«Du wirst uns alle sagen, was wir wissen wollen, freiwillig, oder wir schicken dich auf eine chemische Umlaufbahn, gegen die Panovs Ausflug ein Spaziergang war«, sagte Peter Holland, Direktor der CIA. Seine ruhige, monotone Stimme war so hart und glatt wie polierter Granit.»Außerdem will ich dir den Extremfall erläutern, bis zu dem ich bereit bin zu gehen, weil ich aus der alten Schule bin. Ich scheiße auf Regeln, die nichts taugen. Wenn du mich verarscht, dann werde ich dich lebendig begraben, hundert Kilometer vor der Küste von Kap Hatteras in einer Torpedohülle. Drücke ich mich deutlich aus?«
Der capo subordinato mit dickem Gipsverband um den linken Arm und das rechte Bein lag in einem Bett des ansonsten leeren Krankenzimmers von Langley. Der DCI hatte das Personal zu seinem eigenen Besten außer Hörweite geschickt. Das bereits von Natur aus breite Gesicht des Mafioso war durch Schwellungen an beiden Augen und seinen breiten Lippen noch vergrößert worden, das Ergebnis der Bekanntschaft seines Kopfes mit dem Armaturenbrett, als Mo Panov den Wagen gegen eine Eiche in Maryland gesteuert hatte. Er sah zu Holland auf, und sein Blick unter den schweren Lidern glitt zu Alexander Conklin hinüber, der in einem Stuhl saß und seinen ewigen Stock zwischen seinen unruhigen Händen hatte.
«Sie haben kein Recht, Mr. Großkopf«, sagte der Capo mürrisch.»Weil ich Rechte habe, Sie verstehen, was ich meine?«
«Die hatte der Doktor auch, und ihr habt sie mißachtet — Himmel, und wie ihr sie mißachtet habt!«
«Ohne meinen Anwalt brauche ich kein Wort zu sagen.«
«Wo war Panovs Anwalt, verflucht?«schrie Alex und stieß mit dem Stock auf den Boden.
«So geht's nicht«, protestierte der Patient und versuchte, seine Augenbrauen indigniert zu heben.»Außerdem war ich gut zum Doktor, und er hat meine Güte ausgenutzt, so wahr mir Gott helfe!«
«Du bist ein Witz«, sagte Holland.»Der Entwurf für einen Witz, aber in keiner Weise amüsant. Es gibt keine Anwälte hier, nur uns drei, und eine Torpedohülle scheint für deine Zukunft bereit zu sein.«
«Was wollen Sie von mir?«schrie der Mafioso.»Was weiß ich schon? Ich tue nur, was mir gesagt wird, wie es mein Bruder getan hat — möge er in Frieden ruhen —, und mein Vater — möge er auch in Frieden ruhen —, und wahrscheinlich dessen Vater, über den ich nichts weiß.«
«Es ist wie mit den aufeinanderfolgenden Generationen bei der Wohlfahrt, nicht wahr?«bemerkte Conklin.»Die Parasiten verzichten niemals auf die Stütze.«
«He, Sie sprechen über meine Familie — was immer Sie da reden.«
«Meine Entschuldigung an Ihre Heraldik«, fügte Alex hinzu.
«Und genau an dieser deiner Familie sind wir interessiert, Augie«, flocht der DCI ein.»Du heißt doch Augie, oder? Stand auf einem der fünf Führerscheine, und wir dachten, er sähe am echtesten aus.«
«Sie sind doch nicht so großartig, Mr. Großkopf!«spuckte der bewegungsunfähige Patient zwischen den schmerzhaft geschwollenen Lippen hervor.»Die waren alle falsch.«
«Aber irgendwie müssen wir dich nennen«, sagte Holland.»Und wenn nur, um es in die Torpedohülle einzubrennen, die wir vor Hatteras versenken werden, damit dir irgendein kahlköpfiger Archäologe in ein paar tausend Jahren eine Identität geben kann, wenn er dir die Zähne vermessen wird.«
«Wie war's mit Chauncy?«fragte Conklin.
