Kapitel 23

«Wir sind allein«, sagte die Stimme, als Borowski die Augen öffnete. Die riesige Gestalt von Santos ließ den großen Sessel, in dem er saß, klein erscheinen, und die schwache Birne der einzigen Deckenlampe erhöhte die Blässe seines riesigen kahlen Schädels. Jason schmerzte der Hals, und er spürte die starke Schwellung auf seinem Kopf. Er war in die Ecke des Sofas gelehnt.

«Kein Bruch, kein Blut, ich schätze nur eine etwas schmerzhafte Beule«, gab der Mann des Schakals zum besten.

«Ihre Diagnose ist genau, insbesondere der zweite Teil.«

«Es war umwickeltes Hartgummi. Das Ergebnis ist vorhersehbar, es sei denn, es handelt sich um eine Gehirnerschütterung. Neben Ihnen, auf dem Tablett, liegt ein Eisbeutel. Könnte nützlich sein. «Borowski ergriff in dem schwachen Licht den großen, kalten Beutel und legte ihn sich auf den Kopf.»Sie sind sehr rücksichtsvoll«, sagte er tonlos.

«Warum nicht? Wir haben mehrere Dinge zu besprechen… eine Million…«

«Sie gehört Ihnen unter den genannten Bedingungen.«

«Wer sind Sie?«fragte Santos scharf.»Das ist keine der Bedingungen.«

«Sie sind kein junger Mann mehr.«

«Nicht, daß es wichtig wäre, aber Sie sind es auch nicht.«

«Sie hatten eine Pistole und ein Messer bei sich. Letzteres taugt eher für junge Heißsporne.«

«Wer hat das gesagt?«

«Unsere Reflexe… Was wissen Sie über die Amsel?«

«Sie könnten mich ebenso fragen, woher ich Le Coeur kenne.«

«Woher?«

«Hat mir jemand gesagt.«

«Wer?«

«Tut mir leid, gehört nicht zu den Bedingungen. Ich bin ein Vermittler, und das ist meine Arbeitsweise. Das erwarten meine Kunden.«

«Erwarten sie auch, daß Sie sich das Knie verbinden, um eine Verwundung vorzutäuschen? Als Sie die Augen öffneten, habe ich draufgedrückt. Keine Anzeichen von Schmerz, keine Verstauchung, kein Bruch. Sie haben auch keinen Ausweis bei sich, nur einen Haufen Geld.«

«Sind nun mal meine Methoden… Ich habe Ihnen doch meine Botschaft überbracht, oder? Ich bezweifle ich, daß ich es ebenso erfolgreich hätte tun können, wenn ich in Ihrem Laden im Anzug und mit Aktentasche erschienen wäre.«

Santos lachte.»Da wären Sie gar nicht reingekommen. Sie wären schon in der Gasse ausgezogen worden.«

«Den Gedanken hatte ich auch… Machen wir ein Geschäft. Sagen wir eine Million?«

Der Mann des Schakals zuckte die Schultern.»Mir scheint, daß ein Käufer, wenn er auf Anhieb eine solche Summe nennt, noch höher geht. Sagen wir anderthalb Millionen. Vielleicht auch zwei.«

«Aber ich bin nicht der Käufer, ich bin der Vermittler. Ich bin autorisiert, eine Million zu zahlen, was meiner Meinung nach schon viel zuviel ist. Aber Zeit ist Geld. Nehmen Sie's oder lassen Sie's. Ich habe noch andere Möglichkeiten.«

«Haben Sie wirklich?«»Gewiß.«

«Nicht, wenn Sie eine Leiche sind, die ohne Ausweis in der Seine schwimmt.«

«Ich verstehe. «Jason sah sich in der dunklen Wohnung um; sie hatte wenig Ähnlichkeit mit der schäbigen Kneipe darunter. Die Möbel waren groß, aber geschmackvoll ausgewählt, nicht elegant, doch gewiß auch nicht billig. Was einigermaßen erstaunlich war, das waren die Bücherregale, die zwischen den beiden Vorderfenstern die ganze Wand bedeckten. Der Akademiker in Borowski wünschte, er könnte die Buchtitel lesen. Sie könnten ihm ein klareres Bild von diesem seltsamen Riesen verschaffen, der sprach, als wäre er an der Sorbonne gewesen — äußerlich ein Rohling und innerlich… wer weiß. Seine Augen kehrten zu Santos zurück.»Dann kann ich hier also nicht ganz einfach wieder rausspazieren?«

«Nein«, antwortete der Verbindungsmann des Schakals.»Es wäre möglich gewesen, wenn Sie meine einfachen Fragen beantwortet hätten, aber Sie sagen mir, daß Ihre Konditionen — oder sollte ich sagen, Ihre Restriktionen? Ihnen das verbieten… Nun gut, auch ich habe meine Konditionen, und Sie werden mit ihnen leben oder sterben.«»Das ist keine große Auswahl.«»Kein Grund, weshalb es anders sein sollte.«»Natürlich: Sie verscherzen sich jede Chance, eine Million zu kassieren — oder, wie Sie vorgeschlagen haben, eine Menge mehr.«

