17

Oberst Ramon Acoca war bester Laune. Alle Teile des Puzzlespiels schienen endlich zusammenzupassen.

Sein Adjutant erschien an der Tür seines Dienstzimmers. »Oberst Sostelo ist hier.«

»Ich lasse bitten.«

Ich brauche ihn nicht mehr, dachte Acoca. Er kann zu seinen Zinnsoldaten zurückgehen.

Oberst Fal Sostelo kam herein. »Guten Tag, Oberst.«

»Guten Tag, Oberst.«

Eigentlich verrückt, überlegte Sostelo sich. Wir haben den gleichen Dienstgrad, aber dieser Riese mit dem Narbengesicht könnte dafür sorgen, dass ich meinen verliere. Er muss Verbindung zu diesem verdammten OPUS MUNDO haben.

Sostelo fand es empörend, auf Acocas Wink hier antreten zu müssen, als sei er irgendein kleiner Untergebener. Aber es gelang ihm, sich nichts davon anmerken zu lassen. »Sie wollten mich sprechen?«

»Ja.« Acoca bot ihm mit einer Handbewegung einen Sessel an.

»Nehmen Sie Platz, Sostelo. Ich habe eine Überraschung für Sie. Jaime Miro hat die Nonnen.«

» Was?«

»Ja. Sie sind mit ihm und seinen Männern unterwegs. Er hat drei Gruppen bilden lassen.«

»Wo. woher wissen Sie das?«

Ramon Acoca lehnte sich in seinem Sessel zurück. »Spielen Sie Schach?«

»Nein.«

»Schade. Ein sehr lehrreiches Spiel. Um ein guter Spieler zu sein, muss man sich in die Geisteshaltung seines Gegenspielers hineinversetzen. Jaime Miro und ich spielen Schach miteinander.«

Fal Sostelo starrte ihn an. »Ich verstehe nicht, wie.«

»Nicht tatsächlich, Oberst. Wir benützen kein Schachbrett, sondern nur unseren Kopf. Wahrscheinlich verstehe ich Miro besser als jeder andere auf der Welt. Ich weiß, wie sein Verstand arbeitet. Ich habe gewusst, dass er versuchen würde, den Staudamm bei Punta va Reina zu sprengen. Wir haben dort drei seiner wichtigsten Leute geschnappt, und Miro ist uns nur durch Zufall entwischt. Ich habe gewusst, dass er versuchen würde, sie zu befreien, und Miro hat gewusst, dass ich’s gewusst habe.« A-coca zuckte mit den Schultern. »Ich habe nur nicht vorausgesehen, dass er für diesen Befreiungsversuch die Stiere einsetzen würde.« Aus seinem Tonfall sprach unüberhörbare Anerkennung.

»Das klingt fast so, als.«

»Als ob ich ihn bewunderte? Ich bewundere seinen Verstand. Ich verachte den Mann.«

»Wissen Sie, wohin Miro unterwegs ist?«

»Er will nach Norden. Ich fange ihn innerhalb der nächsten drei Tage ab.«

Oberst Sostelo starrte Acoca verblüfft an.

»Dann ist er endlich schachmatt.«

Tatsächlich konnte Acoca sich in Jaime Miro hineinversetzen und wusste, was der andere dachte, aber das genügte ihm nicht.

Der Oberst wollte einen Vorteil, der ihm den Sieg garantieren würde, und hatte ihn sich verschafft.

»Wie.?«

»Einer von Miros Terroristen«, sagte Oberst Acoca, »arbeitet als Spitzel für uns.«

Rubio, Tomas und die beiden Klosterschwestern mieden größere Städte, blieben auf Nebenstraßen, die durch alte Dörfer führten, und kamen an Schaf- und Ziegenherden vorbei, deren Hirten mit ihren Transistorradios Musik und Fußballübertragungen hörten. Dieser farbenprächtige Gegensatz von Vergangenheit und Gegenwart war reizvoll, aber Lucia hatte andere Dinge im Kopf.

