KAPITEL 7

»Seid ihr sicher, dass das eine gute Idee ist?« fragte Michael noch einmal. Er, Josh Malani, Jeff Kina und zwei andere Jungen aus dem Laufteam - Rick Pieper und ein Kioki, dessen Nachnamen Michael vergessen hatte - hatten sich Hamburger, Pommes frites und Cola in einem Lokal namens Peggy Sue einverleibt. Beim Essen erklärte Josh ihnen, auf welche Weise sie sich in Kihei Ken's Dive Shop ausrüsten wollten: »Er legt den Schlüssel unter die Tonne an der Hintertür.«

»Na und?« machte Michael, aber mittlerweile wusste er schon, dass sein Freund mit irgendeiner merkwürdigen Erklärung aufwarten würde, die jedoch aus seinem Mund immer irgendwie glaubhaft klang.

»Ken ist mein Freund, und er hätte nichts dagegen.«

»Dann ruf ihn doch einfach an und frag ihn«, schlug Michael vor, worauf er jedoch nur den ihm bereits vertrauten, zutiefst beleidigten Blick von Josh erntete.

»Er ist nicht auf der Insel, Mann. Er ist nach Lanai und kommt erst morgen wieder. Komm schon, Mike, mach's mir nicht so schwer. Ich bin dein bester Freund.«

»Und du bist verrückt«, erinnerte Michael ihn.

Josh grinste ihn strahlend an. »Das ist bekannt. Aber du hast mir das Leben gerettet. Da würde ich doch keinen Mist bauen, oder?«

Im Lokal hatte sich das alles irgendwie okay angehört. Jetzt, da er tatsächlich mit drei Typen, die er erst ein paar Stunden kannte, und einem Freund zusammen war, der nach Aussage aller, die ihn weitaus länger kannten, erwiesenermaßen verrückt war, war er sich längst nicht mehr so sicher.

Was, wenn eine Alarmanlage klingelte?

Was, wenn sie erwischt wurden?

Was, wenn man sie ins Gefängnis stecken würde?

Aber noch während Michael darüber nachdachte, hatte Josh schon den Schlüssel unter der Tonne hervorgeholt, die Tür aufgeschlossen und die Innenbeleuchtung angeschaltet.

»Mein Gott, Josh, mach bloß das Licht aus!« zischte Jeff Kina.

»Warum denn?« entgegnete Josh. »Wir machen ja nichts Verbotenes. Kommt lieber rein und helft mir, die Sachen zu suchen, die wir brauchen.«

Es dauerte nicht annähernd so lange, wie Michael befürchtet hatte. Nach zehn Minuten lag die gesamte Ausrüstung, die sie benötigten, auf der Ladefläche von Joshs Pick-up. Aber dann hörten sie, wie Jeff Kina, der die Sauerstoffflaschen auflud, fluchte.

»Was ist los?« fragte Michael.

»Es ist nur eine volle Flasche dabei«, antwortete Jeff. »Weiß einer von euch, wie der Kompressor funktioniert?«

Sie schüttelten die Köpfe und zuckten mit den Schultern. Erleichtert dachte Michael, dass sie ihren Plan nun sicher aufgeben mussten. Aber als er gerade vorschlagen wollte, die Tauchgeräte wieder in den Laden zu bringen, entdeckte Josh fünf weitere Flaschen in einem Regal neben der Tür zum Hinterzimmer des Ladens. Michaels neue Freunde luden vier davon auf den Pick-up, dazu den einen vollen aus der ersten Reihe. Dann stiegen sie ein.

Sie fuhren auf der Kihei Road nach Süden, durch Wailea und am Makena-Strand vorbei. Die Straße wurde schmaler und holpriger, und schließlich erreichten sie eine kleine Bucht. Das Wasser glitzerte im Licht des Vollmonds. Michael entspannte sich etwas, bis ihm klar wurde, dass Josh hier gar nicht halten wollte. »Was stimmt denn nicht mit dieser Bucht?« fragte er und sah über die Schulter. Selbst in der Dunkelheit wirkte die Bucht nicht sehr gefährlich.

»La Perrouse?« fragte Josh. »Das ist doch für Touristen. Wir fahren zum Goldfischbecken.«

Sie fuhren weiter nach Süden. Nach einer Weile hörte der dichte Bewuchs mit Kiawe-Büschen an den Straßenrändern auf und gab den Blick frei auf etwas, das Michael zunächst für Ackerland hielt - einen riesigen, frisch gepflügten Acker, der sich zu beiden Straßenseiten erstreckte. Doch dann merkte er, dass er nicht auf ein Feld aus Erde blickte, sondern auf erkaltete Lava.