«Man möchte meinen«, sagte Santos und kreuzte seine dicken Arme über der Brust, wobei er abwesend seine großen Tätowierungen betrachtete,»daß ein Mann mit derartigen Mitteln bereitwillig Auskünfte geben wird, um unnötige und quälende Schmerzen zu vermeiden. «Der Mann des Schakals schlug plötzlich mit der rechten Faust auf die Stuhllehne und brüllte:»Was wissen Sie über eine Amsel? Wer hat Ihnen vom Coeur du Soldat erzählt? Wo kommen Sie her, und wer sind Sie, und wer ist Ihr Kunde?«Borowski lief es kalt über den Rücken, aber sein Hirn arbeitete rasend schnell. Er mußte hier rauskommen! Er mußte Bernardine erreichen — wie viele Stunden war sein Anruf schon überfällig? Wo war Marie? Doch an dem Riesen ihm gegenüber war kein Vorbeikommen. Santos war weder ein Lügner noch ein Idiot. Er würde und konnte seinen Gefangenen spielend und ohne Zögern ermorden… und er würde sich nicht durch irgendwelche falschen oder zusammengeflickten Informationen düpieren lassen. Der Mann des Schakals hatte zwei Besitztümer zu verteidigen — sein eigenes und das seines Mentors. Dem Chamäleon blieb nur ein Ausweg: einen gefährlich großen Teil der Wahrheit zu enthüllen, so groß, daß es glaubhaft war, die Authentizität so plausibel, daß das Risiko der Ablehnung für Santos unannehmbar war. Jason legte den Eisbeutel auf das Tablett zurück und sprach langsam aus dem Schatten der Couch heraus.

«Es ist klar, daß ich keine Lust habe, für einen Kunden zu sterben oder gefoltert zu werden, um seine Information zu schützen, also sage ich Ihnen, was ich weiß, was nicht so viel ist, wie ich unter diesen Umständen gerne wissen würde. Ich werde Ihre Punkte der Reihe nach durchgehen, es sei denn, ich bringe vor lauter Angst die Abfolge durcheinander. Als erstes: Über das Geld kann ich nicht persönlich verfügen. Ich treffe mich mit einem Mann in London, dem ich die Information übergebe, und er überweist es von einem Konto in Bern — auf das Konto und den Inhaber, den ich ihm nenne, wer auch immer es ist… Wir übergehen meinen Tod und die quälenden Schmerzen, das habe ich beides beantwortet. Mal sehen, was ich über die Amsel weiß… Das Coeur du Soldat ist zufällig ein Teil der Frage. Mir wurde gesagt, daß ein alter Mann — Name und Nationalität unbekannt, zumindest mir, aber ich nehme an, ein Franzose — an eine bekannte Person des öffentlichen Lebens herangetreten sei und ihm gesagt habe, er sei das Ziel eines geplanten Mordanschlags. Wer glaubt schon einem alten Trunkenbold, besonders, wenn er ein langes Polizeiregister hat und auf eine Belohnung aus ist? Unglücklicherweise fand der Mord statt, aber glücklicherweise war ein Berater des Verstorbenen dabei, als der alte Mann ihn gewarnt hatte. Noch günstiger, daß der Berater ein sehr enger Freund meines Kunden ist und die Ermordung für beide ein sehr erfreuliches Ereignis war. Der Berater gab heimlich die Information weiter. Einer Amsel wird eine Botschaft durch eine Kneipe mit Namen Le Coeur du Soldat in Argenteuil geschickt. Diese Amsel muß ein außergewöhnlicher Mann sein, und jetzt will mein Kunde ihn kontaktieren… Was mich angeht, meine Büros sind Hotelzimmer in verschiedenen Städten. Gegenwärtig bin ich unter dem Namen Simon im Pont-Royal eingetragen, wo ich meinen Paß und meine anderen Papiere habe. «Borowski machte eine Pause und öffnete seine Hände.»Ich habe Ihnen die ganze Wahrheit gesagt, alles, was ich weiß.«

«Nicht die ganze Wahrheit«, korrigierte Santos mit leiser, gutturaler Stimme.»Wer ist Ihr Kunde?«

«Ich werde umgebracht, wenn ich es Ihnen sage.«

«Ich bringe Sie sofort um, wenn Sie es nicht tun«, sagte der Mittelsmann des Schakals und zog Jasons Jagdmesser aus seiner Scheide. Das Blatt glitzerte im Schein der Lampe.

