Zweiter Auftritt

Saal bei Fiesco.

In der Mitte des Hintergrunds eine grosse Glasthuere, die den Prospect ueber das Meer und Genua oeffnet. Morgendaemmerung.-Fiesco vom Fenster.

Was ist das?-der Mond ist unter-Der Morgen kommt feurig aus der See-Wilde Phantasieen haben meinen Schlaf aufgeschwelgt-mein ganzes Wesen krampfig um eine Empfindung gewaelzt-Ich muss mich im Offenen dehnen. (Er macht die Glasthuere auf. Stadt und Meer von Morgenroth ueberflammt. Fiesco mit starken Schritten im Zimmer.) Dass ich der groesste Mann bin im ganzen Genua? und die kleineren Seelen sollten sich nicht unter die grosse versammeln?-Aber ich verletze die Tugend? (steht still.) Tugend?-Der erhabene Kopf hat andre Versuchungen, als der gemeine-Sollt' er Tugend mit ihm zu theilen haben?-Der Harnisch, der des Pygmaeen schmaechtigen Koerper zwingt, sollte der einem Riesenleib anpassen muessen?

Die Sonne geht auf ueber Genua.

Diese majestaetische Stadt! (Mit offenen Armen dagegen eilend.) Mein! -und drueber emporzuflammen, gleich dem koeniglichen Tag-drueber zu brueten mit Monarchenkraft-all die kochenden Begierden-all die nimmersatten Wuensche in diesem grundlosen Ocean unterzutauchen?- Gewiss! Wenn auch des Betruegers Witz den Betrug nicht adelt, so adelt doch der Preis den Betrueger. Es ist schimpflich, eine Boerse zu leeren-es ist frech, eine Million zu veruntreuen, aber es ist namenlos gross, eine Krone zu stehlen. Die Schande nimmt ab mit der wachsenden Suende. (Pause, dann mit Ausdruck.) Gehorchen!- Herrschen!-ungeheure schwindlichte Kluft-Legt Alles hinein, was der Mensch Kostbares hat-eure gewonnenen Schlachten, Eroberer- Kuenstler, eure unsterblichen Werke-eure Wollueste, Epikure-eure Meere und Inseln, ihr Weltumschiffer! Gehorchen und Herrschen!- Sein und Nichtsein! Wer ueber den schwindlichten Graben vom letzten Seraph zum Unendlichen setzt, wird auch diesen Sprung ausmessen. (Mit erhabenem Spiel.) Zu stehen in jener schrecklich erhabenen Hoehe-niederzuschmollen in der Menschlichkeit reissenden Strudel, wo das Rad der blinden Betruegerin Schicksale schelmisch waelzt- den ersten Mund am Becher der Freude-tief unten den geharnischten Riesen Gesetz am Gaengelbande zu lenken-schlagen zu sehen unvergoltene Wunden, wenn sein kurzarmiger Grimm an das Gelaender der Majestaet ohnmaechtig poltert-die unbaendigen Leidenschaften des Volks, gleich so viel strampfenden Rossen, mit dem weichen Spiele des Zuegels zu zwingen-den emporstrebenden Stolz der Vasallen mit einem-einem Athemzug in den Staub zu legen, wenn der schoepferische Fuerstenstab auch die Traeume des fuerstlichen Fiebers ins Leben schwingt.-Ha! welche Vorstellung, die den staunenden Geist ueber seine Linien wirbelt!-Ein Augenblick Fuerst hat das Mark des ganzen Daseins verschlungen. Nicht der Tummelplatz des Lebens-sein Gehalt bestimmt seinen Werth. Zerstuecke den Donner in seine einfachen Silben, und du wirst Kinder damit in den Schlummer singen; schmelze sie zusammen in einen ploetzlichen Schall, und der monarchische Laut wird den ewigen Himmel bewegen-Ich bin entschlossen! (Heroisch auf und nieder.)

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