19

Als er wieder erwachte, war Nacht Die Glut im Herd war angefacht worden, und die flammen erfüllten den Raum mit flackerndem Licht und tanzenden Schatten. Er war nicht allein. Neben seinem Bett stand ein hochlehniger Sessel, in dem eine zusammengekauerte Gestalt saß und schlief, und durch die geschlossenen Fensterläden drangen gedämpfte Stimmen herein und verrieten, daß die Burg auch jetzt, tief in der Nacht noch wach war.

Eine Zeitlang lag er einfach da und wartete, daß der Schlaf zurückkam, aber er fühlte sich frisch und ausgeruht wie schon lange nicht mehr. Sein Gesicht schmerzte immer noch, aber das quälende Hämmern und Brennen war zu einem dumpfen Pochen herabgesunken; nur die Schwäche in seinen Gliedern war geblieben. Er hatte Durst Langsam drehte er den Kopf und überlegte, ob er Kriemhild wecken und sie bitten sollte, ihm einen Schluck Wasser zu bringen. Doch dann stemmte er sich auf den Ellbogen hoch und schlug die Decke beiseite.

Kriemhilds Schlaf war leise genug, um das geringste Geräusch wahrzunehmen. Prompt richtete sie sich im Sessel auf und hob den Kopf. Im gleichen Moment wurde Hagen bewußt, daß er unter der Decke nackt war; hastig zog er das Bärenfell bis an die Brust hoch und ließ sich wieder zurücksinken. Kriemhild seufzte und blickte ihn aus schlaftrunkenen Augen an.

»Ich ... muß wohl eingeschlafen sein«, murmelte sie entschuldigend. »Wie fühlt Ihr Euch, Ohm Hagen?«

»Ich bin durstig«, antwortete Hagen leise. »Aber das ist kein Grund für dich, hier Nachtwache zu halten, Kriemhild. Warum gehst du nicht zu Bett und überläßt es den Dienern, bei mir zu wachen?«

»Weil ich es so will«, erwiderte Kriemhild. Sie stand auf, füllte einen Becher und reichte ihn ihm. Hagen griff dankbar nach dem tönernen Gefäß, leerte es mit gierigen Zügen und gab es zurück Kriemhild füllte den Becher erneut, aber diesmal trank er langsamer und setzte den Becher nach wenigen Schlucken wieder ab. Es war nicht Wasser, was ihm Kriemhild gebracht hatte, sondern Wein. »Trink nur«, sagte Kriemhild. »Der Heilkundige sagt, Wein sei gut für dich.« »So?« erwiderte Hagen spöttisch. »Für gewöhnlich verbieten diese Quacksalber einem Mann doch seinen Wein. Steht es so schlimm um mich?«

Kriemhild lachte leise. »Im Gegenteil«, sagte sie. »Aber je mehr du davon trinkst, um so besser wirst du schlafen.«

Hagen äußerte sich nicht dazu. Er sah Kriemhild prüfend an. Etwas in ihrem Blick irritierte ihn. »Du bist nicht nur hier, um über meinen Schlaf zu wachen.«

»Nein«, gestand Kriemhild nach einer Weile. »Ich ... ich habe sogar gehofft, daß Ihr wach werdet, Ohm Hagen. Ich wollte bei Euch sein, wenn Ihr erwacht« Sie senkte den Blick »Ich wollte Euch sagen, wie leid es mir tut, Ohm Hagen. Ich...«

»Und was noch?« Hagen wußte, daß dies nicht der einzige Grund war. Er setzte sich ein wenig auf und zog die Decke über die Schultern. Trotz des Feuers fröstelte ihn. »Es ist Siegfried, nicht wahr?« Kriemhild nickte und sah ihn mit tränenerfüllten Augen an. Hagen unterdrückte den Wunsch, die Hand auszustrecken und ihre Wange zu streicheln, wie er es früher getan hatte, als sie noch ein Kind gewesen war. Eine sonderbare Wärme breitete sich in ihm aus. Es war nicht die Wirkung des Weines. »Ich habe mit ihm gesprochen«, sagte er. »Über dich und ihn, und auch über mich.«

