Kapitel 31

«Hör auf, David!«

«Mein Gott, er ist verrückt geworden, Aleksej. Sergej, schnapp ihn dir, halt ihn fest… Du da, hilf Sergej! Legt ihn auf den Boden, damit ich mit ihm reden kann. Wir müssen schnell weg hier!«

Alles, was die beiden russischen Helfer tun konnten, war, den schreienden Borowski im Gras niederzuringen. Er war durch das herausgesprengte Loch in der Wand hinausgelaufen und in dem vergeblichen Versuch, den Schakal zu finden, ins hohe Gras hinausgerannt, hatte seine AK-47 ins Feld dahinter abgefeuert, bis das Magazin leer war. Sergej und der überlebende Russe aus der Rückendeckung waren ihm hinterhergerannt, einer hatte Jason die Waffe aus den Händen gerissen, und gemeinsam hatten sie den hysterischen Mann wieder zurück zum Gasthof geführt, wo Alex und Krupkin auf sie warteten. Borowski befand sich in schwitzender, unregelmäßig atmender Trance; die Männer gingen eilig zur Vorderseite des Restaurants. Und wieder hatte die unkontrollierbare Hysterie vom Chamäleon Besitz ergriffen.

Der Transporter des Schakals war verschwunden. Carlos war entkommen und Jason Borowski dem Wahnsinn nahe.

«Haltet ihn fest«, brüllte Krupkin, als er neben Borowski kniete und die beiden Helfer Jason an den Boden drückten. Der KGB-Offizier spreizte seine Hand über dem Gesicht des Amerikaners, stach ihm mit Daumen und Zeigefinger in die Wangen und zwang Treadstone Seventy-One, ihn anzusehen.

«Ich sage es nur einmal, Mr. Borowski, und wenn es dann nicht sitzt, können Sie hierbleiben und sehen, wie Sie aus der Sache rauskommen! Wir müssen weg hier. Wenn Sie sich zusammennehmen, haben wir innerhalb der nächsten Stunde von Paris aus Kontakt zu den entsprechenden Stellen Ihrer Regierung. Ich habe die Warnung an Sie gesehen, und ich kann Ihnen versichern, daß Ihre Leute in der Lage sind, Ihre Familie zu schützen… Aber Sie, Sie selbst, müssen Teil dieser Kommunikation sein. Sie können sich zusammennehmen, Mr. Borowski, oder zum Teufel gehen. Was ist Ihnen lieber?«

Das Chamäleon atmete aus, als wolle es nie wieder Luft holen. Seine Augen waren klar, und er sagte:»Holt diese Scheißkerle von mir runter.«

«Einer von diesen Scheißkerlen hat dir das Leben gerettet«, sagte Conklin.

«Und ich hab einem von denen das Leben gerettet.«

Der gepanzerte Citroen raste die Landstraße zur Autobahn nach Paris hinunter. Über das tragbare Telefon, das mit einem Signalverwürfler ausgestattet war, bestellte Krupkin ein Team nach Epernon, das die Reste des Wagens der russischen Rückendeckung entfernen sollte. Die Leiche des erschossenen Mannes war vorsichtig im Kofferraum des Citroen verstaut worden, und der offizielle sowjetische Kommentar, falls danach gefragt wurde, beschränkte sich auf Nichteinmischung: Zwei untergeordnete Angestellte des diplomatischen Dienstes seien zu einem Mittagessen auf dem Land gewesen, als das Massaker passierte. Mehrere Killer hätten Strumpfmasken getragen, die anderen seien kaum zu erkennen gewesen. Die Botschaftsmitarbeiter seien durch eine Hintertür entkommen und um ihr Leben gelaufen. Als es vorbei war, seien sie zum Restaurant zurückgekehrt, hätten die Opfer zugedeckt und versucht, die hysterischen Frauen und den einzigen überlebenden Mann zu beruhigen. Sie hätten ihre Vorgesetzten angerufen, um den gräßlichen Zwischenfall zu melden, und seien angewiesen worden, die örtliche Polizei zu informieren und umgehend in die Botschaft zurückzukehren. Die sowjetischen Interessen dürften durch Akte französischer Krimineller nicht gefährdet werden.

«Das klingt so russisch«, sagte Krupkin.

«Wird das irgend jemand glauben?«fragte Alex.

«Das ist egal«, antwortete der Sowjetbürger.»Epernon riecht nach einer Vergeltungsmaßnahme des Schakals. Der zerfetzte, alte Mann, zwei untergeordnete Terroristen mit Strumpfmasken— die Sürete kennt diese Indizien. Wenn wir darin verwickelt waren, dann auf der richtigen Seite, also werden sie nicht weiter nach unserer Anwesenheit fragen.«

Borowski saß schweigend am Fenster. Er brach sein wütendes Schweigen, nahm den Blick von der vorbeifliegenden Szenerie und schlug seine Faust gegen die Armlehne.»Oh, Gott, die Kinder!«rief er.»Wie nur hat dieser Scheißkerl überhaupt von ihrem neuen Aufenthaltsort erfahren können?«

«Verzeihen Sie, Mr. Borowski«, unterbrach ihn Krupkin sanft.»Ich bin mir darüber im klaren, daß es viel leichter für mich zu sagen als für Sie zu akzeptieren ist, aber schon sehr bald werden Sie Kontakt mit Washington haben. Ich weiß ein bißchen über die Fähigkeiten der CIA, ihre eigenen Leute zu beschützen, und ich garantiere Ihnen, daß es zum Verrücktwerden wirkungsvoll ist.«

«Es kann nicht so gottverdammt weit damit her sein, wenn Carlos so gut informiert ist.«

«Kommt auf die Quelle an«, sagte der Russe.

