2.


»Arbeitsplatzversicherung«, sagte Jorge. »Hast du jemals von so etwas gehört?«

Sie waren im abgelegenen Teil eines abgelegenen Parks, in dem sie nur sehr selten zu tun hatten, und räumten gerade einen abgestorbenen Grünholzbaum und vier Mesquitebäume fort, die ein Hochwasser während eines Wolkenbruchs vor ein paar Wochen entwurzelt hatte. Mit einer Schaufel mühte sich Jorge, einen unnachgiebigen Ast aus dem wieder fest gewordenen Schlamm zu befreien. Edward und Hunt schleppten derweil die Holzblöcke beiseite, mit denen der Wanderweg markiert war, damit sie schwereres Gerät herbeiholen konnten.

»Was hast du dir denn da aufschwatzen lassen?«, fragte Edward. »Als Nächstes wirst du uns noch erzählen, dass du abnehmen willst, indem du die Pillen einschmeißt, die du bei 'ner Infomercial-Sendung gekauft hast.«

»Ich weiß«, sagte Jorge. »Inzwischen glaube ich, dass wir diese Gesundheitsfürsorge-Zusatzversicherung bei jemand anderem hätten abschließen sollen. Jemand, der so was wie eine Arbeitsplatzversicherung anbietet, kann doch nicht ganz sauber sein.«

»Kündigen kann man ja immer noch.«

Hunt war sehr schweigsam, und sie beide schauten zu ihm hinüber. »He, Meister«, sagte Jorge. »Passt gar nicht zu dir, dass du so still bist. Du musst doch auch 'ne Meinung dazu haben.«

»Mir hat man auch so eine Arbeitsplatzversicherung angeboten.«

»Ohne Scheiß?« Jorge war erstaunt - und zugleich auch wieder nicht. Hunts ungewöhnliches Verhalten passte genau dazu, wie er selbst sich fühlte, und er begriff, dass das Unbehagen seines Freundes genau so deutlich war wie sein eigenes. »Was habt ihr denn für einen Versicherungsvertreter?«

Hunt schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Ich meine, ich weiß nicht, wie er heißt. Die Gesellschaft heißt nur The Insurance Group.«

»Ist der ... einfach so aufgetaucht? Einfach so von der Straße zu euch gekommen, hat sich praktisch selbst in euer Haus gebeten und ist geblieben, bis ihr irgendwas abgeschlossen habt?« Aus irgendeinem Grund fuhr Jorge ein kalter Schauer über den Rücken, und er war äußerst verwirrt.

»Er hat sich nicht selbst eingeladen«, sagte Hunt, jetzt noch leiser. »Wir haben ihn hereingebeten.« Irgendetwas daran, wie er es schilderte, kam den beiden anderen sonderbar vor.

»Irgendein Typ von der Straße? Was ist denn bloß mit euch beiden los?«, fragte Edward. »Meine Fresse! Das ist doch das erste Gebot des Verbraucherschutzes! Niemals etwas bei einem Klinkenputzer abschließen.«

»Wir haben die Arbeitsplatzversicherung ja nicht abgeschlossen«, erklärte Hunt.

»Aber andere Versicherungen, nicht wahr? Glaubt es mir, es ist nie gut, so einen Treppenterrier zu unterstützen.«

»Und das ist was anderes, als Dinge im Internet zu kaufen, ja?«, gab Jorge zurück.

Der breitschultrige Mann zuckte mit den Schultern. »Macht doch, was ihr wollt, ist ja schließlich euer Geld. Aber kommt nachher nicht heulend angekrochen, wenn ihr so richtig Ärger kriegt.«

Weder Hunt noch Jorge wussten etwas darauf zu erwidern. Jorge war sich natürlich nicht sicher, was gerade in Hunt vor sich ging, aber er selbst war der Ansicht, dass Edward vollkommen recht hatte.


