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»Was ist los? Bist du in Ordnung?«

Achmed streckte die Hand aus und drückte Rhapsody ungeduldig beiseite, damit er das Kind des Rakshas sehen konnte. Der dunkelhaarige Lehrling lag noch immer an Händen und Füßen gefesselt da, starrte ihn wütend an und kämpfte gegen seine Stricke.

»Lass ihn nicht aus den Augen, nicht einmal für einen Moment«, knurrte Achmed.

Rhapsody wand das Seil in ihrer Hand zu einer Schlinge und schlug es plötzlich wie eine Peitsche. Es traf den Lehrling an den nackten Beinen und entlockte ihm einen unterdrückten Wutschrei. Er zuckte unter dem Schlag zusammen, dann lag er ganz still da.

»Was ist passiert?«, flüsterte sie erneut.

»Der andere Herzschlag ist dort unten.«

»In dem Brunnen?«

»Nein, noch tiefer.« Achmed wischte sich über die Brauen; sein Gesicht war bleich im Schein der Brennfeuer. »Dieser Schacht, dieser Brunnen ist nur ein Eingang. Am Boden gibt es einen langen horizontalen Tunnel geziegelt, mehr als eine halbe Meile lang, so etwas wie eine Katakombe. In Richtung Südwesten.« Er hatte sein zweites Gesicht losgeschickt; es war durch den dunklen, engen Gang gehuscht und hatte Platzangst in ihm verursacht, doch das war nichts gegen den Anblick gewesen, der am Ende des Tunnels auf ihn gewartet hatte.

»Bleib liegen und beweg dich nicht«, befahl Rhapsody der Dämonenbrut. Das Kind kämpfte immer noch gegen seine 94


Fesseln an und machte zischende, gurgelnde Drohlaute. Sie beachtete den Jungen nicht, sondern ging bis zum Rande des Schachts. »Warum diese Heimlichtuerei? Was machen sie da unten?«

»Es sind menschliche Ratten, zweifellos die ›Sklavenjungen‹, von denen vorhin die Rede war. Einer von ihnen hat den anderen verseuchten Herzschlag, aber es ist schwer, sie voneinander zu unterscheiden, weil sie in Schlamm gebadet sind und bis zu den Knöcheln im Wasser stehen. Ich vermute, dass sie es sind, die den Tunnel graben; möglicherweise ziegeln sie auch die Wände.« Er wandte sich an den blonden Lehrling, der mit schreckensweiten Augen über seinen Knebel hinwegstarrte. »Was glaubst du? Klingt das verständlich für dich?«

Der Junge nickte. Seine Augen waren glasig vor Schrecken. »Welch ein hilfsbereiter junger Welpe du bist. Ich glaube, ich lasse dich leben.«

»Aber warum ziegeln sie den Tunnel?«, fragte Rhapsody und beugte sich in dem Versuch vor, bis zum Boden des Schachtes zu sehen. »Und warum ist der Tunnel so eng, wenn sie bloß Lehm für ihre Ziegel daraus fördern sollten? Wenn sie ihn breiter gemacht hätten, müssten sie nicht so weit graben.«

»Vielleicht kann uns das unser neuer Freund sagen«, schlug der König der Firbolg vor.

»Irgendeine Idee?« Der Lehrling schüttelte rasch den Kopf und zuckte übertrieben heftig die Achseln. Achmed stieß verärgert die Luft aus. »Sie sind ganz tief da unten, Rhapsody. Einige von ihnen schlafen in der Mitte des Tunnels und die übrigen am Ende, das etwa eine halbe Meile entfernt liegt. Von hier aus kann man gar nichts sehen.«

»Wie viele sind es?«

Achmed rieb sich mit dem Arm den Schweiß von der Stirn. Langsam löste er seinen eigenen Puls von dem Herzschlag des finster blickenden Lehrlings, der noch immer gegen seine Fesseln ankämpfte, und richtete den Blick auf die Glocke neben dem offenen Brennofen.

»Schwer zu sagen. Das Wasser verschleiert sie. Du weißt, wie sehr ich Wasser liebe.«

Rhapsody nickte und trat von dem Alkoven zurück. Achmed sah sie an, als ihr Gesicht plötzlich im flackernden Licht der Öfen blass wurde. Die Feuer wurden unvermittelt lebendig, als der Schrecken über ihr Gesicht flog.

»Bei den Göttern«, flüsterte sie. Sie ging rasch hinüber zu Achmed und flüsterte ihm ins Ohr:

»Wasser. Unter der Entudenin. Das ist es, was sie hier tun sie graben einen Tunnel zu der Arterie, die früher die Entudenin gewesen ist.«

Achmed warf einen Blick auf die gewaltige Metallscheibe, die gegen die Wand des Alkovens lehnte.

