I.

Das Erlebnis, das wir unterwegs hatten, war ebenfalls eines, welches geeignet war Erstaunen zu erregen. Aber ich muß alles der Reihe nach erzählen. Eine Stunde bevor Stepan Trofimowitsch und ich auf die Straße traten, zog durch die Stadt, von vielen neugierig betrachtet, eine Schar von Menschen, Arbeitern der Schpigulinschen Fabrik, etwa siebzig Mann, vielleicht auch mehr. Sie gingen wohlanständig, fast schweigend und absichtlich in guter Ordnung. Später ist behauptet worden, diese siebzig seien von allen Schpigulinschen Arbeitern, deren Zahl sich auf ungefähr neunhundert belief, deputiert worden mit dem Auftrage, zum Gouverneur zu gehen und in Abwesenheit der Fabrikbesitzer bei diesem ihr Recht gegen den Fabrikdirektor zu suchen, der nach Schließung der Fabrik und Entlassung der Arbeiter sie alle in schamloser Weise betrogen hatte, eine Tatsache, die jetzt keinem Zweifel unterliegt. Andere bestreiten bei uns bis auf den heutigen Tag, daß es sich um eine Deputation gehandelt habe, mit der Begründung, siebzig Mann seien für eine Deputation zu viel; diese Schar habe einfach aus den am meisten Geschädigten bestanden, und sie seien gekommen, um lediglich für sich selbst zu bitten, so daß von einer allgemeinen »Arbeiterrebellion«, von der später so viel Lärm gemacht worden ist, überhaupt nicht die Rede sein könne. Wieder andere vertreten mit Heftigkeit die Ansicht, diese siebzig Mann seien nicht einfache Aufständische, sondern politische Aufrührer der schlimmsten Sorte gewesen und seien überdies lediglich durch heimlich verbreitete Flugschriften aufgereizt worden. Kurz, ob da irgend jemandes Einfluß oder Überredung dahintersteckte, ist noch bis jetzt nicht genau bekannt. Meine persönliche Meinung ist, daß die Arbeiter die geheimen Flugschriften überhaupt nicht gelesen und, wenn sie sie gelesen, kein Wort davon verstanden hatten, schon allein aus dem Grunde, weil die Verfasser derselben bei aller Nacktheit ihrer Ausdrucksweise doch äußerst unklar schreiben. Da aber die Arbeiter in der Tat übers Ohr gehauen waren und die Polizei, an die sie sich gewendet hatten, sich auf ihre Klage nicht einlassen wollte, was war da natürlicher, als daß sie auf den Gedanken kamen, zusammen »zum General selber« zu gehen, sich womöglich mit einer Klageschrift an der Spitze des Zuges wohlanständig vor seiner Haustür aufzustellen und, sowie er erscheinen würde, sich alle vor ihm auf die Knie zu werfen und ihn jammernd anzurufen wie die Vorsehung selbst? Meiner Ansicht nach brauchte man da weder an eine Rebellion noch auch nur an eine Deputation zu glauben; denn dies ist ein altes, historisches Mittel; das russische Volk hat von jeher ein Gespräch »mit dem General selber« geliebt, schon allein wegen des damit verbundenen Vergnügens, mochte der Ausgang des Gespräches sein, wie er wollte.

Und daher bin ich vollkommen überzeugt, daß, wenn auch Peter Stepanowitsch, Liputin und vielleicht sonst noch jemand, vielleicht sogar auch Fedka vorher unter den Arbeitern umherhuschten (denn für diesen Punkt sind wirklich ziemlich starke Beweise vorhanden) und mit ihnen redeten, sie sich dabei sicherlich doch an nicht mehr als zwei, drei, nun, sagen wir auch an fünf lediglich versuchsweise wendeten, und daß diese Gespräche ohne Erfolg blieben. Was aber eine Rebellion anlangt, so hörten die Arbeiter, wenn sie überhaupt etwas von der Propaganda dieser Agitatoren verstanden, doch gewiß sofort auf zuzuhören, weil sie dieselbe für etwas Dummes und für ein durchaus ungeeignetes Mittel hielten. Eine andere Sache war es mit Fedka: diesem glückte es anscheinend besser als Peter Stepanowitsch. An der Brandstiftung die drei Tage darauf in der Stadt stattfand, waren, wie jetzt unzweifelhaft klargestellt ist, tatsächlich mit Fedka zusammen zwei Fabrikarbeiter beteiligt, und später, einen Monat nachher, wurden noch drei frühere Fabrikarbeiter im Kreise ebenfalls wegen Brandstiftung und Raubes festgenommen. Aber wenn es auch Fedka gelungen war, sie zu direktem Handeln zu verleiten, so bezog sich das doch auch wieder nur auf diese fünf; denn von den andern hat nie etwas Derartiges verlautet.

