FÜNF

TJ pflegte seinen Kater vom Vorabend bis gegen Mittag, trank dann ein Bier und beschloss, dass es an der Zeit sei, seine Muskeln spielen zu lassen. Er rief seinen Haupt-Anwalt an, um sich nach dem neuesten Stand der Dinge zu erkundigen. Dieser riet ihm zur Geduld. »Es wird ein Weilchen dauern, TJ«, sagte er.

»Ich bin aber nicht in der Stimmung zu warten«, knurrte TJ. Sein Schädel brummte entsetzlich.

»Nur ein paar Tage.«

Er knallte den Hörer auf die Gabel und ging nach hinten in seine schmuddelige Eigentumswohnung. Glücklicherweise war seine Frau, die dreißigjährige Biff, deren zwei Kinder bei ihrem Ex-Ehemann lebten, nicht zu sehen. Sie arbeitete als Immobilienmaklerin und verkaufte reizende Einsteigerhäuser an Jungverheiratete. Heute hatten sie sich schon dreimal gestritten, und dabei war es kaum Mittag. Vielleicht war sie einkaufen gegangen, einen Teil seines neuen Reichtums verjubeln. Jetzt machte ihm ihre Kaufsucht nichts mehr aus.

»Der alte Bock ist tot«, sagte er laut vor sich hin. Niemand konnte ihn hören. Seine beiden Kinder aus der vorigen Ehe waren im College. Für ihre Ausbildung kam Eillian auf, die noch immer einen Teil des Geldes besaß, das sie Troy bei der Scheidung vor Jahrzehnten abgeknöpft hatte.

TJ machte sich noch ein Bier auf und betrachtete sich im bis zum Boden reichenden Spiegel in der Diele. »Troy Phelan jun.«, sagte er mit Betonung. »Sohn Troy Phelans, des mit elf Milliarden netto zehntreichsten Mannes in Amerika, inzwischen verstorben, betrauert von seinen liebenden Ehefrauen und Kindern, die ihn nach der gerichtlichen Testamentseröffnung alle noch mehr lieben werden. Jawohl!«

Er entschied sich, ab sofort den Spitznamen TJ aufzugeben und künftig als Troy Phelan jun. durchs Leben zu gehen. Dieser Name hatte Zauberkraft.

In der Wohnung hing ein sonderbarer Geruch, weil Biff nicht bereit war, sich um den Haushalt zu kümmern. Sie beschäftigte sich zuviel mit ihren Mobiltelefonen. Alle möglichen Gegenstände waren auf dem Fußboden verstreut, aber die Wände waren kahl. Das Mobiliar stammte von einer Leasingfirma, die Anwälte eingeschaltet hatte, um alles zurückzuholen. Er trat gegen ein Sofa und schrie: »Kommt schon und holt den Scheiß hier ab! Ich lass mir jetzt Innenarchitekten kommen.«

Am liebsten hätte er die Wohnung abgefackelt. Vielleicht würde er nach ein oder zwei weiteren Dosen Bier anfangen, mit Streichhölzern herumzuspielen.

Er zog seinen besten Anzug an, den grauen, den er am Vortag getragen hatte, als sich der Liebe Alte Papa den Psychiatern gestellt und sich so großartig gehalten hatte. Da keine Beisetzungsfeier vorgesehen war, brauchte er sich auch keinen schwarzen Anzug zu kaufen. »Armani, ich komme!« pfiff er munter, während er den Reißverschluss seiner Hose hochzog.

Immerhin fuhr er einen BMW. Schon möglich, dass er auf einer Müllkippe wohnte, doch davon bekam die Welt nichts zu sehen. Wohl aber sah sie sein Auto, weshalb er sich jeden Monat die größte Mühe gab, die 680 Dollar für die Leasingrate zusammenzukratzen. Er verfluchte die Wohnung, als er auf dem Parkplatz zurücksetzte. Es war eine von achtzig neuen Einheiten, die in einem Neubaugebiet außerhalb von Manassas um einen flachen Gartenteich herum angelegt worden waren.

In seiner Jugend war es ihm bessergegangen. Während der ersten zwanzig Jahre hatte er ein angenehmes Leben im Luxus geführt und dann seinen Anteil ausgezahlt bekommen. Aber die fünf Millionen waren dahin gewesen, bevor er dreißig war, und sein Vater hatte ihn deswegen verachtet.

