Außer Tony Rizzoli und Viktor Korontzis waren vier Männer in dem Hotelzimmer.
«Ich möchte Sie mit meinem Freund Otto Dalton bekannt machen«, sagte Rizzoli.»Viktor Korontzis.«
Die beiden Männer schüttelten sich die Hand.
Rizzoli musterte die anderen drei.»Diese Gentlemen kenne ich noch nicht, glaub' ich.«
Otto Dalton übernahm die Vorstellung.
«Perry Breslauer aus Detroit… Marvin Seymour aus Houston… Sal Prizzi aus New York.«
Viktor Korontzis nickte ihnen wortlos zu, weil er seiner Stimme nicht traute.
Otto Dalton war ein hagerer, liebenswürdiger Sechziger mit silbergrauen Haaren. Perry Breslauer war einige Jahre jünger, aber sein verkniffenes Gesicht wies tiefe Falten auf. Marvin Seymour war ein dicker, freundlicher, bebrillter Mittfünfziger. Sal Prizzi war ein Baum von einem Mann, ein muskelbepackter Hüne mit riesigen Pranken. Er hatte kleine, böse Augen, und sein Gesicht war durch Messernarben entstellt.
Tony Rizzoli hatte Korontzis vor dem Spiel über die Beteiligten informiert. Die drei Typen haben massenhaft Geld. Sie können sich hohe Verluste leisten. Seymour gehört eine Versicherungsgesellschaft, Breslauer ist ein großer Autohändler mit Filialen in ganz Amerika, und Prizzi steht an der Spitze einer großen Gewerkschaft.
Otto Dalton ergriff das Wort.»Können wir anfangen, Gentlemen? Die weißen Chips kosten fünf Dollar, die blauen zehn, die roten fünfundzwanzig und die schwarzen fünfzig. Wie viele darf ich Ihnen geben?«
Korontzis legte die 500 Dollar, die Tony Rizzoli ihm geliehen hatte, vor sich auf den Tisch. Nein, nicht geliehen — geschenkt. Der kleine Mann sah zu Rizzoli hinüber und lächelte. Was für ein wundervoller Freund er ist!
Die anderen Männer zogen dicke Geldscheinrollen aus ihren Taschen.
Korontzis hatte plötzlich wieder Bedenken. Was war, wenn irgendwas schiefging und er die 500 Dollar verspielte? Aber er schob diesen Gedanken mit einem Schulterzucken beiseite. Sein Freund Tony würde dafür sorgen, daß das nicht passierte. Und wenn er gewann… Korontzis empfand ein Gefühl jäher Euphorie.
Das Spiel begann.
Der Bankhalter sagte an, was gespielt wurde. Bei zuerst noch niedrigen Einsätzen gab es Stud Poker mit fünf Karten, Stud Poker mit sieben Karten, Draw Poker und High-Low.
Zu Anfang waren die Gewinne und Verluste gleichmäßig verteilt, aber dann wendete sich das Blatt allmählich.
Viktor Korontzis und Tony Rizzoli schienen nichts falsch machen zu können. Hatten sie mäßige Karten, hatten die anderen schlechte. Hatten die anderen gute Karten, hatten Korontzis und Rizzoli bessere.
Viktor Korontzis wagte kaum, seinem Glück zu trauen. Als der
Abend zu Ende ging, hatte er fast 2000 Dollar gewonnen. Das reinste Wunder!
«Ihr habt verdammt Glück gehabt, Jungs«, knurrte Seymour.
«Allerdings!«stimmte Breslauer zu.»Gebt ihr uns morgen abend Revanche?«
«Ich rufe euch an«, versprach Rizzoli ihnen.
«Ich kann's nicht glauben!«rief Korontzis aus, als die anderen gegangen waren.»Zweitausend Dollar!«
Tony Rizzoli lachte.»Das ist noch gar nichts. Ich hab' dir doch gesagt, daß Otto einer der besten >Künstler< in der Branche ist. Diese Jungs brennen darauf, morgen ihr Geld zurückzugewinnen. Machst du wieder mit?«
«Darauf kannst du wetten!«Korontzis grinste breit.»Ich hab' eben einen Scherz gemacht, glaub' ich.«
Am nächsten Abend gewann Viktor Korontzis mehr als 3000 Dollar.
«Phantastisch!«erklärte er Rizzoli.»Aber schöpfen die denn keinen Verdacht?«
«Natürlich nicht. Ich gehe jede Wette ein, daß sie morgen vorschlagen werden, die Einsätze zu erhöhen. Sie bilden sich ein, sie könnten ihr Geld zurückgewinnen. Bist du wieder dabei?«
«Klar, Tony, ich bin dabei.«
«Wißt ihr, bisher sind wir die großen Verlierer«, meinte Sal Prizzi, als das Spiel beginnen sollte.»Wie war's, wenn wir die Einsätze erhöhen würden?«
Tony Rizzoli blinzelte Korontzis zu.