«Warum geben Sie mir nicht die Information, die mein Kunde möchte, zusammen mit einem Namen und einer Nummer — irgendein Name, irgendeine Nummer —, und ich garantiere Ihnen zwei Millionen Francs. Alles, worum mein Kunde gebeten hat, ist, daß ich der einzige Mittelsmann bin. Was schadet es? Die Amsel kann ablehnen und mir sagen, mich zum Teufel zu scheren… Drei Millionen!«

Santos' Augen flackerten, als wäre die Versuchung beinahe zuviel für seine Vorstellung.»Vielleicht machen wir das Geschäft später…«

«Jetzt.«

«Nein!«Der Mann des Schakals ließ seinen riesigen Körper aus dem Sessel schnellen und kam auf die Couch zu, wobei er das Messer drohend vor sich hielt.»Ihr Kunde.«

«Mehrere«, antwortete Borowski.»Eine Gruppe von mächtigen Männern in den Vereinigten Staaten.«

«Wer?«

«Sie hüten ihre Namen wie atomare Geheimnisse, ich kenne nur einen, aber der sollte Ihnen reichen.«

«Wer?«

«Sie müssen es selbst herausfinden — versuchen Sie doch mindestens das Enorme dessen zu begreifen, was ich Ihnen sage. Schützen Sie die Amsel in jeder Hinsicht! Vergewissern Sie sich, daß ich die Wahrheit sage, und dabei können Sie sich so reich machen, daß Sie tun können, was Sie wollen, alles, für den Rest Ihres Lebens. Sie können reisen, verschwinden, vielleicht Zeit gewinnen für Ihre Bücher, statt sich um diesen Abschaum da unten zu kümmern. Wie Sie sagten, wir sind beide nicht mehr jung. Ich mache ein großzügiges Vermittlungsangebot, und Sie sind ein reicher Mann, frei von Sorgen, von unangenehmer Schinderei… Was kann es denn schaden? Man kann es mir abschlagen, meinem Kunden abschlagen. Da ist keine Falle. Mein Kunde will ihn nicht einmal sehen. Sie wollen ihn anheuern.«

«Wie ließe sich das anstellen? Wie könnte ich zufriedengestellt werden?«

«Erfinden Sie sich selbst eine hohe Stellung, und rufen Sie den amerikanischen Botschafter in London an — sein Name ist Atkinson. Sagen Sie ihm, daß sie eine vertrauliche Botschaft von der Schlangenlady erhalten haben. Fragen Sie ihn, ob sie ausgeführt werden soll.«

«Schlangenlady? Was ist das?«

«Medusa. Sie nennen sich selbst Medusa.«

Mo Panov entschuldigte sich und rutschte aus der Sitzecke. Er lief durch das Gedränge zur Herrentoilette des Autobahnrestaurants und suchte verzweifelt nach einem Münztelefon. Es gab keines! Das einzige verdammte Telefon war nur ein paar Schritte von ihrem Platz entfernt und lag genau im Blickfeld der Platinblonden mit den wilden Augen, deren

Paranoia ebenso tief saß wie ihre dunkelroten Haaransätze auf der Kopfhaut. Er hatte nebenbei bemerkt, daß er sein Büro anrufen und seinen Leuten über den Unfall und seinen Aufenthaltsort berichten müsse, wurde aber sofort mit Beleidigungen überhäuft.

«Und ein Schwärm von Bullen, die losziehen, um dich aufzulesen! Nicht ums Verrecken, Medizinmann. Dein

Büro ruft die Fuzzis an, die rufen meinen verehrten Häuptling an, und mein Arsch bleibt an jedem Stachel drahtzaun in der Gegend hängen. Er steht mit jedem Bullen hier in der Gegend auf du und du. Ich glaube, er steckt ihnen, wo es die besten Ficks zu holen gibt.«

«Es gäbe keinen Grund für mich, Sie zu erwähnen, und das würde ich auch nicht tun. Erinnern Sie sich, daß Sie sagten, er könnte möglicherweise nicht gut auf mich zu sprechen sein.«

«Nicht gut zu sprechen? Er würde dir deine kleine Nase abschneiden. Ich will kein Risiko eingehen, und du siehst auch nicht so aus. Du würdest das mit deinem Unfall ausplappern — und als nächstes die Bullen.«»Sie wissen, daß das nicht sinnvoll ist.«»Gut, dann werde ich sinnvoll sein: Ich schreie Vergewaltigung! und sag diesen nicht so zimperlichen Lastwagenfahrern hier, daß ich dich vor zwei Tagen mitgenommen habe und seither deine Sex-Sklavin gewesen bin. Wie schmeckt dir das?«

«Nicht gut. Kann ich wenigstens mal zur Toilette gehen? Es ist dringend.«

«Aber bitte. Da hängen sie keine Telefone auf.«»Wirklich? Und warum nicht? Lastwagenfahrer verdienen gutes Geld. Die wollen doch keine Münzfernsprecher knacken.«

«Junge, du kommst wohl von hinterm Mond. Auf den Autobahnen passiert einiges — Sachen werden umgeleitet oder geklaut, kapiert? Wenn Leute Telefongespräche führen, gibt es andere, die wissen wollen, wer sie macht.«»Wirklich…?«

«Oh, Himmel. Beeil dich. Wir haben nur Zeit für ein paar Bissen. Ich bestell schon mal. Er wird die Siebzig hochdonnern, nicht die Siebenundneunzig. Kann er sich nicht vorstellen.«

«Vorstellen, was? Was ist Siebzig und Siebenundneunzig?«

«Straßen, um Himmels willen! Es gibt Straßen und Straßen. Du bist ein blöder Medizinmann. Geh pinkeln. Später könnten wir dann vielleicht in einem Motel halten, um unsere geschäftliche Diskussion weiterzuführen können, mit 'nem ersten Vorschuß für dich.«