«Zu menschlich«, antwortete Peter.»Mir gefällt Arschloch, denn das ist er. Er wird in eine Röhre gesteckt und über dem Kontinentalschelf ins Meer geworfen, wo es siebentausend Meter tief ist — für Verbrechen, die andere begangen haben. Ich denke, so einer ist ein Arschloch.«
«Vergiß es!«röhrte das Arschloch.»Also gut, mein Name ist Nicolo… Nicholas Dellacroce, und schon dafür müßt ihr mir Schutz geben! Wie dem Valachi, das gehört zum Deal.«
«Wirklich?«Holland runzelte die Stirn.»Ich kann mich nicht erinnern, dergleichen gesagt zu haben.«
«Dann bekommen Sie nichts…!«
«Falsch, Nicky«, unterbrach ihn Alex vom anderen Ende des Zimmers.»Wir werden alles bekommen, was wir wollen, der einzige Nachteil dabei ist, daß es ein einmaliger Schuß ist, den wir dir verpassen. Wir werden dich dann nicht mehr ins Kreuzverhör nehmen oder vor Gericht bringen können, und du wirst auch keine eidesstattliche Erklärung mehr unterschreiben können.«
«He?«
«Du kommst als Gemüse raus, mit frisch gebackenem Hirn. Ich kann mir natürlich denken, daß es in gewisser Weise von Vorteil wäre. Du wirst kaum etwas merken, wenn du in die Röhre gepackt wirst.«
«He, wovon redet ihr?«
«Einfache Logik«, antwortete der ehemalige Marinekommandant und gegenwärtige Chef der CIA.»Wenn unser Ärzteteam mit dir fertig ist, kannst du ja nicht von uns erwarten, dich hier rumliegen zu lassen, oder? Eine Autopsie würde uns für dreißig Jahre in die Wüste schicken, und ehrlich gesagt, habe ich dafür keine Zeit… Was denn nun, Nicky? Willst du mit uns sprechen, oder willst du einen Priester?«
«Ich hab gedacht…«
«Gehen wir, Alex«, sagte Holland kurz und ging vom Bett in Richtung Tür.»Ich schicke ihm einen Priester. Dieser Hurensohn wird jeden nur möglichen Trost brauchen können.«
«In solchen Momenten«, fügte Conklin hinzu, als er seinen Stock auf den Boden stemmte und aufstand,»denke ich ernsthaft über die Unmenschlichkeit des Menschen gegenüber dem Menschen nach. Dann rationalisiere ich: Es ist nicht die Brutalität, denn das ist nur eine beschreibende Abstraktion, es ist das Alltägliche in dem Geschäft, in dem wir alle stecken. Und dennoch ist da das Individuum — sein Verstand und sein Fleisch und seine furchtbar empfindlichen Nervenenden. Es ist der unerträgliche Schmerz. Dem Himmel sei Dank, daß ich immer im Hintergrund geblieben bin, außer Reichweite — wie die Genossen von Nicky. Sie speisen in eleganten Restaurants, und er fliegt in einer Röhre über dem Kontinentalschelf sieben Kilometer tief ins Meer, und sein Körper fällt in sich zusammen.«
«Es reicht, es reicht!«schrie Nicolo Dellacroce. Er wand sich im Bett, und sein fetter Körper verwickelte sich in die Laken.»Stellen Sie schon Ihre verdammten Fragen, aber Sie geben mir Schutz, capiscono?«
«Das hängt vom Wahrheitsgehalt deiner Antworten ab«, sagte Holland und kam zurück zum Bett.
«Ich würde mich tatsächlich sehr an die Wahrheit halten, Nicky«, bemerkte Alex, als er wieder zu seinem Stuhl humpelte.»Eine falsche Aussage, und du schläfst bei den Fischen…«
«Ich brauch keine Nachhilfe, ich weiß, worauf es ankommt.«
«Laß uns anfangen, Mr. Dellacroce«, sagte der CIA-Chef. Er nahm ein kleines Aufnahmegerät aus der Tasche, prüfte die Batterie und stellte es auf den hohen, weißen Tisch neben dem Bett des Patienten. Er zog einen Stuhl heran und sprach weiter, wobei er die einleitenden Bemerkungen zum Mikro hin formulierte.
«Mein Name ist Admiral Peter Holland, gegenwärtig Direktor der CIA, wenn notwendig, Überprüfung der Stimme. Dies ist ein Interview mit einem Informanten, den wir John Smith nennen wollen, Stimmenverzerrung für das Interagentur-Originalband einspielen, Identifizierung für die geheimen Akten des DCI… Gut, Mr. Smith, wir lassen den ganzen Scheiß beiseite und kommen gleich zur wichtigsten Frage. Ich werde sie zu Ihrem Schutz so allgemein wie möglich halten, aber Sie werden genau wissen, worauf ich mich beziehe, und ich erwarte präzise Antworten… Für wen arbeiten Sie?«
«Atlas Coin Vending Machines, Long Island City«, antwortete Dellacroce undeutlich und mürrisch.
«Wem gehört die Firma?«
«Mir jedenfalls nicht. Die meisten von uns arbeiten von zuhause aus — so etwa fünfzehn, vielleicht zwanzig Jungs, verstehen Sie, was ich meine? Wir pflegen die Maschinen und schicken unsere Berichte ein.«
Holland äugte zu Conklin hinüber. Mit seiner Antwort hat sich der Mafioso in einen großen Kreis potentieller Informanten gestellt. Nicolo war kein Neuling.
