DUSCHREGELN
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»Das sind Schiffe«, flüsterte ich Sheri zu, lauter, als ich vorgehabt hatte. Ein paar Leute sahen mich befremdet an, darunter ein Mädchen, mit dem ich am Abend zuvor getanzt hatte; es war die junge Dame mit den buschigen schwarzen Brauen. Sie nickte mir zu und lächelte; ich sah die Spangen an ihren Armen und fragte mich, was sie hier machte – und wie sie sich am Spieltisch gehalten hatte.
Der Ausbilder versammelte uns um sich und sagte: »Wie eben jemand richtig bemerkte, sind das Hitschi-Schiffe. Die Landekapseln. Das, womit Sie auf einem Planeten niedergehen, falls Sie das Glück haben, einen Planeten zu finden. Sie sehen nicht besonders groß aus, aber in jede von den Mülltonnen, die Sie da sehen, passen fünf Leute hinein. Zwar nicht gerade bequem, aber es geht. Generell lässt man natürlich immer eine Person im Schiff selbst zurück, sodass sich in der eigentlichen Kapsel höchstens vier befinden.« Er führte uns am ersten Zylinder vorbei, und wir gaben alle dem Drang nach, ihn zu berühren, daran zu kratzen oder ihn zu streicheln. Dann begann sein Vortrag: »Als Gateway erstmals erforscht wurde, existierten neunhundertvierundzwanzig von diesen Schiffen. An die zweihundert haben sich als nicht betriebsfähig erwiesen. Wir wissen größtenteils nicht, warum; sie funktionieren einfach nicht. Dreihundertvier sind auf mindestens je eine Reise geschickt worden. Dreiunddreißig davon befinden sich jetzt hier und stehen für Forschungsflüge zur Verfügung. Die anderen sind noch nicht ausprobiert worden.« Er stemmte sich auf den abgeschnittenen Zylinder, setzte sich darauf und fuhr fort: »Eines der Dinge, die Sie entscheiden müssen, ist, ob Sie eines von den dreiunddreißig erprobten Schiffen benützen wollen, oder eines von denen, die noch nie geflogen worden sind. Von Menschen, meine ich. Ein Glücksspiel, so oder so. Bei einem hohen Anteil der Flüge ohne Rückkehr handelte es sich um Erststarts, sodass offenkundig ein Risiko besteht. Das liegt ja nahe, nicht? Schließlich hat niemand irgendeine Wartung vorgenommen, seitdem die Hitschi sie da hingestellt haben.
Auf der anderen Seite besteht auch ein Risiko bei denen, die draußen gewesen und sicher zurückgekommen sind. Ein Perpetuum mobile gibt es nicht. Wir vermuten, dass manche Schiffe nicht zurückgekommen sind, weil ihnen der Treibstoff ausgegangen ist. Der Haken dabei ist, wir wissen nicht, was der Treibstoff ist, wie viel davon da ist oder wann er zu Ende geht.«
Er klopfte auf den Stumpf. »Das hier und alle anderen, die Sie sehen, sind für fünf Hitschi-Besatzungsmitglieder gedacht gewesen. Soviel wir erkennen können. Aber wir schicken sie mit drei Menschen hinaus. Die Hitschi scheinen in beengten Verhältnissen duldsamer miteinander gewesen zu sein, als wir es sind. Es gibt größere und kleinere Schiffe, aber die Nichtrückkehr-Rate war während der letzten zwei Umläufe sehr ungünstig. Wahrscheinlich nur eine Pechsträhne, aber … Ich persönlich würde ein Dreier-Schiff bevorzugen. Sie können tun, was Sie wollen.
Sie kommen dann zu Ihrer zweiten Wahl, nämlich, mit wem Sie fliegen wollen. Halten Sie die Augen offen. Suchen Sie nach Begleitern … Was ist?«
Sheri hatte gewinkt, bis er sie bemerkt hatte.
»Sie haben gesagt ›sehr ungünstig‹«, meinte sie. »Wie ungünstig ist das?«
Der Ausbilder antwortete geduldig: »Im letzten Fiskalumlauf kamen von zehn Fünfern etwa drei zurück. Das sind die größten Schiffe. In einzelnen Fällen waren, als wir die Schiffe öffneten, die Besatzungen allerdings tot.«
»Ja«, meinte Sheri, »das ist sehr ungünstig.«
»Nein, das ist gar nicht ungünstig, verglichen mit den Einmann-Schiffen. Von denen kamen während eines ganzen Umlaufs überhaupt nur zwei zurück. Das ist ungünstig.«
»Woran liegt das?«, fragte der Vater der Tunnelratten-Familie. Sie hießen Forehand. Der Ausbilder starrte ihn kurz an.