Wie dem nun auch sein mochte, die ganze Arbeiterschar gelangte schließlich auf den freien Platz vor dem Hause des Gouverneurs und stellte sich dort ordentlich und schweigend auf. Dann blickten sie mit offenem Munde nach dem Portal hin und warteten. Man hat mir erzählt, sie hätten sofort nach der Aufstellung die Mützen abgenommen, das heißt vielleicht eine halbe Stunde vor der Ankunft des Herrn Gouverneurs, der augenblicklich gerade nicht zu Hause war. Die Polizei erschien sofort, zunächst nur in Gestalt einzelner Vertreter, dann aber in möglichst vollzähligem Aufgebot; sie begann natürlich damit, unter Drohungen zum Auseinandergehen aufzufordern. Aber die Arbeiter waren eigensinnig wie eine gegen einen Zaun gerannte Hammelherde und antworteten lakonisch, sie wollten »zum General selber«; es war klar, daß sie fest entschlossen waren. So hörte denn das heftige Anschreien seitens der Polizei auf; an seine Stelle trat schnell das Nachdenken darüber, was zu tun sei; flüsternd wurden geheime Anordnungen getroffen, und die höheren Beamten zogen in finsterer, sorgenvoller Geschäftigkeit die Augenbrauen zusammen. Der Polizeimeister zog es vor, zu warten, bis Herr v. Lembke selbst käme. Unsinnig ist die Version, dieser sei mit seinem Dreigespann in vollem Galopp herbeigesaust gekommen und habe noch vom Wagen aus den Befehl zum Prügeln erteilt. Er pflegte allerdings gern bei uns in seiner Kutsche mit dem gelben Hinterteil schnell dahinzujagen; und wenn dann die Seitenpferde zum Entzücken aller Kaufleute des Kaufhauses in immer rasenderem Laufe einherstürmten, dann erhob er sich im Wagen, stellte sich in seiner ganzen Größe hin, hielt sich an einem zu diesem Zwecke an der Seite angebrachten Riemen fest, streckte den rechten Arm in der Art von sich, wie man das oft bei Statuen sieht, und überschaute auf diese Weise die Stadt. Aber im vorliegenden Falle gab er nicht Befehl zum Prügeln, und obgleich er beim Herausspringen aus dem Wagen nicht umhinkonnte, sich eines kräftigen Wörtchens zu bedienen, so tat er das doch einzig und allein, um seine Popularität nicht einzubüßen. Noch unsinniger ist die Behauptung, es seien Soldaten mit aufgepflanzten Bajonetten herbeigeholt worden, und man habe telegraphisch ein Gesuch um Entsendung von Artillerie und Kosaken irgendwohin gerichtet: das sind Märchen, an die jetzt die Erfinder selbst nicht mehr glauben. Unsinn ist auch, daß man die Wasserfässer der Feuerwehr herbeigeschafft und aus ihnen das Volk begossen hätte. Es hat ganz einfach Ilja Iljitsch in der Erregung gerufen, er werde schon dafür sorgen, daß die Kerle gehörig in die Traufe kämen; daraus sind dann wahrscheinlich die Wasserfässer entstanden, die auf diese Weise dann auch in die Korrespondenzen der hauptstädtischen Zeitungen übergingen. Die glaublichste Lesart war, wie man annehmen muß, diese, daß man die Menge zunächst mit allen gerade verfügbaren Polizisten umstellte und an Lembke einen expressen Boten schickte, den Polizeikommissar des ersten Reviers, der denn auch in dem Wagen des Polizeimeisters schnell auf dem Wege nach Skworeschniki dahinrollte, da man wußte, daß sich v. Lembke vor einer halben Stunde in seiner Kutsche dorthin begeben hatte ...

Aber ich muß bekennen, daß eine Frage für mich doch unbeantwortet bleibt: auf welche Weise man eine harmlose, ganz gewöhnliche Schar von Bittstellern (allerdings in einer Stärke von siebzig Mann) so ohne weiteres, gleich von ihrem ersten Auftreten an, in eine Bande von Rebellen verwandeln konnte, die die Grundlagen des Staates zu erschüttern drohe. Wie kam es, daß Lembke selbst diese Idee aufgriff, als er zwanzig Minuten nach Absendung des Expressen erschien? Ich würde meinen (aber das ist wieder nur meine persönliche Ansicht), daß Ilja Iljitsch, der ein Gevatter des Fabrikdirektors war, es sogar für vorteilhaft hielt, Herrn v. Lembke diese Menschenschar in einem solchen Lichte darzustellen, um ihn nicht zu einer richtigen Prüfung der Sache kommen zu lassen; wer ihn aber auf diesen Gedanken gebracht hatte, das war Herr v. Lembke selbst gewesen. Während der beiden letzten Tage hatte dieser mit ihm zwei besondere, geheime Unterredungen gehabt, bei denen er sich allerdings sehr konfus gezeigt hatte, aus denen aber Ilja Iljitsch dennoch hatte entnehmen können, daß sein Chef sich fest in die Idee verrannt hatte, die Proklamationen richteten viel Schaden an und die Schpigulinschen Arbeiter würden von jemandem zu einer sozialistischen Rebellion aufgewiegelt, und daß diese seine Überzeugung eine so feste war, daß es ihm womöglich sogar leid tun würde, wenn die Aufwiegelung sich als Unsinn herausstellen sollte. »Er will sich in den Augen der Vorgesetzten in Petersburg auszeichnen,« dachte unser schlauer Ilja Iljitsch, als er von Herrn v. Lembke herauskam; »na, schön, mir kann's recht sein!«