«Wer unterschreibt Ihre Gehaltsschecks, Mr. Smith?«
«Ein Mr. Louis DeFazio, ein sehr ehrenwerter Geschäftsmann, so weit ich weiß. Er gibt uns unsere Aufträge.«
«Wissen Sie, wo er wohnt?«
«Brooklyn Heights. Am Fluß, glaube ich, hat mal jemand gesagt.«
«Was war Ihr Ziel, als Sie von unseren Leuten abgefangen wurden?«Dellacroce zuckte zusammen und schloß kurz die Augen, bevor er antwortete.»Einer dieser Suff-und-Drogen-Tanks irgendwo im Süden von Philly — was Sie schon wissen, Mr. Großkopf, weil Sie die Karte im Auto gefunden haben.«
Holland griff ärgerlich nach dem Aufnahmegerät und stellte es ab.»Du bist auf dem Weg nach Hatteras, du Hurensohn!«
«He, Sie bekommen Ihre Informationen auf Ihre Weise, und ich gebe sie auf meine Weise, okay? Da war eine Karte — es gibt immer Karten —, und jeder von uns muß diese Scheißlandstraßen zum Zielort nehmen, als würde man den Präsidenten oder einen don superiore zu einem Treffen in den Apalachen fahren… Geben Sie mir den Block mal rüber und einen Bleistift, und ich gebe Ihnen den Ort genau, mitsamt dem Messingschild an der steinernen Pforte. «Der Mafioso hob den Arm ohne Gips und richtete den Zeigefinger auf den DCI.»Ich werde richtig aussagen, Mr. Großkopf, weil ich nicht mit den Fischen schlafen will, capisce?«
«Aber du willst es nicht auf Band sprechen«, sagte Holland mit irritierter Veränderung des Tons.»Warum nicht?«
«Band, Scheiße! Wie haben Sie es genannt? InteragenturOriginal scheiß? Was glauben Sie eigentlich… daß unsere Hacker hier nicht reinkommen? Haha! Euer verdammter Doktor könnte einer von uns sein!«
«Ist er aber nicht, aber wir kommen noch auf einen Armeearzt, der es ist. «Peter Holland griff zu dem Block und dem Stift auf dem Tisch neben dem Bett und reichte beides Dellacroce. Er widersprach nicht, als er den Recorder wieder einstellte. Das Geplänkel war vorbei, es wurde ernst.
In New York City, in der 138. Straße zwischen Broadway und Amsterdam Avenue, dem Zentrum von Harlem, schwankte ein großer, ungepflegter Schwarzer, etwa Mitte Dreißig, den Bürgersteig entlang. Er torkelte gegen die abbröckelnde Ziegelsteinmauer eines heruntergekommenen Wohnblocks und schlug auf das Pflaster, mit ausgestreckten Beinen, das unrasierte Gesicht an den rechten Kragen seines abgewetzten Armeehemdes gewinkelt.
«Bei dem Anblick, der sich mir bietet«, sagte er ruhig in das Minimicro unter dem Kragen,»könnte man denken, ich sei ins Einkaufszentrum der weißen Geldsäcke von Palm Springs geraten.«
«Du machst es wunderbar«, kam eine metallische Stimme über den winzigen Lautsprecher am hinteren Kragen des Agenten.
«Wir haben das Gelände gesichert. Wir werden dich gut im Auge behalten. Der Anrufbeantworter hier ist so voll, daß er schon dampft.«
«Wie seid ihr beiden Süßen in das Loch da drüben gekommen?«
«Sehr früh am Morgen, so früh, daß uns niemand angesehen hat.«
«Schade, daß ich nicht warten kann, um euch wieder rauskommen zu sehen. Ist ja 'n richtiggehendes Nadelöhr, wie ich das sehe. Übrigens, sind die Bullen in diesem Abschnitt auf dem laufenden? Ich hätte es gar nicht gerne, wenn sie mich mit der Borste im Gesicht einkassieren würden. Es juckt wie verrückt, und meine frischgebackene Ehefrau kann das gar nicht leiden.«
«Wärst du mal bei deiner ersten geblieben, Kumpel.«
«Du komischer kleiner Weißer. Sie mochte weder meine Arbeitszeiten noch die ganze Reiserei. Wenn ich zum Beispiel gleich für'n paar Wochen zwei, drei Spielchen in Simbabwe machen mußte. Antworte mir.«
«Die Blauröcke haben deine Beschreibung und das Szenario. Du unterstehst der Bundesregierung. Sie werden dich also in Ruhe lassen… Bleib dran! Gespräch beendet. Da kommt er. Das muß unser Mann sein… Er hat eine Telefontasche an seinem Gürtel… Er ist es. Er geht auf den Eingang zu. Jetzt liegt's an dir, Kaiser Jones.«
«Du komischer kleiner Weißer… Ich seh ihn jetzt auch und kann euch sagen, daß er weich wie mousse au chocolat ist. Der scheißt sich in die Hosen, ehe er in den Palast da reingeht.«
«Was heißt, daß er echt ist«, sagte die metallische Stimme.»Das ist gut.«
«Das ist schlecht, Junior«, entgegnete der Schwarze sofort.»Wenn du recht hast, dann weiß er gar nichts, und die Schichten zwischen ihm und der Quelle sind so dick wie Grönlandeis.«
«Und wie willst du's dann rausbekommen?«
«Ich muß die Nummern sehen, wenn er sie in sein Sorgenkind eingibt.«
«Was heißt das, verflucht?«
«Er mag echt sein, aber er hat auch eine höllische Angst und nicht wegen des Gebäudes.«
«Was soll das heißen?«
«Man sieht es ihm an. Er könnte falsche Nummern eingeben, wenn er meint, daß man ihm folgt, und er sich beobachtet glaubt.«
«Kapier ich nicht, Kumpel.«
«Er muß die Zahlen eingeben, die mit der Datenzentrale übereinstimmen, damit die Relais aktiviert werden können…«
«Oh, vergiß es«, sagte die Stimme in seinem Kragen.»Das kapier ich doch nicht. Übrigens haben wir einen Mann in der Company, Reco sowieso. Er wartet auf dich.«
«Dann habe ich wohl Arbeit. Aus, aber ihr behaltet mich dran. «Der Agent erhob sich vom Pflaster und ging heftig wankend in das zerfallene Gebäude. Der Telefonfachman hatte bereits den zweiten Stock erreicht, wo er nach rechts in einen schmalen, schmutzigen Korridor einbog. Er war offenbar schon früher hier gewesen, denn er lief, ohne zu zögern und ohne auf die kaum lesbaren Namensschilder an den Türen zu achten. Die Dinge würden doch nicht so schwierig sein, dachte der CIA-
Mann, dankbar, daß sein Auftrag nicht in seinen Bereich gehörte. Bereich? Scheiße, die Sache war illegal.
