»Und du bist wirklich ganz sicher, dass es dir gutgeht?« fragte Katharine noch einmal, als sie den Explorer auf dem Parkplatz vor der Schule stoppte. Auch wenn der Arzt ihr versichert hatte, dass mit Michael alles in Ordnung sei, konnte sie immer noch nicht glauben, dass dieses schreckliche Röcheln ihres Sohnes gestern nacht nur auf einen bösen Traum zurückzuführen war.
»Mir geht es gut«, wiederholte Michael zum ungefähr viertenmal, seit sie das Anwesen verlassen hatten. Er nahm seine Schultasche vom Rücksitz, stieg aus dem Wagen und schlug die Tür zu. Dann öffnete er sie noch einmal und beugte sich zu Katharine herab. »Das mit gestern tut mir wirklich leid, Mom. Ich wollte nicht, dass du dir Sorgen machst. Es wird nie wieder vorkommen. Aber du musst auch aufhören, dich vierundzwanzig Stunden am Tag um mich zu ängstigen. Mit mir ist alles in Ordnung.«
Katharine seufzte und streckte sich auf dem Fahrersitz aus. Sie fühlte sich erschöpft, und ihr Körper schmerzte überall, als hätte sie schon den ganzen Tag über dem Skelett gehockt und den Job nicht erst noch vor sich. »Ich werde es versuchen«, versprach sie. Noch bevor sie etwas hinzufügen konnte, hatte Michael auf seine Uhr gesehen, ihr kurz zugewunken und sich auf den Weg zum Schulgebäude gemacht. Sie sah ihm nach, bis er darin verschwunden war. Noch immer wurde sie das Gefühl nicht los, dass er, trotz all seiner Beteuerungen, irgend etwas verschwieg. Aber als sie vom Parkplatz fuhr, kam ihr der Gedanke, dass vielleicht gar nicht Michael das Problem war.
Vielleicht war sie selbst das Problem.
Sie hatte gestern nacht kaum zwei Stunden geschlafen und fühlte sich todmüde. Dabei hatte sie noch einen ganzen Arbeitstag vor sich, an dem es galt, das Skelett von der Fundstelle in Robs Büro zu transportieren. Aber schon der bloße Gedanke, stundenlang über den Knochen zu hocken und sie aus ihrem flachen Grab zu befreien, machte sie noch müder. Schließlich nahm sie ihr Handy aus der Tasche und rief Rob an. »Ich schlage dir ein Geschäft vor«, sagte sie. »Wenn du das Skelett ohne meine Hilfe transportieren kannst, lade ich dich heute abend zum Essen ein. Ich glaube, ich werde langsam zu alt, um die ganze Nacht aufzubleiben und danach den ganzen Tag auszugraben.«
»Kein Problem«, sagte Rob. »Geh ruhig nach Hause. Bis zum Nachmittag haben wir alles in Sicherheit gebracht. Bis nachher.«
Katharine legte das Telefon wieder in die Tasche. Auf dem Heimweg fiel ihr ein, dass sie im Kühlschrank nur noch einen Liter Milch, ein paar Eier und einen Sechserpack Cola hatte. Seufzend bog sie nach einem halben Kilometer rechts ab und fuhr zum Markt in Kula, während sie überlegte, ob Rob wohl lieber Steak oder Huhn aß.
Eine halbe Stunde später, als sie ihren Einkaufswagen durch den Supermarkt schob, hörte sie ihren Namen und sah sich überrascht um. Der Mann, der ihr zulächelte, kam ihr bekannt vor, aber sie wusste nicht genau, woher.