«Wie bitte?«

«Ich bin erste Wahl. Oder ist das gegen deine Religion?«

«Guter Gott, nein. Ich bin ganz dafür.«

«Gut. Beeil dich!«

Panov ging also zur Toilette, und die Frau hatte tatsächlich recht. Es gab keine Telefone, und das Fenster nach draußen war zu klein, um durchzukriechen… Aber er hatte Geld, viel Geld und fünf Führerscheine aus fünf verschiedenen Staaten. Laut Jason Borowskis Lexikon waren das Waffen, insbesondere das Geld. Mo ging zuerst zum Urinbecken, was längst fällig war, und dann zur Tür. Er zog sie ein Stückchen auf, um die Blonde zu beobachten. Mit einem Schlag wurde die Tür gewaltsam aufgestoßen, und Panov krachte gegen die Wand.

«Oh, tut mir leid, Kumpel!«rief ein kleiner, untersetzter Mann, und packte Mo an den Schultern.»Ist alles okay, Junge?«

«Oh, ja, gewiß doch. Natürlich.«

«Gar nicht. Du hast Nasenbluten! Komm her zu den Handtüchern«, befahl der Lkw-Fahrer mit dem T-Shirt, an dem ein Ärmel aufgekrempelt war für eine Packung Zigaretten.»Komm, halt den Kopf nach hinten, und ich geb dir 'n bißchen kaltes Wasser auf den Rüssel… Ganz locker, lehn dich an die Wand. So, so isses besser. Das geht gleich vorüber. «Der kleine Mann langte hoch und preßte vorsichtig die feuchten

Papiertücher auf Panovs Nase, während er ihn im Nacken stützte. Dauernd prüfte er, ob noch Blut floß.»Schon gut, Kumpel. Fast vorbei. Mußt nur durch den Mund atmen, tief einatmen und den Kopf schräg halten, verstehst du mich?«

«Danke«, sagte Panov. Er hielt das Tuch fest und war erstaunt, daß die Blutung so schnell gestoppt werden konnte.»Vielen Dank.«

«Nichts zu danken«, sagte der Fahrer und erleichterte sich.»Fühlst du dich jetzt besser?«

«Ja, doch. «Und entgegen dem Rat seiner verstorbenen Mutter entschloß sich Mo, die Gelegenheit beim Schöpf zu ergreifen und die Aufrichtigkeit beiseite zu lassen.»Aber ich müßte erklären, daß es mein Fehler war, nicht Ihrer.«

«Was?«fragte der Fahrer und wusch sich die Hände.

«Ehrlich gesagt, ich habe mich hinter der Tür versteckt und eine Frau beobachtet, die ich loswerden will — wenn Sie das verstehen. «Panovs persönlicher Arzt lachte, als er sich die Hände trocknete.»Ist nicht schwer zu verstehen. Das ist die Geschichte der Menschheit, Kumpel. Sie bekommen dich in ihre Klauen, und sie jammern, und du weißt nicht, was du machen sollst, sie heulen, und du wirfst dich ihnen zu Füßen. Also ich, ich hab's da besser, ich habe eine richtige Europäerin geheiratet, verstehst du? Sie spricht nicht so gut englisch, aber sie ist dankbar… Großartig zu den Kindern, großartig zu mir, und ich bin immer noch aufgeregt, wenn ich sie sehe. Sie ist nicht wie eine dieser verdammten Prinzessinnen hier.«

«Das ist eine sehr interessante, sogar tiefsinnige Feststellung«, sagte der Psychiater.

«Was?«

«Nichts. Ich möchte einfach hier raus, ohne daß sie mich sieht. Ich habe etwas Geld…«

«Behalt das Geld, wer ist es?«Beide Männer gingen zur Tür, und Panov öffnete sie einen Spalt.»Es ist die da drüben, die Blonde, die immer hierher und zum Eingang schaut. Sie ist ziemlich aufgeregt…«

«Heilige Maria«, unterbrach der kleine Lkw-Fahrer.»Das ist Bronks Frau! Die ist vom Kurs abgekommen.«

«Vom Kurs? Bronk?«

«Er fährt auf der östlichen Linie, nicht hier. Was, zum Teufel, macht sie hier?«

«Ich glaube, sie versucht, ihm aus dem Weg zu gehen.«

«Ja«, meinte Mos Kumpel.»Ich hab schon gehört, daß sie sich rumtreibt und nicht mal Geld dafür verlangt.«

«Sie kennen sie?«

«Teufel, ja. Ich bin öfters bei ihren Barbecues gewesen. Sie macht eine verteufelt gute Soße.«

«Ich muß hier raus. Wie gesagt, ich hab ein bißchen Geld…«

«Schon gut. Das können wir später diskutieren.«

«Wo?«

«In meinem Lkw. Der rote mit den weißen Streifen, wie unsere Flagge. Steht vor dem Gebäude rechts. Geh um das Führerhaus herum und halt dich versteckt.«