Sie blieb in Schwester Teresas Nähe und lauerte auf eine Gelegenheit, das Kruzifix an sich zu bringen und damit zu verschwinden. Aber die beiden Männer waren stets in ihrer Nähe. Rubio Arzano war der rücksichtsvollere von den beiden, ein großer, freundlich aussehender, fröhlicher Mann. Ein einfältiger Bauernlümmel, lautete Lucias Einschätzung.

Im Gegensatz zu seinem Kameraden war Tomas Sanju-ro ein schmächtiger Mann mit beginnender Glatze. Er hat mehr Ähnlichkeit mit einem Schuhverkäufer als mit einem Terroristen. Die beiden sind bestimmt leicht zu überlisten.

Nachts zogen sie über die Ebenen nördlich von Avila, über die kühle Winde von der Guarramasteppe hinwegwehten. Im Mondschein wirkten die Ebenen gespenstisch verlassen. Die vier Wanderer kamen an Granjas mit Weizen, Olivenbäumen, Rebstöcken und Mais vorbei, holten sich Kartoffeln und Salat von den Feldern und bereicherten ihren Speisezettel mit Eiern und Hennen aus Hühnerställen.

»Auf dem Land ist ganz Spanien ein einziger großer Markt«, behauptete Rubio Arzano.

»Und alles ist umsonst!« fügte Tomas Sanjuro grinsend hinzu.

Schwester Teresa nahm ihre Umgebung kaum noch wahr. Ihr einziger Gedanke galt dem Kloster Mendavia, das sie erreichen musste. Das Kruzifix wurde ihr allmählich fast zu schwer, aber sie war entschlossen, es unter keinen Umständen aus der Hand zu geben. Bald, dachte sie, wir sind bald da. Wir fliehen aus dem Garten Gethsemane und vor unseren Feinden in das neue Haus, das der Herr uns bereitet hat.

»Was hast du gesagt?« fragte Lucia.

Schwester Teresa hatte nicht gemerkt, dass sie laut gesprochen hatte.

»Ich. oh, nichts«, murmelte sie.

Lucia warf ihr einen prüfenden Blick zu. Die ältere Frau wirkte geistesabwesend und desorientiert; sie schien nicht recht wahrzunehmen, was um sie herum geschah.

Lucia zeigte auf den in ein Leinentuch gehüllten Gegenstand, den Schwester Teresa in den Armen hielt. »Das sieht ziemlich schwer aus«, sagte sie mitfühlend. »Soll ich’s eine Zeitlang tragen?«

Schwester Teresa drückte ihn noch enger an sich. »Christus hat eine schwerere Bürde getragen. Ich kann diese für ihn tragen.« Wie es bei Lukas hieß: Wer mir folgen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich täglich und folge mir nach.

»Ich trage es weiter«, stellte Teresa nachdrücklich fest.

Ihre Stimme klang irgendwie merkwürdig.

»Alles in Ordnung? Geht’s dir gut, Schwester?«

»Natürlich!«

In Wirklichkeit ging es Schwester Teresa keineswegs gut. Sie fand keinen Schlaf mehr und litt unter fiebrigen Schwindelanfällen. Ihr Verstand spielte ihr wieder Streiche. Ich darf nicht krank werden, dachte sie, sonst schimpft Schwester Betina mich aus. Aber Schwester Betina war nicht da. Alles war so verwirrend. Und wer waren diese Männer? Ich traue ihnen nicht. Was haben sie mit mir vor?

Rubio Arzano hatte versucht, ein Gespräch mit Schwester Teresa anzuknüpfen, um ihre sichtbare Verkrampfung etwas zu lockern.

»Für Sie ist’s bestimmt merkwürdig, wieder draußen in der Welt zu sein, Schwester. Wie lange sind Sie im Kloster gewesen?«

Wozu will er das wissen? »Dreißig Jahre.«

»Hm, das ist eine lange Zeit. Und woher stammen Sie?«

Für sie war es schmerzlich, dieses Wort auch nur auszusprechen. »Eze in Frankreich.«

Seine Miene hellte sich auf. »Eze? Ich bin mal im Urlaub dort gewesen. Eine hübsche kleine Stadt. Ich kenne sie gut. Ich weiß noch, wie.«

Er kennt sie gut. Wie gut? Kennt er auch Raoul? Hat Raoul ihn geschickt? Und dann traf die Erkenntnis sie wie ein Blitzstrahl. Diese Unbekannten hatten den Auftrag, sie zu Raoul Giradot nach Eze zurückzubringen, weil sie Moniques Baby verlassen hatte. Sie war sich jetzt ganz sicher, dass das Baby, das sie in Villacastin auf dem Dorfplatz gesehen hatte, das Kind ihrer Schwester Monique gewesen war. Aber das kann eigentlich nicht sein, murmelte Teresa vor sich hin. Das ist vor dreißig Jahren gewesen. Diese Leute belügen mich.

