Mein Vater sah mich traurig an und erwiderte: »Das ist etwas, was du nicht verstehen kannst, weil du nichts davon weißt.« Er nahm einen Schlüssel, sperrte eine Truhe auf, entnahm ihr einen abgenützten hölzernen Becher, umfaßte ihn zärtlich mit beiden Händen, zeigte ihn mir und sagte: »Dies ist der Becher deiner Mutter Myrina, und aus diesem Becher haben wir zusammen einen Trank der Unsterblichkeit getrunken, in einer mondlosen Nacht auf einem Berg in Galiläa. Und obgleich wir beide daraus tranken, wurde der Becher nicht leer. Der König zeigte sich uns in jener Nacht und sprach mit einem jeden, obwohl wir über fünfhundert waren. Zu deiner Mutter sagte er, sie werde in ihrem Leben nicht mehr zu dürsten brauchen. Später mußte ich seinen Jüngern versprechen, niemals andere in diese Dinge einzuweihen, denn nach ihrem Dafürhalten gehört das Reich allein den Juden, und ich als Römer habe kein Teil daran.«

Ich verstand, daß dieser Becher, nach Timaios Ansicht der der Glücksgöttin, verzaubert war. Als ich ihn in die Hand nahm, spürte und sah ich jedoch nur einen schäbigen Holzbecher, obwohl mich bei dem Gedanken, daß meine Mutter ihn in der Hand gehalten und hochgeschätzt hatte, eine schmerzliche Rührung überkam. Ich sah meinen Vater mitleidig an und sagte: »Ich kann dir wegen deines Aberglaubens keine Vorwürfe machen, denn die Zauberkunststücke der Juden haben schon Klügeren als dir den Kopf verdreht. Zweifellos hat dir dieser Becher Reichtum und Erfolg gebracht. Von der Unsterblichkeit will ich lieber nicht reden, um dich nicht zu kränken, und wenn du einen wiederauferstandenen Gott suchst, so gibt es deren genug unter den alten: Osiris und Tammuz, Attis, Adonis und Dionysos und viele andere. Doch das alles sind Gleichnisse und Sagen, die von denen in Ehren gehalten werden, die in die Mysterien eingeweiht sind. Gebildete Menschen trinken kein Blut mehr, und von Mysterien habe ich mehr als genug, seit ich junge Mädchen kennengelernt habe, die bunte Bänder in die Büsche hängen.«

Mein Vater schüttelte den Kopf, drückte seine Handflächen gegeneinander und sagte bekümmert: »Wenn ich es dir nur verständlich machen könnte!«

»Ich verstehe mehr als genug, obgleich ich noch nicht erwachsen bin«, versicherte ich ihm. »Ich habe hier in Antiochia immerhin einiges gelernt. Du sprichst von dem, den sie den Gesalbten oder Christus nennen, und dieser neue Aberglaube ist noch verderblicher und schändlicher als die anderen Lehren der Juden. Es stimmt, daß er gekreuzigt wurde, aber er war weder ein König noch ist er auferstanden, sondern seine Anhänger stahlen seine Leiche aus dem Grab, um sich vor dem Volk nicht schämen zu müssen. Es lohnt sich nicht, über ihn zu reden. Genügt es nicht, wenn die Juden sich seinetwegen zanken?«

Mein Vater ließ jedoch nicht locker. »Er war ganz gewiß ein König«, sagte er. »Es stand sogar in drei Sprachen auf seinem Kreuz, und ich habe es selbst gelesen: ›Jesus von Nazareth, König der Juden.‹ Wenn du schon den Juden nicht glauben willst, so mußt du doch dem römischen Statthalter glauben. Es ist auch nicht wahr, daß die Jünger seine Leiche stahlen. Die Hohenpriester bestachen vielmehr die Wächter, damit sie es bezeugten. Ich weiß es, denn ich war dort und sah es mit eigenen Augen, ja ich begegnete sogar ihm selbst nach seiner Auferstehung am Ostufer des Galiläischen Meeres oder glaubte zumindest noch immer, daß er es war. Er selbst hieß mich in die Stadt Tiberias gehen, wo deine Mutter damals in arger Bedrängnis lebte, und so lernte ich sie durch ihn kennen. Seit diesen Geschehnissen sind sechzehn Jahre vergangen, aber jetzt, wo du mich durch dein Unvermögen, mich zu verstehen, aufregst, sehe ich alles wieder lebendig vor mir.«

Ich durfte mir nicht erlauben, meinen Vater gegen mich aufzubringen, und sagte hastig: »Ich will keineswegs über göttliche Dinge mit dir streiten. Ich möchte nur eines wissen: kannst du nach Rom reisen, wann immer du willst? Timaios behauptete, du dürftest dich wegen gewisser Dinge in deiner Vergangenheit nie wieder in Rom blicken lassen.«