Sie schössen in der blendenden Nachmittagssonne durch die Straßen von Paris. Schließlich erreichten sie die sowjetische Botschaft am Boulevard Lannes und rasten durch das Tor, da die Wachen sie durchwinkten, als sie Krupkins grauen Citroen erkannten. Sie wendeten auf dem Kopfsteinpflaster des Hofes und hielten vor der imposanten Marmortreppe und dem mit Skulpturen verzierten Rundbogen, der den Eingang umgab.

«Halte dich verfügbar, Sergej«, sagte der KBG-Offizier.»Falls die Sürete direkte Nachfragen hat, übernimmst du das. «Und dann, als wäre es ihm gerade erst eingefallen, sagte er zu dem Russen, der neben Sergej saß:»Nichts für ungut, junger Mann, aber über die Jahre ist mein alter Freund und Fahrer in diesen Situationen äußerst einfallsreich geworden. Für Sie gibt es allerdings auch Arbeit. Bereiten Sie die Leiche unseres loyalen verstorbenen Kameraden für die Einäscherung vor. Die Abteilung für Interne Angelegenheiten wird Ihnen die entsprechenden Formulare aushändigen. «Mit einem Kopfnicken wies Dimitrij Krupkin Borowski und Alex Conklin an, auszusteigen.

Im Gebäude erklärte Dimitrij der Militärwache, daß ihm nicht daran gelegen sei, seine Gäste durch den Metalldetektor zu schicken, den die Gäste der sowjetischen Botschaft normalerweise zu passieren hatten. Zur Seite gewandt, flüsterte er seinen Gästen auf englisch zu:»Könnt ihr euch den Alarm vorstellen, der hier losgehen würde? Zwei bewaffnete Amerikaner von der brutalen CIA streunen durch die Hallen dieser Bastion des Proletariats? Gütiger Himmel, ich spüre schon den kalten Wind Sibiriens zwischen den Beinen.«

Sie gingen durch die geschmückte, reich verzierte Lobby aus dem neunzehnten Jahrhundert zu einem typischen messingvergitterten französischen Fahrstuhl. Sie traten ein und fuhren in den dritten Stock. Das Gitter öffnete sich, und Krupkin ging voraus.

«Wir werden einen hausinternen Konferenzraum benutzen«, sagte er.»Ihr werdet die einzigen Amerikaner sein, die ihn jemals gesehen haben oder sehen werden. Es ist eins der wenigen Büros ohne Abhöranlagen.«

«Du würdest diese Erklärung keinem Lügendetektor anvertrauen, oder?«fragte Conklin leise lachend.

«Genau wie du, Aleksej, habe ich schon vor langer Zeit gelernt, wie man diese idiotischen Maschinen zum Narren halten kann, aber selbst wenn es nicht so wäre, in diesem Fall hätte ich keine Bedenken, denn es ist wahr. Es hilft uns, uns vor uns selbst zu schützen. Hier entlang.«

Der Konferenzraum hatte die Größe eines durchschnittlichen Eßzimmers einer Stadtrandwohnung, war jedoch mit einem langen, schweren Tisch und dunklen, maskulinen Möbeln ausgestattet, die Sessel dick, sperrig und ziemlich bequem. Die Wände waren dunkelbraun getäfelt, das unumgängliche Portrait von Lenin demonstrativ in der Mitte hinter dem Sessel am Kopfende, neben dem ein niedriger Tisch stand, damit die Telefonkonsole in Griffnähe war.

«Ich weiß, daß es eilt«, sagte Krupkin, als er zur Konsole ging.»Also laßt uns gleich eine internationale Leitung schalten. «Er nahm den Hörer ab, drückte einen Knopf, sagte schnell etwas auf russisch, legte wieder auf und drehte sich zu den Amerikanern um.»Nummer sechsundzwanzig, der letzte Knopf rechts, zweite Reihe.«

«Danke. «Conklin nickte, langte in seine Tasche, holte einen Zettel heraus und reichte ihn dem KGB-Offizier.»Tu mir noch einen Gefallen, Kruppie. Das ist eine Telefonnummer hier in Paris. Es soll angeblich eine Direktleitung zum Schakal sein, aber sie stimmt nicht mit der Nummer überein, über die Borowski ihn tatsächlich schon erreicht hat. Wir wissen nicht, wo sie hingehört, aber egal, wo, sie hängt mit Carlos zusammen.«

