17

Die Krevensfelder, südlich von Sepulvarta

Achmed war der Ansicht, dass sein Reittier seit der letzten Ruhepause einen langen, stetigen Galopp durchhalten könne; daher ritt er stetig ostwärts über die gefrorene Steppe der Krevensfelder und beugte sich leicht über den Hals des Pferdes, um dem schneidenden, gelegentlich mit Eiskristallen durchsetzten Wind zu entgehen, der von Zeit zu Zeit aus Süden heranpeitschte.

Der Wind war merklich kälter geworden, seit er und Rhapsody sich am nördlichen Rand des Waldes von Tyrian getrennt hatten. Vielleicht war dies dem fortschreitenden Winter zuzuschreiben, oder ihre Gabe des Feuers hatte selbst in den Tiefen der Kälte für eine warme Umgebung gesorgt.

Neun Dämonensprösslinge waren erfolgreich aufgespürt. Die Informationen der verrückten Seherin der Gegenwart waren dabei nur teilweise hilfreich und lediglich halbwegs genau gewesen. Als sie endlich die Kinder ausfindig gemacht hatten, hatten sich drei von ihnen einschließlich des Liringlas namens Arie nicht mehr an den Orten befunden, an denen sie sich an dem Tag aufgehalten hatten, als Rhapsody und Achmed Rhonwyn in ihrem zerfallenden Klosterturm aufgesucht hatten. Dennoch hatten sie sie aufgespürt und eingefangen, manche ohne Schwierigkeiten, manche mit Blutvergießen, doch am Ende hatten alle in ihrem Gewahrsam gestanden.

Es war beinahe schmerzhaft gewesen, sie aufzuspüren. Sein dhrakisches Blut hatte ihm in den Adern geschrien, sobald er eine Spur des Rakshas-Blutes aufgenommen hatte, und es hatte ihn regelrecht verbrannt, als er seinen Herzschlag dem Puls der Dämonenbrut angepasst hatte. Es war jedes Mal ein Kampf gewesen, sich von seinem eingewurzelten Verlangen nach Vernichtung zu befreien und jede Spur des F’dor von der Erde zu tilgen, doch er hatte sich unablässig daran erinnert, dass sie ihre Beute lebend benötigten, damit das reine, uranfängliche Blut des Dämons in ihren Venen dazu benutzt werden konnte, den F’dor selbst aufzuspüren. Rhapsodys Ermahnungen, dass es sich bei der Beute ausschließlich um Kinder handelte, bedeutete ihm weniger als nichts.

Als sie schließlich alle bis auf einen in ihrer Gewalt hatten, waren sie am Rande des Waldes auseinander gegangen. Rhapsody hatte die beiden verbliebenen Kinder zu Oelendra gebracht, und er hatte sich auf den Rückweg in sein Königreich begeben.

Es war eine schwierige Trennung gewesen. Er hatte einen letzten Versuch unternommen, ihr die Narrheit ihres Vorhabens klar zu machen, dem Ältesten, dem Gladiator namens Constantin, nachzusetzen, vor allem da nun der Winterkarneval in Navarne vorbei war. Die Besucher aus Sorbold waren zweifellos in ihre Heimat und der Gladiator in die Sicherheit der Arena in Jakar zurückgekehrt, wo er lebte. Sie hatte sich wie immer in ihrer verrückten, halsstarrigen Art dagegen ausgesprochen; daher hatte er sich in die Tatsache gefügt, dass sie sich nun wohl zum letzten Mal trennten, als er ihr auf der Schwelle zu Tyrian Lebewohl gesagt hatte.

Während er über die weite Ebene zurück in den Kessel von Ylorc ritt, klärten die Windstöße seinen Geist und trugen so viele Sorgen fort wie nur möglich. Die eisigen Flocken, die in den Luftströmungen schwebten, stachen ihm in die Haut, doch er ertrug sie und versuchte ihnen auszuweichen und seine Gedanken in Schwung zu halten.

Daher war er unvorbereitet, als der Wind, der ihn in der Senke der Krevensfelder traf, einen starken Geschmack von Salz mitbrachte.

Achmed verlangsamte den Ritt und öffnete den Mund, damit er die salzige Luft einatmen konnte. Er spuckte auf den Boden.

Die Brise enthielt den Geschmack von Schweiß und Blut; irgendwo in der Nähe wurde eine Schlacht ausgefochten.

Zusätzlich hatte das salzige Wasser im Wind den unverkennbaren Geruch der See. Da die See aber tausend Meilen entfernt war, konnte dies nur eines bedeuten.