»Phil Howell«, half er nach. »Der Astronom, Freund von Rob Silver.«
»Aber ja«, seufzte Katharine. »Tut mir leid, ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen. Und das werde ich gleich nachholen, wenn ich nach Hause komme.«
»Sie Glückliche«, sagte Howell. »Ich bin die ganze Nacht auf dem Berg gewesen, und jetzt stehen mir noch fünf Stunden Arbeit an dem Supercomputer in Kihei bevor.«
Katharine horchte auf. »Kihei? Ist das nicht unten am Meer auf der anderen Seite der Insel? Ich dachte, der Computer wäre auch auf dem Gipfel.«
»Ich wünschte, er wäre es«, seufzte Howell. »Aber unsere Leute nutzen ihn nur zu einem kleinen Teil. Eigentlich benutzen ihn alle: Schulkinder, Geschäftsleute, egal wer. Es ist ein unglaubliches Gerät - man kann alles damit machen, wenn man weiß, wie.«
Katharine dachte an das Bild, das sie auf dem Monitor in Robs Büro gesehen hatte: den Schädel und das seltsame Video, zu dem von dort ein Link geführt hatte. Beides war auf geheimnisvolle Weise verschwunden, und Rob hatte es nicht geschafft, die Dateien zu rekonstruieren. Katharine hatte eine Idee. »Wie gut können Sie denn mit diesem Computer umgehen?«
»Besser, als gut für mich ist«, entgegnete Phil Howell trocken. »Ich verbringe mehr Zeit am Computer als an meinen Teleskopen. Was wollen Sie wissen?«
Katharine erzählte ihm von der verschwundenen Datei. »Gibt es irgendeine Möglichkeit herauszufinden, woher diese Bilder kamen?« fragte sie.
Howell überlegte kurz. »Ich bin nicht sicher. Aber eigentlich wird praktisch alles, was irgendwie durchs Netz geht, in einem Cache gespeichert. Wenn wir die richtige Liste finden ...«
Katharinas Müdigkeit verflog immer mehr. Wenn Phil Howell diese Datei wiederfinden konnte - oder zumindest die Adresse -, dann hatte sie vielleicht doch noch eine Chance, mehr über den seltsamen Schädel in der Schlucht herauszufinden. »Könnten wir das jetzt gleich versuchen?«
»Wenn wir es nicht gleich versuchen, haben wir wahrscheinlich gar keine Chance, es zu finden«, meinte Phil. »Die Caches werden alle nach einer bestimmten Zeit geleert, viele davon sicher schon nach vierundzwanzig Stunden. Vielleicht aber auch schon früher.«
»Dann nichts wie los«, sagte Katharine, verzichtete auf weitere Einkäufe und ging sofort zur Kasse.
Wenn das Essen am Abend nicht besonders aufwendig würde, müssten sich Michael und Rob eben damit abfinden.
Josh Malani tat alles weh.
Er zog die Knie an die Brust, um dem Schmerz irgendwie zu entgehen, aber dadurch wurde er nur noch stärker. Als er endlich aufwachte und die Wärme auf seinem Gesicht spürte, wusste er, woher die Schmerzen kamen.
Er lag nicht in seinem Bett. Er war nicht einmal zu Hause.
Er lag auf der Ladefläche seines Pick-ups, der am Makena-Strand parkte.
Langsam, als würde er einen Stapel Fotos durchsehen, kehrten die Erinnerungen an letzte Nacht zurück.
Er hatte sich irgendwie komisch gefühlt, als er von Mikes Haus weggefahren war.
Unterwegs hatte er Jeff aufgelesen, und sie waren durch die Nacht gefahren.
Dann die brennenden Zuckerrohrfelder, die Feuer und Rauch in die Luft gespuckt hatten.
Die Bilder zogen schneller an ihm vorbei: Jeff, der aus dem Truck stieg, wie ein Schatten.
Der Laster, der ihnen entgegenkam.
Er hatte die Nerven verloren und war davongefahren. Wenn die Polizei ihn geschnappt hätte ...