«Von mir aus gern«, antwortete Rizzoli.»Wie sieht's mit euch aus, Jungs?«
Alle nickten zustimmend.
Otto Dalton stapelte Chips vor sich auf.»Die weißen Chips sind fünfzig Dollar, die blauen hundert, die roten fünfhundert, die schwarzen tausend.«
Viktor Korontzis sah unbehaglich zu Rizzoli hinüber. Mit so hohen Einsätzen hatte er nicht gerechnet.
Der Amerikaner nickte ihm beruhigend zu.
Das Spiel begann.
Es ging wie gewohnt weiter. Viktor Korontzis' Hände schienen Zauberkräfte zu besitzen. Seine Karten waren unweigerlich besser als die der anderen. Auch Tony Rizzoli gewann — allerdings etwas weniger.
«Scheißkarten!«knurrte Prizzi.»Ich will neue!«
Otto Dalton riß bereitwillig die Zellophanhülle eines neuen Spiels auf.
Korontzis blickte zu Tony Rizzoli hinüber und lächelte. Er wußte, daß ihr Glück sie auch mit neuen Karten nicht verlassen würde.
Um Mitternacht ließen sie sich Sandwiches herauf schicken. Die Spieler machten eine Viertelstunde Pause.
Tony Rizzoli nahm Korontzis beiseite.»Ich habe Otto gesagt, daß er sie ein bißchen schmieren soll«, erklärte er ihm flüsternd.
«Das verstehe ich nicht.«
«Er soll sie ein paarmal gewinnen lassen. Wenn sie dauernd verlieren, haben sie keine Lust mehr und hören auf. Und wenn sie dann glauben, heiß zu sein, erhöhen wir den Einsatz noch mal und kassieren richtig ab.«
Viktor Korontzis zögerte.»Ich habe schon so viel gewonnen, Tony. Sollten wir nicht aufhören, solange wir…?«
Tony Rizzoli sah ihm in die Augen und fragte:»Viktor, wie würd's dir gefallen, heute nacht mit fünfzigtausend Dollar in der Tasche von hier wegzugehen?«
Als das Spiel fortgesetzt wurde, begannen Breslauer, Prizzi und Seymour zu gewinnen. Korontzis hatte weiter gute Karten, aber die der anderen waren besser.
Otto Dalton ist ein Genie, dachte Korontzis. Obwohl er ihm beim Geben scharf auf die Finger sah, hatte er bisher keine Unregelmäßigkeiten entdecken können.
Als das Spiel weiterging, verlor Viktor Korontzis stetig. Trotzdem machte er sich keine Sorgen. In ein paar Minuten, wenn sie die anderen genug — wie war doch gleich der Fachausdruck? — geschmiert hatten, würden er und Dalton und Rizzoli zum großen Schlag ausholen.
Sal Prizzi lachte hämisch.»Ihr Burschen scheint ein bißchen abgekühlt zu sein, was?«
Tony Rizzoli nickte bedauernd.»Sieht so aus, was?«Er warf
Korontzis einen verschwörerischen Blick zu.
«Na ja, keiner kann ewig gewinnen«, meinte Marvin Seymour.
Perry Breslauer meldete sich zu Wort.»Was haltet ihr davon, wenn wir den Einsatz noch mal erhöhen, damit wir 'ne echte Chance haben, unser Geld zurückzugewinnen?«
Tony Rizzoli gab vor, über seinen Vorschlag nachzudenken.»Ich weiß nicht recht«, sagte er zögernd. Er wandte sich an Viktor Korontzis.»Was hältst du davon, Viktor?«
Wie würd's dir gefallen, heute nacht mit fünfzigtausend Dollar in der Tasche von hier wegzugehen? Davon könnte ich mir ein Haus und ein neues Auto kaufen. Ich könnte mit der Familie in Urlaub fahren… Korontzis zitterte beinahe vor Aufregung. Er rang sich ein Lächeln ab.»Warum nicht?«
«Okay«, entschied Sal Prizzi.»Wir spielen um die Einsätze auf dem Tisch — ohne Limit!«
Sie spielten Draw Poker mit fünf Karten. Die Karten wurden gegeben.
«Ich fange an«, sagte Perry Breslauer.»Ich eröffne mit fünftausend Dollar.«
Viktor Korontzis hatte zwei Damen auf der Hand. Er zog drei Karten und erhielt eine weitere Dame.
Tony Rizzoli begutachtete sein Blatt und sagte:»Noch tausend.«
Marvin Seymour studierte seine Karten.»Ich gehe mit — und erhöhe um zweitausend.«
Otto Dalton warf seine Karten hin.»Da kann ich nicht mithalten.«
«Ich gehe mit«, entschied Sal Prizzi.