Ashe war in der Nähe.

Augenblicke später hörte er die Stimme von Llaurons Sohn, die von einem Hügel im Süden drang.

»Achmed! Achmed! Hier! Komm!«

Achmed seufzte, trieb sein Reittier langsam auf den Kamm des Hügels und schaute in das kleine Tal unter ihm.

Noch bevor er den Kamm erreicht hatte, schmeckte er das Gemetzel auf den Schwingen des Windes. Der Geruch von Pech vermischte sich mit dem von Feuer und Blut. Er durchzog noch die Luft und schickte Fahnen aus saurem Rauch in den Winterhimmel.

Sobald er den Gipfel erreicht hatte, zuckte Achmed unwillkürlich vor dem Anblick zurück. Das Tal war mit Leichen übersät. Einige waren von dem brennenden Pech versengt, das noch auf dem verschneiten Boden rauchte. Reiterlose Pferde liefen ziellos umher; einige trugen ihre menschliche Last auf dem Rücken. Die Überreste eines Wagens brannten in der Mitte des Schauspiels. Nach einem raschen Zählen ergab sich, dass etwa zwanzig Pferde die Farben von Sorbold und ein weiteres Dutzend mattes Grün oder Braun trugen, aber nirgendwo auf den Decken war eine Standarte abgebildet. Anscheinend hatte das sorboldische Kontingent etwa einhundert Fußsoldaten und zwanzig Reiter betragen.

Die Opfer waren eine kleinere Gruppe gewesen, vielleicht insgesamt ein Dutzend. Offenbar waren sie im Tal in einen Hinterhalt geraten. Die meisten von ihnen waren muskulöse, ältere Männer mit unterschiedlichen Waffen und Rüstungen gewesen. Es schien, dass sie sich für eine Weile verteidigt hatten, doch nun lagen ihre Leichen im Tal verstreut, und ihr Blut befleckte den Boden mit einem rosigen Rot.

In der Mitte dieses Gemetzels stand Ashe. Sein Gesicht war von den Schwaden seines Nebelumhangs verdeckt. Er wachte über einen übrig gebliebenen Soldaten in Zusammengewürfelter Kleidung und verteidigte den Verletzten gegen die sieben verbliebenen Sorbolder, von denen einer auf dem Boden zu seinen Füßen lag. Achmed heftete den Blick auf diesen Soldaten; er schlug nach Ashe mit einem Hakenspeer, der verdächtig wie diejenigen aussah, die in den Tunneln von Ylorc verwendet wurden.

Aus der Ferne sah es so aus, als hätte Ashe die Oberhand, auch wenn er zahlenmäßig unterlegen war. Einen Moment später erwies sich die Richtigkeit dieser Annahme, als Ashe mit dem hölzernen Schaft einer zerbrochenen Wagenbremse in der rechten Hand drei Sorbolder niederstreckte und mit Kirsdarke, dem Elementarschwert des Wassers in der linken Hand, einen vierten in einem Strom aus fließendem Blau ausweidete. Er blickte über die Schulter nach Achmed, der reglos auf seinem Reittier sitzen blieb. Obwohl sein Gesicht von der Kapuze des Mantels verdeckt wurde, war die Erleichterung in seiner Stimme nur allzu deutlich.

»Achmed! Den Göttern sei Dank, dass du hier bist!«

Gestärkt drehte er sich wieder um, durchbohrte die Brust des Sorbolders mit dem Hakenspeer und parierte den Angriff der beiden letzten mit dem hölzernen Schaft.

Achmed sprang von seinem Pferd und lief den Abhang hinunter, doch auf halbem Weg blieb er stehen. Er bückte sich im blutigen Schnee und hob ein Kurzschwert auf, das neben dem Leichnam eines Sorbolders lag. Es leuchtete mitternachtsblau im Morgenlicht, und die rasiermesserscharfe Klinge glitzerte gefährlich. Es war eines der Firbolg-Messer, eine Waffe, die nur von Achmeds Bolg-Eliteregiment geführt werden durfte. Seine dünnen und starken Hände zitterten in den Lederhandschuhen vor Wut.

Ashe zog sein Schwert aus der Brust des gefallenen Sorbolders, wirbelte herum und versetzte dem Sorbolder rechts von ihm einen schweren Schlag gegen die Schläfe. Dem Sorbolder zu seiner Linken schlitzte er mit Kirsdarke den Hals auf und schlug ihre Köpfe mit zerschmetternder Gewalt gegeneinander. Er sprang gerade rechtzeitig über die Leichen, um dem Angriff der drei verbliebenen Sorbolder auszuweichen, und sah sich nach Achmed um. Der Fir-Bolg-König ging von Leichnam zu Leichnam, sammelte die Waffen ein und fluchte stumm.

