WEM GEHÖRT GATEWAY?
Gateway ist einzigartig in der Geschichte der Menschheit, und man begriff schnell, dass es eine zu wertvolle Hilfsquelle war, als dass man es irgendeiner Gruppe von Personen oder irgendeiner Regierung allein überlassen durfte. Deshalb wurde Gateway Enterprises, Inc., gegründet.
Gateway Enterprises (gewöhnlich ›die Gesellschaft‹ genannt) ist eine multinationale Gesellschaft, deren Hauptpartner die Regierungen der Vereinigten Staaten von Amerika, der Sowjetunion, der Vereinigten Staaten von Brasilien, der Venusianischen Konföderation und des Neuen Volksasien sind. Teilhaber mit eingeschränkten Rechten (Kommanditisten) sind alle jene Personen, die, wie Sie, die beigefügte Vereinbarung unterzeichnet haben.
»So?« Es gelang mir, die Kappe abzuschrauben und einen Schluck Tee zu trinken. Er war sehr heiß, ungezuckert und fast geschmacklos, aber er schien die Waage in meinem Inneren entgegen der Richtung zum neuerlichen Erbrechen ausschlagen zu lassen.
»Ja. Ich denke schon. Das ist üblich. Außerdem hat Ihr P-Phon mehrmals geläutet.«
Ich war wieder beim »Uh?«.
»Ich vermute, Ihr Proktor wollte Sie an den Termin erinnern. Es ist sieben fünfzehn, Mr. …«
»Broadhead«, sagte ich mit schwerer Zunge, und dann klarer: »Mein Name ist Bob Broadhead.«
»Ja. Ich habe mir die Freiheit genommen, mich zu vergewissern, dass Sie wach sind. Bitte genießen Sie Ihren Tee, Mr. Broadhead. Genießen Sie Ihren Aufenthalt auf Gateway.« Er nickte, fiel nach vorn von der Kommode, fegte zur Tür, zog sich hinaus und war verschwunden. Während mein Schädel bei jeder Lageveränderung pochte, befreite ich mich aus der Hängematte, versuchte die übleren Stellen am Boden zu meiden und brachte es auf irgendeine Weise fertig, einigermaßen sauber zu werden. Ich dachte an Enthaarung. Bis zu einem Vollbart würde es aber noch zwölf Tage dauern, weshalb ich beschloss, es sein zu lassen; wirklich unrasiert sah ich nicht aus, und ich hatte einfach nicht die Kraft.
Als ich in den Untersuchungsraum wankte, hatte ich mich nur um etwa fünf Minuten verspätet. Die anderen in meiner Gruppe waren alle vor mir da, sodass ich warten musste und Letzter wurde. Man nahm mir an drei Stellen Blut ab, am Fingerballen, an der Ellenbeuge und am Ohrläppchen; ich war überzeugt davon, dass der Alkoholgehalt überall 45 Prozent betrug. Aber darauf kam es nicht an. Die Untersuchung war nur eine Formalität. Wenn man den Flug nach Gateway in einem Raumschiff überlebte, konnte man auch eine Reise in einem Hitschi-Schiff überstehen, es sei denn, irgendetwas ging schief. In diesem Fall konnte man wahrscheinlich ohnehin nicht überleben, egal, wie gesund man war.
Es blieb mir Zeit, an einem Imbisswagen, den jemand in der Nähe eines Fallschachtes betrieb (Privatunternehmen auf Gateway? Ich hatte nicht gewusst, dass es das gab.), schnell einen Becher Kaffee zu trinken, dann fand ich mich pünktlich zur ersten Lehrstunde ein. Wir trafen uns in einem großen Raum in Etage Dog, der lang, schmal und niedrig war. Die Sitzplätze waren auf beiden Seiten zu je zweien angeordnet, dazwischen verlief ein Mittelgang; es war eine Art Schulzimmer in einem umgebauten Omnibus. Sheri kam zu spät, aber frisch und fröhlich aussehend, und setzte sich zu mir; unsere ganze Gruppe war zur Stelle, alle sieben, die gemeinsam von der Erde heraufgekommen waren, außerdem die vierköpfige Familie von der Venus und noch zwei andere, von denen ich wusste, dass sie ›Fische‹ waren wie ich.
»So schlecht siehst du gar nicht aus«, flüsterte Sheri, während der Ausbilder an seinem Pult mit Unterlagen hantierte.
»Ist der Kater zu sehen?«
»Eigentlich nicht. Aber vorhanden ist er sicher. Ich habe dich gestern Nacht heimkommen hören. Gehört hat dich der ganze Tunnel«, fügte sie nachdenklich hinzu.
Ich schnitt eine Grimasse. Ich konnte mich immer noch riechen, aber das meiste war offenbar innerlich. Keiner von den anderen schien mich zu meiden, nicht einmal Sheri.
Der Ausbilder stand auf und betrachtete uns eine Weile versonnen. »Na ja«, sagte er und beugte sich wieder über seine Unterlagen. Dann schüttelte er den Kopf. »Ich lasse nicht abzählen«, setzte er hinzu. »Ich leite den Lehrgang für den Betrieb eines Hitschi-Schiffes.« Mir fiel auf, dass er eine ganze Sammlung von Spangen trug; zählen konnte ich sie nicht, aber es war mindestens ein halbes Dutzend. Ich machte mir kurz Gedanken über die Leute, die ich immer wieder sah – die schon oft draußen gewesen waren und noch immer keine Reichtümer gesammelt hatten. »Das ist nur einer der drei Lehrgänge, die Sie besuchen werden. Anschließend lernen Sie, wie Sie in einer fremden Umwelt überleben, dann, wie Sie erkennen können, was wertvoll ist. Aber hier befassen wir uns mit den Schiffen, und den Umgang damit lernen wir am Objekt. Kommen Sie alle mit.«
Wir standen geschlossen auf und folgten ihm im Gänsemarsch durch einen Tunnel zum Abwärts-Kabel eines Fallschachtes, vorbei an den Posten – vielleicht denselben, die mich am Abend zuvor zurückgeschickt hatten. Diesmal nickten sie dem Ausbilder nur zu und ließen uns vorbeiziehen. Wir landeten in einem langen, breiten, niedrigen Gang, in dem ungefähr ein Dutzend abgeschnittener und fleckiger Metallzylinder aus dem Boden ragten. Sie sahen aus wie verkohlte Baumstümpfe, und es dauerte einen Augenblick, bis ich begriff, was ich vor mir hatte.