Mein Vater richtete sich auf, runzelte die Stirn, sah mir streng in die Augen und sagte: »Ich bin Marcus Mecentius Manilianus und kann nach Rom zurückkehren, wann ich will. Ich bin kein Landflüchtiger, und Antiochia ist, wie du selbst wissen müßtest, kein Verbannungsort. Ich hatte meine eigenen persönlichen Gründe, Rom fernzubleiben. Heute könnte ich wieder in Rom leben, wenn es unbedingt sein müßte, denn ich bin nun älter geworden und würde nicht mehr so leicht gewissen Einflüssen unterliegen wie in jungen Jahren. Nach anderen Gründen brauchst du mich nicht zu fragen. Du würdest sie nicht verstehen.«

Seine Worte machten mich froh, und ich rief: »Du sprachst von einem Scheideweg und von meiner Zukunft, die ich mir selbst wählen müsse. Woran dachtest du?«

Mein Vater trocknete sich zögernd die Stirn, bedachte sich eine lange Weile und sagte endlich: »Die Männer hier in Antiochia, die am besten über den Weg unterrichtet sind, beginnen allmählich zu begreifen, daß das Reich nicht nur den Juden gehört. Ich habe den Verdacht, nein, um ganz aufrichtig zu sein, ich weiß, daß sie auch unbeschnittene Griechen und Syrer getauft haben und an ihrem geheimen Mahl teilnehmen lassen. Es hat deshalb viel Streit gegeben, aber jetzt wirkt hier ein Jude von der Insel Kypros, dem ich einmal persönlich in Jerusalem begegnete, als der Geist über sie kam, und dieser hat als seinen Gehilfen einen gewissen Saulus aus Tarsos, einen Juden, kommen lassen, den ich ebenfalls schon früher einmal sah, in Damaskus, als sie ihn in die Stadt führten. Er hatte nämlich bei einer göttlichen Offenbarung das Augenlicht verloren, gewann es aber, wie ich hörte, später wieder zurück. Sei dem, wie ihm wolle. Ich mag nichts behaupten, was ich nicht weiß, aber das sage ich: der Mann ist es wert, daß man ihn kennenlernt, und es ist mein heißester Wunsch, daß du diese Männer aufsuchst und ihre Lehre anhörst. Wenn es ihnen gelingt, dich zu überzeugen, werden sie dich als einen Untertan in Christi Reich taufen und an ihrem Mahl teilnehmen lassen. Ohne Beschneidung brauchst du nicht zu befürchten, unter das jüdische Gesetz zu fallen.«

Ich traute meinen Ohren nicht und rief: »Wünschst du wirklich, daß ich mich in die jüdischen Mysterien einweihen lasse, um irgendeinen gekreuzigten König und ein Reich zu verehren, das es nicht gibt, denn wie soll ich etwas, was man nicht sehen kann, anders nennen?«

Mein Vater sagte ungeduldig: »Es ist mein Fehler. Ich finde offenbar nicht die richtigen Worte, da es mir nicht gelingt, dich zu überzeugen. Jedenfalls versäumst du nichts, wenn du dir anhörst, was diese Männer zu sagen haben.«

Der bloße Gedanke entsetzte mich. »Nie im Leben lasse ich zu, daß die Juden mich mit ihrem Weihwasser bespritzen!« rief ich. »Und ich werde auch nie mit ihnen Blut trinken. Ich würde ja das letzte verlieren, was von meinem guten Ruf noch übrig ist!«

Noch einmal versuchte mein Vater geduldig zu erklären, daß dieser Saulus ein gebildeter Mann war, der die Rhetorenschule in Tarsos besucht hatte, und daß nicht nur Sklaven und Handwerker, sondern auch viele vornehme Frauen Antiochias heimlich zu ihm gingen und ihm lauschten.

Ich hielt mir die Ohren zu, stampfte auf den Boden und schrie laut und unbeherrscht: »Nein, nein, nein!«

Mein Vater kam wieder zur Vernunft und sagte in kühlerem Ton: »Es soll geschehen, was du willst. Der gelehrte Kaiser Claudius hat errechnet, daß nächsten Frühling achthundert Jahre seit Gründung der Stadt vergangen sein werden. Dieses Jubiläum hat zwar schon der Gott Augustus feiern lassen, und es leben noch viele, die damals dabei waren, aber es soll nun noch einmal begangen werden, und das wäre für uns eine ausgezeichnete Gelegenheit, nach Rom zu reisen.«

Bevor er noch geendet hatte, umarmte und küßte ich ihn und rannte vor Freude im Zimmer umher, denn ich war ja noch ein Knabe. In diesem Augenblick trafen die Freigelassenen zum Festmahl ein, und er ging in die Aula hinaus, um sie zu begrüßen und ihre Geschenke entgegenzunehmen. Ich mußte mich neben meinen Vater stellen, zum Zeichen, daß er mir in allem beizustehen gedachte. Sie freuten sich, als sie es sahen, streichelten mir übers Haar, trösteten mich wegen des Verlusts meines Pferdes und bewunderten meinen Verband.