Ashe kehrte schnell in den Kampf zurück und beförderte die restlichen Sorbolder mit rasend schnellen Hieben des glühenden Wasser-Schwertes ins Jenseits. Er bückte sich und sah nach dem gestürzten Mann, den er verteidigt hatte, dann wandte er sich verärgert ab und rief dem Firbolg-König, der soeben eine hauchdünne Scheibe vom Boden aufhob und nun näher kam, sarkastisch zu: »Danke für die Hilfe.«

»Du hast nicht um Hilfe gebeten«, meinte Achmed, der nicht von den Waffen aufsah, die er gerade untersuchte. »Du hast gesagt, ich soll kommen, also bin ich gekommen. Sei das nächste Mal genauer.«

Ashe seufzte auf, drehte sich wieder dem Verletzten zu und bedeckte ihn mit einer Satteldecke von einem reiterlosen Pferd.

Einen Augenblick später war Achmed neben ihm. Er ließ die Waffen mit einem Klappern auf den verschneiten Boden fallen alle außer der Cwellan-Scheibe.

»Was ist hier passiert?«, fragte er scharf.

Ashes Augen blitzten ihn unter der Kapuze an. »Zeige ein wenig Respekt. Weißt du, wer dieser Mann ist?«

»Nein, und ich kann nicht behaupten, dass es mich kümmert, es sei denn, er kann meine Fragen beantworten.«

»Es war so etwas wie ein Hinterhalt«, sagte Ashe und schaute nach der Atmung des Bewusstlosen. »Es hat den Anschein, dass sich ein Teil der sorboldischen Kolonne von den anderen abgespalten hat. Ich weiß nicht, was mit dem Rest der Kolonne geschehen ist. Es gibt zwei Spurenstränge, die etwa einen halben Tag oder mehr entfernt verlaufen. Dabei handelt es sich zweifellos um weitere Ausbrüche der Gewalt, die das Land schon seit zwanzig Jahren erlebt, doch es ist das erste Mal, dass Sorbolder daran teilhaben.«

Achmed verschränkte die Arme und dachte still nach. Er hatte auf seinem Weg durch die Provinz Navarne große, lang gezogene Karawanen gesehen, die auf dem Rückweg in ihre Heimatländer waren, während er in einiger Entfernung von ihnen geblieben war. Für Festteilnehmer hatten sie sehr ernst gewirkt regelrecht traurig. Er holte tief Luft bei dem Gedanken, was sich wohl in den Wagen am Ende der Karawanen befunden haben mochte.

»Wenn du nach Navarne unterwegs bist, möchtest du vielleicht nach Stephen sehen, falls dir das aus der Ferne gelingt«, sagte er. »Ich sehe, du versteckst dich noch, auch wenn ich mir den Grund dafür nicht vorstellen kann.«

»O Götter das Fest der Wintersonnenwende«, sagte Ashe leise.

»Es wäre auch hilfreich, wenn du beim nächsten Mal jemanden leben lässt, damit wir ihn befragen können.«

»Das bringt nichts. Sie stehen alle im Bann des Dämons. Sie erinnern sich nie an etwas.«

Achmed nickte verdrießlich. »Wer ist dieser Mann?«

Ashe schaute hinunter auf das blutleere Gesicht. »Sein Name lautet Dorndreher«, sagte er nach einem Augenblick. »Er ist ein Cymrer der Ersten Generation, der früher Gwylliam und nun Anborn verpflichtet ist.«

»Glaubst du etwa, dass mich diese Information kümmert?«

Ashe überprüfte die Schnur, mit der er Dorndrehers blutenden Arm gefesselt hatte, und holte seinen Wasserschlauch hervor.