«Sie wird mich herauskommen sehen.«

«Nein, wird sie nicht. Ich geh zu ihr hin und — welch eine Überraschung! Ich werde ihr das Blaue vom Himmel heruntererzählen und daß Bronk Richtung Süden nach Carolinas fährt — zumindest hab ich das gehört.«

«Wie kann ich das je wiedergutmachen?«

«Wahrscheinlich mit etwas von dem Geld, von dem du dauernd quatschst. Nicht zuviel. Der Bronk ist ein Tier, und ich bin wiedergeborener Christ.«

Der kleine Fahrer riß die Tür auf, wobei er Panov beinahe noch einmal an die Wand stieß. Mo sah zu, wie sich sein Mitverschwörer der Sitzecke näherte, seine Arme ausbreitete und die Platinblonde als alte Bekannte begrüßte und schnell zu sprechen begann. Die Augen der Frau waren abgelenkt, sie war hypnotisiert. Panov sauste aus der Toilette, zum Eingang hinaus und hinter den rot-weiß-gestreiften Lkw. Außer Atem versteckte er sich hinter dem Führerhaus und wartete.

Plötzlich kam Bronks Frau aus dem Speiseraum gerannt, mit fliegenden blonden Haaren, und rannte zu ihrem Fahrzeug. Sie stieg ein, in Sekundenschnelle heulte der Motor auf, und sie fuhr weiter in Richtung Norden, wie Mo erstaunt bemerkte.

«Na, wie geht's, Kumpel? Wo steckst du denn?«rief der kleine Mann, der nicht nur in kürzester Zeit seinem Nasenbluten Einhalt geboten hatte, sondern ihn jetzt auch vor einer verrückten Frau mit Paranoia, die gleichermaßen auf Schuldbewußtsein und Rache basierte, gerettet hatte.

«Hier bin ich!«

Fünfunddreißig Minuten später erreichten sie die Vororte einer Stadt, und der Lkw-Fahrer hielt vor einer Reihe von Geschäften am Rande der Autobahn.»Hier gibt’s sicher ein Telefon, Kumpel. Viel Glück.«

«Sind Sie sicher?«fragte Mo.»Wegen des Geldes, meine ich.«

«Klar, ist schon gut«, antwortete der kleine Mann.»Zweihundert Dollar sind prima — die hab ich vielleicht sogar verdient. Mehr verdirbt den Charakter. Mir ist schon das Fünfzigfache angeboten worden, um Sachen zu transportieren, die ich nicht transportieren wollte, und was habe ich wohl gesagt?«

«Was?«

«Ich hab gesagt, sie sollten in den Wind pissen mit ihrem Gift.«»Sie sind ein guter Mensch«, sagte Panov und kletterte aus dem Wagen.

«Ich muß ein paar Dinge wiedergutmachen. «Die Wagentür knallte zu, und der Truck fuhr los, als Mo sich umdrehte und nach einem Telefon Ausschau hielt.

«Wo steckst du?«schrie Alexander Conklin in Virginia.

«Ich weiß nicht!«antwortete Panov.»Wenn ich mein Patient wäre, würde ich jetzt umständlich erklären, daß es die Fortsetzung einer Freudschen Traumfolge sein müsse, weil so was in der Realität nie passiert. Sie haben mich hochgeschossen, Alex!«

«Bleib ruhig. Wir haben das vermutet. Wir müssen wissen, wo du bist. Sei dir im klaren, daß andere auch nach dir suchen.«

«Ja, ja… Warte eine Minute! Hier gegenüber ist ein Laden für Lebensmittel. Das Schild heißt Battle Ford's Best, reicht das?«

Ein Seufzen am anderen Ende der Leitung in Virginia war die Antwort.»Ja, tut es. Wenn du ein sozial produktiver Sammler von Militaria aus dem Bürgerkrieg wärst und nicht ein unbedeutender Holzkopf.«

«Was soll das heißen?«

«Geh rüber zum alten Schlachtfeld von Ford's Bluff. Das ist ein nationales Heiligtum. Da stehen überall Schilder. Ein Hubschrauber wird in dreißig Minuten dort sein.«

«Weißt du, wie dramatisch du dich anhörst? Dabei war ich das Objekt von Feindseligkeiten…«

«Das reicht, Coach.«

Borowski ging in das Pont-Royal und direkt zum Nachtportier, entnahm seinem Geldbeutel eine Note von fünfhundert Francs und schob sie ihm ruhig in die Hand.

«Mein Name ist Simon«, sagte er lächelnd.»Ich bin weggewesen. Irgendwelche Nachrichten?«

«Keine Nachrichten, Monsieur Simon«, war die ruhige Antwort,»aber zwei Männer stehen draußen, der eine in der Rue Montalembert und der andere in der Rue de Bac.«

Jason holte eine Tausend-Francs-Note heraus und drückte sie dem Mann in die Hand.»Ich zahle für so einen Blick, und ich zahle gut. Weiter so.«

«Natürlich, Monsieur.«

Borowski ging zu dem alten Fahrstuhl. Auf seinem Stock ging er die sich kreuzenden Korridore entlang zu seinem Zimmer. Nichts war verändert, alles war so, wie er es zurückgelassen hatte, außer daß das Bett gemacht war. Das Bett. Oh, Gott, er brauchte Ruhe, Schlaf. Er konnte so nicht weitermachen. Irgend etwas war mit ihm — weniger Energie, weniger Luft. Und doch brauchte er beides mehr denn je zuvor. Wie gerne würde er sich hinlegen… Nein. Da war Marie. Da war Bernardine. Er ging zum Telefon und wählte die Nummer, die er im Gedächtnis hatte.

