DER GATEWAY-ANGLIKANER
Hochwürden Theo Durleigh, Kaplan
Gemeindekommunion Sonnt. 10:30
Vesper nach Vereinbarung
Eric Manier, der am 1. Dezember seine Tätigkeit als Küster aufgibt, hat der Allerheiligen-Kirche von Gateway seinen Stempel aufgedrückt, und wir stehen tief in seiner Schuld. Vor 51 Jahren wurde er in Elstree, Hertfordshire, geboren. Nach dem Rechtsstudium wurde er Anwalt und arbeitete einige Jahre in Perth. Wenn wir traurig darüber sind, dass er uns verlässt, mischt sich auch Freude darüber hinein, dass er sich seinen Herzenswunsch erfüllen und in sein geliebtes Hertfordshire zurückkehren kann, wo er sich mit Gemeinschaftsaufgaben, TM und gregorianischem Kirchengesang beschäftigen will. Ein neuer Küster wird am ersten Sonntag gewählt, an dem sich neun Gemeindemitglieder einfinden.
Wir kehrten wieder nach oben zurück und rauchten im Tunnel vor dem Museum eine Zigarette.
Erst nach einer Weile bemerkte ich, dass ich nun doch eine ihrer Zigaretten rauchte. Bei fünf Dollar pro Packung konnte ich mir das kaum leisten, aber ich nahm mir vor, mindestens eine Packung zu kaufen und Klara so viele anzubieten, wie ich von ihr genommen hatte.
»Übrigens«, sagte ich plötzlich, »hast du mit Metschnikow gesprochen?«
»Ich war schon neugierig, wann du danach fragst. Klar. Er rief an und sagte mir, er hätte dir das mit dem Farbkode gezeigt. Ich habe mir von ihm denselben Vortrag halten lassen. Was meinst du, Bob?«
Ich drückte die Zigarette aus.
»Ich glaube, dass jeder auf Gateway sich um die guten Flüge raufen wird.«
»Aber vielleicht weiß Dane etwas. Er arbeitet mit der Gesellschaft zusammen.«
»Kein Zweifel. So nett ist er aber nicht, Klara. Vielleicht sagt er uns, wann etwas Gutes kommt, aber er will etwas dafür haben.«
»Mir würde er es sagen«, meinte sie grinsend.
»Was heißt das?«
»Ach, er ruft ab und zu an und möchte sich verabreden.«
»Ach, Mist, Klara. Ich würde dem Kerl nicht so weit trauen, wie …«
»Lass gut sein, Bob. So übel ist er auch wieder nicht. Sexuell könnte er durchaus interessant sein. Ein grober, roher Stier – jedenfalls hast du ihm genauso viel zu bieten wie ich.«
»Wovon redest du?«
Sie sah mich entgeistert an.
»Ich dachte, du weißt, dass er bi ist.«
»Er hat nie etwas durchblicken lassen …« Aber ich verstummte, als mir einfiel, wie nah er immer an mich heranrückte, und wie unangenehm mir das bei ihm war.
»Vielleicht bist du nicht sein Typ«, sagte sie feixend.
Ich schnitt eine Grimasse. Wir gingen in die ›Blaue Hölle‹, und ich bezahlte natürlich meinen Anteil an den Getränken selbst. Achtundvierzig Dollar in einer Stunde zum Teufel. Und so viel Spaß machte es auch nicht. Wir landeten wieder in ihrem Bett. Auch das war nicht besonders gut. Und die Zeit verrann.
Die Gesellschaft gab die erwartete Mitteilung heraus, und es kam zu großer Unruhe, zu Besprechungen, Planungen, zum Austausch von Vermutungen und zu Auslegungen unter uns allen. Eine aufregende Zeit. Die Gesellschaft ermittelte aus den Dateien des Hauptcomputers zwanzig Starts mit niedrigem Gefahrenfaktor und hoher Gewinnerwartung. Sie wurden ausgeschrieben, ausgerüstet und binnen einer Woche hinausgeschickt.
Ich war nirgends dabei, und Klara auch nicht. Wir gaben uns Mühe, über den Grund nicht zu diskutieren.
Erstaunlicherweise flog auch Dane Metschnikow nirgends mit. Er wusste etwas oder behauptete wenigstens, etwas zu wissen. Shicky wäre beinahe mitgeflogen, musste aber im letzten Augenblick vor dem Finnen zurückstehen, der sich mit keiner Menschenseele unterhalten konnte. Louise Forehand flog auch nicht mit, vermutlich weil sie auf die Rückkehr eines Familienmitglieds wartete. Man konnte in der Kantine fast ohne Wartezeiten essen, und in meinem Tunnel gab es überall leere Zimmer. Und eines Abends sagte Klara zu mir: »Bob, ich glaube, ich sollte zu einem Seelenklempner gehen.«
Ich zuckte zusammen. Das war eine Überraschung. Schlimmer noch, Verrat. Klara wusste von meiner früheren Psychose, und was ich von Psychotherapeuten hielt.
