Der große lila Pferdetransporter mit der glitzernden goldenen Beschriftung - DALMALLY FARM auf beiden Seiten und PFERDE auf der Rückseite - parkte neben einer Erdrampe. Die Laderampen, schwer und sperrig, konnten Rückenschäden verursachen, deshalb hatte Mim eine Erdrampe bauen lassen. Die Pferde liefen direkt in den Wagen, ohne das Klapp-klapp auf Metall unter sich zu hören. Bei der Rennbahn angekommen, mußte die ungeliebte Rampe natürlich doch von der Seite des Wagens gezogen werden, dennoch, jede Minderung körperlicher Anstrengung war eine Erleichterung.
Harry sah sich Mims Pferdetransporter nur zu gern an. Mim hatte außerdem einen Anhänger für die Jagd. Obwohl Lila die Jagdfarbe der Familie ihrer Mutter war, verwendete Mim für die Jagd Rot und Gold auf ihrem Schräglade-Anhänger, auf dem drei Pferde quer zur Fahrbahn stehen konnten. Harry begehrte diesen Anhänger ebenso wie den Dodge-Kombi mit dem Turbodieselmotor von Cummins. Auch dieser Kombi war rot.
Sie war nach der Arbeit zum Stall gegangen, um zu sehen, ob Little Marilyn dort war. Sie wollte nicht den Eindruck erwecken, als wolle sie die Gleichaltrige überprüfen, doch genau das tat sie. Little Mim hatte endlich die Einladungen zum Wildessen verschickt, aber sie hatte nicht gemeldet, wer geantwortet hatte und wer nicht. Die Einladungen hatte Susan Tucker beim Drucker in Charlottesville abholen müssen.
Gerade als Harry wieder in ihren Transporter stieg, bog Big Mim in ihrem Bentley Turbo R auf den Parkplatz ein. Mim erlegte sich bei Maschinen jeder Art keinerlei Beschränkungen auf. Dies war ein irrationaler Zug von Mim: Sie konnte Pkw, Transportern oder Traktoren nicht widerstehen. Zum Glück konnte sie sie sich leisten. Sie führte wahrscheinlich die bestausgestattete Farm in Albemarle County. Sie hatte sogar eine fahrbare Bewässerungsanlage, eine Reihe von Rohren, mit riesigen Rädern verbunden und von einem Generator angetrieben.
»Harry.«
»Hallo. Ich wollte sehen, ob ich Little Marilyn finden kann, aber hier ist kein Mensch.« »Sie ist heute in Washington.« Mim öffnete die schwere Wagentür und stieg aus. »Besorgt wegen des Essens?«
»Ein bißchen.«
»Ich auch. Machen Sie sich nur nicht zu viele Gedanken. Ich höre die Nachrichten auf dem Anrufbeantworter ab und gebe Ihnen Bescheid, wer zugesagt hat. Notfalls greife ich auf das altbewährte Schneeballsystem zurück.«
»Das kann ich doch machen.«
»Nein, sie ist meine Tochter, und wie immer ist sie von ihrer Aufgabe überfordert.« Mim befingerte ihren Hermes-Schal. »Marilyn ist nicht mehr richtig bei sich, seit letztes Jahr ihre Scheidung ausgesprochen wurde. Ich weiß gar nicht, was ich tun soll.«
Harry sagte ganz direkt: »Sie wird nicht viel lernen, wenn Sie es für sie tun.«
»Wollen Sie, daß das Wildessen flachfällt? Mein Gott, der Jagdclub würde uns das Fell abziehen. Da erledige ich das lieber selbst und knöpfe mir Marilyn hinterher vor.«
Harry wußte, daß das stimmte. Ihr Fuchsjagdclub, der Jefferson Hunt Club - der Füchse eher verfolgte als jagte - , bestand aus reizbaren Persönlichkeiten, Egozentrikern und rauhen Reitern sowie Menschen mit ruhigerem Temperament. Die Fuchsjagd zieht von Natur aus leidenschaftliche Menschen an, was völlig in Ordnung ist, solange sie nicht aufgefordert sind, sich gegenseitig zu unterstützen. Little Marilyn würde in ein Wespennest stechen, wenn das Wildessen nicht die erwarteten Einkünfte brachte.
»Ich wünschte, ich könnte Ihnen helfen, aber Marilyn hatte nie viel für mich übrig.«
»Ach was, Harry, sie zeigt nur ihre Gefühle nicht. Sie hat Sie bestimmt ganz gern.«
Harry beschloß, Mim nicht zu widersprechen. Sie wandte ihre Aufmerksamkeit vielmehr Tucker und Mrs. Murphy zu, die sich laut darüber unterhielten, wer in Orions Box gewesen war.
»Mrs. Murphy und Tucker haben scheinbar Hunger«, sagte Mim.
»Mim, ich wünschte, du würdest zuhören.« Mrs. Murphy lehnte sich trübsinnig aus dem Fenster auf der Fahrerseite.
»Nun, geben Sie mir Bescheid, wenn ich irgendwie helfen kann«, sagte Harry.
»Sie sind Teil des Schneeballsystems.« Mim steuerte auf den Stall zu, dann drehte sie sich um. »Harry, was machen Sie am Wochenende?«
»Nichts Besonders.«
»Möchten Sie gern dieses Wochenende nach Camden kommen und sich das Colonial-Cup-Rennen ansehen? Adelia und Charles würden sich bestimmt sehr freuen.«
»Geh nicht.« Wie ein Blitzschlag durchzuckte Furcht Mrs. Murphy, und sie wußte nicht, warum.
»Wenn Miranda sich um meine Schätzchen kümmert, komme ich sehr gern.«
»Ich dachte, Miranda würde vielleicht auch gerne mitkommen. Ihre Schwester wohnt in Greenville. Vielleicht könnte sie herüberfahren.«
»Mal sehen, was ich mit den Kleinen hier machen kann, aber ich käme wirklich gern.«
»Es ist Adelias einundzwanzigster Geburtstag. Ich dachte, wir könnten dort feiern und ihre Probleme hinter uns lassen.«
»Gute Idee.«