Sechzehnter Tag Rom, Italien
Robert rief Oberst Cesare aus einer Telefonzelle an der Piazza Dante an.»Wie war das nochmal mit unserer Freundschaft?«erkundigte er sich.
«Nicht so naiv, mein Freund. Ich habe nun mal meine Befehle — genau wie du. Und ich kann dir versichern, daß Flucht zwecklos ist. Du stehst bei allen großen Nachrichtendiensten ganz oben auf der Liste der meistgesuchten Männer. Die halbe Welt fahndet nach dir.«
«Glaubst du, daß ich ein Verräter bin?«
«Was ich glaube, spielt keine Rolle, Robert. Du darfst die Sache nicht persönlich nehmen. Ich habe meine Befehle.«
«Mich zu liquidieren.«
«Du hast vielleicht noch eine Chance, wenn du dich freiwillig stellst.«
«Danke, amico. Sollte ich noch einen Rat brauchen, rufe ich die Telefonseelsorge an. «Er hängte ein.
Robert Bellamy war sich darüber im klaren, daß die Gefahr um so größer wurde, je länger er sich auf freiem Fuß befand. Geheimdienstleute aus einem halben Dutzend Staaten würden sich ihm an die Fersen heften.
Er sah sich auf der jetzt fast menschenleeren Piazza um. Allmählich wurde es Zeit, mit dem Mann zu reden, dem er diesen Alptraum verdankte: General Hilliard. Aber er mußte vorsichtig sein, denn seine Leute würden innerhalb weniger Minuten ermittelt haben, von woher ein Anruf kam.
Robert stellte fest, daß die beiden benachbarten Telefonzellen ebenfalls leer waren. Perfekt. Er wählte nicht die Privatnummer, die General Hilliard ihm gegeben hatte, sondern rief die NSA-Vermittlung an. Als die Zentrale sich meldete, sagte Robert:»Bitte General Hilliards Vorzimmer.«
Einen Augenblick später hörte er die Stimme einer Sekretärin:»Vorzimmer General Hilliard.«
«Überseegespräch — bitte bleiben Sie dran«, verlangte Robert, hastete in die Telefonzelle nebenan und wählte noch einmal die gleiche Nummer. Diesmal meldete sich eine andere Sekretärin:»Vorzimmer General Hilliard.«
«Überseegespräch — bitte bleiben Sie dran«, sagte Robert. Dann trat er in die dritte Telefonzelle und wählte erneut. Als eine weitere Sekretärin abnahm, sagte er:»Hier ist Commander
Die Sekretärin schnappte nach Luft.»Augenblick, Commander!«Dann drückte sie auf die Summertaste der Gegensprechanlage.»General, Commander Bellamy auf Leitung drei.«
Der General blickte überrascht Harrison Keller an, den er vor wenigen Minuten zu sich gebeten hatte.»Lassen Sie sofort feststellen, woher der Anruf kommt!«
Keller hastete zu dem Telefon auf dem Sideboard und ließ sich mit Adams verbinden, der in dem Tag und Nacht besetzten Network Operations Center Dienst hatte.
«Wie schnell schaffen Sie es, einen Anruf zurückzuverfolgen?«fragte er.
«Ein bis zwei Minuten, Sir.«
«Okay, dann los! General Hilliards Dienstzimmer, Leitung drei. Ich bleibe am Apparat. «Er sah zu seinem Chef hinüber und nickte.
General Hilliard nahm den Hörer ab.
«Sind Sie’s, Commander?«
Im NOC gab Adams einen Computercode ein.»Die Suche läuft an«, meldete er Keller.
«Ich finde, daß es Zeit wird, daß wir mal miteinander reden, General.«
«Ich freue mich, daß Sie angerufen haben, Commander. Wollen Sie nicht selbst herkommen, damit wir die Situation besprechen können? Ich lasse Ihnen ein Flugzeug bereitstellen, mit dem Sie.«
«Nein, danke. Flugzeuge verunglücken zu häufig, General.«
In der Fernmeldezentrale war das Electronic Switching System (ESS) aktiviert worden. Auf dem Computermonitor erschienen Kombinationen aus Buchstaben und Zahlen: AX121-B… AX122-C… AX123-C…
«Wie kommen Sie voran?«flüsterte Harrison Keller in seinen Hörer.