Aber ich bin überzeugt, daß der arme Andrei Antonowitsch, auch um sich auszuzeichnen, keine Rebellion gewünscht hätte. Er war ein äußerst gewissenhafter Beamter, der bis zu seiner Verheiratung durchaus harmlos dahingelebt hatte. Und konnte er etwas dafür, daß statt harmlosen fiskalischen Holzes und eines ebenso harmlosen Minchens eine vierzigjährige Prinzessin ihn zu sich emporgehoben hatte? Ich weiß so gut wie sicher, daß gerade von diesem verhängnisvollen Vormittage an die ersten deutlichen Symptome jenes Zustandes sich zu zeigen begannen, der, wie man sagt, den armen Andrei Antonowitsch in ein gewisses besonderes Institut in der Schweiz gebracht hat, wo er angeblich jetzt neue Kräfte sammelt. Aber wenn man einmal zugibt, daß sich gerade von diesem Vormittage an deutliche Anzeichen »eines gewissen Zustandes« bemerklich machten, so kann man meines Erachtens auch zugeben, daß schon tags zuvor ähnliche Anzeichen hervorgetreten sein konnten, wenn auch nicht so deutlich. Es ist mir aus ganz intimen Mitteilungen bekannt (na, der Leser mag annehmen, daß mir in der Folgezeit Julija Michailowna selbst, und zwar nicht mehr in triumphierender, sondern beinah in reuiger Gemütsverfassung – denn vollständig bereut eine Frau niemals – einen kleinen Teil dieser Geschichte erzählt hat), es ist mir bekannt, daß Andrei Antonowitsch am vorhergehenden Tage, noch tief in der Nacht, zwischen zwei und drei Uhr morgens, zu seiner Gemahlin kam, sie aufweckte und von ihr verlangte, sie solle »sein Ultimatum« anhören. Dieses Verlangen stellte er in so energischer Weise, daß sie genötigt war sich von ihrem Lager mit Unwillen im Herzen und mit Papilloten in den Haaren zu erheben und auf einer Chaiselongue sitzend ihren Mann anzuhören, allerdings mit spöttischer Geringschätzung, aber doch ihn anzuhören. Hier begriff sie zum ersten Male, wie weit es schon mit ihrem Andrei Antonowitsch gekommen war, und bekam im stillen einen Schreck. Sie hätte ja nun freilich zur Besinnung kommen und nachgeben sollen; aber sie verheimlichte ihren Schreck und zeigte sich noch hartnäckiger und eigensinniger als vorher. Sie (wie wohl alle Ehefrauen) hatte ihre eigene Methode, Andrei Antonowitsch zu behandeln, eine Methode, die sie schon zu wiederholten Malen erprobt hatte, und durch die er bereits mehrmals in Wut versetzt worden war. Julija Michailownas Methode bestand in einem verächtlichen Stillschweigen, das eine Stunde, zwei Stunden, einen Tag und bis zu drei Tagen dauerte, in einem Stillschweigen unter allen Umständen, er mochte reden und tun, was er wollte, und wenn er aufs Fensterbrett gestiegen wäre, um sich vom dritten Stockwerk hinabzustürzen, eine Methode, die für einen Menschen mit Gefühl und Empfindung geradezu unerträglich ist! Ob nun Julija Michailowna ihren Gemahl für die in den letzten Tagen von ihm begangenen Mißgriffe und für seinen eifersüchtigen Neid als Verwaltungschef auf ihre administrativen Fähigkeiten bestrafen wollte, oder ob sie darüber unwillig war, daß er ohne jedes Verständnis für ihre feinen, weitausschauenden politischen Absichten ihr Verhalten den jungen Leuten und unserer ganzen Gesellschaft gegenüber sich zu kritisieren erlaubte, oder ob sie über seine dumme, sinnlose Eifersucht auf Peter Stepanowitsch zornig war: wie dem auch sein mochte, jedenfalls nahm sie sich vor, auch jetzt nicht nachzugeben, trotzdem es drei Uhr in der Nacht war, und trotz Andrei Antonowitschs noch nie dagewesener Aufregung. Während er ganz außer sich auf den Teppichen ihres Boudoirs hin und her und nach allen Richtungen herumwanderte, setzte er ihr alles auseinander, alles, allerdings ohne allen Zusammenhang, aber dafür auch alles, was in ihm kochte; denn »es überschreite schon alle Grenzen«. Er begann mit der Mitteilung, daß alle sich über ihn lustig machten und ihn »an der Nase herumführten«. »Der Ausdruck ist dabei ganz gleichgültig,« schrie er sofort, da er ihr Lächeln bemerkte; »dem Sinne nach ist es die Wahrheit! ... Nein, gnädige Frau, der richtige Augenblick ist da; wissen Sie, daß jetzt Lachen und die Kunstgriffe weiblicher Koketterie nicht am Platze sind! Wir sind nicht im Boudoir einer affektierten Dame, sondern gleichsam zwei abstrakte Wesen auf einem Luftballon, die einander begegnen, um die Wahrheit zu sagen.