«Und du willst sie nicht anrufen, weil du Angst hast, du könntest verraten, daß die Nummer in deinem Besitz ist Initialienschlüssel, so was in der Art. Verstehe. Ich werde mich darum kümmern. «Krupkin sah Jason an, sein Ausdruck war der eines älteren, verständnisvollen Kollegen.»Seien Sie guten und festen Herzens, Mr. Borowski, wie die Zaristen sagen würden, auch wenn sie sich keiner erkennbaren Gefahr gegenübersähen. Trotz Ihrer Befürchtungen habe ich enormes Vertrauen in Langleys Fähigkeiten. Sie haben meine nicht eben unwichtigen

Operationen stets in einer Weise gestört, daß ich ungern darüber spreche.«

«Danke, Kruppie«, sagte Alex.»Mit deinen eigenen Worten: Du bist ein guter, alter Feind.«

«Nochmals Schande über deine Eltern! Wären sie bei Mütterchen Rußland geblieben, würden wir beide inzwischen das Komitet leiten.«

«Und hätten zwei Häuschen am See?«

«Bist du verrückt, Aleksej? Der ganze verdammte Genfer See würde uns gehören!«Krupkin drehte sich um, ging zur Tür und verließ den Raum mit einem leisen Lachen.

«Für euch ist das wohl alles ein hübsches Spielchen, was?«sagte Borowski.

«Bis zu einem gewissen Punkt«, stimmte Alex zu.»Aber nicht, wenn es um Menschenleben geht — auf beiden Seiten. Dann werden die Waffen gezogen, und das Spiel ist vorbei.«

«Ruf Langley an«, sagte Jason abrupt und deutete mit einem Kopfnicken auf die Konsole.»Holland wird einiges erklären müssen.«

«Langley anzurufen würde nichts nützen…«

«Was?«

«Es ist noch zu früh. Es ist kaum sieben in den Staaten, aber keine Sorge, ich habe einen Bypass. «Conklin langte in seine Tasche und zog ein kleines Notizbuch hervor.

«Bypass?« rief Borowski.»Was soll das Gerede? Ich drehe gleich durch, Alex, das sind meine Kinder da drüben!«

«Ganz ruhig, es bedeutet nur, daß ich seine Geheimnummer habe. «Conklin setzte sich und nahm den Hörer auf. Er wählte.

«Peter? Hier ist Alex. Mach deine Augen auf und werde wach, Seemann. Wir haben Komplikationen.«»Ich muß nicht aufwachen«, sagte die Stimme aus Fairfax, Virginia.»Ich komme gerade vom Joggen nach Hause.«

«Oh, ihr Leute mit zwei Füßen haltet euch wohl immer für besonders schlau.«

«Tut mir leid, Alex… Ich wollte nicht…«

«Natürlich nicht, Fähnrich Holland, aber wir haben da ein Problem.«

«Was zumindest bedeutet, daß ihr Kontakt bekommen habt. Du hast Borowski erreicht.«

«Er beugt sich gerade über meine Schulter, und wir rufen aus der sowjetischen Botschaft in Paris an.«

«Was? Heilige Scheiße!«

«Nicht heilig, nur Casset, du erinnerst dich?«

«Oh, ja, hatte ich fast vergessen… Was ist mit seiner Frau?«

«Mo Panov ist bei ihr.«

«Sonst irgendein Fortschritt?«

«Nichts, was du hören möchtest, aber du wirst es laut und deutlich hören.«

«Wovon redest du?«

«Der Schakal weiß über Tannenbaum Bescheid.«

«Du spinnst!«rief der Direktor der Central Intelligence Agency so laut, daß es in der transozeanischen Verbindung klingelte.»Niemand weiß davon! Nur Charlie Casset und ich. Wir haben eine Chrono mit falschen Namen und zentralamerikanischen Bios aufgebaut, die so weit von Paris entfernt sind, daß niemand eine Verbindung herstellen kann. Außerdem wurde Tannenbaum in den Anweisungen gar nicht erwähnt! Glaub mir, Alex, wir haben da niemand anderen rangelassen.«

«Tatsachen sind Tatsachen. Peter. Jason hat eine Nachricht bekommen, die besagte, Tannenbaum würde in Flammen aufgehen und die Kinder ebenfalls.«

«Verdammte Scheiße!«schrie Holland.»Bleib dran«, befahl er.»Ich rufe St. Jacques drüben an, dann höchste Sicherheitsstufe, und ich bring sie noch heute morgen weg. Bleib am Apparat!«Conklin sah auf zu Borowski, das Telefon zwischen ihnen. Beide Männer konnten die Worte hören.

«Wenn es eine undichte Stelle gibt, und es gibt eine undichte Stelle, dann kann sie nicht in Langley sein«, sagte Alex.