Der Agent nahm drei Stufen auf einmal, wobei seine Schuhe mit den dicken Gummisohlen das Geräusch auf das unvermeidliche Knarren einer alten Treppe reduzierten. Mit dem Rücken an der Wand schielte er um die Ecke des Treppenhauses, das mit Abfall übersät war, und beobachtete den Telefonmann, wie er drei verschiedene Schlüssel in drei waagerechte Schlüssellöcher steckte, alle nacheinander umdrehte und in die letzte Tür zur Linken ging. In dem Augenblick, wo er die Tür hinter sich geschlossen hatte, lief er leise den Korridor entlang und blieb bewegungslos horchend stehen. Nicht großartig, aber auch nicht schlimm, dachte er bei dem Geräusch nur eines Schlüssels, der gedreht wurde. Der Reparateur war in Eile. Er drückte sein Ohr an die abblätternde Farbe der Tür und hielt den Atem an, damit das Echo seiner Lungen nicht das Hören störte. Dreißig Sekunden später drehte er den Kopf zur Seite, ließ die Luft aus seinen Lungen entweichen und atmete erneut tief ein, bevor er den Kopf wieder an die Tür drückte. Obwohl gedämpft, hörte er die Worte doch deutlich genug, um sich einen Reim machen zu können.
«Zentrale, hier ist Mike oben in der 138. Straße, Sektion zwölf, Maschine sechzehn. Da muß noch eine Einheit in diesem Haus sein, was ich allerdings nicht glauben kann, selbst wenn ihr's mir sagen würdet. «Das folgende Schweigen dauerte vielleicht weitere zwanzig Sekunden…»Haben wir nicht, was? Tja, da ist eine Interferenz, und das verstehe ich nicht… Was? Fernsehkabel? Glaub nicht, daß hier jemand dafür die Kohle hat… Oh, ich verstehe, Bruder. Das Bezirkskabel. Die Drogenjungs wohnen oben, nicht wahr? Ihre Adresse mag nicht nobel sein, aber wenn du in ihre Wohnungen kommst, dann haben sie die tollsten Sachen dastehen… Geh also raus aus der Leitung und leite sie um. Ich warte so lange, bis ich das Klarzeichen bekomme. Okay, Bruder?«
Der Agent wandte erneut den Kopf zur Seite und atmete wieder aus, diesmal erleichtert. Er konnte sich davonmachen, ohne Konfrontation. Er hatte alles, was er brauchte. 138. Straße, Sektion zwölf, Maschine sechzehn, und sie kannten die Firma, die das Zeug geliefert hatte. Die Reco-Metropolitan Company, Sheridan Square, New York. Er ging zurück zu der verrotteten Treppe und hob den Kragen seines Armeehemdes.
«Falls ich von einem LKW überfahren werde, hier die Information. Hört ihr?«
«Laut und deutlich, Kaiser Jones.«
«Es ist Maschine sechzehn in Sektion zwölf, wie sie es nennen.«
«Erhalten! Du hast deine Mark verdient heute!«
«Ihr könntet wenigstens sagen: Hervorragend, alter Knabe.«
«Na, du bist der Kerl, der studiert hat, nicht ich.«
«Manche von uns sind überqualifiziert… Warte mal. Ich hab Gesellschaft bekommen!«
Unten am Fuß der Treppe erschien ein kleiner, stämmiger schwarzer Mann, mit hervortretenden Augen, der mit einer Knarre in der Hand nach oben sah. Der CIA-Mann warf sich hinter die Ecke, als vier Schüsse durch den Korridor pfiffen. Der Agent machte einen Sprung über den offenen Zwischenraum. Er hatte seinen Revolver herausgerissen und feuerte zweimal, aber einer hätte schon gereicht. Sein Gegner stürzte auf den Boden des schmutzigen Eingangs.
«Ich habe einen Querschläger ins Bein gekriegt!«schrie der Agent.»Aber er liegt flach — mausetot oder nicht, das kann ich nicht sagen. Bestellt den Wagen und holt uns beide ab. Pronto.«
«Auf dem Weg. Bleib dran.«
Es war kurz nach acht Uhr am nächsten Morgen, als Alex Conklin ins Büro von Peter Holland gehinkt kam. Die Wächter am CIA-Tor waren beeindruckt, daß er sofortigen Zutritt beim Direktor erhielt.
«Was Neues?«fragte der DCI und sah von seinen Papieren auf dem Tisch hoch.