« (Er verwirrte sich allerdings und fand nicht die richtigen Ausdrücke für seine an sich richtigen Gedanken.) »Sie sind es gewesen, gnädige Frau, Sie sind es gewesen, die mich aus meinem früheren Zustande herausgerissen hat; nur um Ihretwillen, nur um Ihres Ehrgeizes willen habe ich dieses Amt angenommen ... Sie lächeln spöttisch? Triumphieren Sie nicht, triumphieren Sie nicht zu früh! Wissen Sie, gnädige Frau, wissen Sie, daß ich imstande wäre und verstehen würde mit diesem Amte fertig zu werden, und nicht nur mit diesem einen Amte, sondern mit einem Dutzend solcher Ämter; denn ich besitze Fähigkeiten; aber an Ihrer Seite kann ich nicht damit fertig werden; denn an Ihrer Seite habe ich keine Fähigkeiten. Zwei Mittelpunkte können nicht existieren; Sie aber haben zwei Mittelpunkte eingerichtet, den einen bei mir und den andern bei sich in Ihrem Boudoir, zwei Mittelpunkte der Amtsgewalt, gnädige Frau; aber ich werde das nicht dulden, ich werde das nicht dulden!! Im Dienste wie in der Ehe kann es nur einen Mittelpunkt geben, und zwei sind unmöglich ... Wie haben Sie mir gelohnt?« rief er weiter. »Unsere Ehe hat nur darin bestanden, daß Sie mir die ganze Zeit über allstündlich bewiesen haben, daß ich ein wertloser, ein dummer, ja ein gemeiner Mensch bin, und ich bin die ganze Zeit über allstündlich in unwürdiger Weise genötigt gewesen, Ihnen zu beweisen, daß ich nicht wertlos, ganz und gar nicht dumm bin und alle Menschen durch meine hochherzige Gesinnung in Erstaunen versetze; nun, ist das nicht von beiden Seiten ein unwürdiges Verhalten?« Hier begann er schnell und zu wiederholten Malen mit den Füßen auf den Teppich zu stampfen, so daß Julija Michailowna sich genötigt sah, sich mit einer Miene mürrischer Würde halb aufzurichten. Er wurde schnell still, ging aber nun zur Sentimentalität über und fing an zu schluchzen (ja, zu schluchzen), indem er sich fast ganze fünf Minuten lang gegen die Brust schlug und infolge des hartnäckigen Stillschweigens, das Julija Michailowna beobachtete, immer mehr außer sich geriet. Schließlich schoß er einen entschiedenen Bock, indem er gestand, daß er ihretwegen auf Peter Stepanowitsch eifersüchtig sei. Sowie er aber dann merkte, daß er eine maßlose Dummheit begangen hatte, geriet er in einen wütenden Zorn und schrie, er werde »keine Gottesleugnung dulden«; er werde ihren »unverzeihlichen, gottlosen Salon« wegjagen; ein hoher Verwaltungsbeamter sei sogar verpflichtet an Gott zu glauben, »und folglich auch seine Frau«; er werde die jungen Leute nicht mehr dulden; »Sie, gnädige Frau, Sie müßten um Ihrer eigenen Würde willen für die Stellung Ihres Mannes Sorge tragen und seinen Verstand verteidigen, selbst wenn er nur geringe Fähigkeiten besäße (und ich habe keineswegs geringe Fähigkeiten!); statt dessen sind gerade Sie schuld daran, daß alle mich hier geringschätzen; Sie sind diejenige, die sie alle dazu gebracht hat! ...« Er schrie, er werde die Frauenfrage ausrotten, sie wie einen schlechten Geruch wegräuchern; er werde das abgeschmackte Subskriptionsfest zum Besten der Gouvernanten (hol sie der Teufel!) gleich morgen verbieten und diejenigen, die sich etwa dennoch dazu einfänden, auseinandertreiben lassen; die erste Gouvernante, die ihm begegne, werde er gleich morgen früh »durch einen Kosaken« aus dem Gouvernement hinaustransportieren lassen. »Mit voller Absicht, mit voller Absicht!