«Das muß sie! Er hat nicht richtig gesucht.«

«Wo soll er denn suchen?«

«Himmel, ihr seid die Experten. Der Helikopter, der sie ausgeflogen hat, die Mannschaft, die Leute, die ein amerikanisches Flugzeug freigegeben haben, das in britisches Gebiet geflogen ist. Mein Gott! Carlos hat den lausigen Gouverneur in Montserrat und seinen obersten Drogenfahnder gekauft. Was hindert ihn daran, sich in die Nachrichtenübertragung zwischen unserem Militär und Plymouth einzuschalten!«

«Aber du hast ihn gehört«, beharrte Conklin.»Die Namen waren falsch, die Chronologien nach Zentralamerika ausgerichtet, und vor allem wußte auf den Anschlußflügen niemand was von Tannenbaum. Niemand… Wir haben eine Lücke.«

«Bitte erspar mir diesen Geheimjargon.«

«Das ist überhaupt nicht geheimnisvoll. Eine Lücke ist ein Raum… «

«Alex?«Die wütende Stimme von Peter Holland war wieder in der Leitung.

«Ja, Peter?«

«Wir bringen sie weg, und ich werde nicht mal dir erzählen, wohin. St. Jacques ist stinkig, weil Mrs. Cooper und die Kinder sich gerade eingerichtet hatten. Ich habe ihm gesagt, er hat eine Stunde Zeit.«

«Ich möchte mit Johnny sprechen«, sagte Borowski, beugte sich vor und sprach laut genug, um gehört zu werden.

«Schön, Sie kennenzulernen, wenn auch nur am Telefon«, antwortete Holland.

«Danke für alles, was Sie für uns tun«, brachte Jason leise und freundlich heraus.

«Quidpro quo, Borowski. Auf Ihrer Jagd nach dem Schakal haben Sie einen häßlichen Hasen aus einem schmutzigen Hut gezogen, von dem niemand wußte, daß es ihn gab.«

«Was?«

«Medusa, die neue.«

«Wie läuft es?«unterbrach Conklin.

«Wir machen unsere eigene Kreuzbefruchtung zwischen den Sizilianern und einer Gruppe von europäischen Banken. Es zieht alles in den Dreck, was damit in Berührung kommt, aber jetzt haben wir mehr Drähte in der Hand, als bei einem NASA-Start an der Rampe hängen. Wir sind nah dran.«

«Weidmannsheil«, sagte Jason.»Kann ich die Nummer von Tannenbaum haben, damit ich John St. Jacques erreichen kann?«Holland gab sie ihm.»Die Muschel gehört dir«, sagte Conklin, erhob sich umständlich aus dem Sessel neben der Konsole und ging zu einem an der rechten Ecke des Tisches.

Borowski nahm Platz und konzentrierte sich auf die unzähligen Knöpfe unter ihm. Er nahm den Hörer auf und tippte, während er die Zahlen las, die Alex in seinem Notizbuch festgehalten hatte, die entsprechenden Ziffern auf der Konsole.

Die Begrüßung war knapp, Jasons Fragen barsch, seine Stimme fordernd.»Mit wem hast du über Tannenbaum gesprochen?«

«Langsam, David«, sagte St. Jacques instinktiv abwehrend.»Was meinst du damit, mit wem ich gesprochen habe?«

«Genau das, was ich sage. Von Tranquility aus mit Washington, mit wem hast du über Tannenbaum gesprochen?«

«Du meinst, nachdem Holland mir davon erzählt hat?«

«Du meine Güte, Johnny, davor kann es nicht gewesen sein, oder?«

«Nein, kann es nicht, Sherlock Holmes.«

«Also mit wem?«

«Mit dir. Nur mit dir, hochgeschätzter Schwager.«

«Was?«

«Du hast mich gehört. Alles ging so schnell, daß für irgendwelche anderen Gespräche überhaupt keine Zeit blieb.«

«Es gab aber eine undichte Stelle, und zwar nicht in Langley.«

«Auch nicht bei mir. Passen Sie mal auf, Herr Dr. Akademiker, vielleicht hab ich keine Buchstaben vor meinem Namen stehen, aber ich bin auch nicht gerade ein Idiot. Das sind meine Nichte und mein Neffe da nebenan im Zimmer, und ich gehe absolut davon aus, daß ich sehen werde, wie sie größer werden… Die undichte Stelle ist der Grund, warum wir umziehen müssen, stimmt's?«

«Ja.«

«Wie schlimm ist es?«

«Das Maximum. Der Schakal.«

«Gott im Himmel!«explodierte St. Jacques.»Wenn dieser Scheißkerl in der Nachbarschaft auftaucht, gehört er mir!«

«Langsam, Kanada«, sagte Jason, und seine Stimme war weicher, vermittelte eher Nachdenklichkeit als Wut.»Du sagst, daß du Tannenbaum nur mir gegenüber erwähnt hast?«

«Stimmt. Ich erinnere mich genau, weil ich Henry Sykes in Serrat auf der anderen Leitung hatte, als Pritchard mir sagte, du seist am Apparat. Erinnerst du dich an Henry, den Mitarbeiter vom Gouverneur?«