«Das Network Operations Center in New Jersey sucht die Washingtoner Stammleitungen ab, Sir. Bleiben Sie bitte dran.«
Der Monitor wurde dunkel. Dann blinkte plötzlich die Meldung ATLANTIK-STAMMLEITUNG 1 auf.
«Der Anruf kommt irgendwo aus Europa. Jetzt verfolgen wir ihn ins Ursprungsland zurück.«
«Commander, ich fürchte, daß hier ein Mißverständnis vorliegt«, sagte der General eben.»Ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen, der…«
Robert hängte ein.
General Hilliard sah zu Keller hinüber.»Haben Sie ihn?«
«Was ist passiert?«fragte Harrison Keller Adams.
«Wir haben ihn verloren.«
Robert trat in die zweite Telefonzelle und griff nach dem herabbaumelnden Hörer.
Aus der Gegensprechanlage auf dem Schreibtisch des Generals ertönte die Stimme der zweiten Sekretärin.»Commander Bellamy ist auf Leitung zwei.«
Die beiden Männer starrten sich an. Mit einem Knopfdruck stellte General Hilliard die Verbindung her.
«Commander?«
«Lassen Sie mich einen Vorschlag machen«, antwortete Robert.
Der General hielt die Sprechmuschel zu.»Stellen Sie fest, woher der Anruf kommt!«wies er Keller an.
Keller gab seinen Befehl an Adams weiter.»Er ist wieder dran. Leitung zwei. Schnell!«
«Wird gemacht, Sir.«
«Ich schlage vor, General, daß Sie die Jagd auf mich abblasen. Und zwar sofort!«
«Ich glaube, daß Sie die Situation mißverstehen, Commander. Wir können dieses Problem gemeinsam lösen.«
«Ich will Ihnen sagen, wie es zu lösen ist. Ich soll liquidiert werden. Ich verlange, daß Sie diesen Befehl widerrufen.«
Im Network Operations Center erschien eine neue Meldung auf dem Monitor: AX155-C UNTERSTAMM A21
BESTÄTIGT. HAUPTLEITUNG 301 NACH ROM. ATLANTIK-STAMMLEITUNG 1.
«Wir haben den Anruf nach Rom verfolgt«, meldete Adams.
«Jetzt noch die Rufnummer und seinen Standort!«verlangte Keller.
In Rom sah Robert auf seine Armbanduhr.»Sie haben mir einen Auftrag erteilt. Ich habe ihn ausgeführt.«
«Sie haben hervorragende Arbeit geleistet, Commander. Ich schlage vor, daß Sie.«
Am anderen Ende wurde eingehängt.
Der General wandte sich an Keller.»Er hat wieder aufgelegt.«
Keller sprach mit Adams.»Haben Sie ihn erwischt?«
«Nein. Es ging zu schnell, Sir.«
Robert trat in die Telefonzelle nebenan und griff nach dem Hörer.
«Commander Bellamy auf Leitung eins, General«, meldete die dritte Sekretärin.
«Seht zu, daß ihr den Hundesohn findet!«knurrte der General, drückte einen Knopf und nahm den Hörer ab.»Commander?«
«Ich möchte, daß Sie mir aufmerksam zuhören, General. Sie haben eine Menge unschuldiger Leute ermorden lassen. Wenn Sie Ihre Männer nicht zurückpfeifen, wende ich mich an die Medien und informiere sie darüber, was bisher vorgefallen ist.«
«Davon würde ich Ihnen abraten — es sei denn, Sie wollten eine weltweite Panik auslösen. Die Außerirdischen existieren wirklich, und wir sind ihnen hilflos ausgeliefert. Sie bereiten sich darauf vor, uns zu unterjochen. Sie haben keinen Begriff davon, Commander, was passieren würde, wenn diese Tatsachen bekannt würden.«
«Sie auch nicht«, erwiderte Robert Bellamy.»Ihnen bleibt keine andere Wahl. Pfeifen Sie Ihre Männer zurück. Der nächste Anschlag auf mein Leben würde mich dazu zwingen, an die Öffentlichkeit zu gehen.«
«Gut, Sie haben gewonnen«, bestätigte General Hilliard widerstrebend.»Ich blase die Jagd auf Sie ab. Und ich schlage vor, daß wir uns.«
«Die Telefonüberwachung hat mich bestimmt schon fast aufgespürt«, sagte Robert.»Schönen Abend noch.«
Damit hängte er ein.
«Haben Sie ihn?«blaffte Keller Adams an.
