Vorige. Fiesco.
Fiesco (im Hereintreten). Ein Freund! (Alle verneigen sich. Schildwachen praesentieren.) Willkommen, wertheste Gaeste! Sie werden geschmaehlt haben, dass der Hausvater so lange auf sich warten liess. Verzeihen Sie. (Leise zu Verrina.) Fertig?
Verrina (ihm ins Ohr). Nach Wunsch.
Fiesco (leise zu Bourgognino). Und?
Bourgognino. Alles richtig.
Fiesco (zu Sacco). Und?
Sacco. Alles gut.
Fiesco. Und Calcagno?
Bourgognino. Fehlt noch.
Fiesco (laut zu den Thorwachen). Man soll schliessen! (Er nimmt den Hut ab und tritt mit freiem Anstand zur Versammlung.)
Meine Herren!
Ich bin so frei gewesen, Sie zu einem Schauspiel bitten zu lassen-Nicht aber, Sie zu unterhalten, sondern Ihnen Rollen darin aufzutragen.
Lange genug, meine Freunde, haben wir Gianettino Dorias Trotz und die Anmassungen des Andreas ertragen. Wenn wir Genua retten wollen, Freunde, wird keine Zeit zu verlieren sein. Zu was Ende glauben Sie diese zwanzig Galeeren, die den vaterlaendischen Hafen belagern? Zu was Ende die Allianzen, so diese Doria schlossen? Zu was Ende die fremden Waffen, die sie ins Herz Genuas zogen?-Jetzt ist es nicht mehr mit Murren und Verwuenschen gethan. Alles zu retten, muss Alles gewagt werden. Ein verzweifeltes Uebel will eine verwegene Arznei. Sollte Einer in dieser Versammlung sein, der Phlegma genug hat, einen Herrn zu erkennen, der nur seines Gleichen ist?-(Gemurmel.)-Hier ist Keiner, dessen Ahnen nicht um Genuas Wiege standen. Was? bei Allem, was heilig ist! was? was haben denn diese zween Buerger voraus, dass sie den frechen Flug ueber unsere Haeupter nehmen?-(Wilderes Gemurre.)-Jeder von Ihnen ist feierlich aufgeforderet, Genuas Sache gegen seine Unterdruecker zu fuehren-Keiner von Ihnen kann ein Haarbreit von seinen Rechten vergeben, ohne zugleich die Seele des ganzen Staats zu verrathen-(Ungestueme Bewegungen unter den Zuhoerern unterbrechen ihn; dann faehrt er fort.)
Sie empfinden-jetzt ist Alles gewonnen. Schon hab' ich vor Ihnen her den Weg zum Ruhme gebahnt. Wollen Sie folgen? Ich bin bereit, Sie zu fuehren. Diese Anstalten, die Sie noch kaum mit Entsetzen beschauten, muessen Ihnen jetzt frischen Heldenmuth einhauchen. Diese Schauder der Bangigkeit muessen in einen ruehmlichen Eifer erwarmen, mit diesen Patrioten und mir Eine Sache zu machen und die Tyrannen von Grund aus zu stuerzen. Der Erfolg wird das Wagstueck beguenstigen, denn meine Anstalten sind gut. Das Unternehmen ist gerecht, denn Genua leidet. Der Gedanke macht uns unsterblich, denn er ist gefaehrlich und ungeheuer.
Zenturione (in stuermischer Aufwallung). Genug! Genua wird frei! Mit diesem Feldgeschrei gegen die Hoelle!
Zibo. Und wen das nicht aus seinem Schlummer jagt, der keuche ewig am Ruder, bis ihn die Posaune des Weltgerichts losschliesst.
Fiesco. Das waren Worte eines Mannes. Nun erst verdienen Sie die Gefahr zu wissen, die ueber Ihnen und Genua hing. (Er gibt ihnen die Zettel des Mohren.) Leuchtet, Soldaten! (Nobili draengen sich um eine Fackel und lesen.) Es ging, wie ich wuenschte, Freund.
Verrina. Doch rede noch nicht so laut. Ich habe dort auf dem linken Fluegel Gesichter bleich werden und Kniee schlottern gesehen.
Zenturione (in Wuth). Zwoelf Senatoren! Teuflisch! Fasst alle Schwerter auf! (Alle stuerzen sich auf die bereit liegenden Waffen, zwei ausgenommen.)
Zibo. Dein Name steht auch da, Bourgognino.
Bourgognino. Und noch heute, so Gott will, auf Dorias Gurgel.
Zenturione. Zwei Schwerter liegen noch.
Zibo. Was? was?
Zenturione. Zwei nahmen kein Schwert.
Asserato. Meine Brueder koennen kein Blut sehen. Verschont sie!
Zenturione (heftig). Was? was? Kein Tyrannenblut sehen? Zerreisst die Memmen! Werft sie zur Republik hinaus, diese Bastarde! (Einige von der Gesellschaft werfen sich ergrimmt auf die Beiden.)
Fiesco (reisst sie auseinander). Haltet! haltet! Soll Genua Sklaven seine Freiheit verdanken? Soll unser Gold durch dieses schlechte Metall seinen guten Klang verlieren? (Er befreit sie.) Sie, meine Herren, nehmen so lang mit einem Zimmer in meinem Schloss vorlieb, bis unsre Sachen entschieden sind. (Zur Wache.) Zween Arrestanten! Ihr haftet fuer sie! Zwei scharfe Posten an ihre Schwelle! (Sie werden abgefuehrt.)
Schildwachen am Hofthor. Wer draussen? (Man pocht.)
Calcagno (ruft aengstlich). Schliesst auf! Ein Freund! Schliesst um Gotteswillen auf!
Bourgognino. Es ist Calcagno. Was soll das »um Gotteswillen«?
Fiesco. Macht ihm auf, Soldaten.