»Es ist tatsächlich ein Brunnen eine Wasserleitung«, sagte er. »Sie bauen eine Wasserleitung, um das Wasser von der Quelle herzuleiten, die früher den Geysir gespeist hat. Eine gute Idee; sie sollte sich als unglaublich gewinnträchtig erweisen, falls sie vorhaben, das Wasser zu verkaufen, obwohl ich mir nicht vorstellen kann, dass der Herzog das erlauben würde.«

»Das ist wohl der Grund, warum sie es im Geheimen tun«, fügte Rhapsody hinzu und warf einen nervösen Blick über die Schulter auf die gefesselten Lehrlinge. Der blonde Junge und Omet sahen sie hoffnungsvoll an, während die Dämonenbrut knurrte und am Rande ihres Knebels vorbeispuckte.

»Deshalb benutzen sie Sklavenkinder für die Grabungsarbeiten«, sagte Achmed schroff und rollte den dunkelhaarigen Lehrling mit einem raschen Fußtritt auf den Bauch. »Niemand sonst würde diese gefährliche Arbeit machen.«

Rhapsody erzitterte. »Sobald sie zur Arterie durchstoßen, sind diese Kinder tot«, sagte sie.

»Es heißt, die Kraft der Entudenin sei groß genug gewesen, um am ersten Tag des Wasserzyklus einem Mann das Rückgrat zu brechen. Stell dir nur die Gewalt vor, die sie haben wird, wenn sie durch den ersten Riss im Lehm schießt.«

Achmed ging wieder hinüber zum Alkoven und spähte den Schacht hinunter. »Wenn jetzt schon Wasser dort unten ist, haben sie bereits die Wasserader angestochen. Sie hatten Glück, im Niedrigstand des Zyklus auf sie zu treffen die Zeit des Schlummers, wie es deine Überlieferungen genannt haben. Wenn das Erwachen stattfindet, wird das Wasser her vorschießen. Also sollten wir das andere Kind sofort herausholen.«

»Kind? Du meinst Kinder. Achmed, wir müssen sie alle dort herausholen.«

Der Fir-Bolg-König rollte mit den Augen. Er zog sein langes, dünnes Schwert aus serenischem Stahl und gab es ihr.

»Kneble den Glatzköpfigen. Wenn einer von ihnen sich auch nur um Haaresbreite bewegt, während ich fort bin, schneidest du ihm die Kehle durch«, sagte er in der orlandischen Mundart, damit er sicher sein konnte, dass die Lehrlinge ihn verstanden.

Achmed wartete, bis er sicher war, dass Rhapsody alle drei Lehrlinge gleichzeitig bewachte, bevor er sich in den Brunnenschacht hinabließ.

Die Ziegel waren glatt und schlüpfrig, und Achmed musste beide Arme und Beine ausstrecken, um sich gegen die Schachtwand abzustützen. Mit qualvoller Langsamkeit kletterte er den vertikalen Tunnel hinab.

Am Boden des Brunnens nahm er zuerst den einen und dann den anderen Fuß von der Wand und sprang vorsichtig auf den mit zerbrochenen Brettern und Lehmablagerungen übersäten Ziegelboden. Er bückte sich und starrte in den dunklen Tunnel, der sich in eine noch schwärzere Dunkelheit bohrte.

Einige Augenblicke später zog er sich wieder hoch und kehrte zu Rhapsody zurück, die im zuckenden Licht der Brennfeuer stand. Die Scheite unter den großen Lehmfässern brannten unbeaufsichtigt zu Asche herunter und der Lehm wurde allmählich immer dicker.

»Da kann man nichts machen, ich passe nicht in die Wasserleitung«, sagte er und bürstete sich den Lehm vom Mantel.

Er beobachtete sorgsam ihr Gesicht im unbeständigen Licht und wusste, was nun kommen würde.

»Könnte ich hindurchpassen?«

»Ja«, sagte er ruhig und überlegte. »Es wäre wieder so, wie an der Wurzel entlangzukriechen.«

Er hatte erwartet, dass sie schauderte, doch sie nickte bloß und legte ihr Gepäck ab.

»Vielleicht noch enger«, fügte er hinzu.