«Natürlich.«

«Ich hatte ihn gebeten, ein Auge auf Tranquility zu werfen, weil ich ein paar Tage verreisen müßte. Natürlich wußte er das, weil er die Fluggenehmigung für die US-Maschine geben mußte, und ich erinnere mich genau, daß er mich gefragt hat, wohin ich wollte, und ich nur Washington gesagt habe. Es ist mir nie in den Sinn gekommen, etwas über unser wirkliches Ziel zu sagen, und Sykes hat mich nicht gedrängt, weil er sich offensichtlich gedacht hat, daß es etwas mit den schrecklichen Vorfällen zu tun hatte, die passiert waren. Ich nehme an, man könnte sagen, in diesen Dingen ist er ein Profi. «St. Jacques legte eine Pause ein, aber noch bevor Borowski sprechen konnte, stieß er heiser aus:»Oh, mein Gott!«

«Pritchard«, ergänzte Jason.»Er ist in der Leitung geblieben.«

«Warum? Warum sollte er das tun?«»Du vergißt etwas«, erklärte Borowski.»Carlos hat euren Gouverneur und seinen Häuptling gekauft. Die müssen ein Heidengeld gekostet haben. Pritchard war sicher sehr viel billiger.«

«Nein, du hast unrecht, David. Pritchard mag ein hintertriebener, aufgeblasener Esel sein, aber er würde sich nicht für Geld gegen mich wenden. Es ist auf den Inseln einfach nicht so wichtig — Prestige ist wichtig, und das bekommt er von mir. Eigentlich macht er seinen Job verdammt gut.«

«Es gibt keinen anderen, Bruder.«»Es gibt nur eine Möglichkeit, das rauszufinden. Ich bin leider nicht da, und ich habe auch nicht die Absicht hinzufahren.«

«Worauf willst du hinaus?«

«Ich möchte Henry Sykes mit einbeziehen. Hast du was dagegen einzuwenden?«»Tu es.«

«Wie geht's Marie?«

«So gut, wie man es unter den gegebenen Umständen erwarten kann… Und, Johnny, ich möchte nicht, daß sie irgend etwas davon erfährt, verstehst du mich? Wenn sie dich anruft, und das wird sie tun, sag ihr, du hast dich gut eingerichtet, und alles ist okay, nichts vom Umziehen oder Carlos.«»Ich verstehe.«

«Es ist doch alles in Ordnung, oder? Wie geht es den Kindern

— wie nimmt Jamie das alles auf?«

«Es wird dir vielleicht mißfallen, aber sie amüsiert sich großartig, und Mrs. Cooper läßt mich Alison nicht mal anfassen.«

«Mißfällt mir beides nicht.«»Danke. Was ist mit dir? Irgendein Fortschritt?«»Wir bleiben in Kontakt«, sagte Borowski, legte auf und wandte sich Alex zu.»Es macht keinen Sinn, und dabei macht Carlos immer einen Sinn, wenn man nur genau genug hinsieht. Er hinterläßt mir eine Warnung, die mich vor Angst ganz verrückt macht, aber er hat keine Mittel, seine Drohung auszuführen. Wie reimst du dir das zusammen?«

«Der Sinn liegt darin, dich verrückt zu machen«, erwiderte Conklin.»Der Schakal wird sich auf die Entfernung nicht an eine Anlage wie Tannenbaum heranwagen. Die Nachricht war dazu gedacht, dich in Panik zu versetzen, und es hat funktioniert. Er will dich aus der Bahn werfen, damit du Fehler machst. Er will die Kontrolle haben.«

«Ein weiterer Grund für Marie, sobald wie möglich in die Staaten zurückzufliegen. Sie muß einfach. Ich will, daß sie in einer Festung sitzt, und nicht, daß sie in Barbizon im Freien zu Mittag ißt.«

«Ich stimme dir heute eher zu als gestern abend. «Alex wurde vom Geräusch der sich öffnenden Tür unterbrochen. Krupkin kam mit mehreren Computerausdrucken ins Zimmer.

«Die Nummer, die du mir gegeben hast, ist abgemeldet«, sagte er mit einem leichten Zögern in der Stimme.

«Und auf wen war sie registriert?«fragte Jason.

«Es wird Ihnen genausowenig gefallen wie mir, und ich müßte lügen, um eine glaubhafte Alternative anzubieten, aber das kann ich nicht, und zweifellos sollte ich es auch nicht… Vor fünf Tagen wurde sie auf den Namen Webb übertragen. David Webb.«

Conklin und Borowski starrten den sowjetischen Geheimdienstoffizier schweigend an, aber in diesem Schweigen lag ein unhörbares, statisches Knistern.

«Warum bist du so sicher, daß uns die Information nicht gefällt?«fragte Alex.

«Mein guter, alter Feind«, begann Krupkin mit ebenso leiser Stimme wie Conklin.»Als Mr. Borowski mit dem braunen Papier in der Hand aus diesem Gasthof kam und völlig hysterisch war, hast du versucht, ihn zu beruhigen und ihn dabei David genannt… Ich kenne jetzt einen Namen, von dem ich ehrlich wünschte, ich würde ihn nicht kennen.«

«Vergessen Sie ihn«, sagte Borowski.