« kreischte er. »Wissen Sie wohl, wissen Sie wohl,« schrie er, »daß Ihre Taugenichtse in der Fabrik die Leute aufwiegeln, und daß mir das bekannt ist? Wissen Sie wohl, daß sie absichtlich Proklamationen verbreiten, ab-sicht-lich? Wissen Sie wohl, daß mir die Namen von vier Taugenichtsen bekannt sind, und daß ich den Verstand verliere, endgültig, endgültig den Verstand verliere?« Aber hier unterbrach Julija Michailowna plötzlich ihr Stillschweigen und erklärte in ernstem Tone, daß sie selbst schon längst von den verbrecherischen Plänen Kenntnis habe, und daß das lauter dummes Zeug sei, und daß er es zu ernst aufgefaßt habe, und daß, was die Taugenichtse anlange, sie nicht nur jene vier kenne, sondern alle (sie log), daß sie aber ganz und gar nicht beabsichtige, deswegen den Verstand zu verlieren, sondern im Gegenteil noch mehr auf ihren Verstand vertraue und alles zu einem harmonischen Ende zu bringen hoffe; sie werde die jungen Leute ermutigen, ihnen vernünftige Gedanken eingeben, ihnen plötzlich und unerwartet zeigen, daß ihre Pläne bekannt seien, und ihnen dann neue Ziele für eine vernünftige, edlere Tätigkeit weisen. Oh, wie wirkte das alles auf Andrei Antonowitsch! Als er erfuhr, daß Peter Stepanowitsch ihn wieder betrogen und sich in gröblicher Weise über ihn lustig gemacht habe, daß er ihr weit mehr und früher enthüllt habe als ihm, und daß schließlich Peter Stepanowitsch vielleicht sogar der Rädelsführer bei all diesen verbrecherischen Plänen sei: da wurde er geradezu rasend. »Wisse, du unvernünftiges, aber boshaftes Weib,« rief er, indem er mit einem Male alle Ketten sprengte, »wisse, daß ich sogleich Befehl geben werde, deinen unwürdigen Liebhaber zu arretieren, in Fußfesseln zu schmieden und auf die Festung zu bringen! Oder ich werde selbst sofort vor deinen Augen aus dem Fenster springen!« Als Antwort auf diese Tirade brach Julija Michailowna, die vor Ärger im Gesichte ganz grün geworden war, unverzüglich in ein Gelächter aus, in ein langes, helles Gelächter mit Läufern und Übergängen, gerade wie auf dem französischen Theater, wenn eine Pariser Schauspielerin, die für hunderttausend Rubel engagiert ist, um die Kokettenrollen zu spielen, ihrem Manne ins Gesicht lacht, der ihretwegen Eifersucht zu bekunden wagt. Herr v. Lembke wollte schon zum Fenster hinstürzen, blieb aber plötzlich wie angewurzelt stehen, verschränkte die Arme über der Brust und sah leichenblaß mit einem Unheil verkündenden Blicke die Lachende an: »Weißt du, weißt du, Julija ...« sagte er schwer atmend mit flehender Stimme, »weißt du, daß auch ich etwas tun kann?« Aber als auf seine letzten Worte von ihrer Seite ein neuer, noch stärkerer Ausbruch von Gelächter folgte, biß er die Zähne zusammen, stöhnte auf und stürzte plötzlich – nicht nach dem Fenster, sondern auf seine Frau los und erhob die Faust über sie! Er ließ die Faust nicht auf sie niederfallen, nein, dreimal nein; sondern statt dessen verschwand er selbst auf der Stelle. Ohne die Beine unter sich zu spüren, lief er in sein Arbeitszimmer, warf sich, angekleidet wie er war, mit dem Gesicht nach unten auf das für ihn zurechtgemachte Bett, wickelte sich krampfhaft mitsamt dem Kopfe in die Bettdecke und lag so etwa zwei Stunden lang, ohne zu schlafen, ohne nachzudenken, mit einem Steine auf dem Herzen, die Seele von dumpfer, starrer Verzweiflung erfüllt. Ab und zu lief ihm ein qualvolles, fieberhaftes Zittern durch den ganzen Körper. Es kamen ihm irgendwelche zusammenhanglosen Dinge ins Gedächtnis, die mit seiner gegenwärtigen Lage in gar keiner Beziehung standen: er dachte zum Beispiel an eine alte Wanduhr, die er vor fünfzehn Jahren in Petersburg besessen hatte, und von der der Minutenzeiger abgefallen war; dann an den lustigen Beamten Milbois, und wie sie beide einmal im Alexanderpark einen Sperling gefangen und nach dem Fange mit einem durch den ganzen Park schallenden Gelächter sich daran erinnert hatten, daß der eine von ihnen schon Kollegienassessor war. Ich glaube, er schlief gegen sieben Uhr morgens ein, ohne es zu merken, und schlief mit Genuß und mit angenehmen