Immer wieder war es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen ihnen gekommen. Er hatte mehrere Jobs innerhalb der Phelan-Gruppe gehabt, und alle hatten mit einer Katastrophe geendet. Mehrfach hatte ihm der Alte den Stuhl vor die Tür gesetzt. Wann immer sein Vater sich an ein risikoreiches Vorhaben gemacht hatte, waren zwei Jahre später Millionen dabei herausgekommen, während am Ende von Juniors Einfällen Bankrott und gerichtliche Auseinandersetzungen standen.

In den letzten Jahren hatten die Streitigkeiten fast aufgehört. Da sich keiner von beiden ändern konnte, ignorierten sie einander einfach. Aber nach dem Auftreten des Tumors hatte TJ seine Hand wieder ausgestreckt.

Was für eine Villa er sich bauen lassen würde! Er wusste auch schon, von wem. Eine japanische Architektin aus Manhattan, von der er in einem Lifestyle-Magazin gelesen hatte. Wahrscheinlich würde er im Laufe des nächsten Jahres nach Malibu, Aspen oder Palm Beach ziehen, wo er das Geld zur Schau stellen konnte und man ihn ernst nehmen würde.

»Was macht man mit einer halben Milliarde Dollar?« fragte er sich, während sein Wagen auf der Schnellstraße dahinschoss. »Fünfhundert Millionen Dollar steuerfrei.« Er lachte.

Ein Bekannter leitete die BMW- und Porsche-Vertretung, bei der er seinen W agen geleast hatte. Mit selbstgefälligem Lächeln stolzierte Junior wie Graf Rotz in den Ausstellungsraum. Er könnte den ganzen verdammten Laden aufkaufen, wenn ihm danach war. Auf dem Schreibtisch eines der Verkäufer sah er die Morgenzeitung: eine hübsche fette Schlagzeile über den Tod seines Vaters. Er empfand nicht die Spur von Trauer.

Der Geschäftsführer, Dickie, stürzte aus seinem Büro und sagte: »TJ, mein herzliches Beileid.«

»Danke «, sagte Troy Junior und legte sein Gesicht einen Augenblick lang in betrübte Falten. »Es ist besser so für ihn.«

»Trotzdem, noch mal herzliches Beileid.«

»Schon gut.« Sie traten in Dickies Büro und schlössen die Tür.

Dickie sagte: »In der Zeitung steht, dass er unmittelbar vor seinem Tod ein Testament unterschrieben hat. Stimmt das?«

Troy Junior blätterte bereits in den bunten Hochglanzbroschüren mit den neuesten Modellen. »Ja. Ich war dabei. Er hat seinen Nachlass durch sechs geteilt, ein Anteil für jeden von uns.« Er sagte das ganz beiläufig, ohne den Blick zu heben, als könne er bereits über das Geld verfügen und als sei es ihm schon zur Last geworden.

Dickie riss den Mund auf und setzte sich auf seinen Sessel. Sollte sein Kunde mit einem Mal in unermesslichem Reichtum schwimmen? War dieser nichtsnutzige TJ Phelan etwa mit einem Schlag Milliardär? Wie alle anderen, die ihn kannten, hatte Dickie angenommen, der Alte hätte ihn auf alle Zeiten von finanziellen Zuwendungen ausgeschlossen.

» Biff hätte gern einen Porsche «, sagte Troy Junior, der nach wie vor in den Prospekten blätterte, »'nen roten Neunelfer Carrera Turbo, mit Klappverdeck und Hardtop.«

»Wann?«

Troy Junior blitzte ihn entrüstet an. »Sofort.«

»Kein Problem, TJ. Und was ist mit der Bezahlung?«

»Ich zahle den zusammen mit meinem schwarzen, auch nen Neunelfer. Was kosten die?«

»Um die neunzigtausend pro.«

»Ist in Ordnung. Wann können wir sie abholen?«

»Ich muss sie erst besorgen. Das kann ein oder zwei Tage dauern. Bar?«

»Natürlich.«

»Wann kriegen Sie denn das Geld?«

»In etwa einem Monat. Aber die Autos will ich gleich.«

Dickie hielt die Luft an und zuckte zusammen. »Ich kann aber keine zwei neuen Autos ohne irgendeine Art von Bezahlung rausrücken.«

»Schön. Dann seh ich mich bei der Konkurrenz um. Biff wollte sowieso schon immer nen Jaguar haben.«

»Nicht so hastig, TJ.«

»Ich könnte diesen ganzen Laden hier kaufen. Ich könnte in jede beliebige Bank gehen und zehn oder zwanzig Millionen verlangen oder wie viel auch immer nötig ist, den Schuppen hier aufzukaufen, und die würden mir das Geld liebend gern auf zwei Monate geben. Verstehen Sie das?«