Hier wuchs praktisch nichts. Im Dunkeln ging von diesen Lavamassen eine so düstere Stimmung aus, dass Michael trotz der warmen Abendluft fröstelte.

Sie befanden sich mitten in diesem Lavafeld, als Josh den Wagen auf einen schmalen Parkstreifen steuerte.

Michael schaute sich um, aber er sah nichts als Lava. »Wo ist das Goldfischbecken?« fragte er.

»Am Ende des Lavafeldes«, antwortete Josh. »Etwas weiter die Straße hinunter gibt es einen Pfad, aber näher kommt man mit dem Auto nicht heran. Eigentlich kennt kein Mensch die Stelle.« Die fünf Jungen stiegen aus dem Wagen, schnallten sich ihre Sauerstoffflaschen auf den Rücken und nahmen die Taschen, in denen der Versorgungsschlauch samt Mundstück, Masken, Schwimmflossen und Schwimmwesten steckten. Josh führte sie zweihundert Meter die Straße hinunter. Dann stieg er über eine Röhre, die parallel zur Asphaltstraße verlief.

»Was ist das?« fragte Michael.

»Eine Wasserleitung«, antwortete Jeff Kina. »Die Lava ist zu hart, um die Leitung darin zu verlegen, also wurde sie einfach oberirdisch neben der Straße entlang geführt.«

Sie gingen über das Lavafeld, und noch immer sah Michael nichts, was einem Pfad ähnelte, bis sie zu einem Schild kamen, das vor nächtlichem Camping warnte. »Das ist der Weg?« fragte er, während er sich vorsichtig seinen Weg durch Lavasteine bahnte, die so scharf schienen, als könnten sie einem bei bloßer Berührung die Haut aufschneiden.

»Das ist ja der Trick«, meinte Josh. »Wenn man nicht genau weiß, wo er ist, findet man ihn nicht.«

»Ich weiß, wo er ist, und kann ihn meistens trotzdem nicht finden«, murmelte Rick Pieper. »Als ich das letztemal hier war, hat es mir fast die Füße abgerissen.«

»Hör auf zu meckern«, sagte Kioki. »Es ist doch ganz leicht.« Im nächsten Augenblick verlor er das Gleichgewicht und stützte sich instinktiv mit der Hand ab. »Verdammt, ich hasse dieses Zeug«, fluchte er mit schmerzverzerrtem Gesicht.

»Dann geh doch zurück und warte im Truck«, sagte Josh.

»Auf keinen Fall«, zischte Kioki. »Ist alles okay.«

Eine halbe Stunde später erreichten sie eine kleine Bucht, die fast vollständig von einer langen Lavazunge eingeschlossen war, welche sie vor dem offenen Ozean schützte. Während das Wasser in der Bucht vollkommen ruhig vor ihnen lag, zerrte einige Meter weiter draußen die See an dem schützenden Felsarm. Es war, als versuche ein hungriges wildes Tier, den Zaun zu der Weide einzureißen, auf der sein Opfer graste. Die Brandung bäumte sich auf, und wütende Schaumspritzer flogen in die Luft, als laufe dem wilden Tier bereits der Speichel im Maul zusammen. Fasziniert betrachtete Michael das Schauspiel, nicht ohne sich zu fragen, wie sicher die Bucht wirklich war.

»Es ist alles okay«, sagte Josh, der wieder einmal seine Gedanken zu lesen schien. »Es gibt nur einen Kanal in die Bucht, und der ist auf der anderen Seite, im Lee. Es gibt hier auch kaum Strömungen, und ich bin nie weiter als zwei Meter von dir entfernt, okay?«

Michael nickte. Noch war er sich unschlüssig, ob er überhaupt in dieses Wasser gehen sollte, das mit jedem seiner Blicke noch dunkler zu werden schien. Er sagte sich, dass er sich das nur einbilde, denn das Mondlicht leuchtete hell. Die anderen Jungen zogen bereits ihre Kleider aus, und bald darauf standen sie alle nackt da und halfen einander, die Flaschen anzuschnallen und die Automaten zu überprüfen. Dann stiegen sie nacheinander ins Wasser, bis nur noch Michael und Josh übrig waren.

»Möchtest du es lieber bleiben lassen?« fragte Josh. Sein üblicher ironischer Ton war verschwunden. Wenn Michael jetzt kniff, würde Josh sicher dafür sorgen, dass die anderen Jungen dachten, er selbst habe keine Lust gehabt. Er würde wahrscheinlich so weit gehen und sich den Fuß an einem Stück Lava aufschneiden, damit die anderen nicht auf den Gedanken kamen, dass Michael die Nerven verloren hatte.