Träumen. Als er gegen zehn Uhr erwachte, sprang er plötzlich wild vom Bette in die Höhe, erinnerte sich mit einem Male an alles und schlug sich heftig mit der flachen Hand vor die Stirn. Er frühstückte nicht; er ließ weder Blümer vor, noch den Polizeimeister, noch den Beamten, welcher kam, um ihn daran zu erinnern, daß die Mitglieder der und der Versammlung an diesem Vormittag darauf warteten, daß er den Vorsitz übernehme; er empfing niemand; er hörte nichts und wollte nichts verstehen, sondern lief wie ein Toller nach den von Julija Michailowna bewohnten Zimmern. Dort teilte ihm Sofja Antropowna, eine alte adlige Dame, die schon lange bei Julija Michailowna wohnte, mit, daß diese sich schon um zehn Uhr mit einer großen Gesellschaft in drei Equipagen zu Warwara Petrowna Stawrogina nach Skworeschniki begeben habe, um für das zweite geplante Fest, das in vierzehn Tagen stattfinden solle, die dortigen Lokalitäten zu besichtigen; dieser Besuch sei schon vor drei Tagen mit Warwara Petrowna verabredet worden. Über diese Nachricht betroffen, kehrte Andrei Antonowitsch in sein Arbeitszimmer zurück und gab heftig Befehl zum Anspannen. Er konnte kaum die Zeit erwarten, bis der Wagen bereit war. Seine Seele dürstete nach Julija Michailowna: nur sie ansehen wollte er, nur fünf Minuten lang in ihrer Nähe sein; vielleicht würde sie ihm einen Blick zuwerfen, ihn bemerken, ihm wie früher zulächeln, ihm verzeihen ... oh, oh! »Aber wo bleibt denn der Wagen?« Mechanisch schlug er ein auf dem Tische liegendes dickes Buch auf (mitunter suchte er mittels eines Buches die Zukunft zu erkennen, indem er es aufs Geratewohl aufschlug und auf der rechten Seite oben drei Zeilen las). Er traf auf den Satz: »Tout est pour le mieux dans le meilleur des mondes possibles.« Voltaire, Candide. Er spuckte aus und lief hinaus, um einzusteigen: »Nach Skworeschniki!« Der Kutscher erzählte später, der Herr habe auf dem ganzen Wege die schnellste Fahrt verlangt; aber kaum hätten sie sich dem Gutshause genähert, da habe er auf einmal befohlen umzuwenden und wieder nach der Stadt zu fahren: »Recht schnell, bitte, recht schnell!« »Ehe wir noch den Stadtwall erreichten, befahl er mir wieder anzuhalten, stieg aus dem Wagen und ging vom Wege weg aufs Feld; ich dachte, wegen eines Bedürfnisses; aber er blieb stehen und besah sich ein paar Blümchen, und so stand er eine Weile da; es war wirklich wunderlich; ich war schon damals sehr bedenklich.« So erzählte der Kutscher. Ich erinnere mich an das Wetter an jenem Vormittage: es war ein kalter, klarer, aber windiger Septembertag; vor Andrei Antonowitsch, der vom Wege abgegangen war, breitete sich das öde, kahle Feld aus, von dem das Getreide längst weggeräumt war; der heulende Wind schaukelte die kläglichen Überbleibsel absterbender gelber Blümchen ... Ob er wohl sich und sein Schicksal mit den kümmerlichen, vom Herbst und der Kälte arg zugerichteten Blümchen vergleichen wollte? Ich glaube nicht. Ich glaube sogar bestimmt, daß er es nicht wollte, und daß er überhaupt gar nicht an die Blümchen dachte, trotz der Angabe des Kutschers und des Polizeikommissars des ersten Reviers, der in diesem Augenblicke in dem Wagen des Polizeimeisters herbeigefahren kam und später versicherte, er habe tatsächlich den Chef mit einem Sträußchen gelber Blumen in der Hand getroffen. Dieser Kommissar, ein für die administrative Tätigkeit begeisterter Beamter namens Wasili Iwanowitsch Flibustjerow, war noch nicht lange ein Einwohner unserer Stadt, hatte sich aber bereits ausgezeichnet und Aufsehen erregt durch seinen enormen Diensteifer, durch seine Tatkraft auf allen Gebieten der Exekutive und durch den ihm angeborenen Mangel an Nüchternheit. Er sprang aus dem Wagen, und ohne beim Anblicke der Beschäftigung seines Vorgesetzten mit dem irrsinnigen, aber zuversichtlichen Gesichtsausdrucke stutzig zu werden, meldete er kurz und knapp, in der Stadt sei es nicht ruhig.