Als sie sich zu Tisch gelegt hatten und ich zu Füßen meines Vaters auf einem Schemel Platz genommen hatte, denn liegen durfte ich als Minderjähriger noch nicht, erklärte mein Vater, daß es der Zweck dieser Zusammenkunft sei, im Kreise der Familie über meine Zukunft zu beraten. »Das soll euch jedoch nicht den Appetit verderben«, fügte er lächelnd hinzu. »Stärken wir uns also zunächst mit Wein. Der Wein löst die Zunge, und wir brauchen kluge Worte und guten Rat.«

Er schüttete keinen Wein auf den Boden, aber Barbus ließ sich von seiner Ungläubigkeit nicht beeindrucken. Er opferte an meines Vaters Stelle den Göttern und sagte mit lauter Stimme den Spruch. Ich folgte seinem Beispiel, und auch die Freigelassenen tauchten zumindest einen Finger in den Wein und sprengten ein paar Tropfen auf den Boden, wenn sie auch nichts Vernehmliches dazu sagten. Mein Herz schwoll vor Liebe, als ich sie alle ansah, und ich wünschte in meinem Innern, daß ich zu einem Mann heranwüchse, mit dessen Ansehen auch das ihre zunähme. Von meinem Vater erwarteten sie nichts mehr und hatten sich mit seiner Eigenart abgefunden.

Mein Vater sagte indessen: »Als ich euch freikaufte, ließ ich euch von – dem Trank der Unsterblichkeit aus dem Holzbecher meiner verstorbenen Gemahlin trinken. Ihr aber habt nie andere Schätze gesammelt als die Reichtümer dieser Welt, die von einer Stunde zur anderen enden kann. Es ist mir wohl vorbestimmt, daß ich an Überfluß und Sättigung leiden und mich mit lauter unnützen Geschäften abgeben muß, denen ich nicht den geringsten Wert beimesse, da ich nichts anderes will, als in Stille und Demut leben.«

Die Freigelassenen beeilten sich zu versichern, daß auch sie in Stille und Demut zu leben versuchten, soweit dies eben für erfolgreiche Geschäftsleute angehe. Wer mit seinem Reichtum prahle, müsse nur höhere Steuern zahlen und der Stadt Schenkungen machen. Und seiner Vergangenheit könne sich keiner von ihnen rühmen, da sie Sklaven gewesen waren, so daß man besser darüber schwieg.

Darauf sagte mein Vater: »Euretwegen und weil mein Sohn Minutus so halsstarrig ist, kann ich dem neuen Weg nicht folgen, der nun auch den Unbeschnittenen, Griechen wie Römern, offensteht, denn wollte ich mich zum Christusglauben bekennen, wie dieser neue Weg zum Unterschied von der alten Lehre der Juden genannt wird, so müßtet ihr und mein ganzes Haus meinem Vorbild folgen, und ich glaube nicht, daß solcher Zwang jemandem nützen würde. Ich glaube übrigens auch nicht, daß etwa Barbus irgendeines Geistes teilhaftig würde, wenn ihm einer seine Hände aufs Haupt legte und ihn anhauchte. Von Minutus, der beim bloßen Gedanken an dergleichen die Beherrschung verlor und zu schreien begann, will ich lieber schweigen.

Deshalb will ich mich nun um meine Familie kümmern, und was ich tue, das tue ich ganz. Ich reise mit Minutus nach Rom, um mir die allgemeinen Begnadigungen zum Jubiläumsfest zunutze zu machen und meine Ritterwürde zurückzuerlangen. Minutus soll in Rom, in Gegenwart seiner Verwandten, die Männertoga anlegen, und dort soll er auch ein neues Pferd bekommen, nachdem er das seine hier verloren hat.«

Das war für mich eine Überraschung, von der ich nicht einmal zu träumen gewagt hatte. Ich hatte im günstigsten Falle gehofft, durch meine eigene Kühnheit und meine eigenen Verdienste meinem Vater einst die Ehre zurückgeben zu können, die er dank einer Laune des Kaisers verloren hatte. Für die Freigelassenen dagegen war dies offenbar nichts Neues, und ich entnahm ihren Gesten und Mienen, daß sie schon seit langem in diesem Sinne auf meinen Vater eingewirkt haben mußten, da sie selbst nur Ehre und Gewinn hatten, wenn er seine Ritterwürde zurückbekam. Sie nickten also nur und erklärten, daß sie sich bereits mit den Freigelassenen des Kaisers Claudius in Verbindung gesetzt hätten, die wichtige Ämter in der Verwaltung des Reiches bekleideten. Mein Vater besaß sogar ein Mietshaus auf dem Aventin und Landgüter bei Caere. Er erfüllte daher die Forderungen, die hinsichtlich Vermögen und Grundbesitz an einen Ritter gestellt wurden, mehr als zur Genüge.