»Ich verstehe. Kannst du mich hinunterlassen? Meine Arme sind nicht lang genug, um auf deine Weise hinunterzuklettern.«

Achmed warf einen raschen Blick durch den Brennraum. Die Dämonenbrut war in dumpfe Stille verfallen und lag immer noch mit dem Gesicht nach unten auf dem schmutzigen Boden. Die Kohlen unter den auskühlenden Fässern warfen zuckende Schatten, die seine Züge verzerrten. Die anderen beiden Lehrlinge lagen in seiner Nähe, waren starr vor Angst und beobachteten Achmed eindringlich. Er deutete auf das erste Fass.

»Wenn du je eine Statue von dir haben wolltest, solltest du dich jetzt auf den Weg machen.«

Er drehte sich um und ergriff einen Stab mit einem Haken daran, der offensichtlich dazu benutzt wurde, Lehmkübel aus dem Schacht zu ziehen. Achmed hielt ihn über das Loch. Rhapsody trat auf den Haken und hielt sich mit beiden Händen daran fest. Ihr Blick war ruhig, auch wenn ein heller Glanz in ihren Augen lag.

»Bist du sicher, dass du das wirklich tun willst?«, fragte er leise auf Bolgisch.

»Bleibt uns eine andere Wahl? Außerdem bin ich die Iliachenva’ar. Es ist meine Pflicht, Licht an einen dunklen Ort zu bringen.«

Achmed schnaubte und ließ den Stab hinab.

»Vielleicht solltest du mir dann dein Schwert mit der Breitseite in den Kopf stecken. Dort hat es schon seit langer Zeit keine Erleuchtung mehr gegeben, und seit du mich in deinen Kreuzzug verwickelt hast, fehlt jeglicher Verstand. Beeil dich. Und denk daran: Bring die kleinen Bastarde beim geringsten Zögern oder der leisesten Drohung um. So lautet unsere Abmachung.«

»Ja, so lautet unsere Abmachung.« Ihr Lächeln war einen Herzschlag lang so strahlend wie ihre Augen, doch dann verschwand es in der trüben Dunkelheit am Boden des Brunnenschachts.

Einen Augenblick später wurde der dunkle Schacht von einem grellen, pulsierenden Lächeln und einem Summen erfüllt, das wie silberner Hörnerschall klang. Achmed warf einen Blick über den Rand des Brunnens. Rhapsody sah ihn vom Boden aus an und hielt die Tagessternfanfare in der Hand. Das Schwert aus dem miteinander verschmolzenen Feuer und Sternenlicht brannte hell und schickte funkelnde Lichtwellen durch das geziegelte Loch in den Brunnen wie auch in den Tunnel. Sie lächelte erneut, watete dann zu dem Loch im Schacht und kroch in den Tunnel, wobei sie das Schwert wie eine Fackel vor sich hielt. Achmed sah zu, wie das gleißende Licht der Tagessternfanfare im Tunnel zu einem schwachen Glimmern wurde. Er drehte sich gerade rechtzeitig um und bemerkte, wie sich das Kind des Rakshas auf die Seite drehte und in die Kohlen rollte, die unter einem der dampfenden Lehmfässer brannten.

Achmed schlug mit der Stange zu, aber es war zu spät. Ein Schauer aus brennenden Kohlen sprühte ihn an, während sich die Dämonenbrut im Feuer von den Beinfesseln befreite und die Kohlen und den brennenden Dung unter dem Fass hervortrat. Dann kroch der Junge unter dem heißen Metall des Kessels hindurch zur anderen Seite. Achmed hörte die erstickten Schreie der Lehrlinge hinter ihm. Vermutlich hatten sie eher Angst als Schmerzen, als die Funken auf den schmutzigen Boden trafen und in staubigen Rauchfahnen erloschen. Achmed sah, wie der Junge unter dem Fass die Hände in die feurigen Kohlen steckte und auch die letzten Fesseln löste. Dann zog sich der Lehrling noch weiter hinter den Kessel zurück; das Feuer hatte ihn offenbar nicht verletzt.

Achmed stieß den langen Stab unter das Fass und versuchte, einen Fuß des Jungen zu erwischen, doch er hatte kaum Zeit, zur Seite zu springen, als der Junge an der Kette des Kessels zog, das gewaltige Gefäß umstülpte und den kochenden, schlammigen Inhalt auf den Boden kippte.

Rasch schwang Achmed den Stab nach dem näheren der beiden Lehrlinge, dem kahlköpfigen Jungen rechts von dem Alkoven, und erwischte ihn an den Handfesseln. Daran zog er ihn aus dem heißen Schlammstrom. Der andere Lehrling, der unmittelbar im Weg des kochenden Lehms gelegen hatte, wurde innerhalb weniger Sekunden unter der Schlacke begraben. Seine blonden Haarlocken verschwanden in dem dampfenden Dreck, als die schlammige Flüssigkeit seinen Körper verschluckte, ihm in Bruchteilen einer Sekunde erst den Mund, dann die Nase und schließlich die Augen füllte und ihn damit erstickte.