Aber sie hatten ihn nicht geschnappt. Er hatte sich nicht mehr nach Hause gewagt, aus Angst, dass jemand in dem Wagen, der auf dem Highway mit Blaulicht an ihm vorbeigerast war, seine Autonummer aufgeschrieben hatte. Wenn die Bullen bei ihm zu Hause auftauchten, während sein Vater betrunken war, würde alles noch schlimmer werden. Deshalb war er nach Makena gefahren, hatte den Pick-up unter Bäumen geparkt und war schließlich auf der harten metallenen Ladefläche eingeschlafen.
Er richtete sich auf. Die Sonne stand bereits hinter den Bergen, und das hieß, dass er zu spät zur Schule kommen würde. Vielleicht sollte er die Schule heute ganz vergessen und am Strand bleiben.
Aber was war mit Jeff? Er dachte daran, wie verrückt Jeff sich benommen hatte - es hatte ausgesehen, als wolle er direkt in das brennende Feld laufen.
Was, wenn er tot war? Wenn er erstickt oder auf der Flucht vor den Feuerwehrleuten verbrannt war?
Josh zitterte, als er sich vorstellte, wie Jeff durch das brennende Feld lief. Wenn er gestolpert war ... Er schloß die Augen vor dem Bild, das sich ihm aufdrängte. Warum in aller Welt war er abgehauen? Wenn Jeff nun etwas zugestoßen war...
Aber Jeff war bestimmt nichts passiert. Jeff ging es gut. Es musste so sein.
Doch woher wollte er das wissen? Er war sicherlich nicht lange genug bei ihm geblieben, um sich davon zu überzeugen. Was wäre geschehen, wenn Mike Sundquist einfach weggeschwommen wäre, anstatt ihn aus dem Loch zu ziehen, in dem er festgesteckt hatte?
Dann wäre er jetzt tot.
Ein Gefühl brennender Scham erfüllte ihn. Er setzte sich auf den Fahrersitz, startete den Wagen und machte sich auf den Weg nach Hause. Wenn niemand da war, würde er schnell duschen und frische Sachen anziehen. Dann würde er in die Schule fahren, auch wenn es schon Mittag war, und sich bei Jeff entschuldigen.
Falls Jeff noch mit ihm sprach.
Eine Stunde darauf näherte er sich langsam dem heruntergekommenen Haus, das seine Eltern vor sechs Monaten gemietet hatten, nachdem sein Vater seinen Job verloren hatte. Als er den rostigen Dodge seines Vaters in der Auffahrt sah - und durch das Fenster seinen Vater selbst, der auf dem Sofa hing und auf den Fernseher starrte - gab er Gas und fuhr weiter. Er würde in der Schule duschen und wieder die alten Klamotten anziehen. Immer noch besser, als sich von seinem Alten anbrüllen zu lassen. Oder sich schlagen zu lassen, wenn er getrunken hatte.
Mit quietschenden Reifen bog Josh um die Ecke am Ende der Straße. Er war froh, dass sein Vater ihn nicht gesehen hatte. So froh, dass er nicht bemerkte, wie ein brauner Sedan drei Häuser hinter seinem Elternhaus auf die Straße bog und ihm auf seinem Weg zur Schule folgte.
Emsig arbeiteten in der Stille des schwarzen gläsernen Gebäudes in Kihei die mehr als sechshundert Schaltstellen, über welche die beiden gewaltigsten Computer der Welt verfügten. Doch als Katharine durch das große Fenster sah, das von der Eingangshalle des Gebäudes einen freien Blick auf die riesige Maschine bot, deutete äußerlich nichts auf die immense elektronische Aktivität hin, die hier stattfand.
Ab und zu drehte sich ein Magnetband, und einige Lichter flackerten auf.
Die Maschine arbeitete allein und beunruhigend leise. Sie überwachte sich selbst und reparierte sich selbst, lange bevor die Menschen, die sie warteten, darauf kamen, dass etwas nicht in Ordnung sein könnte.