Mein Vater bat sie zu schweigen und sagte: »Dies alles ist von geringerer Bedeutung. Das wichtigste ist, daß ich mir endlich Urkunden verschaffen konnte, aus denen Minutus’ Abstammung klar ersichtlich ist, und dazu hat es großer juristischer Sachkenntnis bedurft. Zuerst hatte ich die Absicht, Minutus ganz einfach an Sohnes Statt anzunehmen, sobald er volljährig wäre, aber mein Anwalt überzeugte mich, daß wir damit nichts gewonnen hätten. Seine römische Abstammung wäre in aller Zukunft angezweifelt worden.«

Mein Vater packte einen ganzen Stoß Urkunden aus, las ein wenig daraus vor und erklärte: »Das wertvollste Dokument ist der von den römischen Behörden in Damaskus bestätigte Ehevertrag zwischen Myrina und mir. Er ist ein unwiderlegbares, echtes und rechtskräftiges Zeugnis, denn als meine Gemahlin in Damaskus von mir schwanger wurde, war ich sehr glücklich und darauf bedacht, die Stellung meines zukünftigen Erben im voraus zu festigen.«

Er blickte eine Weile zur Decke empor und fuhr dann fort: »Viel schwieriger war es, über die Herkunft von Minutus’ Mutter Genaues zu erfahren. Ich hielt es damals nicht für wichtig, und wir sprachen nie darüber. Nach langwierigen Nachforschungen gelang es uns endlich, überzeugend nachzuweisen, daß ihr Geschlecht aus der Stadt Myrina herstammt, die nahe bei Kyme in der Provinz Asia liegt.

Mein Anwalt riet mir wegen der Namensgleichheit, bei meinen Nachforschungen von dieser Stadt auszugehen. Es stellte sich heraus, daß ihre Familie ihr Vermögen verlor und sich auf den Inseln im Meer ansiedelte, aber ihre Abstammung ist ohne Zweifel vornehm, und zur Bekräftigung dessen ließ ich meiner Gemahlin Myrina vor dem Rathaus in Myrina eine Statue errichten. Ich machte der Stadt noch andere Schenkungen, damit sie ihr Andenken bewahrte. Mein Bevollmächtigter ließ außerdem das ganze Rathaus, das allerdings nicht groß war, neu erbauen, und die Stadtväter machten sich erbötig, Myrinas Geschlecht bis in die Urzeit zurück zu belegen und von einem der Flußgötter abzuleiten, aber das schien mir denn doch nicht erforderlich. Auf der Insel Kos fand mein Bevollmächtigter einen alten, ehrwürdigen Priester im Äskulaptempel, der sich noch genau an Myrinas Eltern erinnerte und unter Eid versicherte, er sei Myrinas leiblicher Onkel. Als Myrinas und ihrer Brüder unbescholtene, wenngleich mittellose Eltern starben, weihten sich die Geschwister Apoll und verließen die Insel.«

»Wie gern würde ich diesen Onkel meiner Mutter kennenlernen, der doch mein einziger noch lebender Verwandter mütterlicherseits ist!« rief ich eifrig.

»Das ist ganz und gar unnötig«, sagte mein Vater rasch. »Er ist ein sehr alter Mann mit einem schlechten Gedächtnis, und ich habe dafür gesorgt, daß er bis an sein Lebensende ein Dach über dem Kopf, Speise und Trank und einen Pfleger hat. Du brauchst dir nur zu merken, daß du von der Mutter her aus vornehmem griechischem Geschlecht stammst. Später, wenn du einmal erwachsen bist, magst du dich der armen Stadt Myrina erinnern und mit einem passenden Geschenk dafür Sorge tragen, daß man dort nichts vergißt. Ich, dein Vater«, fuhr er eilig fort, »gehöre durch Adoption dem Geschlecht der Manilier an und nenne mich daher Manilianus. Mein Stiefvater, der dem Gesetz nach dein Großvater ist, war der berühmte Astronom Manilius. Er verfaßte ein astronomisches Werk, das noch heute in allen Bibliotheken der Welt studiert wird. Über deinen zweiten Namen, Mecentius, hast du dich gewiß schon gewundert. Dieser Name erinnert an meine eigentliche Herkunft. Der berühmte Maecenas, der Freund des Gottes Augustus, war ein weitschichtiger Verwandter von mir, der seine schützende Hand über meine Eltern hielt, wenngleich er sie dann in seinem Testament vergaß. Er stammte seinerseits von den Herrschern über Caere ab, die schon, lange bevor Aeneas aus Troja floh, Könige waren. Daher geht dein römisches Blut zurück auf die Etrusker. Rechtlich gesehen müssen wir uns jedoch zu den Maniliern zählen, und von den Tuskern schweigt man in Rom besser, da die Römer nicht gern daran erinnert werden, daß sie einst von ihnen beherrscht wurden.«

Mein Vater sprach so hochgestimmt, daß wir alle still und regungslos lauschten. Nur Barbus dachte ab und zu daran, sich mit Wein zu stärken.