«Nichts«, antwortete der ehemalige CIA-Agent verärgert. Statt einen Stuhl zu nehmen, ging er zum Sofa.»Nicht das allergeringste. Himmel, was für ein beschissener Tag, und er hat noch nicht einmal richtig begonnen! Casset und Valentine sitzen im Keller und schicken Fragen an alle nur denkbaren Pariser Kanäle, aber nichts bisher… Sieh dir doch nur mal das Szenario an und nenn mir einen roten Faden! Swayne, Armbruster, DeSole — unser stummer Saukerl. Dann, um Himmels willen, Teagarten mit Borowskis Visitenkarte, wo wir verdammt genau wissen, daß es eine vom Schakal für Jason gestellte Falle ist. Aber nirgends eine Logik, die Carlos an Teagarten und darüber an Medusa bindet. Nichts ergibt einen Sinn, Peter. Wir haben keinerlei Anhaltspunkte — ist alles den Bach runter!«
«Beruhige dich«, sagte Peter sanft.
«Wie denn? Borowski ist verschwunden — ich meine, wirklich verschwunden, wenn er nicht tot ist. Und es gibt keine Spur von Marie, kein Wort von ihr, und dann hören wir, daß Bernardine vor ein paar Stunden bei einem Schußwechsel in der Rivoli getötet worden ist — mein Gott, am hellichten Tag. Und das heißt, daß Jason dort war — er muß dort gewesen sein!«
«Da aber keiner von den Toten oder Verwundeten seiner Beschreibung entspricht, können wir davon ausgehen, daß er davongekommen ist, oder?«
«Wir können es hoffen, ja.«
«Du hast nach dem roten Faden gefragt«, überlegte der DCI.»Ich bin nicht sicher, ob ich dir den liefern kann, aber so was ähnliches… «
«New York?«Conklin beugte sich auf der Couch vor.»Der Anrufbeantworter? Dieser DeFazio in Brooklyn Heights?«
«Wir kommen noch zu New York… Aber jetzt wollen wir uns erst mal auf deinen Faden konzentrieren, auf einen Anhaltspunkt, wie du gesagt hast.«
«Ich bin ja nicht gerade der Langsamste, aber wo ist er?«
Holland lehnte sich in seinen Stuhl zurück, sah zuerst auf seine Papiere auf dem Tisch und dann zu Alex hinüber.»Vor zweiundsiebzig Stunden, als du dich entschlossen hattest, mir alles auf den Tisch zu legen, sagtest du, daß die Idee hinter Borowskis Strategie die wäre, den Schakal und Medusa dahin zu treiben, daß sie gemeinsame Sache machen, mit ihm als Zielscheibe. War das nicht im Grunde die Prämisse? Beide Seiten wollen ihn tot. Carlos hat zwei Gründe — Rache und die Tatsache, daß er glaubt, Borowski könnte ihn identifizieren. Die Medusa-Leute, weil er etliches über sie zusammengetragen hat.«
«Das war die Überlegung, ja«, stimmte Conklin zu und nickte.»Deshalb habe ich ein bißchen gegraben und ein paar Anrufe gemacht, wobei ich nie geglaubt hätte, zu finden, was ich gefunden habe. Mein Gott, ein internationales Kartell, vor zwanzig Jahren in Saigon entstanden und bestückt mit den höchsten Tieren aus Regierung und Militär. Das kam vollkommen unerwartet. Ich dachte, ich würde vielleicht zehn oder zwölf neureiche Millionäre finden, mit Bankkonten noch aus der Nach-Saigon-Zeit, die einer genaueren Nachforschung nicht standgehalten hätten, aber nicht das, keine neue Medusa.«
«Um es so einfach wie möglich auszudrücken«, fuhr Holland mit gerunzelter Stirn fort, wobei seine Augen abermals über seine Papiere glitten und dann zu Alex.»Sobald der Kontakt zwischen Medusa und Carlos hergestellt worden wäre, würde dem Schakal die Botschaft übermittelt, daß es da einen Mann gebe, den Medusa eliminiert haben möchte, koste es, was es wolle. So weit, so gut?«
«Der Schlüssel dabei waren Kaliber und Status desjenigen, der Carlos kontaktieren sollte«, erklärte Alex.»Es sollte einem bona fide Olympier so nahe wie möglich kommen, eine Art Kunde, wie ihn der Schakal sonst niemals bekommt und er ihn noch niemals hatte.«
«Dann wird der Name des Opfers enthüllt — sagen wir etwa John Smith, vor Jahren bekannt unter dem Namen Jason Borowski —, und der Schakal ist am Haken. Borowski, der Mann, den er mehr als irgend jemanden sonst tot sehen will.«
«Ja. Deshalb müssen die Medusa-Leute, die Carlos kontaktieren, so solide sein, so über jeden Verdacht erhaben, daß Carlos sie akzeptieren kann, ohne irgendeine Falle in Betracht ziehen zu können.«
«Weil«, fügte der CIA-Direktor hinzu,»Jason Borowski aus der Saigon-Medusa hervorgegangen ist — eine Carlos bekannte Tatsache —, aber niemals am Reichtum der späteren, der Nachkriegs-Medusa teilhatte. Das sollte der Hintergrund des Szenarios sein, richtig?«