Mit einem heftigen Zittern ließ Achmed den bebenden Lehrling vom Haken der Stange. Der Junge keuchte vor Furcht und kauerte hinter einem Haufen zerbrochener Ziegelbretter. Achmed drehte sich um und sah, dass die Dämonenbrut nun an der anderen Seite des umgekippten Fasses in der Nähe des Ofens stand und eine Form nach der gusseisernen Glocke warf. Der schwere Gegenstand schlug gegen die Glocke und erzeugte einen lauten, schwingenden Ton, dessen Wellen Achmed Haut und Augenlider zerrissen und Schmerzstiche bis zu den Haarwurzeln schickten.

Er schluckte seine Wut herunter, durchquerte mit einem Sprung den Raum zwischen ihm und dem Dämonenkind und schlug diesem gegen die Schulter, als es den Wurfarm senkte. Er hörte das Krachen, als das Schlüsselbein brach. Der schwarzäugige Lehrling keuchte laut auf. Zum ersten Mal bemerkte Achmed, dass der Junge Schmerzen litt, doch einen Moment später erkannte er, dass es auch ein Schock gewesen sein konnte. Der Junge blickte in Richtung des Gesellenflügels, wandte sich dann wieder ab und starrte Achmed an. Er machte sich zum Sprung bereit, hatte aber kaum Zeit, einem zweiten Stabhieb auszuweichen. Der schwere Eisenhaken zerschmetterte ihm das Handgelenk und brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Der anmaßende Blick in den Augen der Dämonenbrut verschwand und hinterließ nichts als Panik. Einen Moment lang versteifte er Arme und Beine, dann schoss er auf die leeren Ziegelbretter zu und suchte verzweifelt nach Schutz. Doch Achmed war zu schnell für ihn. Er schwang den Stab in die andere Richtung und erwischte den Lehrling mit solcher Gewalt an den Rippen, dass der Stab zerbrach. Der Bolg-König trieb das Ende des Stabes erneut in die Schulter des Jungen und schleuderte ihn so mit voller Kraft auf den Boden vor dem offenen Ofen. Bevor der Junge Atem holen konnte, war Achmed über ihm, packte seinen Seilgürtel und sein versengtes Hemd und warf ihn durch die Öffnung. Wegen der gebrochenen Hand und Schulter bot er nur wenig Widerstand. Achmed verschloss die Tür fest und legte den Riegel vor; dann wischte er die noch heiße Asche von seinen Handschuhen.

Er lauschte. Einen Augenblick später hörte er sie kommen. Schritte und Alarmrufe drangen aus den Quartieren der Gesellen.

Achmed sah sich rasch in dem Raum um und maß die Schatten ab. Ein besonders tiefer lag hinter dem letzten Ofen, neben dem eine Reihe Töpferwaren in verschiedenen Stadien des Brennens standen und ein dunkles Labyrinth bildeten. Er tauchte in den Schatten, als die dröhnenden Stiefelschritte näher kamen.

In den Raum stürmte ein Trupp Männer, mehr als ein Dutzend, einige davon sehr stämmig. Die meisten versuchten, mit schlaftrunkenen Augen die Verwüstungen in der Brennkammer zu begreifen. Diejenigen am Kopf der Gruppe waren entsetzt über den umgestürzten Kessel und den Hügel aus härtendem Lehm auf dem Boden. An ihren Ausrufen erkannte Achmed, dass sie glaubten, wegen eines schrecklichen Unfalls gerufen worden zu sein.

Dann entdeckten sie Omet gefesselt und geknebelt hinter den zerbrochenen Ziegelbrettern. Darauf setzte ein großes Schweigen ein, während die nun bewaffneten Gesellen den Raum absuchten. Achmed griff hinter seinen Rücken und zog still die Cwellan, die asymmetrische, armbrustähnliche Waffe eigener Herstellung, und lud sie lautlos mit einigen Scheiben. Leise glitt er an der Wand neben dem Labyrinth aus Regalen entlang, denn er wollte seine Angriffsposition eingenommen haben, bevor die Gesellen seine Gegenwart bemerkten. Es dauerte länger, als er erwartet hatte. Beinahe eine ganze Minute verging, bevor das Murmeln zu einem plötzlichen Ende gelangte und einer der dünneren Männer nach der Glocke sprang.