»Und ... zu welchem Ergebnis seid Ihr gekommen?« »Ergebnis?« Hagen griff nach dem Becher und trank noch einen Schluck Wein. Umständlich stellte er den Becher auf den Boden, setzte sich auf und ordnete das Fell, in das er sich eingewickelt hatte. »Zu keinem endgültigen, Kriemhild. Vielleicht habe ich mich in Siegfried getäuscht Jedenfalls in mancher Beziehung.« »Ihr ... sagt das nicht nur, um mich zu beruhigen?« »Nein, Kriemhild. Ich würde dich nicht belügen, das weißt du doch. Ich habe Siegfried einmal einen Großsprecher genannt, weißt du noch?« Kriemhild nickte, und Hagen fuhr fort! »Ich habe mich geirrt, Kriemhild. Ich glaube, Siegfried hätte Lüdeger samt seinem Heer auch ganz allein besiegt.« Das war natürlich übertrieben, aber Kriemhild schien zu verstehen, was er meinte. »Das hört sich fast an, als würdet Ihr ihn fürchten«, sagte sie. »Fürchten?« Hagen überlegte einen Moment. Nein - Furcht war es nicht, was er empfand. Es war etwas anderes, etwas, was er nicht in Worte fassen konnte. »Nein«, sagte er nach einer Weile. »Ich habe nur eingesehen, daß Siegfried immer erreicht, was er will.« »Ihr ...«

»Er will dich, Kriemhild, und wenn du ihn auch willst... Ich habe kein Recht, mich deinem Glück in den Weg zu stellen.« Kriemhilds Augen leuchteten auf. »Dann ... werdet Ihr nicht dagegen sprechen, wenn Siegfried bei Gunther um meine Hand anhält?« Hagen antwortete nicht gleich. Er dachte an das, was er Siegfried gesagt hatte, am Abend vor der Schlacht, und an das Versprechen, das er Gunther gegeben hatte. Wäre es nach ihm gegangen, er hätte noch immer tausend Gründe gefunden, die gegen diese Verbindung sprachen. Aber durfte er die düsteren Ahnungen, für die es keine greifbaren Gründe gab, gegen das Glück dieses Kindes in die Waagschale werfen? »Nein. Ich werde nicht dagegen sprechen. Nicht, wenn es wirklich dein Wunsch ist Überlege es dir gut, Kriemhild. Eine Entscheidung ist schnell gefällt und ein Wort schneller gesprochen als zurückgenommen. Du wirst mit Siegfried fortgehen müssen, nach Xanten, vielleicht auch in sein Nibelungenland, wo immer es liegen mag. Und von dem niemand weiß, wie es dort aussieht«

»Siegfried weiß es«, sagte Kriemhild. »Und ich weiß es auch, Ohm Hagen Es ist wunderschön dort, viel schöner als hier. Es herrscht ewiger Sommer, und niemand dort weiß, was die Worte Krieg und Not bedeuten.« Sie lächelte, als sie Hagens fragenden Blick sah. Die Tränen waren versiegt, nur die verwischten Spuren auf ihrem blassen Gesicht zeugten davon, daß sie geweint hatte. »Gibt es noch etwas, was Euch Sorgen bereitet?«

»Nein«, antwortete Hagen. Aber seine Stimme klang traurig. »Und wenn ich dich so ansehe, dann weiß ich, daß die Entscheidung längst gefallen ist. Also will ich versuchen, das Beste daraus zu machen und mich über dein Glück zu freuen.« Er streckte die Hand aus und streichelte nun doch Kriemhilds Wange, trank noch einmal vom Wein und ließ sich wieder zurücksinken. Seine Lider wurden schwer, er fühlte, wie der Schlaftrunk seine Wirkung tat, und diesmal wehrte er sich nicht mehr dagegen. Er wollte schlafen. Vergessen. Vielleicht hatte er zum ersten Mal in seinem Leben einen Kampf verloren, und der Geschmack der Niederlage war bitter. Vielleicht würde er ihn in Zukunft öfter zu schmecken bekommen. Er wurde alt, es war nicht mehr daran zu rütteln.