»Mein Adoptivvater Manilius war ein armer Mann«, fuhr mein Vater fort. »Er gab sein ganzes Vermögen für Bücher und für seine Wissenschaft aus, anstatt durch seine Weissagekunst Geld zu verdienen, und es war eigentlich nur der Zerstreutheit des Tiberius zuzuschreiben, daß er seine Ritterwürde behalten durfte. Es würde zu weit führen, wollte ich von den Hungerjahren berichten, die ich in meiner Jugend hier in Antiochia als Buchhalter zubrachte. Der hauptsächliche Grund für meine bescheidene Stellung war der, daß ich mir wegen der Armut der Manilier kein Pferd leisten konnte. Als ich nach Rom zurückkehrte, hatte ich jedoch das Glück, die Gunst einer hochgestellten Frau zu gewinnen. Ihren Namen will ich verschweigen. Diese kluge, erfahrene Frau machte mich mit einer betagten, kränklichen, aber edelgesinnten Witwe bekannt, und diese vermachte mir in ihrem Testament ihr gesamtes Vermögen, so daß ich endlich mein Recht, den Goldring zu tragen, bekräftigen konnte, aber da war ich schon dreißig Jahre alt und mochte nicht mehr die Beamtenlaufbahn einschlagen. Außerdem fochten die Verwandten der Witwe das Testament an, ja sie brachten sogar die abscheuliche Beschuldigung vor, die alte Frau sei, nachdem sie das Testament abgefaßt hatte, vergiftet worden. Das Recht war auf meiner Seite, aber wegen des leidigen Prozesses und auch aus anderen Gründen verließ ich Rom und fuhr nach Alexandria, um mich dort mit gewissen Studien zu beschäftigen. In Rom wird zwar viel geklatscht, aber ich glaube nicht, daß sich noch jemand an diesen alten Streit erinnert, der von neidischen, boshaften Menschen vom Zaun gebrochen wurde. Ich spreche überhaupt nur davon, um Minutus zu beweisen, daß es nichts gibt, wessen ich mich zu schämen hätte, und daß nichts mich daran hindert, nach Rom zurückzukehren. Und ich glaube, daß wir nach allem, was geschehen ist, gut daran tun, so bald wie möglich zu reisen und solange das Wetter für die Überfahrt noch günstig ist. So bleibt mir der ganze Winter, um bis zur Jahrhundertfeier meine Angelegenheiten zu ordnen.«


Wir hatten gegessen und getrunken. Die Fackeln vor unserem Haus begannen zu schwelen und zu verlöschen, und in den Lampen versiegte das Öl. Ich selbst hatte mich so still verhalten, wie ich nur konnte, und versucht, die Finger von den Schrammen auf meinen Armen zu lassen, die schon zu jucken begannen. Vor dem Haus hatten sich einige Bettler aus Antiochia versammelt, und nach gutem syrischen Brauch ließ mein Vater die Reste des Mahls an sie verteilen. Als die Freigelassenen eben aufbrechen wollten, drängten sich zwei Juden herein, die sie erst für Bettler hielten und aus dem Haus weisen wollten. Mein Vater eilte ihnen jedoch entgegen, begrüßte sie achtungsvoll und sagte: »Nein, nein, ich kenne diese Männer. Sie sind Boten des höchsten Gottes. Gehen wir alle noch einmal hinein, und hören wir, was sie uns zu sagen haben.«

Der Würdigere von den beiden hielt sich sehr steif und hatte einen grauen Bart. Es stellte sich heraus, daß er ein Kaufmann von der Insel Kypros war. Er oder seine Familie besaß ein Haus in Jerusalem, und dort hatte ihn mein Vater schon vor meiner Geburt aufgesucht. Er hieß Barnabas. Der andere war sichtlich jünger. Er trug einen engen schwarzen Ziegenhaarmantel. Sein Kopf begann schon kahl zu werden. Er hatte abstehende Ohren und Augen, die so stechend blickten, daß die Freigelassenen unwillkürlich zurückwichen und ein abwehrendes Zeichen mit den Fingern machten. Dies war Saulus, von dem mein Vater zu mir gesprochen hatte, aber er war nicht unter seinem eigentlichen Namen bekannt, sondern nannte sich Paulus, aus Demut, wie er sagte, aber auch deshalb, weil sein früherer Name bei den Untertanen Christi einen üblen Klang hatte. Paulus heißt der Geringe, der Unbedeutende, geradeso wie mein eigener Name Minutus, und das machte mich neugierig. Er war kein schöner Mann, aber in seinen Augen, in seinem ganzen Antlitz lag eine solche Glut, daß man keine Lust verspürte, mit ihm Streit zu bekommen. Ich fühlte, daß nichts, was man zu diesem Manne sagte, imstande wäre, ihn zu beeinflussen, daß aber er selbst großen Einfluß auf andere ausübte. Neben ihm wirkte Barnabas, gewiß auch auf Grund seines Alters, ruhig und besonnen.