Den Pot gewann Marvin Seymour mit einem Straight.
Beim nächsten Mal erhielt Korontzis eine Acht, eine Neun, eine Zehn und den Herzbuben. Noch eine Karte, dann hatte er einen Straight Flush!
«Ich setze tausend Dollar«, verkündete Dalton.
«Ich gehe mit und erhöhe um tausend.«
«Und ich erhöhe um weitere tausend«, sagte Sal Prizzi.
Nun war Korontzis an der Reihe. Er glaubte zu wissen, daß ein Straight Flush alles schlagen würde, was die anderen hatten. Dazu brauchte er nur noch eine Karte.
«Ich will sehen, was ihr habt. «Er zog eine Karte und ließ sie vor sich liegen, weil er nicht wagte, sie aufzudecken.
Breslauer legte seine Karten hin.»Ein Viererpaar und ein Zehnerpaar.«
Prizzi zeigte sein Blatt vor.»Drei Siebener.«
Alle sahen jetzt zu Korontzis hinüber. Er holte tief Luft und nahm die Karte auf, die er gezogen hatte. Sie war schwarz.»Geplatzt«, sagte er angewidert und warf seine Karten auf den Tisch.
Die Einsätze wurden immer höher.
Der Stapel Chips von Viktor Korontzis war fast völlig zusammengeschmolzen. Der kleine Mann blickte sorgenvoll zu Tony Rizzoli hinüber.
Rizzoli lächelte beschwichtigend, als wollte er sagen: Kein Grund zur Sorge!
Die nächste Runde wurde mit Rizzolis Einsatz eröffnet.
Die Karten wurden gegeben.
«Ich eröffne mit tausend Dollar.«
Perry Breslauer:»Ich erhöhe um tausend.«
Marvin Seymour:»Und ich um zweitausend.«
Sal Prizzi:»Wißt ihr was, Jungs? Ich glaube, daß ihr nur blufft. Ich erhöhe noch mal um fünf.«
Viktor Korontzis hatte sich sein Blatt noch nicht angesehen. Wann hört das verdammte Schmieren endlich auf i
«Viktor?«
Korontzis griff langsam nach seinem Blatt und fächerte die Karten nacheinander auf. Ein As, noch ein As, ein drittes As, ein König und ein Zehner. Sein Puls begann zu jagen.
«Spielen Sie mit?«
Er lächelte in sich hinein. Ab sofort wird nicht mehr geschmiert! Er würde einen weiteren König bekommen, damit er ein Füll House hatte. Er legte den Zehner ab und bemühte sich, ganz ruhig zu sprechen.»Ich geh' mit. Bitte eine Karte.«
«Ich nehme zwei«, sagte Otto Dalton. Er betrachtete sein Blatt.»Ich erhöhe um tausend.«
Tony Rizzoli schüttelte den Kopf.»Da kann ich nicht mithalten. «Er warf seine Karten hin.
«Ich gehe mit«, sagte Prizzi,»und erhöhe um fünf.«
Marvin Seymour warf seine Karten hin.»Ich bin draußen.«
Jetzt mußte die Entscheidung zwischen Viktor Korontzis und Sal Prizzi fallen.
«Wollen Sie mein Blatt sehen?«fragte Prizzi.»Das kostet Sie weitere fünftausend.«
Viktor Korontzis betrachtete seine Chips. Er hatte nur noch 5000 Dollar. Aber wenn ich diesmal gewinne… Er starrte sein Blatt erneut an. Es war unschlagbar. Korontzis schob seine Chips in die Tischmitte und zog eine Karte — einen Fünfer.
Aber er hatte noch immer die drei Asse. Er deckte seine Karten auf.»Drei Asse.«
Prizzi breitete sein Blatt aus.»Vier Zweier.«
Korontzis sah benommen zu, wie Prizzi die gewonnenen Chips einstrich. Er hatte irgendwie das Gefühl, seinen Freund Tony im Stich gelassen zu haben. Hätte ich nur durchgehalten, bis wir wieder gewonnen hätten…
Diesmal gab Prizzi.»Stud mit sieben Karten«, kündigte er an.»Wir beginnen mit tausend Dollar.«
Viktor Korontzis sah hilflos zu Tony Rizzoli hinüber.»Ich habe kein…»
«Schon in Ordnung«, beruhigte Rizzoli ihn. Er wandte sich an seine Landsleute.»Hört zu, Jungs, Viktor ist heute nicht mehr dazugekommen, genügend Geld abzuheben, aber ich garantiere euch, daß er kreditwürdig ist. Ich schlage vor, daß wir ihm Kredit geben und nach Spielende abrechnen.«
«Augenblick!«sagte Prizzi.»Mann, wir sind kein gottverdammtes Finanzierungsbüro! Wir kennen Viktor Korontzis überhaupt nicht. Woher sollen wir also wissen, daß er zahlt?«
«Ich gebe Ihnen mein Wort darauf«, versicherte Tony Rizzoli ihm.»Otto kann sich für mich verbürgen.«
Otto Dalton meldete sich zu Wort.»Wenn Tony sagt, daß Mister Korontzis in Ordnung ist, ist er in Ordnung.«
Sal Prizzi zuckte mit den Schultern.»Okay, von mir aus kann er weiterspielen.«
«Einverstanden«, sagte Perry Breslauer, und Marvin Seymour nickte zustimmend.
