Auf dem Schweizer See im Trianon-Park

Die Lindenallee um die Eisfläche war von Spaziergängern jeden Ranges, jeden Alters dicht besetzt. Blaue und rote Bediente wanden sich hier und dort durch die Menge der reich gezierten Toiletten. Besonders gewandte Schlittschuhläufer erregten laute Bewunderung. Damen in Pelzen ließen sich von Kavalieren in sesselartigen Schlitten übers Eis fahren. Plötzlich ging ein Raunen durch die Gesellschaft.

»Es lebe die Königin!« hallte ein Ruf, und alles machte Anstalten, die Seefläche freizugeben und sich um die Majestät zu scharen. Aber die Königin bekundete durch ein Handzeichen, daß ein jeder in seinem Vergnügen fortfahren solle.

Dennoch eilten sich die Damen und Herren der Hofgesellschaft, der Königin ihre Komplimente darzubringen.

D'Artois, selbst einer der elegantesten Schlittschuhläufer, kurvte heran und küßte ihr die Hand.

»Haben Sie bemerkt«, flüsterte er, »wie unser Bruder, Herr de Provence, mit seinem Gefolge verschwand, als Sie eintrafen?«

»Sie meinen, er fürchtet meinen Groll?«

»Er hat noch einen anderen Grund, Sie zu meiden, Schwägerin. Er hat erfahren, daß Herr de Suffren, der glorreiche Admiral, aus Indien zurückgekehrt ist und heute abend in Paris eintreffen wird, eine Nachricht, die er uns verheimlichen möchte.«

Die Königin blickte auf eine Weise um sich, daß die neugierigen Höflinge sich weit zurückzogen.

»Was verspricht sich Herr de Provence davon?«

»Ist es möglich, Schwägerin, daß Sie als Frau, Königin und Feindin seine listige Absicht nicht durchschauen? Der Held des Indischen Meeres hat Anspruch auf einen großartigen Empfang in Versailles. Da der Kriegsminister nichts von seiner Ankunft wußte - welcher Minister hätte sich je fähig erwiesen? -, wußte auch der König nichts. Herr de Provence will also, indem er den berühmten Mann mit allem Glanz empfängt, im Ruhm des indischen Helden sich sonnen und somit der Held Frankreichs sein.«

»Aber woher kennen Sie die schönen Pläne Ihres teuren Bruders?«

»Herr de Provence läßt es sich einiges kosten, alles zu wissen, was ich tue. Folglich habe auch ich meine gedungenen Leute, so einfach ist das. Jedenfalls soll uns die Nachricht nützen. Ich habe den Minister informiert, er wiederum den König. Der Minister wird es mir zu danken wissen, wenn ich demnächst einer Anleihe bedarf.«

»Dank für die Belehrung, Schwager, und Dank für Ihr Bündnis.« Und lachend verabschiedete die Königin d'Artois, um den Schlitten zu besteigen, den Philippe unterdessen zur Ausfahrt vorbereitet hatte.

Der junge Mann hatte seine Schlittschuhe angeschnallt, Andree neben der Königin Platz genommen, und nun begann eine Fahrt über das Eis, die Philippe, vor Stolz und Freude trunken, allmählich zu verwegener Schnelligkeit steigerte. An diesem schönen Apriltag ohnehin übermütig gestimmt, durch die Anwesenheit der Geschwister Taverney an die fröhlichen ersten Jahre in ihrem Trianon erinnert, gab sich die Königin der Wollust hin, in so kühnen Schwüngen und Kurven, von fester Hand geführt, über das Eis zu fliegen.

Vom Rande des Sees verfolgte ein kleiner Greis, einer Figur E. T. A. Hoffmanns nicht unähnlich, mit unergründlichem Blick den tollen Lauf.

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