«Ich werde mein Bestes tun, aber es gibt Möglichkeiten…«

«Das war nicht, was ich gemeint habe«, ging Jason dazwischen.»Ich werde mit dem Umstand leben müssen, daß Sie ihn kennen, und ich werde damit fertig werden. Wo war das Telefon angeschlossen, die Adresse?«

«Nach den Computern zu urteilen, in einer Mission, die von irgendwelchen Barmherzigen Schwestern geführt wird — offensichtlich ein falscher Name.«

«Offensichtlich nicht«, korrigierte Borowski.»Die gibt es. Sie existieren, bis zu ihren Schleiern, und die Mission ist außerdem eine passable Unterkunft. Oder war.«

«Faszinierend«, sinnierte Krupkin.»So viele der verschiedenen Fassaden des Schakals stehen in Verbindung mit der Kirche. Ein brillanter, wenn auch etwas übertriebener Modus operandi. Man sagt, er habe früher einmal studiert und Priester werden wollen.«

«Dann ist euch die Kirche einen Schritt voraus«, sagte Alex und neigte seinen Kopf zu einer freundlich spöttischen Rüge.»Sie haben ihn vor euch rausgeworfen.«

«Ich habe den Vatikan noch nie unterschätzt«, lachte Dimitrij.»Der beste Beweis dafür, daß unser verrückter Josef Stalin die Prioritäten mißverstanden hatte, ist, daß er einmal fragte, wie viele Bataillone der Papst eigentlich habe. Seine Heiligkeit braucht keine Truppen. Er erreicht mehr, als Stalin jemals mit all seinen Säuberungsaktionen erreichen konnte. Die Macht ist bei denjenigen, die die größte Angst einflößen können, ist es nicht so, Aleksej? Alle Prinzen dieser Erde benutzen sie mit brutaler Wirksamkeit. Und alles dreht sich um den Tod — und die Angst davor, vorher und nachher. Wann werden wir endlich erwachsen und schicken sie alle zum Teufel?«

«Tod«, flüsterte Jason und runzelte die Stirn.»Der Tod auf der Rivoli, im Meurice, die Schwestern… mein Gott, das habe ich vollkommen vergessen! Dominique Lavier! Sie war im Meurice — vielleicht ist sie immer noch da. Sie hat gesagt, sie wolle mit mir zusammenarbeiten.«

«Warum sollte sie?«fragte Krupkin scharf.

«Weil Carlos ihre Schwester getötet hat, und sie keine andere Wahl hatte, als für ihn zu arbeiten oder selbst getötet zu werden. «Borowski wandte sich erneut der Konsole zu.»Ich brauche die Telefonnummer vom Meurice…«

«Vier zwei sechs null, drei acht sechs null«, brachte Krupkin hervor, als Jason nach einem Bleistift griff und die Zahlen auf Alex Notizblock festhielt.»Ein wunderschönes Haus, früher bekannt als Hotel der Könige. Hat ein ausgezeichnetes Restaurant.«

Borowski drückte die Tasten und hob seine Hand, damit es still wurde. Er fragte nach Madame Brielles Zimmer, und als die Hoteltelefonistin »mais oui« sagte, nickte er Alex und Dimitrij Krupkin erleichtert zu. Die Lavier nahm ab.

«Ja?«

«Ich bin es, Madame«, sagte Jason in leicht anglisiertem Französisch. Das Chamäleon hatte die Führung übernommen.»Ihre Haushälterin sagte, wir würden Sie vielleicht hier erreichen. Madames Kleid ist fertig. Vergeben Sie uns die Verspätung.«

«Es sollte mir gestern gebracht werden — bis mittags —, Sie Versager! Ich hatte die Absicht, es gestern abend im Le Grand Vefour zu tragen!«

«Ich entschuldige mich tausendmal. Wir können es sofort liefern.«

«Sie sind wirklich das Letzte! Ich bin sicher, mein Hausmädchen hat Ihnen außerdem gesagt, daß ich nur für zwei Tage hier bin. Bringen Sie es in meine Wohnung an der Montaigne. Entweder ist es bis vier da, oder Sie warten auf Ihr Geld, bis Sie schwarz werden!«Die Unterhaltung wurde von einem lauten Knacken am anderen Ende der Leitung beendet.

Borowski legte den Hörer auf. Schweiß hatte sich entlang seines leicht grauen Haaransatzes gebildet.»Ich bin schon zu lange raus«, sagte er tief atmend.»Sie hat eine Wohnung an der Montaigne, und sie wird irgendwann nach vier dort sein.«

«Wer zum Teufel ist Dominique wie heißt sie gleich?«schrie der einigermaßen frustrierte Conklin.

«Lavier«, antwortete Krupkin.»Nur, daß sie den Namen ihrer toten Schwester benutzt, Jacqueline. Sie gibt sich schon seit Jahren als ihre Schwester aus.«

«Sie wissen davon?«fragte Jason beeindruckt.