«Er hat aus Rom angerufen — irgendwo aus der Innenstadt. Mehr haben wir nicht herauskriegen können, weil er ständig die Nummern gewechselt hat.«
Der General sah zu Keller hinüber.»Und?«
«Ganz knapp verfehlt, Sir. Wir wissen nur, daß er irgendwo in Rom ist. Nehmen Sie seine Drohung ernst? Widerrufen wir den Befehl, ihn zu liquidieren?«
«Nein. Wir müssen ihn zum Schweigen bringen.«
Robert überlegte. Flughäfen, Bahnhöfe, Busbahnhöfe und Leihwagenfirmen würden überwacht werden. Er konnte in kein Hotel gehen, weil SIFAR-Leute seine Personenbeschreibung verbreiten würden. Trotzdem mußte er irgendwie aus Rom herauskommen. Er brauchte etwas zur Tarnung.
Plötzlich kam ihm ein Gedanke: Sie fahndeten nach einem einzelnen Mann. Also brauchte er eine Begleiterin!
An der nächsten Straßenecke stand ein Taxi. Robert zerzauste sein Haar, zog den Krawattenknoten herunter und torkelte wie ein Betrunkener auf den Wagen zu.»Hey!«grölte er heiser.»Sie da!«
Der Taxifahrer starrte ihn angewidert an.
Robert zog einen Zwanzigdollarschein aus der Tasche und klatschte ihn dem Mann in die Hand.»Hey, Freundchen, ich will irgendwo bumsen. Weischt du, was das heischt? Ver-stehscht du überhaupt Englisch?«
Der Fahrer betrachtete den Geldschein.»Sie wünschen, eine Frau?«
«Du hascht’s erraten, Kumpel. Ich wünsch’ eine Frau.«
«Andiamo«, sagte der Taxifahrer.
Er fuhr los, sobald der Betrunkene sich auf den Rücksitz hatte fallen lassen.
Zwanzig Minuten später hatten sie den von Nutten und Zuhältern bevölkerten römischen Rotlichtbezirk Tor di Quinto erreicht. Sie fuhren die Passeggiata Archeologica entlang, und der Taxifahrer hielt an einer Straßenecke.
«Hier finden Sie eine Frau«, sagte er.
«Danke, Kumpel. «Robert stieg schwankend aus. Das Taxi fuhr mit quietschenden Reifen davon.
Robert musterte seine Umgebung. Keine Polizei. Einige Autos, eine Handvoll Fußgänger. Auf dem Gehsteig flanierten ein gutes Dutzend Mädchen. Die meisten waren sehr attraktiv. Vor allem eine fiel Robert angenehm auf.
Sie schien Anfang Zwanzig zu sein, hatte lange schwarze Haare und trug unter ihrem offenen Kamelhaarmantel einen raffiniert geschnittenen schwarzen Rock und eine unschuldig wirkende weiße Bluse. Robert vermutete, daß sie nebenbei Schauspielerin oder Fotomodell war. Sie beobachtete ihn.
Robert torkelte zu ihr hinüber.»Hallo, Schatz«, murmelte er.»Schprichst du Englisch?«
«Ja.«
«Gut. Wie wär’s mit ‘ner kleinen Party zu zweit?«
Sie lächelte zögernd. Betrunkene können Scherereien machen.»Vielleicht solltest du erst wieder nüchtern werden«, sagte sie mit weichem italienischen Akzent.
«Hey, ich bin nüchtern genug!«
«Ich koste hundertfünfzig Dollar.«
«Einverschtanden, Schatz.«
«Va bene. Komm, wir gehen in ein Hotel gleich um die
Ecke.«
«Wunnerbar. Wie heischt du, Schatz?«
«Pier.«
«Ich heische Henry. «Er sah, wie ein Streifenwagen auf sie zukam.»Komm, wir hau’n ab.«
Die neiderfüllten Blicke der anderen Mädchen folgten Pier, als sie mit ihrem amerikanischen Freier davonging.
Das Hotel war kein Hassler, aber dafür verlangte der pickelige junge Mann an der Reception auch keinen Ausweis. Tatsächlich sah er kaum auf, als er Pier einen Zimmerschlüssel gab.»Siebzigtausend Lire.«
Robert zog drei Geldscheine aus der Tasche und gab sie dem jungen Mann.