»Ist das alles, was du wissen wolltest?« fragte er. Er hörte das Rascheln ihres Kleides, als sie sich bückte, um den Becher aufzunehmen. »Ja«, sagte Kriemhild, als er schon nicht mehr mit einer Antwort gerechnet hatte. »Siegfried...« Sie stockte, und Hagen öffnete noch einmal die Augen, um sie anzusehen. »Siegfried hat mir bereits alles gesagt«, fuhr sie fort, »gleich am Tage seiner Rückkehr. Aber ich wollte es aus Eurem Munde hören.« Plötzlich beugte sie sich über ihn und hauchte ihm einen Kuß auf die Stirn. »Ich liebe Euch, Ohm Hagen«, sagte sie. Dann lief sie ganz unvermittelt aus dem Zimmer.

Das Geräusch ihrer Schritte wurde von einem schmetternden Knall verschluckt, als der hölzerne Fensterladen nach innen und gegen die Wand flog. Der Wind fuhr in die Kemenate und ließ die Flammen in der Herdstelle flackern. Ein Schwall kalter Luft kam herein. Der Laden bewegte sich knarrend in den ledernen Angeln, wurde aufs neue von einer Windbö erfaßt und ein zweites Mal gegen die Wand geschleudert Aber es war nicht der Wind gewesen, der das Fenster aufgedrückt hatte. Es war Alberich.

Der Zwerg hockte wie eine unheimliche schwarze Krähe auf dem Fenstersims und starrte ihn an. Seine Augen unter der schwarzen Kapuze seines Mantels leuchteten wie zwei kleine, glühende Kohlen, und Hagen spürte, wie lähmende Furcht sein Herz beschlich. Furcht vor dem schwarzen Dämon, der in sein Zimmer hoch oben im höchsten Turm der Burg eingedrungen war. Er fragte sich, ob er wachte oder ob dies nur ein weiterer furchtbarer Alptraum war, mit dem das Fieber seinen Körper und seinen Geist quälte.

Alberich streckte die Arme durch, stieß sich ab und schwang sich mit einem Satz ins Zimmer. Es war kein Traum.

Ächzend, unter Aufbietung aller Kraft, stemmte der Zwerg sich gegen den Sturm und drückte die schweren Läden wieder zu. Das Heulen des Windes verstummte. Die Flammen im Herd hörten auf zu flackern. »Was willst du?« fragte Hagen. Es gelang ihm, die Furcht zurückzudrängen, aber sie lauerte noch, bereit, beim geringsten Anlaß wiederzukehren. Alberich ging mit trippelnden Schritten zum Feuer und streckte die Hände über die Flammen. »Bei Odin«, murmelte er. »Ich dachte schon, sie würde überhaupt nicht mehr gehen. Es ist verdammt kalt draußen. Der Wind hat mich fast vom Fenster gerissen.« »Du hast uns belauscht!« brauste Hagen auf. »Du...« Alberich drehte sich mit einem Ruck um. Sein Anblick ließ Hagen jäh verstummen. Sein Umhang bauschte sich, als blähe er sich vor Zorn, und der schwarze Stoff schien den Widerschein der Flammen zu verschlucken. Er war plötzlich nur noch ein Schatten - nein, nicht einmal das: ein Stück Dunkelheit »Kein schönes Gefühl, nicht?« fragte Alberich. »Ich wollte nur, daß du es einmal kennenlernst.« Seine Stimme war anders als sonst: nicht mehr das dünne, unangenehm hohe Fisteln, sondern hart und kraftvoll. Die Stimme eines Mannes, nicht die eines Zwerges. Er löste sich von seinem Platz am Feuer und setzte sich auf den Stuhl, auf dem Kriemhild zuvor gesessen hatte, und während er dort saß, schien sich sein Körper unter dem schwarzen Umhang zu verwandeln. Mit einemmal war er nicht mehr der mißgestaltete, verkrüppelte Zwerg, sondern ein Mann, nicht sehr groß und eher schmächtig, aber ein Mann. Sekundenlang hielt sein brennender Blick den Hagens noch fest, dann schloß er die Augen und seufzte.