«Ja, aber es hat uns nie viel genützt. Es war ein plumpes Manöver — Doppelgängerinnen, mehrmonatige Abwesenheit, ein geringfügiger, operativer Eingriff und Neuprogrammierung, alles ziemlich normal in der Welt der Haute Couture. Wer hört in diesem oberflächlichen Umfeld schon irgend jemandem zu? Wir beobachten sie, aber sie hat uns nie zum Schakal geführt. Sie hat keinen direkten Zugang. Alles, was sie Carlos meldet, wird gefiltert, steinerne Wände hinter jedem Relais. Das sind die Methoden des Schakals.«

«Das ist nicht immer so«, sagte Borowski.»Es gab einen Mann mit dem Namen Santos, der in Argenteuil ein runtergekommenes Cefe geleitet hat, das Le Coeur du Soldat. Er hatte den Zugang.«

«Hatte?«Krupkin hob seine Augenbrauen.»Sie benutzen die Vergangenheitsform?«

«Er ist tot.«

«Und das heruntergekommene Cefe in Argenteuil, das gibt es noch?«

«Es wurde gesäubert und geschlossen«, gab Jason ohne Bedauern in der Stimme zu.

«Der Zugang war also einmal, ja?«

«Sicher, aber ich glaube, was er mir gesagt hat, denn er wurde dafür getötet. Sehen Sie, er war dabei auszusteigen, genau wie diese Lavier aussteigen möchte — nur reichte seine Verbindung bis zum Anfang zurück. Nach Kuba, wo Carlos ihn vor der Hinrichtung rettete. Er wußte, er würde diesen Mann brauchen können. Santos hatte direkten Zugang. Er hat es bewiesen, weil er mir eine Nummer gegeben hatte, über die man den Schakal erreichen konnte. Nur sehr wenige Männer können das.«

«Faszinierend«, sagte Krupkin, die Augen fest auf Borowski gerichtet.»Aber, wie mein guter, alter Feind Aleksej, der Sie im Moment genau wie ich anstarrt, sagen würde: Worauf wollen Sie hinaus, Mr. Borowski?«

«Santos hat mir erzählt, daß es nur vier Menschen auf der Welt gibt, die direkten Zugang zum Schakal haben. Einer davon sitzt am Dserschinskij-Platz. Weit oben im Komitet, das waren Santos' Worte, und glauben Sie mir, er hielt keine großen Stücke auf Ihren Vorgesetzten.«

Es war, als wäre Dimitrij Krupkin während der Mai-Parade mitten auf dem Roten Platz von einem Mitglied des Politbüros ins Gesicht geschlagen worden. Sein Kopf war blutleer, seine Haut nahm die blasse Farbe von Asche an, die Augen wurden starr, zuckten mit keiner Wimper.»Was hat Ihnen dieser Santos noch erzählt? Ich muß es wissen!«

«Nur, daß Carlos eine Sache mit Moskau laufen hat, daß er Kontakte zu Leuten in hohen Positionen hat. Er ist besessen davon… Wenn Sie diesen Kontakt am Dserschinskij-Platz finden können, wäre das ein großer Schritt voran. In der Zwischenzeit haben wir nur diese Dominique Lavier…«

«Verdammt, verdammt!« brüllte Krupkin und schnitt Jason das Wort ab.»Geisteskrank und dennoch vollkommen logisch! Sie haben verschiedene Fragen beantwortet, Mr. Borowski, und sie haben sich mir in meine Erinnerung eingebrannt. So oft bin ich schon so nahe dran gewesen, so oft, so nahe und immer nichts. Nun, lassen Sie mich Ihnen sagen, meine Herren, die Spiele des Teufels sind nicht auf die Hölle beschränkt. Auch andere können sie spielen. Mein Gott, ich war eine Perle, die von einer Auster in die nächste gespült wurde, immer der größere Dummkopf!.. Machen Sie keine Anrufe mehr von diesem Telefon!«

Es war 3.30 Uhr nachmittags, Moskauer Zeit, und der ältere Mann in der Uniform eines Offiziers der sowjetischen Armee ging den Flur im fünften Stock des KGB-Hauptquartiers am Dserschinskij-Platz so schnell hinunter, wie es sein Alter erlaubte. Es war ein heißer Tag, und wie üblich funktionierte die Klimaanlage kaum, so daß General Grigorij Rodtschenko ein Privileg seines Ranges nutzte: Sein Kragen war geöffnet. Dieser Umstand hielt jedoch das Rinnsal von Schweiß auf seinem Weg den Hals hinunter nicht auf, das aus den Furchen seines faltigen Gesichts trat, aber das Fehlen des engen, rotgeränderten Stoffbandes um seinen Hals war eine kleine Erleichterung.

Er erreichte die Reihe von Fahrstühlen, drückte auf den Knopf und wartete, wobei er einen Schlüssel fest in der Hand hielt. Die Türen zu seiner Rechten öffneten sich, und er freute sich zu sehen, daß die Kabine leer war. Es war einfacher, als allen zu befehlen, auszusteigen, zumindest weit weniger umständlich. Er trat ein, steckte den Schlüssel in das oberste Schloß über dem Schaltbrett und wartete, bis der Mechanismus seine Funktion erfüllte. Das tat er schnell, und der Fahrstuhl fuhr direkt in die untersten Kellergeschosse des Gebäudes.