Die Einrichtung des schäbigen Zimmers bestand aus einem französischen Bett, einem kleinen Tisch, zwei Stühlen und einem Spiegel über dem Waschbecken. Innen an der Tür waren mehrere Kleiderhaken angebracht.
«Bezahlt wird im voraus.«
«Klar. «Robert drückte ihr drei Fünfzig-Dollar-Scheine in die Hand.
«Grazie.«
Während Pier sich auszog, trat Robert ans Fenster, schob den Vorhang etwas zur Seite und beobachtete die Straße, ohne etwas Verdächtiges zu sehen. Er ließ den Vorhang sinken, drehte sich um und blickte Pier an, die jetzt nackt vor ihm stand. Sie hatte einen überraschend schönen Körper: feste junge Brüste, eine schmale Taille, sanft gerundete Hüften und lange, wohlgeformte Beine.
Sie zog die Augenbrauen hoch.»Willst du dich nicht ausziehen, Henry?«
Jetzt kam der schwierige Teil.»Ich hab’ doch ein bißchen zuviel getrunken«, gab Robert zu.»Ich bin zu nichts imstande, fürchte ich.«
«Wenn ich mich hier ausschlafe, können wir uns morgen früh lieben.«
Pier schüttelte den Kopf.»Ich muß arbeiten. Das Geschäft wartet nicht.«
«Kein Problem. «Er zählte fünf Hunderter ab und drückte sie ihr in die Hand.»Reicht das?«
Sie betrachtete das Geld, während sie überlegte. Das Angebot war natürlich sehr verlockend. Um diese Zeit ging das Geschäft ohnehin nicht besonders. Andererseits erschien ihr dieser Mann ziemlich seltsam. Er war gut angezogen und hätte für soviel Geld in ein Luxushotel gehen können. Was soil’s? dachte Pier schließlich.»Gut, meinetwegen. Aber wir haben nur dieses eine Bett.«
«Das genügt.«
Pier beobachtete, wie Robert erneut ans Fenster trat und den Vorhang einen winzigen Spalt weit aufzog.
«Suchst du was Bestimmtes?«
«Hat dieses Hotel einen Hinterausgang?«
Worauf hab’ ich mich bloß eingelassen? fragte sich Pier. Ihre beste Freundin war ermordet worden, weil sie sich mit Mafiosi eingelassen hatte. Pier bildete sich ein, etwas von Männern zu verstehen, aber der hier war ihr ein Rätsel. Obwohl er kein Verbrecher zu sein schien, benahm er sich, als sei er auf der Flucht…»Ja, hier gibt’s einen«, bestätigte sie.
Ein gellender Schrei ließ Robert zusammenzucken.
«Dios! Dios! Sono venuto tre volte!« rief eine Frauenstimme im Zimmer nebenan.
«Was sagt sie?«Roberts Herz schlug wie rasend.
Pier grinste.»Sie sagt, sie ist eben zum dritten Mal gekommen.«
Robert hörte Sprungfedern knarren.
«Willst du nicht ins Bett gehen?«Pier stand nackt da, ohne sich zu genieren, und betrachtete ihn.
«Klar. «Robert setzte sich auf die Bettkante, streifte nur die Schuhe ab und streckte sich auf seiner Hälfte aus.
«Ziehst du dich nicht aus?«
«Nein.«
«Wie du meinst. «Pier schlüpfte auf der anderen Seite unter die Steppdecke.»Hoffentlich schnarchst du nicht«, sagte sie noch.
«Morgen früh weißt du’s.«
Robert hatte nicht die Absicht zu schlafen. Er mußte die Straße im Auge behalten. Wenn seine Verfolger alle besseren Hotels abgesucht hatten, würden sie auch solche drittklassigen Absteigen kontrollieren. Er war todmüde. Schließlich deckte er sich zu, weil ihn fröstelte. Dann fielen ihm die Augen zu, und er war wieder zu Hause, wieder in seinem eigenen Bett. Neben sich spürte er Susans warmen Körper. Sie ist zurückgekommen, dachte er glücklich. Sie ist zu mir zurückgekommen. Baby, du hast mir so gefehlt!
Siebzehnter Tag Rom, Italien
Robert wachte auf, weil ihm die Sonne ins Gesicht schien. Abrupt setzte er sich auf, starrte erschrocken um sich und wußte nicht gleich, wo er war. Erst als er Pier sah, erinnerte er sich daran, wie er in dieses fremde Zimmer gekommen war, und atmete auf. Das Mädchen stand nackt vor dem Spiegel und bürstete sich die Haare.