Die Luft in dem Raum, wo der Computer stand, wurde durch eine Klimaanlage reguliert. Unter dem Boden verband ein Irrgarten aus Drähten die Schaltkreise miteinander. Diese Masse von Prozessoreinheiten und Verdrahtungen war wiederum mit Kabeln verbunden, die aus dem Gebäude liefen und zu breiten fiberoptischen Kabeln führten, die auf dem Grund des Pazifiks lagen. Von dort aus, durch ihre Aorta, wurde die Maschine mit ihrem Lebensblut versorgt.
Mit Daten.
Milliarden und Abermilliarden von Bytes, eine scheinbar unendliche Masse von Informationen, die durch die Systeme des Computers flossen. Abermilliarden Verbindungen in jeder Sekunde, vierundzwanzig Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche. Auch wenn Katharine ungefähr wusste, wie so etwas funktionierte, konnte sie letzten Endes die Ausführung sowenig verstehen wie die Idee der Ewigkeit.
Es geschah zuviel zu schnell und ohne erkennbare Anstrengung.
Das genaue Gegenteil der Archäologie.
Sie wandte sich vom Fenster ab, ging durch die Lobby und betrat die Terminal-Räume, in denen Dutzende von Tischen mit Monitoren und Keyboards in abgetrennten Nischen standen. Die meisten Arbeitsplätze waren leer, nur an einigen saßen Leute und tippten fast geräuschlos Befehle in die Tastaturen.
Sie fand Phil Howell in der sechsten Nische der vierten Reihe. Er sah aus, als hätte er sich in den wenigen Minuten, in denen sie sich ihre müden Beine vertreten hatte, nicht ein einziges Mal bewegt. Die Müdigkeit, die so rasch verflogen war bei der Aussicht, die Datei wiederzufinden, war ebenso schnell zurückgekehrt, als Phil begann, ein Suchprogramm einzurichten, das sich durch alle Caches des enormen Computers arbeiten würde, auf der Suche nach Hinweisen auf Grafikdateien, die gestern nachmittag durch den Computer gegangen waren.
»Zwischen zwei und drei«, antwortete Katharine, als Phil sie fragte, wann sie und Rob die Datei gesehen hatten.
Die erste Liste, die der Computer erstellte, schien endlos über den Bildschirm zu rollen. Selbst wenn die Datei, die sie suchten, darunter war, hätte man ebensogut eine Nadel in etwa hundert Heuhaufen suchen können.
Während Phil die Suchkriterien geduldig einengte, spürte Katharine, wie ihr Enthusiasmus und ihre Energie sich auflösten.
Doch dann ertönte ein elektronisches Signal, und ein Fenster öffnete sich.
Sie spürte einen Adrenalinschub. »Ist sie das?« fragte sie.
»Es ist etwas«, antwortete Phil. »Aber es ist für mich, nicht für Sie.« Mit einem Mausklick vergrößerte er das Fenster, bis es den ganzen Bildschirm einnahm. »Ich habe gleichzeitig ein eigenes Suchprogramm gestartet. Ein Freund von mir in Arizona hat ein merkwürdiges Funksignal aus der Nähe einer Nova, die ich beobachte, empfangen. Es war nur ein Fetzen, aber wirklich sehr seltsam. Deshalb habe ich ein Suchprogramm gestartet, das nach entsprechenden Signalen sucht, die andere Leute vielleicht aufgeschnappt haben.« Er grinste, als er Katharines fragenden Blick sah. »Es ist ungefähr so, als wolle man eine komplette Symphonie aus ein paar Noten rekonstruieren. Ehrlich gesagt erwarte ich nicht allzu viel.« Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Bildschirm zu, auf dem mittlerweile ein neuer Kasten erschienen war:
Datensuchbericht:
Projektname: Star Bright
Angefordert von: Phil Howell
Suchbeginn: 17:46:24
Suchende: 22:06:58
Analysebeginn: 22:06:58
Analyseende: 10:37:13
Bericht erstellt: 10:37:14
Siehe Starbrit.rtf
Phil ließ den Bericht, den der Computer erstellt hatte, auf dem Bildschirm erscheinen. Eine Liste von Dateien, die der Computer von überall auf der Welt kopiert hatte, rollte vor ihnen ab, gefolgt von einer fast ebensolangen Liste mit den Dateien, auf denen der Bericht basierte.