Den Freigelassenen war die Ankunft dieser beiden Männer lästig, aber sie konnten sich nun nicht mehr entfernen, ohne meinen Vater zu kränken. Barnabas und Paulus traten bescheiden auf. Sie sprachen abwechselnd und berichteten, daß die Ältesten ihrer Versammlung eine Offenbarung gehabt hatten, in der ihnen geheißen worden war, sich auf Reisen zu begeben, um die gute Botschaft zu verkünden, zuerst den Juden, dann den Heiden. Auch in Jerusalem waren sie gewesen und hatten den Heiligen dort Geld gebracht, und deren Älteste hatten ihre Vollmacht durch Handschlag bekräftigt. Danach hatten sie Gottes Wunder mit solcher Kraft verkündet, daß sogar Kranke geheilt wurden. In einer der Städte im Landesinnern war Barnabas für Jupiter in Menschengestalt gehalten worden und Paulus für Merkur, so daß der Priester der Stadt bekränzte Ochsen als Opfer für sie hatte herbeitreiben lassen. Sie hatten alle Mühe gehabt, eine so gottlose Ehrung abzuweisen. Darauf hatten die Juden Paulus vor die Stadt geführt und gesteinigt, waren dann aber aus Angst vor den Behörden geflohen und hatten Paulus in dem Glauben, er habe seinen Geist aufgegeben, auf dem Feld liegengelassen. Er war jedoch wieder zum Leben erwacht.

Die Freigelassenen fragten verwundert: »Wovon seid ihr besessen, daß es euch nicht genug ist, zu leben wie andere Menschen und euer tägliches Werk zu verrichten, sondern daß ihr euer Leben aufs Spiel setzen müßt, um von Gottes Sohn und der Vergebung der Sünden Zeugnis abzulegen?«

Barbus brach bei der Vorstellung, daß jemand diese beiden Juden für Götter halten konnte, in lautes Gelächter aus, aber mein Vater verwies es ihm. Er stützte den Kopf in beide Hände und klagte: »Ich habe euern Weg kennengelernt und in meiner Eigenschaft als einer der Väter der Stadt oft und oft versucht, Jude mit Jude zu versöhnen. Ich möchte gern glauben, daß ihr die Wahrheit sprecht, aber noch scheint euch der Geist nicht versöhnlich gestimmt zu haben. Im Gegenteil, ihr habt fortwährend Streit miteinander, und der eine sagt dies, der andere das. Die Heiligen in Jerusalem verkauften ihre Habe und warteten tagtäglich auf die Wiederkunft eures Königs. Sie warten nun schon mehr als sechzehn Jahre. Ihr Geld ist aufgebraucht, und sie leben nur noch von Almosen. Was habt ihr dazu zu sagen?«

Paulus versicherte, daß er für sein Teil niemanden gelehrt habe, sich ehrlicher Arbeit zu enthalten und seinen Besitz an die Armen auszuteilen. Barnabas wiederum sagte, ein jeder müsse tun, wie der Geist ihm zu tun befehle. Nachdem man in Jerusalem begonnen hatte, die Heiligen zu verfolgen und zu töten, seien viele in fremde Länder gezogen, auch nach Antiochia, und hätten sich als Händler und Handwerker niedergelassen und auch Erfolg gehabt, der eine mehr, der andere weniger.

Barnabas und Paulus sprachen noch lange weiter, bis die Freigelassenen ihrer müde wurden und sagten: »Nun haben wir genug von Gott gehört. Wir wünschen euch nichts Böses, aber sagt nun, was ihr von unserem Herrn wollt, da ihr spät am Abend bei ihm eindringt und ihn stört. Er hat ohnedies Sorgen genug.«

Darauf berichteten sie, daß ihre Tätigkeit viel böses Blut unter den Juden Antiochias gemacht hatte, so daß sich zuletzt sogar die Parteien der Pharisäer und Sadduzäer gegen sie und die Christen verbündeten. Die Juden betrieben eine eifrige Bekehrungsarbeit zugunsten des Tempels in Jerusalem und hatten von den Gottesfürchtigen reiche Gaben eingesammelt. Aber die Sekte der christlichen Juden lockte die Neubekehrten auf ihre Seite, indem sie ihnen Vergebung der Sünden versprach und behauptete, sie brauchten das jüdische Gesetz nicht mehr zu befolgen. Aus diesem Grunde wollten nun die Juden vor dem Rat der Stadt Anklage gegen die Christen erheben. Barnabas und Paulus versicherten, sie hätten zwar ohnehin die Absicht, Antiochia vorher zu verlassen, aber sie fürchteten, der Rat könnte sie verfolgen und vor Gericht stellen.