«Die Logik ist so einleuchtend wie nur möglich. Drei Jahre lang wurde er mißbraucht und beinahe in einer dunklen Operation umgebracht, und so allmählich bekam er wahrscheinlich heraus, daß mehr als einer der Saigon-Vögel, die sich aber auch durch gar nichts ausgezeichnet hatten, in Jaguars herumfuhren und Yachten besaßen und sechsstellige Honorare kassierten, während er eine schmale Regierungsrente bezog. Das könnte die Geduld eines Heiligen auf die Probe stellen, von Barabbas ganz zu schweigen.«
«Ein wahnsinniges Libretto«, gab Holland zu und erlaubte sich den Anflug eines Lächelns.»Ich kann hören, wie die Tenöre zum Triumphgesang anheben und die machiavellistischen Bässe zerschmettert von der Bühne kippen… Du brauchst mich gar nicht so mißbilligend anzuschauen, Alex, ich meine das ehrlich! Wirklich einfallsreich. Es ist derart zwingend, daß aus der Prophezeiung unversehens Wirklichkeit wurde.«
«Wovon sprichst du?«
«Dein Borowski hatte von Anfang an recht. Alles lief genauso, wie er es vorausgesehen hat, aber nicht auch auf die Art und Weise, wie er es sich ausgemalt hat. Weil die Sache derartig zwingend war, muß es irgendwo so etwas wie eine Überkreuz-Befruchtung gegeben haben.«
«Steig bitte vom Mars herunter und erkläre dich einem Irdischen, Peter.«
«Medusa benutzt den Schakal! Jetzt. Teagartens Ermordung beweist das, es sei denn, du würdest behaupten wollen, daß Borowski den Wagen außerhalb von Brüssel in die Luft gejagt hat.«
«Natürlich nicht.«
«Also muß Carlos' Name einem Medusa-Mann untergekommen sein, der über Jason Borowski Bescheid weiß. Nur so kann es zusammenhängen. Du hast ihn doch weder Armbruster noch Swayne oder Atkinson in London gegeben, oder?«
«Natürlich nicht. Die Zeit war noch nicht reif. Wir waren noch nicht so weit, diese Drähte zu ziehen.«
«Wer bleibt also übrig?«fragte Holland.
Alex starrte den DCI an.»Gütiger Gott«, sagte er leise.»DeSole?«
«Ja, DeSole, der arme unterbezahlte Spezialist, der sich, wenn auch scherzend, unaufhörlich darüber beklagte, daß es für einen Mann wie ihn keine Möglichkeit gebe, seine Kinder und Enkelkinder mit einem Regierungsgehalt anständig zu erziehen. Er wurde immer hinzugezogen, bei allem, was wir diskutierten, angefangen mit deinem Überfall auf uns im Konferenzzimmer.«
«Sicher, aber das blieb auf Borowski und den Schakal beschränkt. Es wurden weder Armbruster noch Swayne, weder Teagarten noch Atkinson erwähnt — die neue Medusa war damals noch gar nicht im Gespräch. Zum Teufel, Peter, auch du hast doch erst vor zweiundsiebzig Stunden davon erfahren.«
«Ja, aber DeSole wußte Bescheid, weil er sich verkauft hatte. Er war Teil davon. Er muß gewarnt worden sein. >Paß auf. Wir sind unterwandert worden. Irgendein Verrückter sagt, er wird uns ans Licht zerren, uns auffliegen lassen. <… Du selbst hast mir gesagt, daß in der Panik Knöpfe gedrückt wurden, von der Handelskommission zur Wehrbeschaffung und zur Botschaft in London.«
«Sie wurden gedrückt«, stimmte Conklin zu.»So sehr, daß zwei davon abmontiert werden mußten, zusammen mit Teagarten und unserem unzufriedenen DeSole. Der Ältestenrat der Schlangenlady hat schnell herausbekommen, wo seine wunden Punkte lagen. Aber wo passen da Carlos und Borowski hinein? Da gibt es keinen Zusammenhang.«
«Ich denke, wir waren uns schon darüber einig?«
«DeSole?«Conklin schüttelte den Kopf.»Das ist ein anziehender Gedanke, aber er hält nicht. Er konnte nicht annehmen, daß ich über Medusas Unterwanderung Bescheid wußte, weil wir noch gar nicht damit begonnen hatten.«
«Aber als du es tatest, hätte ihn die schnelle Abfolge beunruhigen müssen, und wenn nur in dem Sinne, daß, obwohl die Dinge weit auseinanderlagen, die Sache sich derartig beschleunigte. Was war es denn? Eine Sache von Stunden?«
«Weniger als vierundzwanzig Stunden… Dennoch hatte das eine nichts mit dem anderen zu tun.«
«Für den Analytiker der Analytiker vielleicht doch«, entgegnete Holland.»Wenn was wie eine alte Ente läuft und sich wie eine alte Ente anhört, muß du nach einer alten Ente Ausschau halten. Ich vermute einfach mal, daß DeSole irgendwann im Verlauf der Angelegenheit die Verbindung zwischen Jason Borowski und dem Verrückten gezogen hat, der Medusa infiltriert hatte — die neue Medusa.«
«Wie, um Himmels willen?«
«Ich weiß es nicht. Vielleicht, weil du uns erzählt hast, daß Borowski aus der alten Medusa in Saigon hervorgegangen ist — das ist doch eine verteufelt gute Verbindung.«