Rubio Arzano beobachtete sie und versuchte zu verstehen, was sie murmelte.

»Fehlt Ihnen was, Schwester?«

Schwester Teresa wich vor ihm zurück. »Nein.«

Jetzt war sie ihnen auf die Schliche gekommen. Sie würde nicht zulassen, dass diese Männer sie zu Raoul und dem Baby zurückbrachten. Sie musste das goldene Kruzifix ins Kloster Mendavia bringen, dann würde Gott ihr ihre schreckliche Sünde vergeben. Ich muss klug sein wie eine Schlange. Sie dürfen nicht merken, dass ich hinter ihr Geheimnis gekommen bin.

Schwester Teresa blickte zu Rubio Arzano auf. »Mir fehlt nichts«, versicherte sie ihm.

Sie zogen weiter über die trockene, von der Sonne ausgedörrte Ebene und erreichten ein kleines Dorf, in dem schwarzgekleidete Bäuerinnen ihre Wäsche an einer Quelle unter einem von vier mächtigen Balken getragenen Dach wuschen. Das Wasser durchfloss einen langen Holztrog, so dass es stets frisch war, und die Frauen schrubbten ihre Wäsche auf Steinplatten und spülten sie in dem fließenden Wasser.

Ein Bild des Friedens, dachte Rubio. Es erinnerte ihn an seinen Bauernhof, den er zurückgelassen hatte. So ist ’s früher in ganz Spanien gewesen. Keine Bombenanschläge, keine politischen Morde. Werden wir jemals wieder in Frieden leben?

»Buenas dias.«

»Buenas dias.«

»Dürfen wir einen Schluck Wasser haben? Das Wandern macht durstig.«

»Gewiss. Trinkt nur.«

Das Wasser war kalt und erfrischend.

»Gracias. Adios.«

»Adios.«

Rubio Arzano bedauerte, dieses Dorf verlassen zu müssen.

Die beiden Frauen und ihre Begleiter zogen weiter: an Korkeichen und Olivenbäumen vorbei, durch Weinberge und duftende Orangenhaine, vorbei an Obstgärten mit Apfel-, Kirsch- und Pflaumenbäumen sowie an Bauernhöfen, auf denen Hühner gackerten, Schweine grunzten und Ziegen meckerten.

Rubio und Tomas, die vorausgingen, sprachen halblaut miteinander.

Sie reden über mich. Sie glauben, ich wüsste nichts von ihrem Plan. Schwester Teresa schloss zu ihnen auf, um mitzubekommen, was sie sagten.

». eine Belohnung von fünfhunderttausend Pesetas auf unseren Kopf ausgesetzt. Für Jaime würde Oberst Acoca natürlich mehr zahlen. Aber er will nicht seinen Kopf - er will seine Cojones.«

Die beiden Männer lachten.

Schwester Teresas Verdacht wurde bestärkt, je länger sie den beiden zuhörte. Diese Männer sind Mörder, die das Werk des Satans tun; sie sind Sendboten des Teufels, die mich in ewige Verdammnis führen sollen. Aber Gott ist stärker als sie! Er lässt nicht zu, dass sie mich nach Hause verschleppen.

Dann war plötzlich Raoul Giradot mit seinem vertrauten Lächeln neben ihr.

Die Stimme!

Was soll das heißen?

Ich habe Sie gestern singen hören. Herrlich, sage ich Ihnen!

Was kann ich für Sie tun?

Ich möchte bitte drei Meter Musselin.

Gern, Mademoiselle. Wenn Sie bitte mitkommen wollen... Dieses Geschäft gehört meiner Tante, deshalb wollte ich einige Zeit hier arbeiten.

