11


Dritter Tag

Mittwoch, 17. Oktober

Bern gehörte zu den Städten, in denen Robert sich am wohlsten fühlte. Die Schweizer Bundeshauptstadt war eine elegante, reiche Stadt mit prächtigen Patrizierhäusern und Baudenkmälern aus vergangenen Jahrhunderten. Nach Roberts Einschätzung waren die Berner umgänglicher als andere Schweizer: Sie bewegten sich langsamer, sprachen bedächtiger und waren insgesamt ruhiger. Robert hatte früher mehrmals mit dem Schweizer Geheimdienst am Waisenhausplatz in Bern zusammengearbeitet; er hatte dort Freunde, die ihm hätten weiterhelfen können — wenn da nicht General Hilliards Anweisungen gewesen wären.

Robert mußte fast zwanzig Telefongespräche führen, um die Werkstatt zu eruieren, die den Wagen des Fotografen abgeschleppt hatte. Es war ein kleiner Betrieb in der Freiburger Straße, dessen Besitzer Fritz Mandel zugleich der einzige

Mechaniker war. Mandel war ein Endvierziger mit hagerem, von Akne entstelltem Gesicht, schmalen Schultern und gewaltigem Bierbauch.

«Sie haben heute schon mal angerufen. Hat’s irgendwelche Beschwerden wegen der Abschlepperei gegeben?«fragte er, nachdem Robert in dem kleinen Büro Platz genommen hatte.»Ich übernehme keine Haftung für.«

«Nein, nein«, unterbrach Robert ihn.»Durchaus nicht! Ich führe eine Umfrage durch und hätte gern auch den Fahrer dieses Wagens befragt.«

Mandel zog eine Schublade aus dem großen Karteikasten.»Letzten Sonntag, haben Sie gesagt?«

«Richtig.«

Mandel nahm eine Karteikarte heraus.»Ja, das war dieser Typ, der uns vor der Fliegenden Untertasse fotografiert hat.«

Robert hatte plötzlich feuchte Hände.»Sie haben das UFO gesehen?«

«Ja. Und ich hab’ mir fast in die Hose gemacht.«

«Können Sie’s beschreiben?«

Mandel schauderte.»Es… es hat wie lebendig gewirkt.«

«Wie bitte?«

«Ich meine… es ist von ‘nem Lichtschein umgeben gewesen, der ständig die Farbe gewechselt hat. Manchmal blau… dann wieder grün… schwer zu beschreiben. Und drinnen haben wir kleine Wesen gesehen. Keine Menschen, aber…«Er sprach nicht weiter.

«Wie viele?«

«Zwei.«

«Lebendig?«

«Ich hab’ sie für tot gehalten. «Mandel fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn.»Ich freue mich, daß Sie mir glauben. Als ich Freunden davon erzählt habe, haben die mich ausgelacht. Sogar meine Frau hat geglaubt, ich hätte zu tief ins Glas geguckt. Aber ich weiß, was ich gesehen habe!«»Und der Wagen, den Sie abgeschleppt haben…«, warf Robert ein.

«Ja, der Renault. Seine Zylinderkopfdichtung war durchgebrannt. Das Abschleppen hat zweihundertvierzig Franken gekostet. An Sonn- und Feiertagen verlange ich das Doppelte.«

«Hat der Fahrer mit Scheck oder Kreditkarte gezahlt?«

«Schecks oder Kreditkarten nehm’ ich nicht. Er hat bar gezahlt.«

«Mit Schweizer Franken?«

«Nein, mit englischen Pfund.«

«Herr Mandel, Sie haben sich doch bestimmt das Kennzeichen des abgeschleppten Fahrzeugs notiert?«

«Klar doch«, bestätigte Mandel. Er sah auf die Karteikarte.»Es ist ein Leihwagen gewesen. Von der Firma Avis. Er hat ihn in Genf gemietet.«

«Würden Sie mir bitte das Kennzeichen geben?«

«Klar, warum nicht?«Mandel kritzelte es auf einen Zettel, den er Robert gab.»Worum geht’s Ihnen eigentlich? Um die UFO-Sache?«

Robert schüttelte den Kopf und zeigte dem Mann eine seiner vielen Ausweiskarten.»Ich komme vom IAC, dem International Automobile Club. Wir führen eine Umfrage über Abschleppdienste durch.«

«Ah.«

Als Robert die Werkstatt verließ, dachte er benommen: Anscheinend geht’s in Wirklichkeit um ein UFO mit zwei toten Außerirdischen. Aber warum hatte General Hilliard ihn dann belogen, obwohl er gewußt hatte, daß Robert herausbekommen würde, daß hier ein UFO abgestürzt war?

Dafür gab es nur eine mögliche Erklärung, die Robert jäh frösteln ließ.

Загрузка...