Dickie nickte, seine Augen zu schmalen Schlitzen zusammengezogen. Doch, er verstand durchaus. »Wie viel hat er Ihnen hinterlassen?«

»So viel, dass ich auch die Bank kaufen könnte. Krieg ich jetzt die Autos, oder muss ich ein Haus weiter gehen?«

»Ich muss sie erst auftreiben.«

»Kluger Junge«, sagte TJ. »Machen Sie Dampf dahinter. Ich melde mich heute Nachmittag. Nun rufen Sie schon an.« Er warf die Prospekte auf Dickies Schreibtisch und verließ das Büro.

Rambles Trauer äußerte sich darin, dass er sich den ganzen Tag über in seiner Bude im Keller einschloss, Marihuana rauchte, Rapmusik hörte und sich nicht im geringsten darum kümmerte, wer an die Tür klopfte oder anrief. Seine Mutter hatte ihm wegen der Familientragödie erlaubt, der Schule für den Rest der Woche fernzubleiben. Wenn sie nicht völlig ahnungslos gewesen wäre, hätte sie gewusst, dass man ihn dort schon einen Monat nicht mehr gesehen hatte.

Am Vortag hatte ihm sein Anwalt auf der Rückfahrt vom Phelan-Hochhaus erklärt, das Ge ld werde treuhänderisch verwaltet, bis er entweder achtzehn oder einundzwanzig Jahre alt sei, je nach den Bedingungen des Testaments. Zwar könne er zur Zeit nicht an das Kapital heran, werde aber sicherlich bis dahin ein großzügiges Taschengeld bekommen.

Sein Traum war es, eine Musikgruppe zu gründen, alternativer Rock mit starken Rap-Einflüssen, etwas völlig Neues. Er war schon dabei, es zu erfinden. Er beschloss, sie Ramble zu nennen. Mit seinem Geld konnten sie Platten aufnehmen. Er kannte junge Männer, die mit ihrer Gruppe keinen Erfolg hatten, weil sie es sich nicht leisten konnten, ein Studio zu mieten. Das würde bei ihm anders sein. Er würde nicht nur Bassgitarre spielen, sondern auch Leadsänger sein, und die Mädchen würden sich um ihn reißen.

Zwei Stockwerke weiter oben in ihrem geräumigen Haus verbrachte Tira den Tag am Telefon und plauderte mit Freundinnen, die angerufen hatten, um halbherzig ihr Beileid auszusprechen.

Die meisten fragten sie nach längerem Austausch von Klatsch und Tratsch, wie viel sie wohl aus dem Nachlass

bekommen würde, aber sie scheute sich, eine Vermutung auszusprechen. Sie hatte Troy 1982 mit dreiundzwanzig Jahren geheiratet und zuvor einen umfangreichen Ehevertrag unterschrieben, der ihr für den Fall einer Scheidung lediglich zehn Millionen und ein Haus zubilligte.

Vor sechs Jahren waren sie auseinandergegangen. Jetzt besaß sie nur noch zwei Millionen.

Ihre Bedürfnisse waren aber auch bescheiden. Während alle ihre Bekannten Strandhäuser in stillen Buchten auf den Bahamas hatten, musste sie sich damit begnügen, in Luxushotels abzusteigen. Ihre Freundinnen fuhren für ihre Designer-Kleidung nach New York; sie musste alles hier kaufen. Die Kinder der anderen waren im Internat und störten zu Hause nicht; Ramble saß im Keller und dachte nicht daran, herauszukommen.

Bestimmt hatte ihr Troy um die fünfzig Millionen hinterlassen. Allein schon ein Prozent seines Nachlasses dürfte sich auf etwa hundert Millionen belaufen. Sie rechnete sich das auf einer Papierserviette aus, während sie mit ihrem Anwalt telefonierte.

Geena Phelan Strong war dreißig und bemühte sich, die Ehe mit ihrem zweiten Mann Cody durchzustehen, die sich ausgesprochen stürmisch entwickelt hatte. Er stammte aus einer steinreichen alten Familie aus dem Osten der Vereinigten Staaten, deren Geld sich bisher aber nur als Gerücht gezeigt hatte. Geena jedenfalls hatte noch nichts davon gesehen. Codys Bildungsweg war eindrucksvoll - er hatte nach dem Besuch eines Prestige-Internats und des Dartmouth College ein BWL-Diplom an der New Yorker Columbia-Universität erworben. Seiner eigenen Einschätzung nach war er ein Visionär der Finanzwelt, doch hielt es ihn in keinem seiner Jobs. Die Wände eines Büros vermochten seine Begabung nicht zu fassen. Die Vorschriften launischer Vorgesetzter sollten die Entfaltung seiner Träume nicht behindern. Cody würde eines Tages Milliardär sein, natürlich aus eigener Kraft und vermutlich der jüngste in der Geschichte.