«Buon giorno«, sagte sie lächelnd.»Du schnarchst nicht.«
Robert sah auf seine Armbanduhr. Schon fast 9 Uhr! Er hatte kostbare Stunden vergeudet.
«Möchtest du mich jetzt lieben? Schließlich hast du schon bezahlt.«
«Macht nichts«, wehrte Robert ab.
Sie kam auf ihn zu und blieb dicht vor ihm stehen.»Wirklich nicht?«
Ich könnte nicht mal, wenn ich wollte, Lady.»Nein.«
«Va bene.« Während sie sich anzog, fragte sie beiläufig:»Wer ist Susan?«
Ihre Frage traf ihn unvorbereitet.»Susan? Wie kommst du darauf?«
«Du redest im Schlaf.«
Robert erinnerte sich an seinen Traum, in dem Susan zu ihm zurückgekehrt war. Vielleicht war das ein gutes Omen.»Susan ist… meine Freundin.«Meine Frau. Eines Tages wird sie Moneybags satthaben und zu mir zurückkommen. Falls ich dann noch lebe…
Er trat ans Fenster, zog den Vorhang einen Spalt weit auf und blickte hinaus. Auf der Straße herrschte reger Verkehr, doch es war weit und breit nichts Verdächtiges zu sehen.
Er wandte sich wieder zu dem Mädchen um.»Pier, möchtest du eine kleine Reise mit mir machen?«
Sie betrachtete ihn mißtrauisch.»Eine Reise… wohin?«
«Ich muß geschäftlich nach Venedig, aber ich reise nicht gern allein. Kennst du Venedig?«
«Nein.«
«Um so besser! Ich zahle dir, was du sonst verdient hättest, und wir machen ein paar Tage Urlaub. «Er blickte wieder aus dem Fenster.
«Das kostet dich pro Tag tausend Dollar. «Sie hätte auch die Hälfte genommen.
«Einverstanden«, sagte Robert und gab ihr 2000 Dollar.»Das ist für die beiden ersten Tage.«
Pier zögerte noch. Irgendwie hatte sie ein schlechtes Gefühl bei dieser Sache. Aber der Drehbeginn des Films, in dem sie eine kleine Rolle spielen sollte, hatte sich verzögert, und sie brauchte dringend Geld.»Einverstanden«, sagte sie.
Unten beobachtete Pier, wie Robert mit den Augen vorsichtig die Straße absuchte, bevor er an den Randstein trat, um ein Taxi anzuhalten. Irgend jemand hat’s auf ihn abgesehen, dachte sie. Mit dem darfst du nicht zusammenbleiben.
«Hör zu«, sagte sie,»vielleicht ist’s besser, wenn ich doch nicht nach Venedig mitfahre. Ich…«
«Du wirst sehen, wir amüsieren uns herrlich!«versicherte Robert ihr hastig. Dann erblickte er ein Juweliergeschäft auf der gegenüberliegenden Straßenseite und hatte eine Idee.»Komm, ich kaufe dir was Hübsches.«
«Aber…«
Er führte sie über die Straße in das Juweliergeschäft.
«Buon giorno, Signorina. Signore«, sagte der Verkäufer lächelnd.»Haben Sie einen bestimmten Wunsch?«
«Ja«, antwortete Robert.»Wir suchen etwas besonders Hübsches für die junge Dame. «Er wandte sich an Pier.»Magst du Smaragde?«
«Ich. ja.«
«Haben Sie ein schönes Smaragdarmband?«fragte Robert den Verkäufer.
«Si, Signore. Wir haben ein besonders schönes Stück da. «Er trat an eine Vitrine, nahm ein Armband heraus und legte es ihnen vor.»Es kostet fünfzehntausend Dollar.«
Robert wandte sich an Pier.»Gefällt’s dir?«
Sie starrte ihn sprachlos an. Dann nickte sie.
«Gut, wir nehmen es«, entschied Robert und reichte dem Verkäufer seine ONI-Kreditkarte.
«Augenblick, bitte. «Der Verkäufer nahm das Schmuckstück mit und verschwand nach nebenan. Als er zurückkam, fragte er:»Soll ich’s einpacken, oder…?«
«Nein, meine Freundin trägt es gleich. «Robert legte Pier das Armband ums Handgelenk.