Die Türen öffneten sich, der General trat heraus und spürte sofort die übermächtige Stille, die die Korridore links und rechts erfüllte. Das würde sich schon in wenigen Augenblicken ändern, dachte er. Er ging den Flur nach links hinunter, zu einer großen Stahltür mit einem angenieteten Metallschild in der Mitte:»Eintritt verboten. Nur für autorisiertes Personal.«

Es war eine dumme Warnung, dachte er, als er die dünne Plastikkarte aus seiner Tasche nahm und sie langsam und vorsichtig in einen Schlitz rechts neben der Tür steckte. Ohne diese Karte, und manchmal selbst mit ihr, wenn sie zu schnell eingeführt wurde, ließ sich die Tür nicht öffnen. Es klickte zweimal, und Rodtschenko steckte die Karte wieder ein, als sich die schwere, grifflose Tür aufschob und ein Fernsehmonitor aufzeichnete, wie er eintrat. Summende Geschäftigkeit zeigte sich in Dutzenden von erleuchteten Rechtecken innerhalb des riesigen, dunklen, niedrigen Komplexes von der Größe eines zaristischen Ballsaales, jedoch ohne das geringste Bemühen um Dekoration. Tausend Gerätschaften in Schwarz und Grau, mehrere Hundertschaften Personal in ehemals weißen Overalls in weißwandigen Kabinen. Und glücklicherweise war die Luft kühl, ja beinahe kalt. Die Maschinen verlangten es, denn hier war das Kommunikationszentrum des KGB. Vierundzwanzig Stunden am Tag kamen hier Nachrichten aus der ganzen Welt an.

Der alte Soldat ging den vertrauten Weg zu dem Gang hinüber, der am weitesten rechts lag, dann nach links zur letzten Kabine am gegenüberliegenden Ende des gewaltigen Raumes. Es war ein weiter Weg, und der General war kurzarmig, seine Beine müde. Er betrat den kleinen, abgeschlossenen Raum, nickte dem Operator mittleren Alters zu, der zu seinem Besucher aufblickte und den gepolsterten Kopfhörer von den Ohren nahm. Auf dem weißen Tresen vor ihm befand sich eine große elektronische Konsole mit unzähligen Schaltern, Skalen und Tasten. Rodtschenko setzte sich auf den Stahl stuhl neben den Mann. Er schnappte nach Luft und sprach.

«Sie haben Nachricht von Krupkin aus Paris?«

«Ich habe Nachrichten, die Colonel Krupkin betreffen. Entsprechend Ihrer Anweisungen, die Telefongespräche des Colonel aufzuzeichnen, einschließlich der internationalen Leitungen, die er genehmigt hat, habe ich vor einigen Minuten ein Band aus Paris bekommen, von dem ich glaube, daß Sie es sich anhören sollten.«

«Wie gewöhnlich sind Sie äußerst gründlich, und ich bin Ihnen sehr dankbar. Und wie immer bin ich sicher, daß uns Colonel Krupkin selbst über die Vorkommnisse in Kenntnis setzen wird, aber wie Sie wissen, ist er furchtbar beschäftigt.«

«Erklärungen sind nicht nötig, Sir. Die Gespräche, die Sie gleich hören werden, wurden innerhalb der letzten halben Stunde geführt. Nehmen Sie die Kopfhörer, bitte.«

Rodtschenko schob sie sich über und nickte. Der Operator legte einen Block und einen Behälter mit angespitzten Bleistiften vor den General. Er drückte eine Zahl auf der Tastatur und lehnte sich zurück, während der mächtige dritte Direktor sich nach vorn beugte und zuhörte. Manchmal machte er sich Notizen, Minuten später schrieb er wutentbrannt. Das Band endete, und Rodtschenko nahm den Kopfhörer ab. Finster sah er den Operator an, die engen slawischen Augen starr inmitten der faltigen Haut, die Furchen in seinem Gesicht härter als zuvor.

«Löschen Sie das Band, und dann zerstören Sie die ganze Spule«, befahl er, als er sich von dem Stuhl erhob.»Sie haben wie immer nichts gehört.«

«Wie immer, General.«

«Und wie immer werden Sie dafür belohnt.«

Es war 4.17 Uhr, als Rodtschenko in sein Büro zurückkehrte, sich an seinen Schreibtisch setzte und seine Notizen betrachtete. Es war unglaublich! Es war kaum faßbar, und dennoch war es da — er hatte die Worte und die Stimmen, die diese Worte sagten, selbst gehört!.. Nicht die, die den Monseigneur in Paris betrafen. Der war jetzt zweitrangig, und man konnte ihn innerhalb von Minuten erreichen, wenn es nötig wurde. Das konnte warten, aber das andere konnte nicht länger warten, keinen Augenblick länger! Der General nahm den Telefonhörer und rief seine Sekretärin an.

«Ich möchte sofort eine Verbindung zu unserem Konsulat in New York. Sämtliche Maximalscrambler einsatzbereit.«

Wie konnte das passieren?

Medusa!

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