Hagen ließ sich schwer atmend zurücksinken.

»Natürlich habe ich euch belauscht«, sagte Alberich ruhig, und Hagen spürte seine Augen nun wieder auf sich. »Was ich gehört habe, Hagen, erschreckt mich. Du gibst zum zweiten Mal ein Versprechen, das du nicht halten kannst«

»Was willst du?« fragte Hagen schwach. Er wollte sich aufsetzen, aber ihm fehlte die Kraft. »Warum quälst du mich?«

»Ich quäle dich nicht, Hagen«, antwortete Alberich. »Du selbst bist es, der sich quält.« Er wartete, bis Hagens Atem ruhiger ging und er sich wieder etwas in den Kissen aufgerichtet hatte. »Warum hast du es getan?« fragte er dann, eine Spur freundlicher als zuvor. »Was meinst du?«

»Das Versprechen, das du Kriemhild gabst Du weißt, daß du es nicht halten kannst«, sagte Alberich. »Du bist ein Freund Burgunds. Du darfst diese Heirat nicht zulassen. Und du weißt es.« Alberich lehnte sich zurück. Das dämonische Feuer in seinen Augen war erloschen. »Grimward ist tot«, sagte er.

Hagen starrte ihn an. Diesmal war es nicht Furcht, die ihn lahmte, sondern ein natürliches, schmerzhaftes Erschrecken. »Grimward...« »Ist tot«, wiederholte Alberich. »Er fiel in der Schlacht.«

»Warum sagst du mir das?« fragte Hagen heiser.

Alberich überhörte die Frage. »Viele sind in der Schlacht gefallen, Hagen. Auch die zwanzig Bogenschützen, die deinen langobardischen Freund begleiteten. Alle.« »Was willst du damit sagen?« Alberich beugte sich im Sessel vor und sah Hagen fest in die Augen. »Die Wahrheit, du Narr!« zischte er. »Was ist los mit dir? Seit wann weiß Hagen von Tronje Feind und Freund nicht mehr zu unterscheiden? Als wir vor Jahresfrist hierherkamen, da wußtest du, was du von Siegfried zu halten hattest Warum hast du keine Gelegenheit gesucht, ihn zu töten? Um eines anderen, unsinnigen Versprechens willen!« Hagen war überrascht und verwirrt. Er hatte gewußt, daß Alberichs Beziehung zu Siegfried nicht so einfach war, wie es nach außen hin den Anschein hatte. Aber einen so abgrundtiefen Haß hatte er nicht in dem Zwerg vermutet »In fünf Wochen, wenn das Pfingstfest gefeiert wird, wird Siegfried in aller Form um Kriemhilds Hand anhalten«, fuhr Alberich fort »Und er wird sie bekommen, wenn du es nicht verhinderst Er wird alles hier bekommen. Burgund wird ihm gehören, so, wie er es von Anfang an geplant hat.«

»Warum ich?« fragte Hagen leise. »Warum kommst du ausgerechnet zu mir, Alberich?«

»Weil du die einzige Hoffnung warst, die ich hatte«, antwortete Alberich bitter. »Du warst der einzige Mensch, der Siegfried hätte töten können. Statt dessen schenkst du ihm Burgund und reichst ihm die Hand zur Freundschaft« Er lachte. »Sieh mich an, Hagen. Ich war ein König, ein Unsterblicher in einer Welt, die nichts mit eurer Welt gemein hat. Ich habe geherrscht, länger als Burgund und Rom und alle anderen Reiche dieser Erde bestehen! Sieh dir an, was Siegfried aus mir gemacht hat. Einen Sklaven und jämmerlichen Spitzel, gerade gut genug zum Herumspionieren. Durch ihn bin ich zu einer würdelosen Kreatur herabgesunken. Ich hasse ihn.«