«Mein Gott, vielleicht hast du recht«, sagte Alex und ließ sich in die Couch zurückfallen.»Die Triebfeder, die wir unserem namenlosen Verrückten gaben, war, daß er von der neuen Medusa ferngehalten worden war. Ich hab es selbst bei jedem Telefonanruf gesagt: Er hat Jahre damit zugebracht, alles zusammenzupuzzeln… Er hat die Namen und die Rangbezeichnungen und die Banken in Zürich… Himmel, ich bin blind! Ich habe diese Dinge zu total fremden Leuten gesagt, bei einer telefonischen Angelexpedition, und habe nie auch nur daran gedacht, daß ich Borowskis Verbindung zu Medusa erwähnt habe, als DeSole dabei war.«
«Warum hättest du daran denken sollen? Du und dein Mann, ihr hattet euch entschlossen, ein eigenes Spiel ganz für euch allein zu spielen.«
«Die Gründe waren ziemlich solide«, unterbrach Conklin.»Und ich dachte, daß auch du ein Medusa-Mann wärst.«
«Danke tausendmal.«
«Komm schon, hör auf damit. >Wir haben einen Topmann draußen in Langley<… das waren die Worte, die ich von London hörte. Was würdest du gedacht haben, was würdest du getan haben?«
«Genau das, was du getan hast«, antwortete Holland, ein dünnes Lächeln auf den Lippen.»Aber von dir wird angenommen, daß du soviel glänzender bist, soviel cleverer, als man es von mir annimmt.«
«Danke tausendmal.«
«Sei nicht zu hart mit dir selbst. Du hast getan, was jeder von uns an deiner Stelle auch getan hätte.«
«Dafür danke ich dir wirklich. Und du hast natürlich recht. Es muß DeSole gewesen sein. Wie er es gemacht hat, weiß ich nicht, aber er muß es gewesen sein. Er hat niemals wirklich irgend etwas vergessen. Das weißt du. Sein Verstand war ein Schwamm, der alles absorbierte und niemals wieder etwas abgab. Er konnte sich an Worte und Sätze erinnern, selbst an ein spontanes Grunzen der Zustimmung oder Ablehnung, was alle anderen längst vergessen hatten… Und ihm habe ich die ganze Borowski-Schakal-Geschichte geliefert — und dann hat es jemand von Medusa in Brüssel verwendet.«
«Sie haben noch mehr als das getan, Alex«, sagte Holland. Er beugte sich in seinem Stuhl vor und nahm mehrere Papiere von seinem Tisch.»Sie haben euer Szenario geklaut, eure Strategie gestohlen. Sie haben Jason Borowski und Carlos, den Schakal, aufeinandergehetzt. Aber statt daß ihr die Zügel in der Hand habt, steuert Medusa die Geschichte. Borowski ist wieder genau da, wo er schon vor dreizehn Jahren war, vielleicht mit seiner Frau, vielleicht auch nicht. Der einzige Unterschied ist der, daß er außer dem Schakal und Interpol und jeder anderen Polizeibehörde auf dem Kontinent, die alle bereit sind, ihn über den Jordan gehen zu lassen, diesmal noch einen tödlichen Affen im Genick hat.«
«Das ist das, was du da auf deinen Seiten stehen hast, nicht wahr? Die Information aus New York?«
«Ich kann es nicht garantieren, aber ich denke es. Es ist der Überkreuz-Befruchter, von dem ich vorhin sprach. Die Biene, die von einer verrotteten Blume zur nächsten fliegt und Gift mit sich trägt.«
«Etwas genauer, bitte.«
«Nicolo Dellacroce und seine Höhergestellten.«
«Die Mafia?«
«Es ist folgerichtig, wenn auch sozial nicht akzeptabel. Medusa ging aus dem Offizierskorps in Saigon hervor, und das delegiert immer noch seine schmutzige Arbeit an hungrige Schweine und korrupte Freischaffende. Sieh dir die Leute an wie Nicky D. und Männer wie Sergeant Hannagan. Wenn's ums Killen oder Kidnappen geht oder um die Anwendung von Drogen bei Gefangenen, dann bleiben die Jungs mit den steifen Hemdkragen hübsch im Hintergrund. Dann sind sie nirgends zu finden.«
«Aber ich nehme an, daß du sie gefunden hast«, sagte der ungeduldige Conklin.
«Nochmals, ich glaube es — unsere Leute stehen in engem, geheimem Kontakt mit der New Yorker Antiverbrechensabteilung, insbesondere einer Einheit, die US-Platoon genannt wird.«
«Nie gehört.«
«Sind hauptsächlich italienische Amerikaner, haben sich selbst die >Unberührbaren Sizilianer< genannt. Auf diese Weise haben die Initialen US eine doppelte Bedeutung.«
«Hübsche Sache.«
«Aber keine hübsche Arbeit… Laut der Rechnungslisten der Reco-Metropolitan…«
«Der was?«
«Der Gesellschaft, die den Anrufbeantworter in der 138. Straße in Manhattan installiert hat.«
«Ach so. Und?«
«Laut jener Listen wurde die Maschine von einer kleinen Importfirma in der 11. Avenue geleast, ein paar Blocks von den Anlegestellen entfernt. Vor einer Stunde bekamen wir die Aufzeichnung der Telefonate der vergangenen zwei Monate, und rate mal, was wir gefunden haben?«
«Spann mich nicht auf die Folter«, sagte Alex mit Betonung.