Zu jeder Datei waren die Größe und das Erstellungsdatum vermerkt, der Computer, auf dem sie gespeichert worden war, und die Quelle der gespeicherten Daten.
Phils Aufregung wuchs, als er sah, dass die zweite Dateiliste ausschließlich Daten enthielt, die von Funkteleskopen gesammelt worden waren.
Als nächstes erschienen die Resultate, die der Computer bei seinem Versuch erzielt hatte, die Dateien in eine zusammenhängende Reihenfolge zu bringen.
Sein Herz schlug schneller. Die Signale schienen über Monate hinweg regelmäßig gesendet worden zu sein. Es hatte vor mehr als zwei Jahren angefangen, doch nach neunundsiebzig Tagen hatten die Signale abrupt geendet. Nach einer Pause von 142 Tagen waren sie wieder aufgetaucht und wurden dann über einen Zeitraum von 209 Tagen von verschiedenen Funkteleskopen registriert. Danach herrschte wieder 142 Tage Schweigen, gefolgt von einer Sendeperiode von 132 Tagen, die Samstagmittag, Greenwich-Zeit, geendet hatte.
Ungläubig starrte Phil auf den Monitor. Wenn das Signal tatsächlich so lange und von so vielen Radioteleskopen empfangen worden war, wie der Computer behauptete, warum war dann fast nichts darüber geschrieben worden?
Als er die Daten genauer untersuchte, begann er zu verstehen, warum.
Das Signal war derart fragmentarisch empfangen worden, dass es in dem Datenmeer, das jeden Tag aus dem Weltall hereinkam, nahezu untergegangen war.
Dann entdeckte er etwas anderes. Er spürte, wie seine Hände vor Aufregung feucht wurden.
Das Signal war nicht durchgängig auf der gleichen Frequenz empfangen worden, sondern auf Hunderten verschiedener Frequenzen, als hätte eine Art kosmisches Schrotgewehr sie verstreut.
Ein normales Funksignal, das von einem Stern oder einem Quasar ausging, wurde nur auf einer einzigen Frequenz gesendet.
Sterne verfügten über keine Technik, die ihnen ermöglichte, Übertragungsfrequenzen zu ändern.
Über diese Technik verfügten nur die Menschen.
»Ein Planet«, flüsterte Phil. »Mein Gott.«
Katharine sah ihn an. »Ein Planet? Wovon sprechen Sie?«
Howells Blick haftete auf dem Bildschirm. »Diese Übertragung hier«, sagte er und berührte mit den Fingern die Zahlen auf dem Bildschirm, als könne er so das Signal spüren, für das sie standen. »Sie ist zweimal unterbrochen worden, jeweils für einen Zeitraum von 142 Tagen. Diese Pause ist sehr bedeutsam. Und eine Erklärung dafür lautet, dass dieses Signal nicht von einem Stern pulsierte, sondern von einem Planeten gesendet wurde. Wenn die Umlaufbahn des Planeten in der richtigen Ebene wäre, würden unsere Teleskope die Signale immer dann nicht empfangen, wenn der Planet im Schatten seiner eigenen Sonne wäre.«
Katharine sah ihn an und versuchte die Bedeutung seiner Worte zu erfassen. »Aber das heißt ...«
Sie wartete darauf, dass der Astronom den Satz für sie beendete.