«Das macht sich in Venedig bestimmt gut, meinst du nicht?«fragte er sie.
Pier lächelte ihn strahlend an.»Und wie!«
Draußen auf der Straße sagte Pier:»Ich… ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll.«
«Ich will nur, daß du dich gut amüsierst«, behauptete Robert.»Hast du ein Auto?«
«Nein. Ich hatte eins, aber es ist mir gestohlen worden.«
«Hast du wenigstens deinen Führerschein bei dir?«
Pier starrte ihn verwundert an.»Ja — aber was nützt ein Führerschein ohne Auto?«
«Das wirst du gleich sehen. Komm, wir haben’s eilig!«
Er hielt ein Taxi an.»Via Po, bitte.«
Auf der Fahrt saß sie hinten neben Robert und beobachtete ihn aus dem Augenwinkel heraus. Warum legt er so großen Wert auf meine Gesellschaft? Dabei hat er mich noch nicht mal angerührt. Ob er etwa…?
«Halten Sie hier, bitte!«rief Robert dem Fahrer zu. Sie waren noch etwa hundert Meter von der Autovermietung Maggiore entfernt.
«Wir steigen hier aus«, erklärte Robert Pier. Er bezahlte den Fahrer und wartete, bis das Taxi außer Sicht war, bevor er Pier einen dicken Packen Geldscheine in die Hand drückte.»Ich möchte, daß du einen Wagen für uns mietest. Einen Alfa oder Fiat für vier bis fünf Tage. Du mietest ihn unter deinem Namen. Ich warte in der Bar dort drüben auf dich.«
Nur eineinhalb Kilometer von ihnen entfernt verhörten zwei Kriminalbeamte den aufgebrachten Fahrer eines roten LKWs mit französischem Kennzeichen.
«Va te faire chier!« schrie der Mann.»Woher soll ich wissen, wie die Scheißkarte auf meine Ladefläche gekommen ist? Wahrscheinlich hat sie irgendein verrückter Italiener draufgeschmissen.«»Die Hälfte aller Geheimdienstleute Europas fahnden nach ihm«, sagte General Hilliard zu Oberst Frank Johnson.»Bisher haben sie leider kein Glück gehabt.«
«Dazu werden sie mehr als Glück brauchen«, antwortete der schwarze Hüne.»Bellamy ist ein verdammt guter Mann.«
«Wir wissen, daß er in Rom ist. Der Hundesohn hat gerade mit seiner ONI-Kreditkarte ein Armband für fünfzehntausend Dollar gekauft. Wir haben ihm sämtliche Fluchtwege abgeschnitten. Aus Italien kommt er unmöglich raus. Wir wissen sogar, auf welchen Namen sein gefälschter Reisepaß lautet: Arthur Butterfield.«
Oberst Johnson schüttelte den Kopf.»Wie ich Bellamy kenne, weiß kein Mensch, welchen Namen er im Augenblick benützt. Bei ihm kann man sich nur darauf verlassen, daß er das tut, was man am allerwenigsten erwartet. Wir sind hinter einem Mann her, der zu den Top-Leuten seiner Branche gehört. Falls es eine Möglichkeit zur Flucht gibt, wird Bellamy sie nutzen, falls es ein sicheres Versteck gibt, wird er es finden. Ich glaube, wir sollten versuchen, ihn auszuräuchern. Vorerst kontrolliert er noch alle Spielzüge. Wir müssen ihm die Initiative entreißen.«
«Sie meinen, wir sollten an die Öffentlichkeit gehen? Die Medien informieren?«
«Richtig.«
General Hilliard schob die Unterlippe vor.»Das wird bestimmt schwierig. Unser wahres Motiv dürfen wir nicht preisgeben.«
«Das brauchen wir auch nicht. Wir geben eine Pressemitteilung heraus, daß er wegen Drogenschmuggels gesucht wird. Auf diese Weise können wir Interpol und sämtliche europäischen Polizeibehörden für uns einspannen, ohne den wahren Grund angeben zu müssen.«
General Hilliard dachte kurz nach.»Die Idee gefällt mir.«
«Gut, dann fliege ich jetzt nach Rom«, sagte der Oberst.
«Am besten nehme ich die Fahndung selbst in die Hand.«
Als Frank Johnson in seine Dienststelle zurückkam, war er äußerst nachdenklich. Er spielte ein gefährliches Spiel, das stand fest. Er mußte Commander Bellamy finden.