»Wenn Sie je dahinter kommen, müssen Sie uns das unbedingt mitteilen«, erklärte er. »Also: Was die Auswahl einer Besatzung angeht, sind Sie besser dran, wenn Sie jemanden bekommen können, der schon draußen gewesen ist. Vielleicht klappt das, vielleicht auch nicht. Prospektoren, die einen großen Fund machen, hören gewöhnlich auf; diejenigen, die noch hungrig sind, wollen meist ihr Team nicht auseinander reißen. Von euch Fischen müssen also viele mit anderen Jungfrauen hinausfliegen. Ähm.« Er schaute sich nachdenklich um. »Na, machen wir uns mal die Füße nass. Teilen Sie sich in Gruppen zu je drei Mann auf – keine Sorge, hier werden noch keine Partner festgelegt –, und steigen Sie in eine der offenen Landekapseln. Rühren Sie nichts an. Sie sind eigentlich außer Betrieb, aber ich muss Ihnen sagen, dass sie das nicht immer bleiben. Gehen Sie einfach rein, steigen Sie zur Steuerkabine hinunter und warten Sie auf einen Ausbilder.«
Es war das erste Mal, dass ich von zusätzlichen Ausbildern hörte. Ich schaute mich suchend um, während er sagte: »Noch Fragen?«
Wieder Sheri.
»Ja. Wie heißen Sie?«
»Hab’ ich das schon wieder vergessen? Jimmy Tschou. Freut mich, Sie alle kennen zu lernen. Los jetzt!«
Ich weiß heute viel mehr, als mein Ausbilder damals wusste, inklusive dessen, was einen halben Umlauf später mit ihm passierte: Der arme, alte Jimmy Tschou, er flog hinaus, bevor ich es tat, und kam zurück, als ich auf meinem zweiten Flug war, sehr tot. Sonnenfackel-Verbrennungen, es hieß, die Augen seien ihm aus dem Schädel gekocht. Aber zu der Zeit wusste er alles, und es war alles sehr fremd und wunderbar für mich.
Wir krochen also in die sonderbare elliptische Luke, durch die man zwischen den Brennern hindurchschlüpfen kann, hinunter in die Landekapsel, und dann eine Sprossenleiter hinunter in das eigentliche Raumfahrzeug.
Wir schauten uns um, drei Ali Babas in der Schatzkammer. Wir hörten über uns ein Scharren, dann schob sich ein Kopf herein. Er hatte buschige Brauen und hübsche Augen und gehörte dem Mädchen, das am Abend zuvor mit mir getanzt hatte.
»Macht’s Spaß?«, fragte sie. Wir drängten uns zusammen, von allem, was beweglich schien, so weit wie möglich entfernt, und ich bezweifle, dass wir wirklich ungezwungen aussahen. »Macht nichts«, sagte sie, »schauen Sie sich nur um. Machen Sie sich mit der Umgebung vertraut. Sie bekommen viel zu sehen. Diese vertikale Reihe von Rädern, an denen die kleinen Speichen herausstehen? Das ist der Zielwähler. Das Wichtigste von allem, was man jetzt nicht berühren darf – vielleicht sogar nie. Die goldene Spirale dort neben der Blondine – möchte jemand raten, wofür sie da ist?«
Die Blondine, eine der Forehand-Töchter, zuckte davor zurück und schüttelte den Kopf. Ich schüttelte den meinen, aber Sheri meinte: »Könnte das ein Hutständer sein?«
Die Ausbilderin starrte das Ding nachdenklich an.
»Hm. Nein, das glaube ich nicht, aber ich hoffe immer noch, dass einer von euch Fischen die Antwort weiß. Von uns hier kennt sie keiner. Im Flug wird sie manchmal heiß; niemand weiß, warum. Die Toilette ist hier drinnen. Damit werden Sie eine Menge Spaß haben. Aber sie funktioniert, wenn man sich erst einmal auskennt. Sie können Ihre Hängematten aufspannen und dort schlafen – oder wo Sie sonst schlafen wollen. Die Ecke da und diese Nische sind frei nutzbar. Wenn Sie etwas Privatsphäre haben wollen, können Sie diesen Raum abteilen. Jedenfalls ein bisschen.«
»Habt ihr hier eigentlich alle keine Lust, eure Namen zu sagen?«, wollte Sheri wissen.
Die Ausbilderin grinste.
»Ich bin Gelle-Klara Moynlin. Wollen Sie das andere über mich auch noch wissen? Ich bin zweimal draußen gewesen und habe nichts gefunden, und ich vertreibe mir die Zeit, bis sich der richtige Flug anbietet. Und da arbeite ich als Hilfsausbilderin.«
»Woher wissen Sie, welches der richtige Flug ist?«, fragte das Forehand-Mädchen.
»Kluges Mädchen. Sehr gute Frage. Das ist auch eine der Fragen, die ich gerne von Ihnen höre, weil sie zeigt, dass Sie nachdenken; aber wenn es eine Antwort gibt, weiß ich nicht, wie sie lautet. Mal sehen. Sie wissen schon, dass dieses Schiff ein Dreier ist. Es hat bereits sechs Rundflüge hinter sich, aber man kann vernünftigerweise damit rechnen, dass es noch genug Treibstoffreserven für zwei, drei mehr hat. Ich würde es lieber nehmen als einen Einer. Das ist etwas für Glücksspieler, die alles auf eine Karte setzen.«