«Tut mir leid, daß es so spät geworden ist«, sagte er.

«Vier Stunden zu spät, man ami. Was ist passiert?«

«Keine Zeit. Was ist mit Marie?«

«Nichts. Absolut nichts. Sie ist mit keinem internationalen Flug gelandet, ist auch nicht für einen der kommenden Flüge eingetragen. Ich selbst habe die Anschlüsse von London, Lissabon, Stockholm und Amsterdam gecheckt nichts. Es gibt keine Marie Elise St. Jacques auf dem Weg nach Paris.«

«Muß aber. Sie würde niemals ihren Entschluß umstoßen, das sieht ihr nicht ähnlich. Und sie weiß nicht, wie man an den Kontrollen vorbeikommt.«

«Ich wiederhole. Sie steht auf keiner Flugliste irgendeines Fluges von wo auch immer nach Paris.«

«Verdammt!«»Ich werde es weiterprobieren, mein Freund. Die Worte vom heiligen Alex habe ich noch im Ohr. Unterschätze nicht la belle mademoiselle.«

«Sie ist keine verdammte Mademoiselle, sie ist meine Frau… Sie gehört nicht zu uns, Bernardine. Sie ist keine Agentin, die Haken schlagen kann, Doppelhaken, Dreifachhaken. Das ist sie nicht. Aber sie ist auf dem Weg nach Paris. Ich weiß es.«

«Die Fluggesellschaften wissen es nicht. Was kann ich mehr sagen?«

«Was Sie schon gesagt haben«, sagte Jason, wobei seine Lungen kaum noch Luft holen konnten und seine Augenlider immer schwerer wurden.»Weiterversuchen.«

«Was ist heute nacht passiert?«

«Morgen«, antwortete David Webb, kaum hörbar.»Morgen… Ich bin so müde, und ich muß jemand anders sein.«

«Wovon reden Sie? Sie hören sich an wie…«

«Nichts. Morgen. Ich muß nachdenken… Oder vielleicht sollte ich an gar nichts denken.«

Marie stand in Marseilles in der Schlange vor der Paßkontrolle, die glücklicherweise zu dieser frühen Stunde nicht lang war. Sie nahm einen gelangweilten Gesichtsausdruck an, obwohl sie sich keineswegs so fühlte. Sie war an der Reihe.

«Americaine«, sagte der verschlafene Beamte.»Sind Sie zum Vergnügen oder geschäftlich hier, Madame?«

«Je parle francais, monsieur. Ich bin Kanadierin aus Quebec. Separatistin.«

«Ah, bien!« Die verschlafenen Augen des Beamten öffneten sich ein bißchen weiter, als er auf französisch fortfuhr:»Sind Sie geschäftlich hier?«

«Nein. Meine Eltern sind aus Marseilles, und beide sind kürzlich verstorben. Ich möchte mir ansehen, woher sie stammen, wo sie gelebt haben — das, was mir vielleicht gefehlt hat.«

«Wie rührend, meine Dame«, sagte der Paßbeamte zu der ansprechenden Reisenden.»Vielleicht brauchen Sie auch einen Führer? Es gibt keinen Teil dieser Stadt, der nicht unauslöschlich in meinem Gedächtnis eingeprägt wäre.«

«Sie sind sehr freundlich. Ich werde im Sofitel Vieux Port absteigen. Wie heißen Sie? Meinen haben Sie ja.«

«Lafontaine, Madame. Zu Ihren Diensten!«

«Lafontaine? Sagen Sie nur!«

«Doch wirklich.«

«Wie interessant.«

«Ich bin sehr interessant«, sagte der Beamte mit halb geschlossenen Augenlidern, jetzt aber nicht aus Schläfrigkeit, während er die Stempelprozedur erledigte.

«Ich stehe Ihnen immer zu Diensten, Madame!«

Muß ich doch schon wieder auf diesen Clan stoßen, dachte Marie, als sie zum Gepäckband ging. Dann wollte sie einen Inlandflug unter irgendeinem Namen nach Paris buchen.

Francois Bernardine wachte plötzlich auf, stützte sich auf die Ellbogen, stirnrunzelnd, verwirrt.»Sie ist auf dem Weg nach Paris. Ich weiß es!«Die Worte ihres Mannes, der sie am besten kannte.»Sie steht auf keiner Flugliste irgendeines Fluges von wo auch immer nach Paris. «Seine eigenen Worte.

Paris. Das Schlüsselwort war Paris! Aber angenommen, es war nicht Paris?