Du könntest bestimmt jeden Mann haben, den du möchtest, Teresa, aber ich würde es mir als Ehre anrechnen, wenn du mich nehmen würdest.

Er sah wirklich blendend aus.

Ich habe noch nie eine Frau wie dich gekannt, mein Liebling.

Raoul nahm sie in die Arme und küsste sie.

Du wirst bestimmt eine wunderhübsche Braut sein.

Aber jetzt bin ich eine Braut Christi. Ich kann nicht zu Raoul zurückkehren.

Lucia beobachtete sie aufmerksam. Schwester Teresa führte Selbstgespräche, aber Lucia verstand nicht, was sie sagte.

Sie dreht allmählich durch, dachte Lucia. Sie macht’s bestimmt nicht mehr lange. Du musst dir das Kruzifix bei nächster Gelegenheit schnappen.

Gegen Abend sahen sie die Stadt Olmedo in der Ferne vor sich liegen.

Rubio blieb stehen. »Dort sind Soldaten stationiert. Wir weichen in die Hügel aus und umgehen die Stadt.«

Sie verließen die Straße und folgten einem durch die Hügel führenden Fußpfad. Die Sonne ging hinter den Bergen unter, und die Abenddämmerung begann herabzusinken.

»Nur noch ein paar Kilometer«, sagte Rubio Arzano aufmunternd. »Dann können wir rasten.«

Sie näherten sich dem Grat eines steilen Hügels, als Tomas Sanjuro plötzlich stehen blieb und warnend die rechte Hand hob. »Vorsicht!« sagte er halblaut.

Rubio folgte ihm bis zu dem Grat, von dem aus sie ins nächste Tal hinab sehen konnten. Dort unten hatten Soldaten ihre Zelte aufgeschlagen.

»Mierda!« flüsterte Rubio. »Das muss ein ganzer Zug sein. Am besten bleiben wir heute Nacht hier oben. Wahrscheinlich ziehen sie morgen früh ab, und wir können weitermarschieren.« Er bemühte sich, sich keine Besorgnis anmerken zu lassen, als er sich jetzt an die beiden Nonnen wandte. »Wir übernachten hier oben, Schwestern. Wir müssen sehr leise sein. Dort unten sind Soldaten, die uns nicht finden dürfen.«

Das war die beste Nachricht, die Lucia sich hätte wünschen können. Wunderbar! dachte sie. Du verschwindest nachts mit dem Kruzifix, und sie dürfen wegen der Soldaten nicht riskieren, dich zu verfolgen.

Für Schwester Teresa hatte diese Mitteilung eine andere Bedeutung. Sie hatte gehört, wie die Männer davon gesprochen hatten, dass ein gewisser Oberst Acoca sie verfolge. Sie haben Oberst Acoca als ihren Feind bezeichnet. Aber diese Männer sind der Feind, deshalb muss Oberst Acoca mein Freund sein. Lieber Gott, ich danke dir, dass du mir Oberst Acoca geschickt hast.

Der große Mann, der sich Rubio nannte, sprach mit ihr.

»Haben Sie verstanden, Schwester? Wir müssen alle sehr, sehr leise sein.«

»Ja, ich verstehe.« Ich verstehe besser, als du denkst. Die beiden konnten nicht ahnen, dass Gott ihr einen Blick in ihre bösen Herzen ermöglicht hatte.

»Ich weiß, wie schwierig das alles für Sie ist«, sagte Tomas Sanjuro freundlich, »aber Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Wir bringen Sie sicher in Ihr Kloster.«

Nach Eze, meint er. Oh, wie gerissen er ist! Er spricht mit den Schalmaienklängen des Bösen. Aber Gott ist in mir und führt mich. Sie wusste, was sie zu tun hatte. Aber sie musste sehr vorsichtig sein.

Die beiden Männer breiteten die Schlafsäcke nebeneinander aus und boten sie den Frauen an.

»Am besten schlaft ihr zuerst.«

Die Frauen krochen in die ungewohnten Schlafsäcke. Die Nacht war unglaublich klar, und am Himmelsgewölbe leuchteten Myriaden von Sternen. Lucia blickte zu ihnen auf und dachte zufrieden: In ein paar Stunden bist du bereits auf dem Weg in die Freiheit. Sobald sie alle schlafen.