Otto Dalton wandte sich an Viktor Korontzis.»Wieviel wollen Sie?«
«Geben Sie ihm zehntausend«, verlangte Tony Rizzoli.
Korontzis sah überrascht zu ihm herüber. Zehntausend Dollar waren mehr, als er in zwei Jahren verdiente. Aber Rizzoli wußte natürlich genau, was er tat.
Viktor Korontzis schluckte trocken.»Äh… zehntausend, bitte.«
Wenig später hatte Korontzis wieder einen Stapel Chips vor sich.
In dieser Nacht waren die Karten Viktor Korontzis feindlich gesonnen. Bei steigenden Einsätzen schwanden seine Chips rasch dahin. Auch Tony Rizzoli verlor stetig.
Um zwei Uhr legten sie eine Pause ein. Korontzis zog Tony Rizzoli mit sich in eine Ecke.
«So kann's nicht weitergehen!«flüsterte Korontzis in panischer Angst.»Mein Gott, weißt du, wieviel Geld ich schon schuldig bin?«
«Mach dir keine Sorgen, Viktor. Ich habe auch schon viel verloren. Aber ich habe Otto das Zeichen gegeben. Jetzt geht's andersrum lang, und wir kassieren richtig ab.«
Sie nahmen wieder ihre Plätze ein.
«Geben Sie meinem Freund noch mal fünfundzwanzigtausend«, verlangte Tony Rizzoli.
Marvin Seymour runzelte die Stirn.»Wissen Sie bestimmt, daß er weiterspielen will?«
Rizzoli wandte sich an Viktor Korontzis.»Die Entscheidung liegt bei dir.«
Korontzis zögerte noch. Ich habe Otto das Zeichen gegeben. Jetzt geht's andersrum lang.»Ich mache weiter.«
«Okay.«
Nun waren wieder 25000 Dollar in Chips vor Korontzis aufgestapelt. Er betrachtete sie und hatte plötzlich das Gefühl, jetzt würde nichts mehr schiefgehen.
Diesmal gab Otto Dalton.»Gentlemen, wir spielen Stud mit fünf Karten. Der Einsatz beträgt tausend Dollar.«
Die Spieler schoben ihre Chips in die Tischmitte.
Dalton gab jedem fünf Karten. Korontzis ließ seine unberührt liegen. Ich warte noch, dachte er. Das bringt Glück.
«Ich höre«, sagte Otto Dalton.
Marvin Seymour, der rechts neben ihm saß, studierte sein Blatt einen Augenblick lang.»Ich steige aus. «Er warf seine Karten auf den Tisch.
Dann war Sal Prizzi an der Reihe.»Ich gehe mit und erhöhe um tausend. «Er schob den Einsatz in die Tischmitte.
Tony Rizzoli betrachtete seine Karten und hob die Achseln.»Ich steige aus. «Auch er warf sein Blatt auf den Tisch.
Perry Breslauer grinste, während er seine Karten begutachtete.»Ich gehe mit und erhöhe noch mal um fünftausend.«
Jetzt würde Korontzis 6000 Dollar setzen müssen, um im Spiel bleiben zu können. Er griff langsam nach seinen Karten, fächerte sie auf und wollte seinen Augen kaum trauen. Er hielt einen Straight Flush in der Hand: Fünfer, Sechser, Siebener, Achter und Neuner in Herz. Ein perfektes Blatt! Tony hatte also recht behalten. Gott sei Dank! Korontzis bemühte sich, keine Aufregung zu zeigen.»Ich gehe mit und erhöhe um weitere fünftausend. «Dies war das Blatt, das ihn zum reichen Mann machen würde.
Dalton warf seine Karten auf den Tisch.»Nichts für mich. Ich steige aus.«
«Jetzt bin ich an der Reihe«, sagte Sal Prizzi.»Ich glaube, daß Sie bluffen, Freundchen. Ich gehe mit und erhöhe um weitere fünf.«
Viktor Korontzis spürte, wie sein Herz jagte. Er hielt das Blatt seines Lebens in der Hand. Und vor ihm lag der höchste Einsatz dieses Abends.
