Die Batterieanzeige in Harrys Transporter flackerte, deshalb hielt sie an der alten Amoco-Tankstelle an, die eine MobilTankstelle gewesen war. Der uralte Cola-Automat verlockte Harry. Sie schob das Geldstück ein und »bewegte« dann die kurvenreiche Flasche, bis das metallene Maul sich öffnete und sie die Flasche in die Freiheit zog. Sie mochte die alten Geräte, weil man den Deckel hochheben und die Hand in den kalten Kasten stecken konnte. Die neuen Getränkeautomaten waren so glitzernd und mit Lichtern gespickt, daß sie das Gefühl hatte, eine Sonnenbrille aufsetzen zu müssen, um sie zu bedienen. Als sie klein war, bekam man eine Coca-Cola für ein Fünfcentstück. Dann, als sie zur Grundschule ging, war der Preis auf zehn Cents hochgeschnellt. Jetzt kostete eine Cola fünfzig Cents, aber in einer Großstadt konnte man leicht fünfundsiebzig berappen. Wenn das Fortschritt war, dann fand Harry ihn schrecklich deprimierend.
Gewöhnlich machte sie sich nach der Arbeit sofort auf den Heimweg, aber die Pferde grasten auf einer fetten Weide. Im Sommer mußte sie keine Körner zufüttern. Die strahlende Abenddämmerung verweilte. Warum sich beeilen?
Geistesabwesend lenkte sie das aufgeladene Gefährt auf der Route 810 nach Norden.
»Wo fahren wir hin?« Tucker legte die Schnauze auf das Fenstersims.
»Das ist wieder so eins von Moms Abenteuern. « Mrs. Murphy rollte sich hinter dem langen Schalthebel zusammen. Diesen Platz mochte sie am liebsten.
»Das letzte Mal, als sie so was gemacht hat, sind wir in Sperryville gelandet. Ich hab Hunger. Ich will nicht so lange Auto fahren.«
Mrs. Murphy lachte. »Dann mußt du winseln. Quetsch dir die süßen Hundetränchen aus den Augen. Das weckt ihre mütterlichen Instinkte.«
»Du weißt ja, wie ich übertreiben kann. Aber das muß ich mir für besondere Gelegenheiten aufsparen.« Tucker ergab sich in ihr Schicksal.
Harry schaltete das Radio ein, dann schaltete sie es wieder aus. Die Werbung für eine Hämorrhoidensalbe störte die sanfte Stimmung des schwindenden Lichtes, das zuerst scharlachrot war und dann in ein verschwommenes, mit indigoblauen Streifen durchsetztes Rosa überging.
Sie verlangsamte das Tempo an der Abzweigung nach Sugar Hollow. Diese Gegend im Westen von Albernarie County war bei Motorradfahrern und Campern sehr beliebt. Der Hohlweg führte zu einem dunstigen Einschnitt im Berg. Egal, wie heiß der Tag war, die bewaldeten Wege waren immer kühl und einladend. Man konnte mit dem Auto ein paar Kilometer auf dem Hohlweg bis zu einem Parkplatz fahren und dann Spazierengehen.
Ein Dröhnen veranlaßte Harry, so heftig auf die Bremse zu treten, daß Tucker und Mrs. Murphy vom Sitz purzelten.
»He!« Die Katze krallte sich auf den Sitz zurück. Ein verschwommenes schwarzes Gebilde schlitterte vor ihnen, legte sich in die Kurve und raste dann die dämmrige Straße entlang, die von Sugar Hollow wegführte.
Harry blinzelte dem Motorrad hinterher. Es war die schwarze Harley, der Fahrer in schwarzes Leder gezwängt, und das an einem so heißen Tag. Sie hatte sich das Motorrad genau angesehen, als Blair den Mann aus Ash Lawn hinauskomplimentiert hatte. Es gab kein zweites Motorrad dieser Art in der Gegend, außerdem hatte es kalifornische Nummernschilder.
Harry verzog das Gesicht. »Sieht aus, als hätte er Malibu in Sugar Hollow auch nicht gefunden.«