Mein Vater freute sich, sie beruhigen zu können. »Ich habe durch zahllose Vermittlungen und Vergleiche erreicht, daß der Rat der Stadt sich nicht mehr in die inneren Glaubensangelegenheiten der Juden einmischt«, sagte er. »Die Juden müssen die Streitigkeiten zwischen ihren verschiedenen Sekten selbst schlichten. Wir betrachten die Christen vom juristischen Standpunkt aus als eine der vielen jüdischen Sekten, obwohl sie weder die Beschneidung noch die buchstabengetreue Befolgung des Gesetzes Mose fordern. Deshalb sind die Ordnungshüter der Stadt verpflichtet, die Christen zu schützen, wenn andere Juden ihnen Gewalt antun wollen. Ebenso ist es aber auch unsere Pflicht, die anderen Juden in Schutz zu nehmen, wenn sie von den Christen behelligt werden.«

»Wir sind beide Juden«, sagte Barnabas tief bekümmert, »aber erst die Beschneidung macht einen zum rechtgläubigen Juden. Daher behaupten nun die Juden Antiochias, daß unbeschnittene Judenchristen rechtlich gesehen keine Juden seien und somit wegen Schmähung des jüdischen Glaubens verurteilt werden könnten.«

Aber mein Vater war sehr starrsinnig, wenn er sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, und wandte dagegen ein: »Soviel ich weiß, ist der einzige Unterschied zwischen Christen und Juden der, daß die Christen, die beschnittenen wie die unbeschnittenen, glauben, der Messias der Juden, der Gesalbte, habe bereits in Jesus von Nazareth menschliche Gestalt angenommen, sei von den Toten auferstanden und werde früher oder später zurückkehren, um das Tausendjährige Reich zu gründen, während die Juden dies nicht glauben und weiter auf ihren Messias warten. Juristisch gesehen ist es jedoch völlig gleichgültig, ob einer glaubte, daß der Messias schon gekommen sei oder daß er erst kommen werde. Es genügt, daß er an einen Messias glaubt. Die Stadt Antiochia ist weder willens noch befugt, zu entscheiden, ob der Messias gekommen ist oder nicht. Deshalb müssen Juden und Christen die Sache friedlich untereinander ausmachen, anstatt sich gegenseitig zu verfolgen.«

Paulus fuhr auf. »So haben wir es bisher gehalten, und so könnte es auch bleiben, wenn nicht manche beschnittene Christen so feige wären, wie zum Beispiel Kephas, der zuerst mit den unbeschnittenen zusammen aß und sich dann von ihnen zurückzog, weil er die Heiligen in Jerusalem mehr fürchtet als Gott. Ich habe ihm ins Gesicht gesagt, was ich von seiner Feigheit halte, aber der Schaden war schon geschehen, und immer öfter nehmen nun die beschnittenen Christen ihr Liebesmahl getrennt von den unbeschnittenen ein. Deshalb können letztere nicht einmal mehr juristisch als Juden betrachtet werden. Nein, es gibt unter uns weder Juden noch Griechen, weder Sklaven noch Freie, sondern wir sind alle nur noch Glieder Christi.«

Mein Vater bemerkte, daß es unklug wäre, dergleichen vor Gericht zu bezeugen, denn die Christen würden dadurch einen unersetzlichen Vorteil und allen Schutz verlieren. Viel vernünftiger wäre es, wenn sie sich als Juden zu erkennen gäben und alle politischen Vorteile der Juden für sich in Anspruch nähmen, auch wenn sie die Beschneidung und das jüdische Gesetz gering achteten.

Es gelang ihm jedoch nicht, die beiden Juden zu überzeugen. Sie hatten ihre eigene unumstößliche Anschauung, daß ein Jude ein Jude sei und ein Heide ein Heide. Doch könne ein Heide Christ werden, und auf die gleiche Weise könne ein Jude Christ werden, so daß es zwischen ihnen keinen Unterschied mehr gebe, sondern sie eins seien in Christus. Darum bleibe ein Jude doch auch als Christ ein Jude, ein zum Christentum bekehrter Heide müsse sich aber erst beschneiden lassen, um Jude zu werden, und dies sei nun nicht mehr nötig, ja nicht einmal wünschenswert, da alle Welt begreifen müsse, daß ein Christ kein Jude zu sein brauche.

Mein Vater sagte bitter, diese Philosophie übersteige sein Fassungsvermögen. Er sei seinerzeit in aller Demut bereit gewesen, Untertan im Reiche jenes Jesus von Nazareth zu werden, aber man habe ihn nicht aufgenommen, weil er kein Jude war. Der Führer der nazarenischen Sekte habe ihm sogar verboten, über ihren König zu sprechen. Er halte es nach allem für das klügste, weiterhin zu warten, bis die Angelegenheiten dieses Reiches endlich geklärt und auch für einen schlichteren Verstand faßbar wären. Es zeige sich nun, daß die Vorsehung selbst ihn nach Rom schicke, da ihn in Antiochia nur Verdruß erwarte, und zwar von den Juden wie von den Christen, denn nun wisse selbst der beste Mittler keinen Rat mehr.