Perry Breslauer studierte seine Karten.»Ich gehe mit und erhöhe noch mal um fünf, Jungs.«
Nun war wieder Viktor Korontzis dran. Er holte tief Luft.»Ich gehe mit und erhöhe um fünf. «Er zitterte beinahe vor Erregung und mußte sich beherrschen, um nicht nach den Chips zu greifen und sie an sich zu raffen.
Perry Breslauer breitete mit triumphierendem Grinsen seine Karten aus.»Drei Könige.«
Ich habe gewonnen! dachte Viktor Korontzis.»Tut mir leid, das reicht nicht«, sagte er lächelnd.»Ein Straight Flush. «Er legte sein Blatt ab und wollte die Chips einstreichen.
«Halt!«Sal Prizzi ließ langsam seine Karten sinken.»Royal Flush. Zehner bis As in Karo.«
Viktor Korontzis wurde leichenblaß. Ihm war schlecht, und sein Puls begann zu flattern.
«Jesus!«rief Tony Rizzoli aus.»Zwei gottverdammte Flushes?«Er sah zu Korontzis hinüber.»Tut mir leid für dich, Viktor. Ich… ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.«
«Ich glaube, das war's für heute, Gentlemen«, stellte Otto Dalton fest. Nachdem er kurz auf seinem Zettel gerechnet hatte, wandte er sich an Viktor Korontzis.»Sie sind fünfundsechzigtausend Dollar schuldig.«
Korontzis starrte Tony Rizzoli benommen an. Rizzoli zuckte hilflos mit den Schultern. Viktor Korontzis zog ein Taschentuch heraus und tupfte sich die Stirn ab.
«Wie wollen Sie das zahlen?«fragte Dalton.»Bar oder mit Scheck?«
«Ich nehme keine Schecks«, stellte Prizzi fest. Er starrte Korontzis durchdringend an.»Ich nehme nur Bargeld.«
«Ich… ich…«Die Worte wollten nicht heraus. Er merkte, daß er zitterte.»Ich… ich habe nicht so viel…«
Sal Prizzi machte ein finsteres Gesicht.» Was haben Sie nicht?«
«Augenblick!«warf Tony Rizzoli ein.»Viktor will nur sagen, daß er's nicht bei sich hat. Ich habe Ihnen doch gesagt, daß er kreditwürdig ist.«
«Das bringt mir nichts, Rizzoli. Ich will Bares sehen, kapiert?«
«Keine Angst, Sie kriegen Ihr Geld«, versicherte Tony Rizzoli ihm.»Sie kriegen es spätestens in ein paar Tagen.«
Sal Prizzi sprang auf.»Wollen Sie mich verscheißern? Ich bin kein Kreditbüro. Ich will das Geld spätestens morgen.«
«Okay, Sie kriegen es morgen von ihm.«
Viktor Korontzis hatte das Gefühl, in einem schrecklichen Alptraum gefangen zu sein, aus dem es keinen Ausweg gab. Er saß wie gelähmt da und nahm kaum wahr, daß die anderen gingen. Zuletzt war er mit Tony Rizzoli allein.
Korontzis war völlig benommen.»So viel Geld kann ich niemals auftreiben«, ächzte er.»Niemals!«
Rizzoli legte ihm eine Hand auf die Schulter.»Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll, Viktor. Ich habe keine Ahnung, was schiefgegangen ist. Wahrscheinlich habe ich heute nacht nicht weniger als du verloren.«
Viktor Korontzis wischte sich Tränen aus den Augen.»Aber… aber du kannst's dir leisten, Tony. Ich… ich kann's nicht. Ich muß ihnen erklären, daß ich nicht zahlen kann.«
«An deiner Stelle würd' ich mir das gut überlegen, Viktor«, sagte der Amerikaner.»Sal Prizzi ist Boß der Hafenarbeitergewerkschaft an der Ostküste. Wie man hört, sind das verdammt rauhe
Burschen.«
«Ich kann aber nichts dagegen machen. Wenn ich das Geld nicht habe, hab' ich's nicht. Was können sie mir schon tun?«
«Das will ich dir erklären«, antwortete Rizzoli ernsthaft.