Ich sagte gar nichts.
»Ich brauche Hilfe, Bob«, sagte sie. »Ich bin durcheinander.«
Das berührte mich tief, und ich griff nach ihrer Hand.
»Mein Psychologieprofessor hat gesagt, das sei der erste Schritt«, fuhr sie fort. »Nein, der zweite. Der erste Schritt, wenn man ein Problem hat, ist der, dass man es weiß. Ich weiß es schon geraume Zeit. Der zweite ist, eine Entscheidung zu treffen: Willst du das Problem behalten oder etwas dagegen tun? Ich habe beschlossen, etwas dagegen zu tun.«
»Wohin willst du gehen?«, fragte ich mit neutraler Stimme.
»Ich weiß nicht. Die Gruppen scheinen nicht viel zu machen. Im Hauptcomputer der Gesellschaft gibt es eine Maschine. Das wäre das Billigste.«
»Billig ist billig«, sagte ich. »Ich habe zwei Jahre mit solchen Maschinen zu tun gehabt.«
»Und seitdem bist du zwanzig Jahre lang ganz in Ordnung gewesen«, meinte sie. »Das genügt mir vorerst.«
Ich tätschelte ihre Hand.
»Jeder Schritt, den du tust, ist ein guter Schritt«, sagte ich liebevoll. »Wir kämen sicher besser miteinander aus, wenn du normal zornig auf mich wärst, statt deshalb, weil ich die Vaterfigur vertrete oder so.«
»Was meinst du damit?«, fragte sie erstaunt.
»Na, dein Problem, Klara. Ich weiß, dass es viel Mut gebraucht hat, dir einzugestehen, dass du Hilfe brauchst.«
»Tja, Bob, das stimmt, aber du scheinst nicht zu wissen, worin das Problem besteht. Mit dir auszukommen, ist nicht das Problem. Du könntest das Problem sein. Ich weiß es einfach nicht. Was mich beunruhigt, ist mein Zögern. Die Unfähigkeit, Entscheidungen zu treffen. So lange zu warten, bis ich wieder hinausflog – und, nichts für ungut, mit einem Zwilling.«
»Ich hasse es, wenn du mit deinem Astrologen-Käse daherkommst!«
»Du hast eine wirre Persönlichkeit, Bob, das weißt du. Und da scheine ich mich anzulehnen. Ich will aber nicht so leben.« Sie stand auf und zog sich an. »Gehen wir ins Kasino. Ich glaube, ich habe heute Glück.«
Es waren keine Schiffe da, keine Touristen. Es gab auch nicht sehr viele Prospektoren, nachdem so viele Schiffe weggeflogen waren. Die Hälfte der Tische im Kasino war geschlossen. Klara setzte sich an den Blackjack-Tisch, kaufte für hundert Dollar Jetons, und der Dealer ließ mich neben ihr sitzen, ohne dass ich mitspielte.
Nach zehn Minuten hatte sie zweitausend Dollar gewonnen.
Ich lobte sie, stand aber auf und ging ein bisschen herum. Dane Metschnikow steckte zögernd Fünf-Dollar-Münzen in die Spielautomaten, schien aber nicht mit mir reden zu wollen. Ich ging in die ›Blaue Hölle‹, nachdem ich Klara Bescheid gesagt hatte, um Kaffee zu trinken.
Louise Forehand trank weißen Whisky mit Wasser. Sie lächelte mich an, und ich setzte mich zu ihr.
»Sie sehen gut aus«, sagte ich.
»Danke, Bob. Alles echt.« Sie trug ein zweiteiliges Kostüm, enge, kurze Hose, nabelfrei, ein weites, offenes Oberteil. »Ich konnte mir nie etwas anderes leisten.«
»Haben Sie auch nicht nötig.«
»Ein Schiff kommt«, sagte sie, das Thema wechselnd. »Es war lange unterwegs, heißt es.«
Nun, ich wusste, was das für sie bedeutete, und warum sie in der ›Blauen Hölle‹ herumsaß, statt zu schlafen.
Wir schwiegen eine Weile, und plötzlich sagte sie: »Inzwischen müssten sie Funkkontakt mit dem Schiff haben.«
»Das wäre über das P-Phon bekannt gegeben worden.«
Sie nickte und machte ein sorgenvolles Gesicht. Ich versuchte sie abzulenken, indem ich ihr von Klaras Entschluss berichtete, einen Psychiater aufzusuchen. Sie hörte zu, dann legte sie ihre Hand auf die meine und sagte: »Werden Sie nicht böse, Bob. Haben Sie selbst schon mal daran gedacht, zu einem zu gehen?«
»Ich habe das Geld nicht, Louise.«
»Nicht einmal für eine Gruppe? In Etage Darling gibt es einen Urschrei-Verein. Man hört die Leute manchmal. Und es hat Anzeigen für alles mögliche gegeben – TE, Est, Schematisierung. Allerdings könnten natürlich viele unterwegs sein.«