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Constantin Demiris' Ferienhaus lag sechs Kilometer nordwestlich von Piräus auf einem 4000 Quadratmeter großen Wassergrundstück. Demiris traf dort um 19 Uhr ein. Er parkte in der Einfahrt, stieg aus dem Wagen und ging zur Haustür.

Als er sie erreichte, wurde sie von einem Unbekannten von innen geöffnet.

«Guten Abend, Herr Demiris.«

Im Haus sah er ein halbes Dutzend Polizeibeamte.

«Was geht hier vor?«fragte Demiris scharf.

«Kriminalinspektor Theophilos. Ich…«

Demiris schob den Beamten wortlos beiseite und ging ins

Wohnzimmer. Der Raum war völlig verwüstet. Offenbar hatte hier ein schrecklicher Kampf stattgefunden. Tische und Sessel waren umgestürzt. Eins von Melinas Kleidern lag zerfetzt auf dem Teppich. Demiris hob das Kleid auf und starrte es an.

«Wo ist meine Frau? Ich wollte mich hier mit ihr treffen.«

«Sie ist nicht hier«, antwortete der Inspektor.»Wir haben das Haus und den Strand abgesucht. Es scheint eingebrochen worden zu sein.«

«Gut, aber wo ist meine Frau? Hat sie Sie angerufen? Ist sie hier gewesen?«

«Ja, wir glauben, daß sie hier gewesen ist.«

Der Kriminalbeamte hielt eine Damenarmbanduhr hoch. Das Uhrglas war zertrümmert, und die Zeiger waren auf 15.02 Uhr stehengeblieben.»Ist das die Uhr Ihrer Frau?«

«Das könnte ihre sein.«

«Auf der Rückseite ist >Für Melina in Liebe — Costa< eingraviert.«

«Dann ist es ihre Uhr. Sie war ein Geburtstagsgeschenk von mir.«

Inspektor Theophilos zeigte auf einige dunkle Flecken auf dem Teppich.

«Das sind Blutflecken. «Er hob ein Messer auf, das hinter einem Sessel gelegen hatte, sorgfältig darauf achtend, daß er den Griff nicht berührte. Die Klinge war blutverschmiert.

«Haben Sie dieses Messer schon einmal gesehen?«

Demiris musterte es nur flüchtig.»Nein. Soll das heißen, daß sie tot ist?«

«Das ist leider nicht auszuschließen, Herr Demiris. Draußen im Sand haben wir eine ins Wasser führende Blutspur entdeckt.«

«Mein Gott!«flüsterte Demiris.

«Zum Glück sind an diesem Messer sehr deutliche Fingerabdrücke festzustellen.«

Constantin Demiris sank auf die Couch.»Damit können Sie den Täter fassen.«

«Richtig — falls wir seine Fingerabdrücke in unserer Kartei haben. Überall im Haus sind Abdrücke zu finden, die wir erst identifizieren müssen. Wenn Sie so freundlich sind, uns Ihre Fingerabdrücke zu geben, Herr Demiris, können wir sie sofort eliminieren.«

«Ja, natürlich«, murmelte Demiris wie betäubt.

«Der Sergeant dort drüben kann sie Ihnen gleich abnehmen.«

Demiris ging zu dem uniformierten Beamten hinüber, der Papier und Stempelkissen bereithielt.»Rollen Sie bitte einen Finger nach dem anderen ab«, forderte er Demiris auf, nachdem er sie eingefärbt hatte. Die Prozedur dauerte nicht lange.»Das ist natürlich nur eine Formalität."

«Ja, ich verstehe.«

Inspektor Theophilos gab Demiris eine kleine Geschäftskarte.

«Sagt Ihnen diese Karte etwas, Herr Demiris?«

Constantin Demiris las den aufgedruckten Text. DETEKTIV BÜRO KATELANOS — ERMITTLUNGEN ALLER ART. Er gab die Karte zurück.

«Nein. Ist sie denn wichtig?«

«Das weiß ich nicht. Aber wir werden es überprüfen.«

«Ich will natürlich, daß Sie alles menschenmögliche tun, um den Täter zu fassen. Und benachrichtigen Sie mich, falls meine Frau aufgefunden wird.«

Inspektor Theophilos nickte.

«Keine Sorge, Herr Demiris. Wir halten Sie auf dem laufenden.«

Melina, das Traummädchen. Attraktiv und intelligent und amüsant. Anfangs ist alles wunderbar gewesen. Aber dann hat sie unseren Sohn ermordet — und dafür konnte es kein Verzeihen geben… nur den Tod.

