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Seans Assistentin Isabella Rojas konnte Lottie nicht leiden, aber sie musste nett zu ihr sein. Der Kunde hat immer Recht, auch wenn Lottie in diesem Fall keine Kundin war. Sean würde Isabella feuern, wenn sie sich irgendwem gegenüber ungehobelt benähme. Die Wahrheit war, dass sie sich, wie so viele Frauen vor ihr, in ihren Chef verliebt hatte.

»Er ist draußen, Miss Pearson.« Isabella rang sich ein Lächeln ab. »Hinten, bei den Statuen.«

»Danke.« Mit herablassender Miene schwirrte Lottie nach draußen. Sie fand Sean, der dabei war, sorgsam Ketten um einen gewaltigen ruhenden Greif zu legen. »Sean.« Sie winkte.

»Hi.« Er gab dem Führer des kleinen Krans ein Zeichen, den schweren Gegenstand zu heben und auf einen Auflieger zu laden.

»Wer hat das schöne Stück gekauft?«

»H. Vane Tempest.« Er sprach von einem reichen Engländer, der im Westen der Stadt ein großes Gut besaß und dessen Emblem ein Greif war.

»Aber natürlich.« Ihr Blick wanderte von dem Greif zu dem Kran, dann zu dem Auflieger und zu dem großen Diesel-Sattelschlepper, der ihn zog. »Du musst ein kleines Vermögen in die Ausrüstung gesteckt haben. Ich hab nie richtig zu ermessen gewusst, wie viel. Ich nehme an, du verstehst dich gut darauf, mit geliehenem Geld zu arbeiten.«

»Hey, ich bin Gebrauchtwarenhändler. Ich hab einen Riecher dafür, Ausrüstung und Maschinen zu günstigen Preisen aufzutreiben. Nimm diesen Kran hier. Neu würde der hundertneununddreißigtausend Dollar kosten. Ich hab ihn für neunzehn gekriegt.«

»Sagenhaft«, gurrte sie. »Und wie machst du das?«

»Beziehungen und«, er blickte einen Moment in die Ferne, »Roger. Er hat die Maschinen begutachtet, mir gesagt, was es kosten würde, so ein Stück auf Vordermann zu bringen, und so informiert konnte ich dann eine Entscheidung treffen. Roger war ein richtiges Genie bei allem, was einen Motor hatte. Er hat sogar die alte Abrissbirne perfekt instand gehalten.«

»Das mit Roger tut mir so Leid. Ich weiß, das hab ich schon mal gesagt, aber ich weiß nicht, was ich sonst sagen soll.« Sie spielte mit dem Ring am kleinen Finger ihrer rechten Hand.

»So eng, wie du mit Roger zusammengearbeitet hast, muss es doppelt schlimm sein.«

»Der Herr gibt und der Herr nimmt«, erwiderte Sean.

»Am Anfang war ich so erschüttert, dass ich das Geschäft verkaufen und weggehen wollte. Mom hat mich zur Vernunft gebracht. Weglaufen ist keine Lösung. Drei Generationen O'Bannons haben ihren Schweiß auf diesen Grund und Boden tropfen lassen. Mit etwas Glück wird es eine vierte und fünfte Generation geben.«

»Das hoffe ich sehr.« Sie lächelte. »Du kannst dir vorstellen, wie du als alter Mann deinem Enkel beim Bewegen von Statuen zusiehst.«

»Bis dahin werden sie hochgebeamt. Verstehst du, die Moleküle werden neu geordnet und ohne Kran und Anhänger befördert.«

»Vielleicht.« Sie verlagerte ihr Gewicht auf den linken Fuß. »Ich habe läuten gehört, dass du den Abbruchball durchziehen willst, und ich wollte dir helfen.«

»Danke, Lottie.«

»Ich dachte, ich könnte vielleicht ein paar von Rogers Aufgaben übernehmen.«

»Das ist es ja. Ich weiß nicht die Hälfte von dem, was er gemacht hat. Er hat sich da in der Werkstatt vergraben, und ich war hier draußen. Er hat sich um die Verpflegung gekümmert. Ich habe die Dekorationen übernommen, aber dann ist so viel passiert. Leider habe ich nie richtig zu würdigen gewusst, was Roger zum Geschäft beigetragen hat, oder zu meinem Leben. Ich komme mir so - so mies vor.«

»Sean«, sie legte ihre Hand auf seinen Unterarm, »keiner weiß so was zu würdigen. Nicht nur du. Niemand von uns weiß, was andere für unser Leben tun, bis sie nicht mehr da sind.«

»Ah - danke.« Er kickte Steinchen auf dem Kiesweg hoch, dann sah er Lottie an. »Kommst du auf den Ball?«

»Natürlich. Oh, ich wollte gar nicht so lange bleiben. Ich wollte dir nur Bescheid sagen, dass ich zum Helfen zur Verfügung stehe.«

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