Doch auch nach sechs gemeinsam verbrachten Jahren hatte Cody seine Nische noch nicht gefunden. Die Verluste, die er erlitt, waren wirklich atemberaubend. Ein misslungenes Termingeschäft mit Kupfer hatte 1992 mehr als eine Million von Geenas Geld verschlungen. Zwei Jahre später hatte er bei einer Spekulation mit ungesicherten Optionspapieren Schiffbruch erlitten, als der Aktienmarkt eingebrochen war. Geena hatte sich vier Monate lang von ihm getrennt, war aber zurückgekehrt, nachdem sie eine Eheberatung aufgesucht hatten. Codys Geschäftsidee, »Hühnchen im Eismantel« unters Volk zu bringen, hatte ihn lediglich eine halbe Million gekostet.

Sie verbrauchten viel Geld. Ihr Eheberater hatte ihnen als Therapie empfohlen zu reisen, und so hatten sie die Welt gesehen. Zwar wurden viele ihrer Schwierigkeiten dadurch gemildert, dass sie jung und wohlhabend waren, aber das Geld schwand nur so dahin. Von den fünf Millionen, die Geena zum einundzwanzigsten Geburtstag von ihrem Vater bekommen hatte, war nicht einmal mehr eine da, und ihre Schulden nahmen immer mehr zu. Als Troy von der Dachterrasse sprang, war der auf ihrer Ehe lastende Druck unerträglich geworden.

Daher waren sie an diesem Vormittag damit beschäftigt, nach einem Haus in Swinks Mill zu suchen, dem Ziel ihrer hochfliegenden Träume. Von Stunde zu Stunde wurden ihre Ansprüche größer, und um die Mittagszeit erkundigten sie sich schon nach Häusern, die mehr als zwei Millionen kosteten. Um zwei Uhr trafen sie sich mit einer abschlussgeilen hochtoupierten Immobilienmaklerin namens Lee, die mit zwei Mobiltelefonen und einem blitzenden Cadillac ausgestattet war. Geena stellte sich ihr als »Geena Phelan« vor, wobei sie den Nachnamen unüberhörbar betonte. Doch die Frau schien keine Finanzzeitschriften zu lesen, denn der Name sagte ihr offensichtlich nichts. Daher sah sich Cody bei der Besichtigung des dritten Objekts genötigt - Geena inspizierte gerade eine kleine Sauna, die in der Eingangshalle in einen Wandschrank eingebaut war -, sie beiseite zu nehmen und ihr zuzuflüstern, um wen es sich bei seinem Schwiegervater gehandelt hatte.

»Der reiche Kerl, der gesprungen ist?« fragte die Mäklerin und schlug sich die goldberingte Hand vor den Mund. Betrübt nickte Cody.

Am Abend besichtigten sie ein leerstehendes Haus, das viereinhalb Millionen kosten sollte, und überlegten sich ernsthaft, ein Kaufangebot abzugeben. Lee hatte nur selten mit so betuchten Kunden zu tun und war daher inzwischen in helle Aufregung geraten.

Der vierundvierzigjährige Rex, TJs jüngerer Bruder, war zum Zeitpunkt von Troys Tod das einzige seiner Kinder, gegen das ein strafrechtliches Untersuchungsverfahren lief. Seine Schwierigkeiten gingen auf den Bankrott einer Bank zurück, der zahllose Prozesse und Untersuchungen nach sich zog. Schon seit drei Jahren waren Bankrevisoren und das FBI mit eingehenden Nachforschungen beschäftigt.

Um seine Verteidigung und seinen aufwendigen Lebensstil zu finanzieren, hatte Rex im Gebiet von Fort Lauderdale eine ganze Reihe Oben-ohne-Lokale und Striptease-Clubs aus dem Nachlass eines Mannes erworben, der bei einem Schusswechsel getötet worden war. Das Geschäft mit der nackten Haut war einträglich, denn Gäste kamen in großer Zahl. Da die Entnahme größerer Barbeträge keine Schwierigkeiten bereitete, konnte er aus jedem seiner sechs Etablissements Monat für Monat etwa viertausend Dollar in die eigene Tasche stecken, ohne den Bogen zu überspannen, insgesamt rund vierundzwanzigtausend Dollar, steuerfrei.