Der Anruf kam am nächsten Tag um 11.30Uhr. Constantin Demiris war in einer Besprechung, als sich seine Sekretärin über die Gegensprechanlage meldete.»Verzeihung, Herr Demiris, aber…«

«Ich sagte Ihnen doch, daß ich nicht gestört werden will!«

«Ja, Herr Demiris, aber ein Kriminalinspektor Lavanos ist am Telefon. Er sagt, er müsse Sie dringend sprechen. Soll ich ihn bitten… «

«Nein, stellen Sie durch. «Demiris nickte den Männern am Konferenztisch zu.»Entschuldigen Sie mich einen Augenblick, meine Herren. «Er nahm den Hörer ab.»Demiris.«

«Polizeipräsidium, Inspektor Lavanos«, sagte eine Stimme.»Herr Demiris, wir haben neue Ermittlungsergebnisse, die Sie interessieren dürften. Hätten Sie vielleicht Zeit, kurz im Präsidium vorbeizukommen?«

«Wissen Sie Neues über meine Frau?«

«Das würde ich lieber nicht am Telefon besprechen, wenn es Ihnen recht ist.«

Constantin Demiris zögerte nur einen Augenblick.»Gut, ich komme sofort. «Er legte den Hörer auf und wandte sich erneut an seine Gesprächspartner.»Tut mir leid, aber ich muß dringend weg. Ich schlage vor, daß Sie inzwischen meinen Vorschlag durchsprechen und wir dann gemeinsam zu Mittag essen.«

Seine Geschäftsfreunde murmelten zustimmend. Fünf Minuten später war Demiris unterwegs zum Polizeipräsidium.

In einem Dienstzimmer wartete ein halbes Dutzend Beamte auf ihn. Constantin Demiris erkannte die Männer als jene, die er bereits in seinem Strandhaus gesehen hatte. «… und das ist Staatsanwalt Delma, Sonderbeauftragter des Generalstaatsanwalts.«

Delma war ein stämmiger, untersetzter Mann mit buschigen Augenbrauen und rundem, zynischen Gesicht.

«Was ist passiert?«erkundigte sich Demiris.»Wissen Sie etwas Neues von meiner Frau?!«

«Offen gesagt, wir sind auf einige Dinge gestoßen, die uns Rätsel aufgeben, Herr Demiris«, antwortete Staatsanwalt Delma.»Wir hoffen, daß Sie uns helfen können, sie zu lösen.«

«Tut mir leid, aber ich fürchte, daß ich nicht viel zur Aufklärung werde beitragen können. Die ganze Sache hat mich wirklich sehr mitgenommen… «

«Sie wollten sich gestern um fünfzehn Uhr mit Ihrer Frau im Strandhaus treffen?«

«Was? Nein. Sie rief mich an und schlug mir ein Treffen um neunzehn Uhr vor.«

«Sehen Sie, das ist eine dieser rätselhaften Unstimmigkeiten«, stellte Delma fest.»Eines Ihrer Dienstmädchen hat ausgesagt, Sie hätten Ihre Frau gegen vierzehn Uhr angerufen und aufgefordert, allein ins Strandhaus zu fahren und dort auf Sie zu warten.«

«Das stimmt nicht. Meine Frau hat mich angerufen und vorgeschlagen, wir sollten uns dort um neunzehn Uhr treffen.«

«Aha. Dann hat das Dienstmädchen sich also geirrt.«

«Offenbar.«»Haben Sie eine Ahnung, weshalb Ihre Frau dieses Treffen vorgeschlagen haben könnte?«

«Ich nehme an, daß sie mich überreden wollte, mich nicht von ihr scheiden zu lassen.«

«Sie haben Ihrer Frau gesagt, daß Sie sich scheiden lassen wollen?«

«Ja.«

«Das Dienstmädchen hat ausgesagt, es habe ein Telefongespräch mitbekommen, in dem Ihre Frau Ihnen mitgeteilt habe, sie wolle sich von Ihnen scheiden lassen.«

«Glauben Sie der Aussage eines Dienstmädchens mehr als meiner?«

«Herr Demiris, haben Sie Ihre Badesachen dort draußen im Strandhaus?«ignorierte Delma seine Frage.

«Im Strandhaus? Nein. Ich schwimme schon lange nicht mehr im Meer. Ich ziehe den Swimming-pool meiner Villa vor.«

Der Staatsanwalt zog eine Schublade auf und nahm eine Badehose in einem Klarsichtbeutel heraus. Er hielt sie hoch, damit Constantin Demiris sie sehen konnte.»Ist das Ihre Badehose, Herr Demiris?«

«Das könnte meine sein, nehme ich an.«

«Sie trägt Ihr Monogramm.«

«Ja, jetzt erkenne ich sie. Sie gehört mir.«

«Wir haben sie auf dem Boden eines Kleiderschranks in Ihrem Strandhaus gefunden.«

«Und? Wahrscheinlich ist sie irgendwann dort liegengeblieben. Warum…»

«Sie war noch feucht vom Meerwasser. Die Laboruntersuchung hat ergeben, daß es sich um Wasser aus der Bucht vor Ihrem Strandhaus gehandelt hat. Diese Flecken sind Blut.«

In dem Raum schien es plötzlich sehr heiß zu werden.