Noch einmal warf er einen Blick ins Wasser, dann schlug er Josh auf die Schulter. »Los geht's«, sagte er.

Rückwärts stiegen sie ins Wasser, bis sie bis zu den Hüften darin standen. Dann checkte Michael ein letztes Mal den Sitz seines Mundstücks, duckte und streckte sich und rollte nach hinten über.

Das Wasser schlug über ihm zusammen, und wie beim erstenmal war er plötzlich in einer anderen Welt.

Tagsüber zu tauchen war etwas völlig anderes gewesen. Mit dem Sonnenlicht waren auch die Neonfarben der Korallen und der Fische verschwunden. Jetzt erhellte der silberne Schein des Mondes das Wasser, und die Fische wanden sich wie Phantome durch die Schatten der Bucht. Hier und dort glühten einige phosphoreszierende Kreaturen, und manchmal schimmerte ein Fisch silbern, wenn ihn das Mondlicht streifte.

Josh Malani schaltete seine Taschenlampe an, und erneut änderte sich alles. Das Licht lockte weitere Kreaturen an, und das Wasser, das eben noch von wenig mehr als ein paar geisterhaft schwebenden Gestalten bevölkert schien, verwandelte sich in ein wirbelndes Kaleidoskop aus Zitronenalgen, Damsel- und Korallenfischen. Hinter dem Lichtkegel von Joshs Taschenlampe tat sich tintenschwarze Finsternis auf. Plötzlich wünschte Michael, Josh hätte das Licht gar nicht erst eingeschaltet. Er wollte ihm gerade signalisieren, es wieder abzustellen, als eine große Gestalt in den Lichtkegel schwamm. Michael erstarrte und erkannte erst nach einigen Sekunden, dass es eine Meeresschildkröte war. Elegant schwamm das Tier auf sie zu und verharrte eine Weile im Licht, bevor es sich abwandte und wieder in der Dunkelheit verschwand. Michael schwamm dichter an Josh heran und bedeutete ihm, das Licht zu löschen. Eine Sekunde später umgab die beiden Jungen fast vollständige Dunkelheit.

Langsam gewöhnten sich Michaels Augen wieder an die Sichtverhältnisse. Das bleiche Mondlicht wurde durch den schwarzen Vorhang gefiltert. Josh schwamm vor ihm, und Michael ließ sich durch das Wasser treiben. Er fühlte sich, als hätte er mit der Welt außerhalb dieses durchsichtigen Beckens nichts mehr zu tun. Das Wasser war nicht tiefer als fünf Meter, und im Glanz des Mondlichts konnte man den Boden deutlich erkennen. Die Fühler der Anemonen schwankten sacht in dem fast stehenden Wasser, und die dunklen Rücken der Seegurken ragten aus Löchern in der Lava hervor.

Die Zeit schien sich zu verlangsamen, während die geisterhaften Formen der Fische um sie herum schwammen.

Eine große Seeschnecke kroch am Boden entlang. Ihre Fühler waren ausgestreckt, und ihr Mantel bedeckte teilweise ihr leuchtendes Gehäuse. Michael tauchte tiefer hinab, um einen genaueren Blick auf das Tier zu werfen, als etwas anderes seine Aufmerksamkeit erregte.

Aus einem Spalt in der Lava ragte etwas empor.

Michael änderte seine Richtung und schwamm auf die Spalte zu. Dann erkannte er es.

Ein Moränenaal. Seine scharfen Zähne glitzerten im Mondlicht, als er langsam seinen Kiefer dehnte.

Vorsichtig näherte sich Michael, bemüht, den Aal nicht aufzuschrecken.

Als der Aal ihn sah, öffnete er sein Maul. Sein ganzer Körper schien sich anzuspannen.

Er beobachtete Michael, zum Angriff bereit.

Josh Malani schwebte zwei Meter unter der Wasseroberfläche und betrachtete einen Tintenfisch, der ihn direkt anzustarren schien. Zweimal hatte er die Hand ausgestreckt und versucht, den kleinen Kopffüßler zu berühren, aber jedesmal war er zurückgezuckt, und Josh beschlich das seltsame Gefühl, dass sich das kleine Wesen in diesem von Mondlicht durchfluteten Wasser genau so merkwürdig vorkam wie er selbst. Am liebsten hätte er wieder die Taschenlampe eingeschaltet, und sei es auch nur, um das Gefühl der Sicherheit zu spüren, das ihm die leuchtenden Farben der Korallen und der Fische irgendwie gaben. Hier im Dunkeln war es, als laufe man auf einem Friedhof umher: Sicherlich gab es in diesem Gewässer nichts, was ihm gefährlich werden konnte, aber schon die dunklen Schatten genügten, um ihn unruhig zu machen. Als er plötzlich eine Berührung spürte, hätte er vor Nervosität fast an seiner Notleine gerissen.