»Warum verläßt du ihn dann nicht?« fragte Hagen. »Er kann dich nicht zwingen.«

»Weil er mein Wort hat«, antwortete Alberich. »Ich habe ihm mein Wort gegeben, ihm treu zu dienen und nicht von seiner Seite zu weichen, solange ich lebe. Und ich halte es.« »So wie ich«, antwortete Hagen. Alberich lachte hämisch. »Verrate mir, wie du das tun wirst, Hagen. Du hast Kriemhild zum zweiten Mal ein Versprechen gegeben, gegen deine Überzeugung und gegen deinen Willen. Aber du hast auch Gunther die Treue geschworen, und er wird dich um Rat fragen, wenn Siegfried um die Hand seiner Schwester anhält. Was wirst du tun? Wen von beiden wirst du enttäuschen, Hagen? Welches deiner Versprechen wirst du brechen? Wen wirst du verraten - Kriemhild oder Gunther?«

»Hör auf«, keuchte Hagen. »Hör auf, oder...«

»Oder?« fragte Alberich ihm, ins Wort fallend. »Willst du mich töten? Warum nicht? Versuche es. Vielleicht gelingt es dir sogar. Auch ich bin nicht unverwundbar.«

Hagen stöhnte vor hilfloser Wut und Verzweiflung. »Hör auf«, sagte er. »Ich bitte dich, Alberich - hör auf!«

Alberich gehorchte seiner Bitte. »Gut«, sagte er schließlich. »Ich gehe. Ich habe gesagt, was zu sagen war. Alles andere liegt nun in deiner Hand.« Er stand auf. Hagen lauschte mit abgewandtem Kopf dem Geräusch seiner Schritte, erwartete das öffnen der Fensterläden, gefolgt von einem neuerlichen Schwall kalter Luft, aber nichts dergleichen geschah. Als Hagen den Kopf zurückdrehte, war der Zwerg verschwunden. Alberich hatte recht. Mit jedem seiner Worte hatte er recht, und es gab keine Lösung. Hagen konnte nicht beide Versprechen halten. Er konnte Gunther nicht raten, Siegfried Kriemhilds Hand zu verweigern, ohne Kriemhilds Herz zu brechen. Und er konnte Gunther nicht raten, der Heirat zuzustimmen, ohne wissentlich den Treueeid zu verletzen, den er Gunther selbst und seinem Vater geschworen hatte. Aber er konnte auch ein gegebenes Wort nicht brechen, keines von beiden. Und dann, nach endlosen Minuten qualvollen Grübelns, wußte er, was zu tun war. Er lag wach, bis die Sonne aufging und die Burg erwachte. Als Radolt die Kemenate betrat, stand er vollständig angekleidet am Fenster. Vor ihm auf der Fensterbrüstung lagen sein Helm und sein Schwert. Hagen wandte sich um. Radolt war in der Tür stehengeblieben, erschrocken und erzürnt zugleich.

»Herr!« rief er entsetzt. »Seid Ihr von Sinnen? Ihr dürft noch nicht aufstehen! Ihr...«

Hagen schnitt ihm mit einer Geste das Wort ab. Auf seinem geblendeten Auge war ein frischer Verband. Er hatte ihn selbst angelegt Seine Stirn war noch heiß, das machte die Wunde, aber das Fieber war gesunken und würde nicht zurückkommen. Davon war er überzeugt, denn er kannte seinen Körper. »Es ist gut, Radolt«, sagte er. »Ich weiß deine Fürsorge zu schätzen, aber ich brauche sie nicht mehr.« Es dauerte einen Moment, bis der Heilkundige begriff. Sein Blick glitt an Hagens Kleidung herab, blieb an Helm und Schwertgurt hängen und heftete sich schließlich auf sein Gesicht. Er machte noch einen hilflosen Versuch, Einspruch zu erheben. Aber Hagen ließ ihn nicht zu Wort kommen.

»Ich reise noch heute ab«, sagte er. »Und ... wohin?« fragte Radolt leise. Hagen lächelte traurig. »Weit weg«, sagte er. »Weit weg, Radolt«

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