Charlie Hernandez fühlte sich ausgelaugt. Die Messe hatte lange gedauert, die Bestattung noch länger. Er spürte noch die Erdklümpchen an seiner rechten Hand. Es war immer furchtbar, wenn sie einen Kollegen zu Grabe tragen mussten, geschweige denn zwei. Außerdem hatte er noch einen Auftritt vor Gericht und musste noch eine halbe Schicht herunterreißen. Er warf einen Blick auf seinen Partner Willson, der sich um den Papierkram kümmerte. Er hatte etwas auf dem Kaste».Schade nur, dass seine Handschrift aussah wie die einer Rotznase aus dem Kindergarten.
Der Summer ertönte, und Doreen sagte: »Hier sind zwei Leute, die ... ahm ... Barnaby und Fenton sprechen wollen.«
Herrgott, schlimmer konnte es nicht mehr kommen. »Um was geht's denn?«
»Wollen sie nicht sagen. Sie wollen nur mit Barnaby und Fenton reden.«
Hernandez seufzte schwer. »Schicken Sie sie rein.«
Willson hatte mit dem Schreiben aufgehört und schaute auf. »Soll ich ...?«
»Bleib hier.«
Sie standen schon im Türrahmen: eine atemberaubende Blondine und ein großer Kerl mit Cowboy-Stiefeln. Hernandez grunzte, richtete sich auf dem Stuhl auf und fuhr sich mit der Hand übers Haar, um es zu glätten. »Nehmen Sie Platz.«
»Wir möchten Lieutenant Barnaby sprechen; nicht ...«
»Ich weiß, wen Sie sprechen wollen. Bitte, setzen Sie sich.«
Sie nahmen zögernd Platz.
»Ich bin Officer Hernandez.« Hernandez sprach die Blondine an. »Darf ich fragen, was Sie von Officer Barnaby wollen?« Er redete mit der eingeübten Stimme einer Behörde: langsam, gleichmütig, keinen Widerspruch duldend.
»Wir würden lieber mit Officer Barnaby persönlich reden«, sagte der Mann.
»Das geht nicht.«
»Und warum nicht?« Der Mann blitzte Hernandez an.
»Weil er tot ist.«
Das Paar starrte ihn an. »Wie ist das passiert?«
Gott, Hernandez war so müde. Barnaby war ein guter Mann gewesen. Welch eine Verschwendung. »Autounfall.«
Er seufzte. »Wenn Sie mir sagen, wer Sie sind, kann ich Ihnen vielleicht weiterhelfen.«
Die beiden schauten sich an. Dann sagte der Mann: »Ich bin Tom Broadbent. Vor etwa zehn Tagen hat Lieutenant Barnaby einen möglichen Einbruch in unser Haus in der Nähe des alten Santa-Fe-Trails untersucht. Da er mit dem Fall betraut war, habe ich mich gefragt, ob er auch Meldung über die Sache erstattet hat.«
Hernandez warf Willson einen kurzen Blick zu.
»Er hat keine Meldung geschrieben«, sagte Willson.
»Hat er irgendwas erzählt?«
»Er hat gesagt, es sei ein Missverständnis gewesen. Mr. Broadbent hätte irgendwelche Kunstgegenstände verlagert und seine Söhne hätten versehentlich angenommen, sie sei-
en gestohlen worden. Wie ich Ihrem Bruder vor einer Woche erläutert habe, lag kein Verbrechen vor, deswegen gab es auch keinen Grund, eine Akte anzulegen.«
»Meinem Bruder? Welchem?«
»Der Name fällt mir jetzt nicht ein. Er war langhaarig und hatte einen Bart. Sah aus wie ein Hippie ...«
»Vernon.«
»Stimmt.«
»Können wir uns mit Barnabys Partner Fenton unterhalten?«
»Er ist bei dem gleichen Unfall ums Leben gekommen.«
»Wie ist es passiert?«
»Ihr Wagen ist auf der Sky Basin Road an der Nun's Corner von der Straße abgekommen.«
»Tut mir Leid.«
»Uns auch.«
»Dann gibt es also keine Akte - nichts über die Ermittlungen in unserem Haus?«
»Nichts.«
Schweigen. Dann sagte Hernandez: »Kann ich sonst noch mit was dienen?«