«Er kann seine Jungs losschicken, damit sie dir beide Kniescheiben zerschießen. Dann kannst du nie mehr gehen. Er kann sie losschicken, damit sie dir Säure in die Augen schütten. Dann kannst du nie mehr sehen. Und während du diese gräßlichen Schmerzen hast, überlegt er sich, ob er dich so weiterleben oder ermorden lassen will.«
Viktor Korontzis, der kreidebleich geworden war, starrte ihn an.»Soll… soll das ein Scherz sein?«
«Ich wollt', es war' einer. Dabei ist alles meine Schuld, Viktor. Ich hätte niemals zulassen dürfen, daß du mit einem Kerl wie Prizzi pokerst. Der Mann ist ein Killer.«
«O mein Gott! Was soll ich bloß tun?«
«Hast du irgendeine Möglichkeit, das Geld aufzutreiben?«
Korontzis begann hysterisch zu lachen.»Tony, ich… ich kann doch kaum meine Familie ernähren.«
«Okay, dann kann ich dir nur raten, aus Athen zu verschwinden, Viktor. Am besten sogar aus Griechenland. Du mußt dich irgendwo verstecken, wo Prizzi dich nicht findet.«
«Das kann ich nicht!«jammerte Viktor Korontzis.»Ich habe eine Frau und vier Kinder. «Er starrte Tony Rizzoli vorwurfsvoll an.»Du hast gesagt, das Ganze sei ein Deal, bei dem wir nicht verlieren könnten. Du hast mir versichert, wir…«
«Ja, ich weiß. Und es tut mir aufrichtig leid. Bisher hat es immer geklappt. Für diese Pleite gibt's nur eine Erklärung: Sal Prizzi muß betrogen haben.«
Korontzis atmete hoffnungsvoll auf.»Gut, wenn er betrogen hat, brauche ich nicht zu zahlen.«
«So einfach ist die Sache leider nicht, Viktor«, erklärte Rizzoli ihm geduldig.»Wenn du ihm vorwirfst, betrogen zu haben, bringt er dich um, und wenn du nicht zahlst, bringt er dich auch um.«
«O mein Gott!«ächzte Korontzis.»Ich bin ein toter Mann.«
«Viktor, es tut mir so leid. Hast du wirklich keine Möglichkeit, das Geld irgendwo aufzutreiben?«
«Das würde hundert Leben dauern. Tausend Leben. Mein Haus ist mit Hypotheken belastet. Woher sollte ich…?«
«Augenblick, Viktor, mir ist was eingefallen! Hast du mir nicht erzählt, daß die meisten Ausstellungsstücke eures Museums sehr kostbar sind?«
«Ja, aber was hat das mit meinen…?«
«Laß mich ausreden. Du hast gesagt, die Kopien seien so gut wie die Originale.«
«Das sind sie natürlich nicht. Jeder Fachmann könnte sie sofort
«Halt! Langsam, Viktor. Was wäre, wenn eines eurer kostbaren Stücke durch eine Kopie ersetzt würde? Ich meine, als ich im Museum war, habe ich dort ganze Touristenhorden gesehen. Würde denen der Unterschied auffallen?«
«Nein, aber… Ich… ich weiß, worauf du hinaus willst. Nein, das könnte ich niemals!«
«Ich verstehe, Viktor«, sagte der Amerikaner beruhigend.»Ich hab' nur gedacht, das Museum könnte vielleicht ein einziges kleines Ausstellungsstück entbehren. Ihr habt doch so viele…»
Viktor Korontzis schüttelte den Kopf.»Ich bin seit fast zwanzig Jahren der Kurator dieses Museums. An so was mag ich nicht mal denken!«
«Entschuldige, ich hätte es nicht vorschlagen dürfen. Ich bin nur darauf gekommen, weil es dir das Leben retten könnte. «Rizzoli stand auf und reckte sich.»Hmmm, schon verdammt spät. Deine Frau wird sich fragen, wo du so lange bleibst.«
Viktor Korontzis starrte ihn an.»Es könnte mir das Leben retten? Wie denn?«
«Ganz einfach. Würdest du eine dieser Antiquitäten
«Altertümer.«
«Würdest du eines dieser Altertümer aus dem Museum mitnehmen und mir übergeben, könnte ich's im Ausland für dich verkaufen und Sal Prizzi auszahlen. Ich glaube, daß ich ihn dazu überreden könnte, bis dahin stillzuhalten. Und du brauchtest dir keine Sorgen mehr zu machen. Du weißt selbst, was ich damit riskieren würde, denn wer mit Altertümern im Gepäck erwischt wird… Aber ich biete es dir an, weil ich das Gefühl habe, dir etwas schuldig zu sein. Schließlich ist's meine Schuld, daß du jetzt in der Klemme sitzt.«
«Du bist ein guter Freund«, sagte Viktor Korontzis.»Aber ich kann und darf dir keine Vorwürfe machen. Ich hätte nicht mitzuspielen brauchen. Du hast mir nur einen Gefallen tun wollen.«
«Richtig! Ich wollte, die Sache wäre anders ausgegangen. Und jetzt brauchen wir beide etwas Schlaf. Wir sprechen morgen weiter. Gute Nacht, Viktor.«
«Gute Nacht, Tony.«
Der Anruf erreichte den kleinen Mann früh am nächsten Morgen im Museum.»Korontzis?«
«Ja?«
«Hier ist Sal Prizzi.«
«Guten Morgen, Mr. Prizzi.«
«Ich rufe wegen dieser Kleinigkeit von fünfundsechzig-tausend Dollar an. Wann kann ich das Geld abholen?«
Viktor Korontzis brach der Schweiß aus.»Ich…ich habe es gerade nicht zur Hand, Mr. Prizzi.«
Am anderen Ende herrschte zunächst bedrohliches Schweigen.»Verdammt noch mal, was für 'n Spiel versuchen Sie mit mir zu spielen?«
«Glauben Sie mir, ich spiele kein Spiel. Ich…«
«Dann will ich das Scheißgeld. Kapiert?«
«Ja, Sir.«
«Wann macht Ihr Museum dicht?«
«Um… um achtzehn Uhr.«
«Okay, ich komme abends vorbei. Sehen Sie zu, daß Sie das Geld haben, sonst schlag' ich Ihnen die Fresse ein. Und danach geht's erst richtig los!«
Der Amerikaner legte auf.