»Das heißt, dass da draußen irgendwas ist«, sagte Howell schließlich. »Wenn ich recht habe.«
»Wenn Sie recht haben?« wiederholte Katharine. »Sie sagten doch, die einzige Erklärung ...«
»Ich sagte, es ist eine Erklärung«, unterbrach Howell sie. »Und sicherlich mein Favorit«, fuhr er fort. Ein ironisches Lächeln trat auf seine Lippen. »Denn wenn ich jemanden da draußen fände, wäre ich mit einem Schlag der berühmteste Astronom der Welt. Aber leider gibt es vermutlich noch hundert andere Erklärungen, von denen jede einzelne wahrscheinlicher als meine ist.« Sein Blick kehrte auf den Bildschirm zurück. »Sagen Sie bitte niemanden etwas hiervon, okay? Die Chancen, dass ich recht habe, sind gering, und das Gegenteil des berühmtesten ist der dümmste Astronom der Welt. Okay?«
»Aber wenn Sie recht haben ...«, begann Katharine, nur um sofort wieder unterbrochen zu werden.
»Wenn ich recht habe, dann können Sie beschwören, dass Sie dabei waren, als ich es entdeckt habe. Aber ich sollte erst darüber sprechen, wenn ich etwas beweisen kann.« Er sah sie an. »Versprochen?«
»Versprochen«, sagte Katharine.
Erneut ertönte ein leises elektronisches Piepen, und ihre Blicke wanderten auf den Bildschirm, wo sich in der rechten unteren Ecke ein neues Fenster aufgetan hatte.
»Nun sieh mal einer an«, sagte Howell erstaunt. »Heute kriegen wir beide Ergebnisse.«
Katharine las die beiden Dateinamen, die im Kasten erschienen, beide gleichermaßen simpel.
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Beide waren mit Anmerkungen zu ihrer Herkunft versehen, die als mishimoto.com angegeben wurde.
»Ich bin fast sicher, dass die Dateinamen viel länger waren«, sagte Katharine. »Es scheint so, als hätte der Computer nur nach Namen gesucht, die dem entsprechen, was ich gesehen habe, und nicht so sehr nach Inhalten.«
Phil Howell schüttelte den Kopf. »Sie sagten, dass es auf der Seite mit dem Schädel einen Link gegeben hätte, der Sie zu dem Video geführt hat. Der Dateiname, an den Sie sich erinnern, ist wahrscheinlich der für die Internet-Site, welche die Schädelgrafik enthielt, und für den Link. Diese Namen hier bezeichnen die Dateien selbst.«
»Und wie finde ich diese Dateien?«
»Kehren Sie in Robs Büro zurück«, riet ihr der Astronom. »Mishimoto ist der Name von Takeo Yoshiharas Unternehmen, was wohl bedeutet, dass mishimoto.com der Name seiner privaten E-Mail-Domain ist. Das wiederum heißt, dass die Dateien irgendwo auf Yoshiharas eigenen Computern gespeichert sind.«
»Von hier aus kommen Sie nicht daran?«
Howell schüttelte den Kopf. »Vielleicht, wenn ich ein erstklassiger Hacker wäre. Aber von Robs Computer aus sollten sie leicht zu finden sein, denn er ist ja schon in Yoshiharas Netzwerk. So, ich werde jetzt noch ein bißchen an meinem Signal weiterarbeiten. Und denken Sie daran«, fügte er hinzu und nickte zu dem Bildschirm hin, der die Resultate seiner eigenen Suche noch immer anzeigte. »Kein Wort zu irgendwem. Bitte.«
»Nicht einmal eine Andeutung«, versprach ihm Katharine. »Und danke für die Hilfe. Ich lasse es Sie wissen, wenn ich etwas finde.«
»Prima«, sagte Howell. Doch als Katharine kurz darauf wieder in ihrem Wagen saß, hatte er ihre beiden Dateien schon vergessen. Für ihn war ein seltsames Funksignal, das von einem fünfzehn Millionen Lichtjahre entfernten Stern kam, weitaus interessanter als jeder aus der Erde gegrabene Schädel.