Dann fiel ihm ein, dass es Michael sein musste, der sich bei ihm meldete.

Dann spürte er die zweite Berührung.

Nicht sanft wie die erste, sondern etwas Scharfes - fast wie Klauen.

Instinktiv zuckte er zurück und hätte erneut fast an der Notleine gezogen, welche die CO2-Kartusche freigeben würde, um seine Schwimmweste aufzublasen und ihn an die Oberfläche zu katapultieren. Doch er zwang sich, ruhig zu bleiben und sich von der Berührung der Klauen nicht in Panik versetzen zu lassen. Er drehte sich im Wasser herum, um zu sehen, was ihn da angegriffen hatte.

Zunächst sah er gar nichts. Dann entdeckte er in den Augenwinkeln eine Gestalt, die sich auf ihn zu bewegte. Sofort spürte er, wie sich die Panik erneut an ihn heranschlich. Doch dann konnte er erkennen, was da auf ihn zu schwamm.

Eine Schildkröte. Nur die Schildkröte, die zurückgekommen war, um einen zweiten Blick auf diese seltsamen Kreaturen zu werfen, die plötzlich ihre Welt bevölkerten. Wahrscheinlich handelte es sich wirklich um dieselbe, die er und Michael vor einer Weile gesehen hatten.

Michael!

Wo war er? Josh sah sich um, aber er entdeckte keine Spur von seinem Freund. Er war doch eben noch dagewesen, dicht hinter ihm, einen Meter zu seiner Rechten.

Oder?

Plötzlich fiel ihm der Tintenfisch ein. Wie lange hatte er ihn beobachtet? Unter Wasser verlor man schnell sein Zeitgefühl. Das ging jedem so. Und die Dunkelheit tat ihr übriges. Verdammt! Wie lange war es her, dass er Michael zuletzt gesehen hatte?

Hektisch schwamm Josh umher, auf der Suche nach Michael. Wie, zum Teufel, hatte er ihn auch hierher bringen können, mitten in der Nacht! Nur weil Michael ihn aus dem Riff gezogen hatte, war er noch lange kein guter Taucher. Er hätte es besser wissen sollen. Und auf gar keinen Fall hätte er Michael aus den Augen lassen dürfen, nicht eine Sekunde lang.

Er schaltete seine Taschenlampe ein und leuchtete umher.

Nichts.

Er richtete den Strahl nach unten und ließ ihn über den Meeresboden gleiten. Dabei betete er stumm, dass Michael sich bewegte, wenn ihn der Lichtschein erfasste, dass er nicht einfach so ...

Noch bevor er den Gedanken zu Ende gedacht hatte, sah er Michael.

Er befand sich etwa sieben bis acht Meter links von ihm und etwa drei Meter tiefer. Und er bewegte sich.

Jetzt, da er Michael gefunden hatte, legte sich Joshs Angst wieder etwas. Automatisch atmete er ein, um nach unten zu tauchen und sich davon zu überzeugen, dass mit seinem Freund alles in Ordnung war.

Aber der vertraute Druck aus dem Automaten schien verschwunden zu sein, als sei in den Flaschen keine Luft mehr. Doch das konnte nicht sein - sie waren seit höchstens vierzig Minuten unter Wasser, und der Sauerstoff hätte eine Stunde reichen müssen.

Es sei denn, die Flaschen wären nicht voll gewesen.

Aber er hatte sie überprüft. Er konnte sich genau daran erinnern, dass er die Flasche, die er selbst trug, gecheckt hatte, ebenso wie die von Michael und Jeff Kina.

Er sah nach unten. Bewegte sich Michael wirklich?

Irgendwie war es schwer zu erkennen.

War auch Michael die Luft ausgegangen?

Was, wenn er vergessen hatte, was in einem solchen Fall zu tun war, und in Panik geraten war?

Seine Angst um Michael kehrte zurück. Josh griff nach hinten und schob das Ventil auf die Reserveposition. Dann tauchte er, so schnell er konnte, zu Michael hinunter. Er hatte gerade den schlammigen Teil des Wassers erreicht, als er sah, dass Michael seine Gewichte abwarf und an der Leine zog, um die CO2-Kartusche an seiner Schwimmweste zu aktivieren. Sofort pumpte sich die Weste auf, und Michael schoß nach oben, an Josh vorbei. Josh verzichtete darauf, auch seine Notleine zu ziehen, und schwamm Michael rasch hinterher. Kaum ragte sein Kopf aus dem Wasser, als er sich auch schon das Mundstück abriß.