»Nein, das habe ich nicht geglaubt«, sagte er bitter. »Er ist nur einer der Letzten deiner Art, der auf der anderen Seite der Welt über denselben Boden gewandelt ist wie du und deine Geschichte mit dir teilt. Einer der wenigen, die schon so lange leben und noch die geistige Gesundheit bewahrt haben. Er ist nur ein menschliches Wesen, das sein Leben auf den Boden unter ihm ausblutet. Es tut mir ehrlich Leid: Warum um alles auf der Welt sollte das jemanden kümmern?«

Achmed nahm das Wurfmesser von dem Haufen und hielt es Ashe unter die Nase. »Weißt du, was das ist?«

»Ein Hühnerbein.« Ashe goss Wasser aus dem Schlauch auf ein blutbeflecktes Taschentuch und legte es Dorndreher auf die Stirn. »Oder vielleicht ein langstieliges Gänseblümchen.«

»Dieses Hühnerbein ist eine Bolg-Waffe, für die es außerhalb des Berges keine Handelserlaubnis gibt«, knurrte Achmed. »Die Erfindungen sind geheim. Wenn sie sich in sorboldischen Händen befinden, bedeutet das, dass sie gestohlen oder aus dem Grund hier abgelegt wurden, die Schuld für dieses scheußliche Verbrechen Ylorc zu geben, so wie es schon im letzten Sommer versucht wurde, als angenagte Leichname auf den Versammlungsplatz geworfen wurden!« Er warf die Waffe zurück auf den Haufen und starrte nach Süden, zum Vorgebirge der südlichen Zahnfelsen, welche die nördliche Grenze von Sorbold bildeten.

Ashe beschattete die Augen und schaute in dieselbe Richtung.

»Es hat den Anschein, dass jemand einen Krieg gegen euch anzetteln will.«

»Offenbar.«

Ashe beugte sich hinunter und hielt das Ohr an die Brust des Verwundeten. »Er wird sterben, wenn wir ihn nicht zu einem Heiler schaffen.«

Achmed hob weitere der Waffen auf. »So scheint es.«

»Das ist ziemlich hart, selbst für dich. Ich habe kein Pferd. Hilfst du mir, ihn nach Sepulvarta zu bringen?«

Achmed sah ihn durchdringend an und deutete dann auf das Feld. »Dort rennen mehr als ein Dutzend Pferde herum. Nimm dir eins und setz ihn darauf.« Er blickte hinunter auf das Gesicht des Soldaten. Es war ein altes Gesicht, verhärmt und faltig wie das eines Seemanns. Zwischen den Augen klaffte eine grausame Wunde. »An deiner Stelle würde ich aber meine Zeit nicht in der Basilika von Sepulvarta verschwenden. Als Rhapsody im Herbst lebensgefährlich verwundet wurde, habe ich sie dorthin gebracht. Der Patriarch und seine Priester waren mehr als nutzlos.« Er betrachtete Ashes Finger. »Der Grund dafür bestand natürlich darin, dass Rhapsody dir seinen Ring gegeben hatte, damit du geheilt wirst. Du bist jetzt Inhaber dieses Amtes; der Patriarch ist nur noch eine Repräsentationsfigur. Warum versuchst du nicht selbst, ihn zu heilen?«

Der Mann mit der Kapuze starrte schweigend in den Wind.

Dann streifte er den ledernen Handschuh ab, der seine linke Hand schützte, und zog den Ring vom Mittelfinger. Der Ring war schlicht; es handelte sich um einen durchsichtigen, glatten Stein in einer Platinfassung. In dem Stein befanden sich wie eingeritzt zwei Symbole auf den beiden Seiten der ovalen Gemme; sie glichen den Symbolen für das Negative und das Positive. Sanft ergriff er die Hand des Verletzten. Es war eine Soldatenhand: rau, dickfingerig und blutig. Mit großer Vorsicht steckte er ihm den Ring an den kleinen Finger.

Beide Männer beobachteten ihn eingehend. Die Drachennatur in Ashes Blut summte neugierig unter seiner Haut. Er kämpfte darum, sie zurückzuhalten, während er zu erfahren versuchte, was sie ihm erzählte. Der Drache in ihm spürte nur einige kleine Veränderungen, eine gelinde Besserung, die aber nicht ausreichte, um den Cymrer der Ersten Generation viel länger am Leben zu erhalten. Ashe vermutete, er würde noch einige Tage überleben, wenn er gut bewacht wurde, aber nicht länger. Vorsichtig entfernte er den Ring von Dorndrehers Finger und steckte ihn wieder an die eigene Hand; dann zog er den Handschuh an.