Der Veteran vom Deuxieme kroch aus dem Bett. Das Licht des frühen Morgens schimmerte schon durch die hohen, schmalen Fenster seiner Wohnung. Er rasierte sich schneller, als es seinem Gesicht guttat, wusch sich, zog sich an und ging auf die Straße hinunter zu seinem Peugeot, an dessen Windschutzscheibe der unvermeidbare Zettel hing. Leider waren

sie nicht mehr auf offiziellem Weg mit einem Telefongespräch zu erledigen. Er seufzte, nahm ihn von der Scheibe und stieg in seinen Wagen.

Achtundfünfzig Minuten später schwenkte er auf den kleinen Parkplatz eines kleinen Ziegelsteingebäudes ein, der zum riesigen Cargo-Komplex des Flughafens Orly gehörte. Das Gebäude beherbergte eine Abteilung der Grenzbehörde, eine wichtige Abteilung, die einfach als Büro für Lufteinreise bekannt war, wo ausgeklügelte Computersysteme für die genaueste minütliche Kontrolle jedes Fluggastes nach Frankreich von allen internationalen Flughäfen sorgten. Eine wichtige Institution für die Einreisebehörde, die aber vom Deuxieme nicht häufig konsultiert wurde, denn für die Leute, an denen das Deuxieme in aller Regel interessiert war, gab es viel zuviel andere Einreisemöglichkeiten. Nichtsdestoweniger hatte Bernardine im Laufe der Jahre Informationen aus diesem Büro geholt, auf die Theorie bauend, daß das Sichtbare oft nicht wahrgenommen wurde. Ab und zu hatte er damit Erfolg gehabt. Er fragte sich, ob das auch an diesem Morgen der Fall sein würde.

Neunzehn Minuten später hatte er die Antwort. Aber der Erfolg kam zu spät. Es gab ein Münztelefon im Vorraum des Büros. Bernardine warf eine Münze hinein und wählte das Pont-Royal an.

«Ja?«hustete die Stimme von Jason Borowski.

«Entschuldigung, daß ich Sie geweckt habe.«

«Francois?«

«Ja.«

«Ich war gerade beim Aufstehen. Unten auf der Straße stehen zwei Männer, die noch müder als ich sind. Wenn sie noch nicht abgelöst worden sind.«

«Gestern abend oder die ganze Nacht?«

«Ich werd's Ihnen erzählen, wenn wir uns sehen. Was gibt's?«

«Ich bin in Orly, und ich fürchte, ich habe schlechte Nachrichten. Informationen, die zeigen, was für ein Idiot ich bin. Ich hätte daran denken müssen… Ihre Frau ist über Marseille gekommen, vor gut zwei Stunden. Nicht Paris. Marseille.«

«Warum sind das schlechte Nachrichten?«rief Jason.»Wir wissen, wo sie ist! Wir können… Oh, mein Gott, ich verstehe. «Borowskis Stimme wurde gedämpft.»Sie kann einen Zug nehmen, einen Wagen mieten… «

«Sie könnte auch unter irgendeinem falschen Namen nach Paris fliegen«, meinte Bernardine.»Doch ich habe da eine Idee. Wahrscheinlich ist sie genauso wertlos wie mein Verstand, aber trotzdem… Haben Sie spezielle — wie nennen Sie es? — Spitznamen füreinander? Kosenamen vielleicht?«

«Ehrlich gesagt, halten wir nicht viel von solchen Sachen… Moment mal. Vor ein paar Jahren hatte Jamie, das ist unser Sohn, Schwierigkeiten mit dem Aussprechen von Mommy. Er drehte es um und sagte Miemom. Wir machten unseren Spaß damit und nannten sie ein paar Monate lang auch so, bis der Junge es richtig konnte.«

«Liest sie die Zeitungen?«

«Andächtig, zumindest den Wirtschaftsteil. Ich bin nicht sicher, ob sie ernsthaft darüber hinauskommt. Es ist ihr morgendliches Ritual.«

«Auch in einer Krise?«

«Besonders in einer Krise. Sie behauptet, das beruhige sie.«

«Dann schicken wir ihr eine Botschaft — im Wirtschaftsteil.«

Botschafter Atkinson machte sich in der amerikanischen Botschaft in London auf einen Vormittag mit trübseliger Schreibarbeit gefaßt. Die Trübseligkeit wurde von einem Pochen in den Schläfen und einem schlechten Geschmack im

Mund begleitet. Es war kein typischer Kater, weil er nur selten Whisky trank und seit über fünfundzwanzig Jahren nicht mehr wirklich betrunken gewesen war. Vor sehr langer Zeit, etwa zweieinhalb Jahre nach dem Fall von Saigon, hatte er die Grenzen seiner Talente und vor allem seiner finanziellen Möglichkeiten erkannt. Als er mit den normalen, nicht außergewöhnlichen Auszeichnungen aus dem Krieg zurückgekehrt war, hatte ihm seine Familie einen frei gewordenen Sitz an der New Yorker Börse verschafft, wo er in den folgenden dreißig Monaten etwas über drei Millionen Dollar verloren hatte.