«Neun Anrufe für eine vernünftige, akzeptable Nummer in Brooklyn Heights und drei im Verlauf einer Stunde mit einer extrem unwahrscheinlichen Nummer an der Wall Street.«
«Jemand war aufgeregt…«
«Das haben wir uns auch gedacht. Also baten wir die Sizilianer, uns das zu geben, was sie über Brooklyn Heights hatten.«
«DeFazio?«
«Sagen wir mal so: Er lebt dort, aber das Telefon ist auf die Firma Atlas Coin Vending Machines Company in Long Island eingetragen.«
«Das paßt. Dumm, aber es paßt: Was ist mit DeFazio?«
«Ein mittlerer, aber ambitiöser Capo aus der Giancavallo-Familie. Sehr verschlossen, sehr getarnt, sehr boshaft… und sehr schwul.«
«Lieber Gott!«
«Die Unberührbaren haben uns zu Stillschweigen verpflichtet. Sie beabsichtigen, die Sache selbst zu erledigen.«
«Scheiße«, sagte Conklin leise.»Eines der ersten Dinge, die wir in unserem Geschäft lernen, ist doch, alle und jeden anzulügen, besonders solche Leute, die dämlich genug sind, uns zu vertrauen. Was ist mit dem anderen Telefon, dem unwahrscheinlichen?«
«So in etwa die mächtigste Anwaltsfirma der Wall Street.«
«Medusa«, folgerte Conklin entschieden.
«So habe ich es auch verstanden. Sie haben sechsundsiebzig Anwälte auf zwei Stockwerken des Gebäudes. Wer ist es? Wer von ihnen gehört dazu?«
«Ich scheiß drauf! Wir stellen DeFazio nach und allem, was er nach Paris schickt. Nach Europa, um den Schakal zu füttern. Sie sind die auf Jason gerichteten Knarren, und das ist alles, was mich kümmert. Kümmer du dich um DeFazio. Er ist der Mann mit dem Vertrag!«
Peter Holland lehnte sich in seinem Stuhl zurück, steif und angespannt.
«Es mußte dazu kommen, Alex, nicht wahr?«fragte er ruhig.»Wir beide haben unsere Prioritäten… Ich würde alles innerhalb meiner Fähigkeiten tun, das Leben von Jason Borowski und seiner Frau zu retten, aber niemals würde ich den Eid verletzen, in erster Linie mein Land zu verteidigen. Das kann ich nicht, und ich nehme an, du weißt das. Meine Priorität ist Medusa, nach deinen Worten ein weltweites Kartell, das beabsichtigt, hier ein Staat im Staate zu werden, die Regierung zu unterlaufen. Dem muß ich nachgehen. In erster Linie und sofort und ohne Rücksicht auf Verluste. Um es deutlich zu sagen, mein Freund — und ich hoffe, du bist mein Freund —, die Borowskis oder wer immer es ist, sind entbehrlich. Tut mir leid, Alex.«
«Das ist der eigentliche Grund, weshalb du mich heute morgen hergebeten hast, nicht wahr?«sagte Conklin und kam, gestützt auf seinen Stock, mühsam auf die Beine.
«So ist es.«
«Du hast deinen eigenen Plan gegen Medusa — und daran können wir nicht teilhaben.«
«Nein, könnt ihr nicht. Es ist ein grundlegender Interessenkonflikt.«
«Das gebe ich zu. Wir würden alles durcheinanderbringen, wenn es nur Jason und seiner Frau hilft. Natürlich ist meine persönliche und professionelle Meinung die, daß, wenn die gesamten verdammten Vereinigten Staaten die Medusa nicht mit Stumpf und Stiel herausreißen können, ohne dabei einen Mann und eine Frau zu opfern, die so viel gegeben haben, ich nicht sicher bin, ob sie viel wert sind.«
«Der Meinung bin ich auch«, sagte Holland und stand hinter seinem Tisch auf.»Aber ich habe einen Eid geschworen, es zu versuchen…«
«Habe ich noch einen Wunsch frei?«
«Alles, was ich tun kann, ohne daß es die Bekämpfung der Medusa gefährdet.«
«Wie wäre es mit zwei Plätzen in einem Militärflugzeug nach Paris unter CIA-Schutz?«
«Zwei Plätze?«
«Panov und ich. Wir sind zusammen nach Hongkong gegangen, warum nicht auch nach Paris?«
«Alex, jetzt hast du wirklich den Verstand verloren!«
«Ich glaube nicht, daß du das verstehen kannst, Peter. Mos Frau starb zehn Jahre, nachdem sie heirateten, und ich hatte niemals den Mut, es auch nur zu versuchen. Du siehst also, Jason Borowski und Marie sind die einzige Familie, die uns geblieben ist. Sie macht einen verteufelt guten Hackbraten, kann ich dir sagen.«
«Zwei Tickets nach Paris«, sagte Holland mit grauem Gesicht.