Achmed trat aus dem Schatten, feuerte drei rasiermesserscharfe Scheiben, die so dünn wie Springmesserklingen waren, aber aus gezacktem Stahl bestanden, in den Nacken des Mannes und trennte ihm so den Kopf vom Rumpf. Der Körper beschrieb einen Halbkreis, bevor er zu Boden sackte. Die Waffe, die er in der Hand gehalten hatte, schlug gegen einige der steinernen Gussformen auf dem schlammigen Boden. Einen Augenblick später starben zwei weitere Gesellen, gefällt von den tödlichen Scheiben. Dann trat Achmed wieder in die Schatten.

Die Gesellen zerstreuten sich wie Ratten, in deren Nähe plötzlich eine Laterne angezündet wird, und flohen in alle Ecken des Brennraums. Achmed zählte sie still; er hatte dreizehn hereinkommen sehen und drei ins Jenseits befördert. Also musste er sich noch um zehn weitere kümmern.

Er war eindeutig im Vorteil; das gefiel ihm.

Still kroch er durch die Schatten, die sich über die Wand in Richtung Alkoven schlängelten, und kam an der Stelle vorbei, wo der gefesselte Lehrling noch immer hinter den Brettern kauerte. Achmed blieb lange genug stehen, um auf den an Armen und Beinen verschnürten Jungen hinuntersehen zu können die Gesellen hatten sich nicht die Mühe gemacht, ihn zu befreien , und legte den Finger vor die Lippen. Der Lehrling bewegte sich nicht und gab keinen Ton von sich, sondern blinzelte nur und zeigte so, dass er verstanden hatte. Langsam umrundete Achmed den Jungen, den Rhapsody Omet genannt hatte, und etliche zerbrochene Ziegelbretter, bis er an den Rand des neuen Schlammberges kam. Der Schatten eines Mannes mit einem langen Messer lauerte in der Öffnung des Alkovens und wartete auf Achmed, um ihn von hinten zu erdolchen.

Achmed lehnte sich gegen die Außenwand und lauschte dem abgerissenen Atmen der Gesellen auf der anderen Seite. Er betrachtete die Schatten der vier verbliebenen Fässer und der beiden offenen Öfen und wartete, bis ein besonders heller Schein gegen die Wand fiel. Als das Licht anbrandete, streckte er die Faust aus und warf einen verlängerten Schatten in den Alkoven.

Wie er erwartet hatte, sprang der Geselle hervor und stach nach dem Schatten. Er traf auf kein festes Ziel, sondern erhielt von Achmed einen raschen Tritt gegen das Schienbein. Der Mann taumelte mit weit hervorquellenden Augen an den Rand des Schachtes. Er warf wild die Arme umher, verlor dann den Kampf gegen die Schwerkraft und fiel kopfüber in den Brunnen. Ein Schrei ohne jede Spur von Männlichkeit folgte ihm hinunter und endete in einem beeindruckenden Crescendo aus scheppernden Eimern und zerbrechenden Brettern.

Aus der Ferne drang Rhapsodys Stimme den Schacht hoch.

»Was ist da oben los?«

Achmed schwenkte herum und feuerte mit der Cwellan in die hinterste Ecke neben der zweiflügeligen Tür. Silberne Scheiben drehten sich durch die Feuerschatten und fingen das Licht ein. Ein schwerer Körper brach im Türrahmen zusammen.

»Entschuldige«, rief er in den Brunnen hinein. »Habe etwas fallen gelassen. Mach weiter.«

»Versuch, leiser zu sein«, hallte die ferne Stimme. »Man könnte dich hören.«

Achmed trat über den gefesselten Lehrling und suchte Schutz hinter der offenen Tür des zweiten Ofens neben dem Schattenlabyrinth, in dem, wie er wusste, weitere Gesellen lauerten.

»Das würde mir gar nicht gefallen«, murmelte er.

Ein Wutgeheul ertönte hinter ihm. Achmed duckte sich und wich dem Angriff des Mannes aus. Er versetzte ihm einen Schlag gegen den Kopf, worauf der Mann bewusstlos zusammenbrach.

Achmed kauerte sich neben ein Regal, wartete und beruhigte seinen Atem, bis er kaum mehr wahrzunehmen war. Diese Gegner stellten für ihn eine so geringe Herausforderung dar, dass er keinerlei Kräfte auf sie verschwenden wollte. So wartete er in aller Ruhe, bis die restlichen sieben alle gleichzeitig in sein Blickfeld traten.

Noch eine Runde oder höchstens zwei, dachte er. Das spart Scheiben.

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