Immerhin versprach er, dem Rat der Stadt vorzuschlagen, man solle die Christen nicht verurteilen, weil sie den Glauben der Juden geschmäht hätten, da sie durch die Übernahme der von den Juden erfundenen Taufe und dadurch, daß sie einen jüdischen Messias als ihren König verehrten, jedenfalls de facto, wenn schon nicht de jure, sozusagen selbst Juden seien. Schloß sich der Rat dieser Auffassung an, so konnte die Angelegenheit zumindest aufgeschoben und die Klage der Juden fürs erste abgewiesen werden.

Damit gaben sich Barnabas und Paulus, da ihnen nichts anderes übrigblieb, zufrieden. Mein Vater versicherte ihnen noch, daß seine Sympathien mehr den Christen als den Juden gälten. Die Freigelassenen ihrerseits baten meinen Vater, unverzüglich um seine Entlassung aus dem Rat der Stadt anzusuchen, da er mit seinen eigenen Angelegenheiten genug zu tun habe. Mein Vater hielt ihnen jedoch mit gutem Grund entgegen, daß er gerade das nicht tun dürfe, denn ein öffentliches Abschiedsgesuch würde alle glauben machen, er halte mich für schuldig, vorsätzlich die Götter gelästert zu haben.

Die Freigelassenen begannen ernstlich zu fürchten, meines Vaters offenkundige Sympathie für die Christen könne den Verdacht erwecken, er habe mich, seinen Sohn, am Ende gar dazu angestiftet, die unschuldvollen Mysterien der Mädchen zu entweihen, denn es sei ja bekannt, daß die Christen ebenso wie die Juden erbitterte Gegner der Götterbilder, der heiligen Opfer und der überlieferten Mysterien sind.

»Diejenigen, die sich taufen lassen und dann mit ihren Glaubensbrüdern Blut trinken, zerschlagen und verbrennen ihre Hausgötter und vernichten ihre kostbaren Weissagungsbücher, anstatt sie zu einem mäßigen Preis solchen zu überlassen, die noch Verwendung dafür haben«, sagten die Freigelassenen. »Diese leidenschaftliche Unduldsamkeit macht sie gefährlich. Du, unser guter, geduldiger Herr, solltest nichts mehr mit ihnen zu schaffen haben, sonst könnte es deinem Sohn übel ergehen.«

Zur Ehre meines Vaters sei es gesagt, daß er mich nach dem Besuch dieser beiden Juden nicht mehr aufforderte, zu ihnen zu gehen und ihre Lehre anzuhören. Sie zerstritten sich übrigens, nachdem sie sich mit den anderen Juden überworfen hatten, und verließen Antiochia in verschiedenen Richtungen. Nach ihrer Abreise beruhigten sich die rechtgläubigen Juden wieder, denn die besonneneren Christen gingen offenem und öffentlichem Streit aus dem Wege, sonderten sich ab und bildeten eine eigene geheime Gesellschaft.

Auf Anraten meines Vaters wiesen die Väter der Stadt die Klage der Juden gegen Barnabas und Paulus ab und entschieden, daß die Juden ihre Glaubenszwistigkeiten selbst zu schlichten hätten. Im gleichen Sinn wurde die Klage gegen mich und meine Kameraden behandelt und die Entscheidung dem Orakel in Daphne überlassen. Unsere Eltern erlegten schwere Bußen, und wir selbst mußten uns einer Reinigungszeremonie in Daphnes Hainen unterziehen, die drei Tage und drei Nächte dauerte. Die Eltern der Mädchen, die wir gekränkt hatten, wagten danach nicht mehr, uns mit Heiratsangeboten nahezutreten, aber während der Zeremonie in Daphne waren wir gezwungen worden, der Mondgöttin ein gewisses Gelübde abzulegen, über das ich mit meinem Vater nicht sprechen konnte. Er fragte übrigens auch nicht danach.

Gegen seine Gewohnheit ging er mit mir zur nächsten Vorstellung in das Amphitheater, wo wir sieben Jünglinge die Ehrenplätze hinter den obersten Beamten einnehmen durften. Unser Löwe hatte eine Abmagerungskur gemacht und war gehörig aufgereizt worden, so daß er sich in der Arena besser aufführte, als wir zu hoffen gewagt hatten. Einen Verbrecher, der verurteilt worden war, den wilden Tieren vorgeworfen zu werden, riß er mir nichts dir nichts in Stücke, dann biß er den ersten Gladiator ins Knie und kämpfte unerschrocken, bis ihm der letzte den Fangstoß versetzte. Die Zuschauer johlten vor Vergnügen und ehrten den Löwen und uns, indem sie sich unter lauten Beifallsrufen von ihren Sitzen erhoben. Ich glaube, mein Vater war stolz auf mich, wenn er auch nichts sagte. Einige Tage später nahmen wir Abschied von den weinenden Hausgenossen und reisten, von den Freigelassenen geleitet, zum Hafen Seleukia. Dort bestiegen wir, mein Vater, ich und Barbus, ein Schiff, um nach Neapel zu fahren und von dort aus weiter nach Rom.


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