Die Lokale waren auf den Namen seiner Frau Amber Rockwell eingetragen, eine ehemalige Stripperin, die er eines Nachts an einer Bartheke kennengelernt hatte. Es verursachte ihm keine geringe Besorgnis, dass sein ganzer Besitz auf ihren Namen lief. Kaum jemand kannte Ambers Vergangenheit, und so spielte sie züchtig bekleidet, ohne Make-up und die schrägen Schuhe in den Kreisen, in denen die beiden in Washington verkehrten, glaubwürdig die Rolle der achtbaren Frau. Doch im tiefsten Inneren war sie eine Hure, und die Tatsache, dass sie alles besaß, brachte den armen Rex manche Nacht um den Schlaf.

Als sein Vater starb, stand Rex bei allen möglichen Geschäftspartnern sowie Leuten, die Einlagen in seiner Bank

besessen hatten, mit über sieben Millionen Dollar in der Kreide, und der Betrag wurde ständig höher. Teils besaßen diese Gläubiger Pfandrechte, teils hatten sie vollstreckbare Titel gegen ihn erwirkt. Doch gab es nichts zu pfänden und zu vollstrecken, da er über keinerlei verwertbares Vermögen verfügte. Nicht einmal sein Auto gehörte ihm. Er und Amber lebten in einer Mietwohnung, die Corvettes, die sie fuhren, waren geleast, und alle Papiere waren auf Ambers Namen ausgestellt. Die Clubs und Lokale gehörten einem in einer Steueroase ansässigen Unternehmen, bei dem sie die Fäden in der Hand hielt. Ihm war nicht die geringste Beziehung zu ihnen nachzuweisen. Bisher war Rex durch alle Maschen gerutscht.

Die Ehe war so fest gegründet, wie man es von zwei Menschen mit einem so unsicheren Hintergrund erwarten konnte; sie feierten wilde Feste, und ihr halbseidener Bekanntenkreis bestand aus der Art Menschen, die sich vom Namen Phelan angezogen fühlten. Trotz aller finanziellen Misslichkeiten genossen sie das Leben, aber Rex machte sich große Sorgen wegen Amber und des auf ihren Namen eingetragenen Vermögens. Ein hässlicher Streit, und sie konnte verschwinden.

Diese Sorgen hörten mit Troys Tod auf. Die Gewichte auf der Wippe hatten sich verschoben. Mit einem Mal saß Rex oben, und sein Nachname war plötzlich ein Vermögen wert. Er würde die Lokale und die Clubs abstoßen, alle Schulden auf einen Schlag begleichen und sich dann mit seinem Geld amüsieren. Eine falsche Bewegung Ambers, und sie konnte wieder auf Tischen tanzen und sich Dollarscheine in ihren String-Tanga stecken lassen. Rex verbrachte den Tag mit seinem Anwalt Hark Gettys. Er brauchte das Geld dringend und so bald wie möglich und bedrängte daher Gettys, Josh Stafford anzurufen und dafür zu sorgen, dass er einen Blick in das Testament werfen konnte. Rex hatte genaue Vorstellungen davon, was mit dem Geld geschehen sollte. Es waren gewaltige und ehrgeizige Pläne, und Hark sollte ihn bei jedem Schritt auf diesem Weg begleiten. Sein Ziel war die Herrschaft über die Phelan-Gruppe. Bestimmt würde sein Anteil am Aktienkapital, ganz gleich, wie der außehen mochte, zusammen mit dem TJs und dem der beiden Schwestern sie zu Mehrheitsaktionären machen. Aber da waren noch Fragen zu klären: Würde man ihnen die Aktien aushändigen, war das Vermögen unter treuhänderische Verwaltung gestellt oder auf irgendeine vertrackte Weise festgelegt? Darüber würde sich Troy in seinem Grabe bestimmt ins Fäustchen lachen.

»Wir müssen das verdammte Testament sehen!« schrie er Hark den ganzen Tag immer wieder an. Hark beruhigte ihn mit einem sich lang hinziehenden Mittagessen und gutem Wein, dann gingen sie am frühen Nachmittag zu Scotch über. Amber kam vorbei, war aber nicht verärgert, weil beide betrunken waren. Jetzt konnte Rex sie nicht mehr ärgern. Sie liebte ihn mehr denn je.

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