«Hast du denn überhaupt nichts Vernünftiges gelernt in Andover und Yale?«hatte sein Vater gebrüllt.»Wenigstens ein paar Verbindungen in der Wall Street herzustellen?«

«Dad, sie waren alle eifersüchtig auf mich, du weißt das. Mein Aussehen, meine Mädchen — ich sehe wie du aus, Dad —, sie haben sich alle gegen mich verschworen. Manchmal denke ich, daß sie durch mich dir eins auswischen wollen! Du weißt, wie sie reden. Senior und Junior, glänzende Gesellschaften und all der Quatsch… Denk an die Kolumne in den Daily News, wo sie uns mit den Fairbanks verglichen haben.«

«Ich kenne Doug seit vierzig Jahren!«bellte der Vater.»Er ist aufgestiegen, weil er einer der Besten ist.«

«Und er war nicht in Andover oder Yale, Dad.«

«Er brauchte es nicht, zum Teufel! Warte mal. Der diplomatische Dienst…? Was, zum Kuckuck, war das für ein Diplom, das du in Yale gemacht hast?«

«Ein Examen der philosophischen Fakultät.«

«Scheiß drauf! Da war doch noch etwas. Die Kurse in… was?«

«Hauptfach: englische Literatur, Nebenfach: politische

Wissenschaften.«

«Das ist es! Das andere kannst du vergessen. Da warst du hervorragend — in dem politischen Scheiß.«

«Das war nun wirklich nicht meine Stärke, Dad.«

«Du bist durchgekommen?«

«Ja… so eben.«

«Nicht so eben, mit Auszeichnung! Das ist es!«

Und so begann Philip Atkinson III. seine Karriere im diplomatischen Dienst durch die wertvolle politische Unterstützung seines Vaters, und obwohl der schon vor acht Jahren verstorben war, vergaß er nie die letzte Ermahnung dieses alten Schlachtrosses:»Versau dir nicht diesen Job, Sohn, Wenn du saufen und huren willst, dann mach es in deinen eigenen vier Wänden oder in irgendeiner verdammten Wüste, ist das klar? Und behandle deine Frau, wie immer sie heißen mag, mit echter Zuneigung, solange jemand zusieht, kapiert?«

«Ja, Dad.«

Und genau deswegen fühlte sich Philip Atkinson an ebendiesem Vormittag so beschissen. Er hatte den vergangenen Abend auf einer Dinnerparty mit unwichtigen Mitgliedern der Königsfamilie verbracht, die tranken, bis es ihnen zu den Ohren herauslief, und mit seiner Frau, die deren Verhalten damit entschuldigte, daß sie königlich waren, und er hatte das alles nur mit reichlich Chablis ertragen können. Es gab Momente, in denen er sich in die unbekümmerten Zeiten von Saigon zurücksehnte, wo man saufen konnte, wie man wollte.

Das Telefon klingelte, wodurch Atkinson seine Unterschrift auf einem Dokument, das er nicht verstand, verzog.»Ja?«

«Der Hochkommissar vom Ungarischen Zentralkomitee, Sir.«

«Oh, wer ist das — wer sind die? Haben wir diplomatische Beziehungen mit denen — mit ihm?«

«Weiß ich nicht, Herr Botschafter. Ich kann seinen Namen wirklich nicht aussprechen.«

«Na gut, stellen Sie ihn durch.«

«Herr Botschafter?«sagte die tiefe, nicht akzentfreie Stimme am Telefon.»Mr. Atkinson?«

«Ja, hier ist Atkinson. Verzeihen Sie, aber ich kann mich weder an Ihren Namen noch an eine andere Verbindung mit Ihrem Zentralkomitee erinnern.«

«Spielt keine Rolle. Ich spreche für die Schlangenlady…«

«Stop!«schrie der Botschafter am Hof von St. James.»Bleiben Sie dran, und wir sprechen in zwanzig Sekunden weiter. «Atkinson griff unter den Tisch, stellte den Zerwürfler an und wartete, bis er einsatzbereit war.»In Ordnung, reden Sie weiter.«

«Ich habe von der Schlangenlady Instruktionen erhalten und mir wurde gesagt, daß ich mir die Sache von Ihnen bestätigen lassen soll.«

«Bestätigt!«

«Und ich werde sie also ausführen?«

«Guter Gott, ja! Was immer sie sagen. Mein Gott, schauen Sie, was mit Teagarten in Brüssel geschehen ist, mit Armbruster in Washington! Schützen Sie mich! Tun Sie, was sie sagt!«

«Danke, Herr Botschafter.«

Borowski nahm zuerst ein Bad, so heiß, wie er es gerade noch, ertragen konnte. Dann wechselte er den Verband um seinen Hals und ging in sein kleines Zimmer zurück. Er warf sich aufs Bett… So hatte Marie also einen ganz einfachen Weg gefunden, unbemerkt nach Paris zu kommen. Verdammt! Wie konnte er sie finden, sie schützen? Konnte sie sich überhaupt vorstellen, was sie da tat? David würde den Verstand verlieren. Er würde in Panik geraten und tausend Fehler begehen… Oh, mein Gott, ich bin David!

Hör auf. Kontrolliere dich.

Das Telefon klingelte. Er griff nach dem Apparat neben dem Bett.»Ja?«

«Santos möchte Sie sehen. Mit Frieden im Herzen.«

Загрузка...