»Nun? Wer sind Sie?« wandte sich Andrei Antonowitsch zu ihm mit strenger Miene, aber ohne das geringste Erstaunen oder irgendwelche Erinnerung an die Kutsche und den Kutscher, gerade wie wenn er sich in seinem Arbeitszimmer befände.

»Der Polizeikommissar des ersten Reviers Flibustjerow, Exzellenz. In der Stadt ist Rebellion.«

»Von Flibustiern?« fragte Andrei Antonowitsch wie versonnen.

»Jawohl, Exzellenz. Die Schpigulinschen rebellieren.«

»Die Schpigulinschen! ...«

Bei dem Namen »die Schpigulinschen« schien ihm etwas einzufallen. Er fuhr sogar zusammen und hob den Finger zur Stirn in die Höhe: »Die Schpigulinschen!« Schweigend, aber immer noch versonnen, ging er ohne Eile zu seinem Wagen, stieg ein und befahl nach der Stadt zu fahren. Der Kommissar fuhr in dem Wagen, in dem er gekommen war, hinter ihm her.

Ich denke mir, daß ihm unterwegs viele sehr interessante Dinge, mancherlei Gegenstände unklar durch den Kopf gingen; aber er hatte schwerlich einen festen Gedanken oder eine bestimmte Absicht, als sein Wagen auf den Platz vor dem Gouvernementsgebäude gelangte. Kaum jedoch erblickte er die Schar der »Rebellen«, die sich dort aufgestellt hatte und in fester Haltung dastand, die Kette der Polizisten, den machtlosen (vielleicht aber absichtlich machtlosen) Polizeimeister und die allgemeine auf ihn gerichtete Erwartung, als ihm alles Blut zum Herzen strömte. Blaß stieg er aus der Kutsche.

»Die Mützen herunter!« sagte er schwer atmend und kaum vernehmbar. »Auf die Knie!« kreischte er unerwartet, auch für ihn selbst unerwartet, und gerade dieser plötzliche Einfall hatte vielleicht die ganze nachfolgende Entwicklung der Sache zur Folge. Es war wie auf den Rutschbergen in der Fastnachtswoche: kann da etwa ein von oben herabsausender Schlitten mitten auf dem Berge anhalten? Andrei Antonowitsch hatte sich, gewissermaßen sich selbst zum Trotze, sein ganzes Leben lang durch ein ruhiges Wesen ausgezeichnet, nie jemanden angeschrien, nie ärgerlich mit den Füßen gestampft; aber gerade solche Menschen werden am gefährlichsten, wenn es einmal passiert, daß ihr Schlitten unversehens vom Berge herunterfährt. Alles schien sich vor seinen Augen herumzudrehen.

»Ihr Flibustier!« schrie er noch kreischender und häßlicher, und die Stimme brach ihm plötzlich ab. Er stand da, ohne noch zu wissen, was er tun werde; aber er wußte und fühlte mit seinem ganzen Wesen, daß er unfehlbar im nächsten Augenblicke etwas tun werde.

»O Gott!« hörte man aus der Menge rufen. Ein junger Bursche begann sich zu bekreuzen; drei oder vier Menschen schickten sich wirklich an auf die Knie zu fallen; aber die andern rückten in ihrer ganzen Masse etwa drei Schritte vor und begannen auf einmal alle durcheinanderzuschreien: »Exzellenz ... wir sind für vierzig Kopeken gedungen worden ... der Fabrikdirektor ... du kannst ja nicht reden« usw. usw. Es war nicht daraus klug zu werden.

Leider konnte Andrei Antonowitsch nicht daraus klug werden: die Blümchen hatte er immer noch in der Hand. Von der Rebellion war er ebenso fest überzeugt wie vorhin Stepan Trofimowitsch von dem Bauernwagen. Aber in dem Schwarm der »Rebellen«, die ihn mit weitgeöffneten Augen anstarrten, glaubte er ihren »Aufwiegler« Peter Stepanowitsch umherhuschen zu sehen, der ihn seit dem gestrigen Tage auch nicht einen Augenblick verlassen hatte, Peter Stepanowitsch, den ihm verhaßten Peter Stepanowitsch.

»Ruten her!« rief er noch unerwarteter als vorher.

Es trat Totenstille ein.

So hat sich, nach den zuverlässigsten Nachrichten und nach meinen Vermutungen, die Sache in ihrem ersten Stadium abgespielt. Aber die weiteren Nachrichten sind nicht so zuverlässig, und das gleiche gilt von meinen Vermutungen. Indessen stehen doch einige Tatsachen fest.