»Er war hier«, sagte Ynez als Erstes, als Jorge nach Hause kam. Sie war aufgeregt, aber Jorge wusste nicht, ob sie wütend oder verängstigt war - oder beides. »Er ist in der Mittagszeit gekommen.«

»Wer denn?«, fragte Jorge nach.

»Dieser Versicherungsvertreter.«

Langsam wurde es sonderbar. »Was wollte er denn?«

»Er hat gesagt, wir würden weitere Versicherungen abschließen müssen, weil wir ... falls irgendwelche Komplikationen auftreten und wir nicht genug Geld hätten, um die Geburt und all die zusätzlichen Kosten zu zahlen.«

»Und was hast du ihm gesagt?«

»Ich habe ihm gesagt, ich würde mit dir darüber reden. Er hat mir dieses Flugblatt in die Hand gedrückt.«

Es war das Foto auf dem Titelblatt, das sofort seine Aufmerksamkeit erregte, nicht etwa die marktschreierischen Worte, die darunter standen.

Ein Neugeborenes mit einer triefenden Öffnung im Brustkorb und fledermausartigen Flügeln anstelle der Arme.

Das könnte auch Ihnen passieren!, verkündete der dazugehörige Text.

Angewidert hob Jorge den Kopf. Ynez brach in Tränen aus. »Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Er hat da gesessen und mich gezwungen, das zu lesen, und er wollte einfach nicht gehen. Er hat gesagt, ich würde vielleicht ein paar Fragen haben, und er wolle zur Verfügung stehen, um diese Fragen zu beantworten.« Sie schlang den Arm um Jorge und hielt sich an ihm fest, schluchzte in seine Schulter hinein.

In Jorges Innerem tobte weißglühende Wut. Er schlug das Flugblatt auf und sah das Foto eines verschrumpelten, purpurroten Säuglings mit sonderbar aufgeblähtem Schädel.

Ynez ließ ihn los und wischte sich über die Augen. »Ich glaube, wir sollten so eine Versicherung abschließen«, sagte sie.

»Zum Teufel damit! Ich werde sofort unsere Zusatzversicherung kündigen!«

Sie umklammerte seinen Arm. »Nein! Das kannst du nicht tun!«

»Wir gehen zu einem anderen Anbieter. Aber ich werde diesen Einschüchterungsversuchen nicht nachgeben! Wie Edward heute schon gesagt hat: Warum sollten wir bei diesem Kerl irgendetwas abschließen? Wir wissen doch überhaupt nichts über ihn!«

»Dann bezahle ich das von meinem eigenen Geld!«

»Begreifst du denn nicht, was hier passiert? Du machst doch genau das, was dieser Kerl will.« Jorge wedelte mit dem Flugblatt. »Du gehst genau darauf ein.«

»Alles wäre abgedeckt«, flehte sie ihn an. »Egal was passiert, wir würden die beste Pflege bekommen.« Ynez hielt ihn fest und schaute ihm tief in die Augen. »Es geht hier um unseren Sohn! Wir müssen doch daran denken, was für ihn das Beste wäre, nicht für uns!«

Sie hatte recht, doch Jorge war sich nicht sicher, ob es tatsächlich das Beste für ihr Kind war, bei diesem unheimlichen Kerl eine weitere Versicherung abzuschließen. Dennoch verstand er, was seiner Frau solche Sorgen machte, und er sagte ihr, er werde die Versicherung aufrechterhalten, bis er eine Alternative gefunden hätte.

»Aber hör nicht wieder auf diesen Vertreter«, fügte er hinzu. »Wenn der Kerl noch einmal auftaucht, lass dich von ihm zu nichts beschwatzen. Lass dir von dem keine neue Versicherung aufdrücken!«

»Mach dir keine Sorgen«, sagte Ynez, und er hörte die Angst in ihrer Stimme. »Wenn der Vertreter wiederkommt, mache ich nicht mal die Tür auf.«

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