Viktor Korontzis blieb kreidebleich am Telefon sitzen. Am liebsten hätte er sich irgendwo verkrochen. Aber wo? Seine tiefe Verzweiflung riß ihn in einen Strudel aus» wäre «und» hätte«: Wäre ich an diesem Abend bloß nicht ins Spielkasino gegangen- hätte ich Tony Rizzoli bloß niemals kennengelernt — hätte ich bloß gehalten, was ich meiner Frau versprochen habe — nie mehr zu spielen. Er schüttelte den Kopf, um wieder klar denken zu können. Ich muß etwas unternehmen — sofort!
In diesem Augenblick betrat Tony Rizzoli sein Büro.»Guten Morgen, Viktor.«
Es war 18.30 Uhr. Das Museum war seit einer halben Stunde geschlossen und das Personal längst nach Hause gegangen. Viktor Korontzis und Tony Rizzoli beobachteten den Haupteingang.
Korontzis wurde immer nervöser.»Was ist, wenn er nein sagt? Was ist, wenn er sein Geld noch heute abend will?«
«Ich komm' schon mit ihm zurecht«, sagte Tony Rizzoli beruhigend.»Laß mich nur machen.«
«Was ist, wenn er überhaupt nicht kommt? Was ist, wenn er einfach nur… du weißt schon… einen Killer schickt, der mich umlegen soll? Traust du ihm das zu?«
«Das tut er nicht, solange er eine Chance sieht, zu seinem Geld zu kommen«, versicherte Rizzoli ihm.
Gegen 19 Uhr erschien Sal Prizzi endlich.
Korontzis hastete zur Tür und sperrte auf.»Guten Abend«, sagte er.
Der Amerikaner starrte Rizzoli an.»Was zum Teufel haben Sie hier verloren?«Er wandte sich an Viktor Korontzis.»Diese Sache geht nur uns beide an.«
«Immer mit der Ruhe«, forderte Rizzoli ihn auf.»Ich bin hier, um zu helfen.«
«Ich brauche Ihre Hilfe nicht. «Prizzi funkelte Korontzis an.»Wo ist mein Geld?«
«Ich… ich hab's nicht. Aber… «
Der Riese packte ihn an den Schultern und schüttelte ihn kräftig durch.»Hör mal zu, du kleiner Waschlappen. Ich kriege mein Geld noch heute abend, sonst wirst du an meine Hunde verfüttert. Kapiert?«
«He, bloß keine Aufregung!«mischte sich Tony Rizzoli ein.»Keine Angst, Sie kriegen Ihr Geld.«
Prizzi ging auf ihn los.»Ich hab' Ihnen gesagt, daß Sie sich da raushalten sollen! Diese Sache geht Sie nichts an.«
«Ich mache sie zu der meinen. Ich bin Viktors Freund. Viktor hat das Geld im Augenblick nicht in bar, aber er kann es für Sie beschaffen.«
«Hat er das Geld, oder hat er's nicht?«
«Ja und nein«, antwortete Tony Rizzoli.
«Was soll das heißen, verdammt noch mal?«
Rizzolis Handbewegung umfaßte den hinter ihnen liegenden Ausstellungsraum.»Das Geld ist dort.«
Sal Prizzi sah sich um.»Wo?«
«In diesen Vitrinen. Sie sind voller Antiquitäten…«
«Altertümer«, sagte Korontzis automatisch.