Erstens erschienen die Ruten mit einer auffälligen Geschwindigkeit; offenbar hatte sie der umsichtige Polizeimeister in Erwartung des Kommenden bereit gehalten. Bestraft wurden übrigens nur zwei Personen; ich glaube nicht, daß es drei waren; daß die Zahl so gering war, kann ich bestimmt versichern. Eine reine Erfindung ist es, daß alle oder mindestens die Hälfte der Leute bestraft worden seien. Unsinn ist es auch, daß eine vorbeigehende arme adlige Dame ergriffen und sofort aus irgendwelchem Grunde durchgepeitscht sei; trotzdem habe ich selbst nachher in einer Korrespondenz einer Petersburger Zeitung solche Angaben über diese Dame gelesen. Viele sagten bei uns von einer Insassin des auf dem Kirchhof stehenden Armenhauses, namens Awdotja Petrowna Tarapygina, sie habe sich, als sie sich auf dem Heimwege von einem Besuche nach ihrem Armenhause befunden hätte und über den Platz gekommen sei, aus natürlicher Neugier durch die Zuschauer hindurchgedrängt und beim Anblicke des Vorganges ausgerufen: »Das ist ja eine Schande!« und habe dabei ausgespien; dafür sei sie festgenommen und gleichfalls »ermahnt« worden. Über diesen angeblichen Vorfall wurde nicht nur in den Zeitungen berichtet, sondern man setzte bei uns in der Stadt in der ersten Hitze sogar eine Subskription für sie ins Werk. Ich selbst habe zwanzig Kopeken gezeichnet. Und sollte man es glauben? Jetzt stellt sich heraus, daß es eine solche Armenhäuslerin Tarapygina bei uns überhaupt nicht gegeben hat! Ich bin selbst nach dem Armenhause auf dem Kirchhofe gegangen, um mich zu erkundigen: dort hat man nie etwas von einer Frau Tarapygina gehört; ja, die Leute fühlten sich sogar sehr gekränkt, als ich ihnen erzählte, was für ein Gerücht im Umlauf sei. Ich erwähne aber diese Geschichte von der nicht existierenden Awdotja Petrowna namentlich deswegen, weil sich mit Stepan Trofimowitsch beinah dasselbe begeben hat wie mit ihr (falls sie nämlich wirklich existiert hätte); ja, vielleicht hat sich dieses ganze alberne Gerücht über eine Frau Tarapygina irgendwie an seine Person geknüpft, das heißt, man hat einfach bei der weiteren Ausbildung der Klatschgeschichte ihn hurtig in eine Frau Tarapygina verwandelt. Vor allem begreife ich nicht, wie er mir hat entschlüpfen können, als wir eben zusammen auf den Platz gelangt waren. Da ich Unheil ahnte, wollte ich ihn um den Platz herum direkt zum Eingang des Gouvernementsgebäudes führen; aber ich war selbst neugierig und blieb nur einen Augenblick stehen, um den ersten besten, auf den ich stieß, zu befragen, und auf einmal sah ich, daß Stepan Trofimowitsch nicht mehr neben mir war. Instinktmäßig beeilte ich mich sogleich, ihn an der gefährlichsten Stelle zu suchen; ich hatte eine Art von Ahnung, daß sein Schlitten den Berg hinuntersauste; und wirklich fand ich ihn bereits gerade im Mittelpunkte der Ereignisse. Ich erinnere mich, daß ich ihn bei der Hand ergriff; aber still und stolz blickte er mich mit einer Miene maßloser Überlegenheit an.

»Cher,« sagte er mit einer Stimme, in der man eine gewisse Saite zittern hörte, »wenn alle hier auf dem Platze in unserer Gegenwart so rücksichtslos verfahren, was kann man dann von diesem Menschen erwarten ... falls er in die Lage kommt, selbständig zu handeln?«

Und zitternd vor Empörung und in dem maßlosen Wunsche Opposition zu machen, wies er im Sinne einer Drohung und Anklage mit dem Finger auf Flibustjerow, der zwei Schritte von uns stand und uns mit weitaufgerissenen Augen anglotzte.

»Von diesem Menschen!« schrie jener, vor Wut seiner nicht mächtig. »Was soll das heißen: ›von diesem Menschen‹? Wer bist du denn?« fuhr er fort und trat mit geballter Faust näher. »Wer bist du?« brüllte er wie ein Rasender (ich bemerke, daß er Stepan Trofimowitsch von Ansehen sehr gut kannte).

Noch einen Augenblick, und er hätte ihn sicherlich am Kragen gepackt; aber zum Glück wandte Lembke auf das Geschrei den Kopf um. Verwundert, aber aufmerksam blickte er Stepan Trofimowitsch an, wie wenn er sich etwas im Kopfe zurechtlegte; dann winkte er plötzlich ungeduldig mit der Hand ab. Flibustjerow verstummte. Ich zog Stepan Trofimowitsch aus der Menge heraus. Übrigens hatte er vielleicht selbst schon den Wunsch sich zu entfernen.

»Kommen Sie nach Hause, nach Hause!« drang ich in ihn. »Wenn Sie nicht geschlagen worden sind, so haben Sie das entschieden nur Lembke zu verdanken.«

»Gehen Sie, mein Freund! Ich tue unrecht daran, Sie in Gefahr zu bringen. Sie haben eine Zukunft und eine Laufbahn vor sich, während ich ... mon heure a sonné.«

Festen Schrittes stieg er die Stufen zur Tür des Gouvernementsgebäudes hinan. Der Portier kannte mich; ich sagte ihm, daß wir beide zu Julija Michailowna wollten. Im Wartezimmer setzten wir uns hin und warteten. Ich wollte meinen Freund nicht verlassen, hielt es aber für überflüssig, noch etwas zu ihm zu sagen. Er hatte die Miene eines Mannes, der sich in Treue dem Tode für das Vaterland weiht. Wir saßen nicht zusammen, sondern in verschiedenen Ecken, ich näher an der Eingangstür, er von ihr entfernt, gegenüber; den Kopf hielt er nachdenklich gesenkt und stützte sich mit beiden Händen leicht auf seinen Stock; seinen breitkrämpigen Hut hielt er in der linken Hand. So saßen wir etwa zehn Minuten lang.

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