»Bist du okay?« fragte er. Aber selbst im schwachen Licht erkannte er, dass Michael irgend etwas passiert sein musste.

»Ich... ich denke schon«, stammelte Michael. »Aber... ich weiß nicht ... ich hab' plötzlich keine Luft mehr bekommen!«

»Verdammt!« keuchte Josh. »Laß mich deinen Druckmesser sehen.« Er schwamm um Michael herum, schaltete die Taschenlampe ein und beleuchtete den Druckmesser. »Es sind die verdammten Flaschen«, sagte er zu Michael. »Meine war auch leer! Ich wollte gerade zu dir runter, als du die Leine gezogen hast. Schwimmen wir an den Strand zurück und sehen nach, ob die anderen okay sind.«

Josh blies seine Schwimmweste auf, damit er sich an der Oberfläche besser bewegen konnte, und schwamm auf den Strand zu, im gleichen Tempo wie Michael. Als sie aus dem Wasser stiegen, sahen sie Jeff Kina, der versuchte, an einer improvisierten Feuerstelle einen kleinen Haufen Kiawe-Holz in Brand zu setzen.

»Was ist passiert?« fragte Josh. »Warum bist du schon draußen? Du bleibst doch sonst immer so lange unten, bis du Wasser atmest.«

»Das ist auch noch gar nicht lange her«, entgegnete Jeff. »Der Anzeige nach war die Flasche voll, als ich reinging, aber vor zehn Minuten ist mir die Luft ausgegangen.« Mürrisch starrte er auf die schuldige Sauerstoffflasche. »Und wir können uns nicht mal bei Ken beschweren, weil wir uns das Zeug heimlich ausgeliehen haben!« Er entflammte ein weiteres Zündholz. Das Gehölz unter den Kiawe-Zweigen knisterte und ging schließlich in Flammen auf.

Einige Minuten später, als das Feuer durch die Kiawe kroch, die mit jedem Augenblick heller aufloderte, kamen auch Rick und Kioki aus dem Wasser. »Was ist los?« fragten sie.

»Die Flaschen waren nicht voll«, antwortete Josh.

Kioki runzelte die Stirn. »Eure auch nicht? Ich dachte, es sei nur meine.«

Rick Pieper sah seinen Freund an. »Wovon redest du? Du hattest auch Probleme?«

Kioki nickte. »Ich glaube, an meiner war das Ventil kaputt. Ich musste ziemlich bald auf die Notversorgung umschalten.«

»Warum hast du mir kein Signal gegeben?« fragte Rick entrüstet. »Meine Sauerstoffversorgung war okay. Mann, Kioki, wenn wir tief getaucht wären, hättest du wirklich in Schwierigkeiten geraten können.«

Als Josh die Angst in Michaels Gesicht sah, schaltete er sich eilig ein. »Aber wir waren nun mal nicht tief. Wir sind alle okay. Jetzt müssen wir nur dafür sorgen, dass dieser Mist wieder in den Laden kommt, und nächstes Mal achten wir eben noch besser darauf, dass alles stimmt. Okay?« Er sah einen nach dem anderen herausfordernd an.

»Meinst du nicht, dass wir Ken davon erzählen müssten?« fragte Rick schließlich.

»Was denn erzählen?« entgegnete Josh. »Dass wir uns in seinen Laden geschlichen und seine Sachen geborgt haben?« Seine Stimme nahm den sarkastischen Unterton an, den Michael schon recht gut kannte. »Das wäre wirklich eine prima Idee.«

»Also was machen wir?« fragte Jeff Kina.

Josh zuckte mit den Schultern. »Was wir von Anfang an machen wollten. Nichts. Es ist nichts passiert, also bringen wir das Zeug zurück, machen es sauber und gehen nach Hause. Oder wollt ihr, dass Ken die Bullen ruft?«

Schweigend drängten sie sich um das Feuer, um die Kälte aus ihren Gliedern zu vertreiben. Niemand sagte etwas.

Es gab nichts mehr zu sagen.

Michael sah an den Flammen vorbei auf das dunkle Wasser. Als er daran dachte, wie knapp sie einem Unglück entgangen waren, überlief ihn ein Schauder.

Aber schließlich war wirklich nichts geschehen. Er war nicht in Panik geraten, er hatte die Gewichte abbekommen, und...

Und er wünschte sich, bei diesem Tauchgang nie mitgemacht zu haben.

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