«Dann muß sie ein anderer getragen haben«, sagte Constantin Demiris energisch.

«Weshalb sollte jemand Ihre Badehose benutzen?«fragte der Staatsanwalt.»Auch das gehört zu den Dingen, die uns Rätsel aufgeben, Herr Demiris.«

Delma nahm jetzt einen kleinen Umschlag vom Schreibtisch, öffnete ihn und entnahm ihm einen goldenen Knopf mit Wappen.

«Den haben meine Leute im Strandhaus unter einem Teppich gefunden. Erkennen Sie ihn?«

«Nein.«

«Er stammt von einem Ihrer Blazer. Ich habe mir erlaubt, heute morgen einen Kriminalbeamten in Ihre Villa zu schicken, um Ihre Garderobe überprüfen zu lassen. An einer Ihrer Clubjacken fehlt ein Knopf. Die abgerissenen Fäden passen genau zu diesen Fadenresten hier. Und die Jacke ist erst vorige Woche aus der Reinigung zurückgekommen.«

«Ich verstehe nicht, was… «

«Herr Demiris, Sie haben Ihrer Frau also mitgeteilt, Sie wollen sich von ihr scheiden lassen — und sie hat versucht, Sie davon abzubringen?«

«Das ist richtig.«

Der Staatsanwalt hielt die Geschäftskarte hoch, die Constantin Demiris am Vorabend im Strandhaus gezeigt worden war.»Einer unserer Beamten ist heute beim Detektivbüro Katelanos gewesen.«

«Ich habe Ihnen doch gesagt, daß ich noch nie von diesen Leuten gehört habe!«

«Ihre Frau hat sie zu ihrem Schutz engagiert.«

Das traf ihn wie ein Keulenschlag.»Melina? Zum Schutz wovor?«

«Vor Ihnen. Der Firmenchef hat ausgesagt, Ihre Frau wollte sich von Ihnen scheiden lassen und Sie hätten ihr gedroht, sie zu ermorden, falls sie entsprechende Schritte unternähme. Auf seine Frage, warum sie nicht Polizeischutz anfordere, hat sie geantwortet, sie wolle unnötiges Aufsehen vermeiden.«

Constantin Demiris stand ruckartig auf.»Ich habe nicht die Absicht, mir hier diese Lügen anzuhören. Es gibt keinen…«

Delma griff erneut in die Schublade. Diesmal brachte er das im Strandhaus gefundene blutbefleckte Messer zum Vorschein.

«Sie haben meinem Kollegen Theophilos versichert, dieses Messer noch nie gesehen zu haben?«

«Stimmt.«

«Es trägt Ihre Fingerabdrücke.«

Demiris starrte das Messer an.»Meine… meine Fingerabdrücke? Das muß ein Irrtum sein. Das ist unmöglich!«

Seine Gedanken überschlugen sich… Die Aussage des Dienstmädchens… meine Badehose mit Blutflecken… der abgerissene Knopf… das Messer mit meinen Fingerabdrücken…

«Merkt ihr nicht, daß das ein abgekartetes Spiel ist, ihr Schwachköpfe?«brüllte er.»Irgend jemand hat meine Badehose mit ins Strandhaus genommen, sie und das Messer mit Blut beschmiert, einen Knopf von meiner Jacke abgerissen und…«

Staatsanwalt Delma unterbrach ihn.»Herr Demiris, haben Sie eine Erklärung dafür, wie Ihre Fingerabdrücke auf dieses Messer gekommen sein könnten?«

«Ich… Das weiß ich nicht… Augenblick! Jetzt fällt's mir ein! Melina hat mich gebeten, ein Paket für sie zu öffnen. Das muß das Messer sein, das sie mir dafür gegeben hat.«

«Aha. Und was war in dem Paket?«

«Das weiß ich nicht.«

«Sie wissen nicht, was das Paket enthielt?«

«Nein. Ich habe nur die Verpackungsschnur zerschnitten. Soviel ich weiß, hat sie's nie ausgepackt.«

«Haben Sie eine Erklärung für die Blutflecken auf dem Teppich, die zum Wasser führende Blutspur im Sand oder…?«

«Das ist doch alles sonnenklar!«unterbrach ihn Demiris.»Melina hat sich nur eine kleine Schnittwunde beibringen und zum Wasser gehen müssen, damit Sie glauben, ich hätte sie ermordet. Sie versucht bloß, sich an mir zu rächen, weil ich ihr gesagt habe, ich würde mich von ihr scheiden lassen. Jetzt hält sie sich irgendwo versteckt und lacht sich ins Fäustchen, weil sie mich schon im Gefängnis sieht. Aber sie ist so lebendig wie ich!«

«Ich wollte, es wäre so«, sagte Delma ernst.»Wir haben ihre Leiche heute morgen aus dem Meer geborgen. Sie ist erstochen und ertränkt worden. Herr Demiris, ich verhafte Sie wegen Mordes an Ihrer Frau.«

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