Dritter Auftritt

Calcagno kommt.

Calcagno. So erhitzt ging die Imperiali weg, und Sie in Wallung, Madonna?

Leonore (mit durchdringendem Schmerz). Nein! das war nie erhoert!

Calcagno. Himmel und Erde! Sie weinen doch wohl nicht?

Leonore. Ein Freund vom Unmenschlichen-Mir aus den Augen!

Calcagno. Welchem Unmenschlichen? Sie erschrecken mich.

Leonore. Von meinem Mann-Nicht so! von dem Fiesco.

Calcagno. Was muss ich hoeren?

Leonore. O, nur ein Bubenstueck, das bei euch gangbar ist, Maenner.

Calcagno (fasst ihre Hand mit Heftigkeit). Gnaedige Frau, ich habe ein Herz fuer die weinende Tugend.

Leonore (ernst). Sie sind ein Mann-es ist nicht fuer mich.

Calcagno. Ganz fuer Sie-voll von Ihnen-dass Sie wuessten, wie sehr-wie unendlich sehr-Leonore. Mann, du luegst-du versicherst, eh du handelst.

Calcagno. Ich schwoere Ihnen-Leonore. Einen Meineid. Hoer' auf! Ihr ermuedet den Griffel Gottes, der sie niederschreibt. Maenner! Maenner! wenn eure Eide zu so viel Teufeln wuerden, sie koennten Sturm gegen den Himmel laufen und die Engel des Lichts als Gefangene wegfuehren.

Calcagno. Sie schwaermen, Graefin. Ihre Erbitterung macht Sie ungerecht. Soll das Geschlecht fuer den Frevel des Einzelnen Rede stehn?

Leonore (sieht ihn gross an). Mensch! ich betete das Geschlecht in dem Einzelnen an, soll ich es nicht in ihm verabscheuen duerfen?

Calcagno. Versuchen Sie, Graefin-Sie gaben Ihr Herz das erstemal fehl-ich wuesste ihnen den Ort, wo es aufgehoben sein sollte.

Leonore. Ihr koenntet den Schoepfer aus seiner Welt hinausluegen-Ich will nichts von dir hoeren.

Calcagno. Diesen Verdammungsspruch sollten Sie noch heute in meinen Armen zurueckrufen.

Leonore (aufmerksam). Rede ganz aus. In deinen-?

Calcagno. In meinen Armen, die sich oeffnen, eine Verlassene aufzunehmen und fuer verlorene Liebe zu entschaedigen.

Leonore (sieht ihn fein an). Liebe?

Calcagno (vor ihr nieder mit Feuer). Ja! es ist hingesagt. Liebe, Madonna. Leben und Tod liegt auf Ihrer Zunge. Wenn meine Leidenschaft Suende ist, so moegen die Enden von Tugend und Laster in einander fliessen und Himmel und Hoelle in eine Verdammniss gerinnen.

Leonore (tritt mit Unwillen und Hoheit zurueck). Da hinaus zielte deine Theilnehmung, Schleicher?-In einer Kniebeugung verraethst du Freundschaft und Liebe? Ewig aus meinem Aug! Abscheuliches Geschlecht! Bis jetzt glaubte ich, du betruegest nur Weiber; das hab' ich nie gewusst! dass du auch an dir selbst zum Verraether wirst.

Calcagno (steht betroffen auf). Gnaedige Frau-Leonore. Nicht genug, dass er das heilige Siegel des Vertrauens erbrach, auch an den reinen Spiegel der Tugend haucht dieser Heuchler die Pest und will meine Unschuld im Eidbrechen unterweisen.

Calcagno (rasch). Das Eidbrechen ist nur Ihr Fall nicht, Madonna.

Leonore. Ich verstehe, und meine Empfindlichkeit sollte dir meine Empfindung bestechen? Das wusstest du nicht, (sehr gross) dass schon allein das erhabene Unglueck, um den Fiesco zu brechen, ein Weiberherz adelt. Geh! Fiescos Schande macht keinen Calcagno bei mir steigen, aber-die Menschheit sinken. (Schnell ab.)

Calcagno (sieht ihr betaeubt nach, dann ab, mit einem Schlag vor die Stirne). Dummkopf!

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