«… die ein Vermögen wert sind. Ich rede von Millionen.«
«Yeah?«Der andere kniff die Augen zusammen.»Was nützen sie mir, wenn sie in einem Museum eingesperrt sind? Ich will Bares!«
«Sie kriegen Ihr Geld«, beschwichtigte Rizzoli ihn.»Sogar das Doppelte von dem, was mein Freund Ihnen schuldet. Sie müssen nur etwas Geduld haben, das ist alles. Viktor ist keiner, der sich vor dem Bezahlen drückt. Er braucht nur etwas mehr Zeit. Ich kann Ihnen genau sagen, was er vorhat: Viktor schmuggelt ein Stück von diesen Antiquitäten… diesen Altertümern aus dem Museum und läßt es verkaufen. Sobald er das Geld hat, bezahlt er seine Spielschulden.«
Prizzi schüttelte den Kopf.»Das gefällt mir nicht. Von dem alten Krempel versteh' ich nichts.«
«Das brauchen Sie auch nicht. Auf diesem Gebiet ist Viktor ein weltweit anerkannter Experte. «Rizzoli trat an eine der Vitrinen und deutete auf einen Marmorkopf.»Wieviel dürfte so was schätzungsweise bringen, Viktor?«
Viktor Korontzis schluckte trocken.»Das ist die Göttin Hygeia aus dem vierzehnten Jahrhundert vor Christus. Für diesen Kopf würde ein reicher Sammler sicher, ohne zu zögern, zwei bis drei Millionen Dollar zahlen.«
Rizzoli nickte seinem Landsmann zu.»Da haben Sie's! Verstehen Sie jetzt, was ich meine?«
Sal Prizzi runzelte die Stirn.»Ich weiß nicht recht. Wie lange würd' ich auf mein Geld warten müssen?«
«Sie kriegen den doppelten Betrag innerhalb eines Monats.«
Prizzi überlegte kurz und nickte dann.»Gut, aber wenn ich einen Monat warten muß, will ich mehr — sagen wir hunderttausend extra.«
Tony Rizzoli sah zu Viktor Korontzis hinüber.
Der kleine Mann nickte eifrig.
«Okay«, bestätigte Rizzoli.»Der Handel gilt.«
Sal Prizzi baute sich vor Korontzis auf.»Ich gebe Ihnen dreißig Tage Zeit. Habe ich das Geld bis dahin nicht, mache ich Hackfleisch aus Ihnen. Haben Sie das verstanden?«
Korontzis schluckte wieder.»Ja, Sir.«
«Denken Sie daran…dreißig Tage. «Er starrte Tony Rizzoli mißmutig an.»Sie kann ich nicht leiden, damit Sie's genau wissen.«
Die beiden starrten ihm nach, als er kehrtmachte und hinausstapfte.
Korontzis sank auf einen Stuhl und tupfte sich mit seinem Taschentuch die Stirn ab.
«O mein Gott!«ächzte er.»Ich dachte, er bringt mich um… «Glaubst du, daß wir das Geld binnen eines Monats beschaffen können?«
«Klar«, versicherte Tony Rizzoli ihm.»Du brauchst nur eines dieser Stücke aus der Vitrine zu holen und durch eine Kopie zu ersetzen.«
«Aber wie willst du's außer Landes schaffen? Falls du dabei erwischt wirst, droht dir Gefängnis.«
«Ja, ich weiß«, bestätigte Rizzoli unbeirrbar.»Aber das muß ich eben riskieren. Das bin ich dir schuldig, Viktor.«
Eine Stunde später saßen Tony Rizzoli, Perry Breslauer, Otto Dalton, Sal Prizzi und Marvin Seymour vor ihren Drinks in Daltons Hotelzimmer.
«Ein Kinderspiel!«prahlte Tony Rizzoli.»Der Bastard hat sich fast in die Hose gemacht.«
Sal Prizzi grinste.»Ich hab' ihm Angst eingejagt, was?«
«Du hast mir Angst eingejagt«, sagte Rizzoli.»Du hättest 'n gottverdammter Schauspieler werden sollen.«
«Wie geht's jetzt weiter?«fragte Marvin Seymour.
«Er bringt mir eins seiner Altertümer«, antwortete Tony Rizzoli.»Ich finde eine Möglichkeit, es aus dem Land zu schmuggeln und zu verkaufen. Dann kriegt jeder von euch seinen Anteil.«
«Wunderbar!«sagte Perry Breslauer.»Besser kann's nicht laufen.«
Als ob man 'ne eigene Goldmine hätte, dachte Rizzoli. Hat Korontzis einmal damit angefangen, hab 'ich ihn an der Angel. Nach dem ersten Mal muss er weitermachen. Ich lass 'ihn das ganze gottverdammte Museum ausräumen.
«Wie willst du das Zeug aus Griechenland rausbringen?«
erkundigte sich Marvin Seymour.
«Ich find' einen Weg«, sagte Tony Rizzoli.»Keine Angst, ich find' einen.«
Das mußte er. Und so schnell wie möglich. Alfrede Mancuso und Gino Laveri waren immer noch in Athen.