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Catherine erfuhr aus den Zeitungen, daß Constantin Demiris wegen Mordes an seiner Frau verhaftet worden war. Diese Nachricht versetzte ihr einen regelrechten Schock. Als sie später ins Büro kam, waren alle in bedrückter Stimmung.

«Hast du die Meldung gelesen?«jammerte Evelyn.»Was sollen wir bloß tun?«

«Wir arbeiten genauso weiter, wie er es von uns erwarten würde. Ich bin überzeugt, daß sich alles als großer Irrtum herausstellen wird. Ich werde versuchen, ihn anzurufen.«

Aber Constantin Demiris war nicht zu erreichen.

Constantin Demiris war der seit vielen Jahren prominenteste Häftling im Athener Zentralgefängnis. Er forderte alle möglichen Vergünstigungen: Telefon, Zugang zu einem Fernschreiber und Einsatz eines Kurierdienstes. Aber der Staatsanwalt hatte angedeutet, ihm keinerlei Vorzugsbehandlung zu gewähren. Demiris verbrachte den größten Teil seiner Tage und sogar seiner Nächte damit, darüber nachzugrübeln, wer Melina ermordet haben könnte.

Anfangs hatte er vermutet, ein Einbrecher, den Melina beim Durchwühlen des Strandhauses überrascht hatte, habe sie umgebracht. Aber sobald die Polizei ihn mit dem Belastungsmaterial konfrontiert hatte, war Demiris klargeworden, daß jemand versuchte, ihm diesen Mord anzuhängen. Die Frage war nur, wer? Der erste Verdacht mußte logischerweise auf Spyros Lambrou fallen, aber diese Theorie hatte die Schwachstelle, daß Spyros seine Schwester über alles geliebt hatte. Er hätte ihr niemals etwas angetan.

Als nächstes war sein Verdacht auf die Gangsterbande gefallen, zu der Tony Rizzoli gehört hatte. Vielleicht hatte sie irgendwie herausbekommen, was er Rizzoli angetan hatte, und sich so an ihm gerächt. Aber von dieser Idee war Constantin Demiris schnell wieder abgekommen. Hätte die Mafia sich an ihm rächen wollen, hätte sie einfach einen Killer losgeschickt, um ihn erledigen zu lassen.

Und so überlegte Demiris, allein in seiner Zelle sitzend, hin und her, um das Rätsel von Melinas Ermordung zu lösen. Irgendwann blieb nur noch eine Schlußfolgerung übrig: Melina mußte

Selbstmord verübt haben. Sie hatte sich selbst umgebracht und alle Indizien hinterlassen, die ihn als ihren Mörder entlarvten. Demiris erinnerte sich daran, was er Noelle Page und Larry Douglas angetan hatte, und erkannte die bittere Ironie des Schicksals, daß er sich nun in dergleichen Lage befand: Er würde wegen eines Mordes, den er nicht verübt hatte, angeklagt werden.

Ein Aufseher betrat die Zelle.»Ihr Anwalt ist da und möchte Sie sprechen.«

Demiris stand auf und folgte dem Aufseher in einen kleinen Besprechungsraum. Dort erwartete ihn Rechtsanwalt Vassiliki — ein Mann Anfang Fünfzig mit grauer Mähne und dem Profil eines Filmstars. Er stand in dem Ruf, ein erstklassiger Strafverteidiger zu sein. Ob das in meinem Fall reicht!

«Sie können fünfzehn Minuten sprechen«, sagte der Aufseher und ließ die beiden allein.

«Wann holen Sie mich endlich hier raus?«fragte Constantin Demiris scharf.»Wozu bezahle ich Sie eigentlich?«

«Tut mir leid, aber das ist nicht so einfach, Herr Demiris. Der Staatsanwalt weigert sich…»

«Der Staatsanwalt ist ein Dummkopf. Ich will hier raus! Was ist mit einer Entlassung gegen Kaution? Ich kann jeden geforderten

Betrag aufbringen.«

Vassiliki fuhr sich nervös mit der Zungenspitze über die Lippen.»Mein Antrag auf Haftverschonung gegen Kaution ist abgelehnt worden. Ich habe mir das polizeiliche Beweismaterial gegen Sie angesehen, Herr Demiris. Es ist… es ist ziemlich belastend.«

«Das ist mir egal — ich habe meine Frau nicht umgebracht. Ich bin unschuldig!«

Der Rechtsanwalt schluckte trocken.»Ja, gewiß, natürlich. Haben Sie… äh… einen Verdacht, wer Ihre Frau ermordet haben könnte?«

«Niemand. Meine Frau hat sich selbst umgebracht.«

Der Verteidiger starrte ihn an.»Verzeihung, Herr Demiris, aber ich glaube nicht, daß wir damit durchkommen. Sie werden sich etwas Besseres ausdenken müssen.«

Und Demiris mußte betroffen erkennen, daß Vassiliki recht hatte. Kein Schwurgericht der Welt würde ihm diese Story abnehmen.

Früh am nächsten Morgen erhielt Constantin Demiris wieder Besuch von seinem Anwalt.

«Ich bringe Ihnen leider ziemlich schlechte Nachrichten.«

Demiris hätte beinahe laut gelacht. Er saß im Gefängnis und mußte damit rechnen, zum Tode verurteilt zu werden, und dieser Dummkopf behauptete, er bringe schlechte Nachrichten. Was konnte schlimmer sein als die Situation, in der er sich befand?

«Ja?«

«Es geht um Ihren Schwager.«

«Spyros? Was ist mit ihm?«

«Ich habe erfahren, daß er zur Polizei gegangen ist und ausgesagt hat, eine Frau namens Catherine Douglas sei noch am Leben. Ich habe das Verfahren gegen Noelle Page und Larry Douglas nicht in allen Einzelheiten verfolgt, aber…«

Constantin Demiris hörte nicht mehr zu. Bei all den Ereignissen, die auf ihn eingestürzt waren, hatte er Catherine völlig vergessen. Falls sie aufgespürt wurde und aussagte, was sie wußte, konnte die Staatsanwaltschaft die Anklage auf Mitschuld am Tode Noelles und Larrys erweitern. Sie mußte mit allen Mitteln daran gehindert werden! Sofort!

Er beugte sich vor und umklammerte den Arm des Rechtsanwalts.»Sie müssen für mich eine Nachricht nach London kabeln!«

Er las die Nachricht zweimal und spürte dabei die beginnende sexuelle Erregung, die sich seiner stets bemächtigte, bevor er einen Mordauftrag ausführte. Er kam sich vor wie Gott. Er entschied, wer weiterlebte und wer starb. Seine Macht war ihm selbst fast unheimlich. Aber diesmal gab es ein Problem: Da er den Auftrag sofort ausführen sollte, blieb keine Zeit mehr für lange Vorbereitungen. Er würde irgend etwas improvisieren müssen. Noch an diesem Abend. Die Sache mußte wie ein Unfall aussehen.

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