»Der Ring ist seiner Art nach kein Ring der Heilung, sondern ein Ring der Weisheit«, sagte er, während er aufstand. »Er verschafft seinem Träger das Wissen, wie man die Fähigkeiten verstärken kann, die einem bereits eingeboren sind. Der Patriarch war seiner Ausbildung und seinen Fähigkeiten sowie seinem Amt nach ein Heiler. Er hat den Ring Rhapsody gegeben, die aufgrund ihrer natürlichen Anlagen und ihrer Ausbildung ebenfalls eine Heilerin ist. Sie konnte mich mit diesem Stein heilen. Ich bin aber kein Heiler. Er teilt mir Weisheit auf anderen Gebieten mit.«

Achmed lachte trocken. »Ja, das stimmt. Er wird dich in deinen Entscheidungen als Herr der Cymrer beraten, falls es je wieder ein Konzil geben sollte, so wie dein Vater es hofft. Und er hat dich darauf aufmerksam gemacht, dass noch einige Cymrer der Ersten Generation uns mit ihrer Gegenwart in dieser Welt beglücken. Hast du deshalb gewusst, wer dieser Mann ist?«

»Nein. Ich habe ihn seit seiner Kindheit gekannt. Er ist ein großer Mann, ein freundlicher Mann. Er muss gerettet werden.« Ashe schaute nach Westen über die Krevensfelder. »Wenn ihm in Sepulvarta niemand helfen kann, ist der nächst gelegene andere Ort Bethe Corbair. Dort gibt es eine Basilika, und Lanacan Orlando, der dortige Seligpreiser, ist ein berühmter Heiler. Könntest du ihn dorthin bringen? Es liegt auf dem Weg ins Bolgland.«

Achmed bückte sich und sammelte die gestohlenen Waffen ein. Wut loderte in seinen Augen.

»Nein. Ich kann mir keinen Umweg mehr leisten. Ich habe mich schon viel zu sehr verspätet. Es gibt für mich nichts Wichtigeres als die Rückkehr nach Ylorc. Ich muss herausfinden, was mit meinem Königreich los ist, falls es überhaupt noch besteht. Bring ihn selbst dorthin oder geh mit ihm nach Gwynwald zum Tanisten deines Vaters, was noch besser wäre. Es heißt, Khaddyr sei der beste Heiler auf dem Kontinent. Wenn er diesem Mann nicht mehr helfen kann, befürchte ich, dass es niemandem möglich ist.«

»Er schafft es nicht mehr bis Gwynwald, es ist zu weit.«

»Dann bring ihn selbst nach Bethe Corbair. Ich werde es nicht länger verheimlichen, dass du dich versteckt hältst. Du bist geheilt und hast deine Seele zurückerhalten. Was willst du noch? Es könnte einem mehr als nur ein wenig feige vorkommen, wenn du weiterhin im Luxus der Unerkanntheit durch die Welt spazierst, während dein Freund hier stirbt.«

»Mit eurer Erlaubnis«, ertönte eine brummende Stimme unter ihnen, »würde ich gern zu Anborn gebracht, wenn es euch nichts ausmacht. Außerdem sterbe ich nicht; das wäre gegen meine Befehle.« Ein qualvolles Keuchen unterbrach seine Worte; der alte Mann glitt wieder in die Bewusstlosigkeit.

Achmed und Ashe starrten auf den zerschmetterten Mann zu ihren Füßen und sahen sich dann gegenseitig an.

»Nun, es hat den Anschein, dass ihm der Ring in seinem Schicksal ebenfalls Weisheit geschenkt hat, nicht wahr? Weißt du, wo man Anborn finden kann?«, fragte Achmed, während er die Waffen in die vom Pech besudelte Decke eines toten Schiachtrosses einwickelte.

Ashe dachte einen Moment lang nach, dann nickte er. »Klingt wie ein vernünftiger Plan. Nun gut, dann überlasse ich dich deiner Weiterreise.«

Achmed machte sich auf den Weg zu seinem Reittier.

»Warte!«, rief Ashe. Achmed seufzte verärgert und drehte sich wieder um.

»Was ist mit Rhapsody? Geht es ihr gut?«

»Sie hat mir gesagt, dass ihr beiden nicht mehr zusammen seid«, gab Achmed ungeduldig zurück. »Wenn das stimmt, dann sind ihr Wohlbefinden und alle anderen Informationen über sie für dich nicht mehr von Belang. Vergiss sie. Sie hat dich bereits vergessen.« Er stieg auf, warf das Bündel Waffen vor sich auf den Sattel und trieb sein Pferd zu einem Galopp an. Einen Augenblick später hatte er den Hügel in westlicher Richtung erklommen und war aus Ashes Blickfeld verschwunden.

Ashe wartete einen Augenblick, als wäre die Zeit plötzlich angehalten worden, dann fing er einen vorbeilaufenden Wallach ein und brachte ihn hinüber zu Dorndreher, der flach atmete.

»Hab keine Angst«, sagte er zu dem Bewusstlosen, während er ihn in den Sattel hob. »Ich werde dafür sorgen, dass du es bis zu deinem Ziel schaffst.«

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