. Hogendobber schürzte die Lippen, die heute muschelrosa geschminkt waren. »Warum das denn?«

»Weil der Computer dann jedes Jahr meine Zahlungsanwei­sung an die Kfz-Abteilung des Finanzamts zurücküberweisen würde. Zumindest habe ich mir das so vorgestellt.«

»Unsere kleine Saboteurin.«

»Miranda, ich hab's ja nicht getan. Ich hab bloß drüber nach­gedacht.«

»Aus kleinen Eicheln wachsen mächtige Eichen.« Mrs. Ho­gendobber setzte ein grimmiges Gesicht auf. »Stecken Sie da­hinter?«

Die drei lachten.

»Also, was gibt's Neues, Pewter?« fragte Tucker, dann wand­te sie sich Mrs. Murphy zu. »Ich nehme an, du weißt es schon, sonst hättest du ihr längst das Fell abgezogen.«

Mit der leisen Andeutung von Überlegenheit, die Katzen so aufreizend macht, ließ Mrs. Murphy ihre Schnurrhaare vorwärts schnellen. »Wir haben hinten auf der Veranda ein bißchen ge­plaudert.«

»Los, erzähl.«

Pewter schlenderte zu dem Hund hinüber, der sich unterdes­sen aufgesetzt hatte. »Aysha Cramer hat Mim Sanburne glatt­weg ins Gesicht gesagt, daß sie sich weigert, mit Kerry McCray auf dem Wohltätigkeitsfest für die Obdachlosen zusammenzu­arbeiten.«

Mim Sanburne hielt sich für die Queen von Crozet. An ihren großzügigen Tagen dehnte sie ihr Reich auf ganz Virginia aus.

»Wenn's weiter nichts ist.« Tucker war enttäuscht.

»Das ist noch nicht alles. Mim kommt niemand ungestraft in die Quere. Sie ist aus der Haut gefahren und hat zu Aysha ge­sagt, das Wohl der Gemeinde sei wichtiger als ihre Zankereien mit Kerry«, erklärte die rundliche Katze.

»Ach, Aysha.« Tucker lachte. »Jetzt wird Mim ihr den miese­sten Job bei der Wohltätigkeitsveranstaltung geben - Adressen schreiben, Couverts zukleben und abstempeln. Die müssen nämlich alle mit der Hand geschrieben werden.«

Pewter kicherte. »Und alles wegen Norman Cramer. Diesem Langweiler.«

Die Tiere hielten einen Moment die Luft an.

»Junge, Junge, das muß ein fader Sommer sein, wenn wir schon über dieses Dreiecksverhältnis lachen«, sagte Mrs. Mur­phy nachdenklich.

»Hier passiert aber auch gar nichts«, nörgelte Tucker.

»Die Parade am Vierten Juli war okay. Aber nichts Besonde­res. Vielleicht stellt ja jemand am Labor Day was auf die Bei­ne.« Pewter unterbrach sich. »Hoffen wir auf ein bißchen Wirbel.«

Mrs. Murphy streckte sich vorwärts, dann rückwärts.

»Wißt ihr, was meine Mutter immer gesagt hat? >Sieh dich vor, worum du bittest, du könntest es bekommen.««

Die drei Freundinnen sollten später noch an diese Prophezei­ung zurückdenken.

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