Sie gähnte. Sie hatte gar nicht gemerkt, wie müde sie war. Der anstrengende Marsch und die emotionale Anspannung forderten jetzt ihren Tribut. Die Augen wurden ihr schwer. Nur ein bisschen ausruhen, dachte Lucia.

Sie schlief ein.

Schwester Teresa lag hellwach in Lucias Nähe und wehrte sich gegen die Dämonen, die von ihrer Seele Besitz zu ergreifen und sie in die Hölle hinabzuzerren versuchten. Ich muss stark sein. Der Herr stellt mich auf die Probe. Ich bin in die Verbannung geschickt worden, damit ich den Weg zu ihm zurück finden kann. Und diese Männer versuchen, mich daran zu hindern. Das darf ich nicht zulassen.

Um vier Uhr morgens setzte Schwester Teresa sich geräuschlos auf und sah sich um. Tomas Sanjuro schlief ganz in ihrer Nähe auf dem nackten Erdboden. Der große schwarzhaarige Mann namens Rubio hielt am Rand der Lichtung Wache und kehrte ihr dabei den Rücken zu. Als er einmal kurz ins Freie trat, hob seine Silhouette sich gegen den Nachthimmel ab.

Schwester Teresa stand lautlos auf. Sie zögerte, weil ihr das Kruzifix einfiel. Soll ich’s mitnehmen? Aber ich komme ohnehin sehr bald hierher zurück. Ich muss ein Versteck finden, in dem es bis zu meiner Rückkehr sicher aufgehoben ist. Ihr Blick fiel auf die friedlich schlafende Schwester Lucia. ja, bei meiner Schwester im Herrn ist es sicher aufgehoben, überlegte Schwester Teresa.

Sie trat leise an den anderen Schlafsack und schob das Kruzifix hinein. Lucia bewegte sich nicht. Schwester Teresa wandte sich ab, schlich mit angehaltenem Atem davon und verschwand unter den ersten Bäumen. Um das Lager der Soldaten im Tal ungesehen zu erreichen, musste sie einen Umweg machen. Der Hügel war steil und das taunasse Gras rutschig, aber Gott verlieh ihr Flügel, und sie lief, ohne zu stolpern oder zu fallen, bergab - ihrer Erlösung entgegen.

Aus der Dunkelheit vor ihr tauchte plötzlich eine Männergestalt auf.

»Halt, wer da?« rief eine Stimme.

»Schwester Teresa.«

Sie näherte sich dem Wachposten. Der Soldat hielt sein Gewehr auf sie gerichtet.

»Woher kommst du, Alte?« fragte er grob.

Sie erwiderte seinen Blick mit leuchtenden Augen. »Gott schickt mich.«

Der Uniformierte starrte sie an. »Tatsächlich?«

»Ja. Er schickt mich zu Oberst Acoca.«

Der Wachposten schüttelte den Kopf. »Richten Sie ihm lieber aus, dass Sie nicht der Typ des Obersten sind. Adi-os, Senora.«

»Aber begreifen Sie doch! Ich bin Schwester Teresa aus der Zisterzienserinnenabtei. Ich bin von Jaime Miro und seinen Männern verschleppt worden.« Sie beobachtete, wie sein gelangweilter Gesichtsausdruck in Verblüffung umschlug.

»Sie. Sie sind aus dem Kloster?«

»Ja.« »Aus dem Kloster Avila?«

»Ja«, bestätigte Schwester Teresa ungeduldig. Was war nur mit diesem Mann los? Erkannte er denn nicht, wie wichtig es war, sie vor diesen Unholden zu retten?

»Der Oberst ist im Augenblick nicht da, Schwester.«, sagte der Uniformierte zögernd.

Das war ein unerwarteter Schlag.

». aber ich kann Sie zu Oberst Sostelo bringen.«

»Wird der mir helfen können?«

»Oh, ganz bestimmt! Kommen Sie bitte mit.«

Der Posten konnte diesen glücklichen Zufall kaum fassen. Oberst Sostelo hatte seine Soldaten in Zugstärke ausschwärmen und das ganze Land nach den vier Nonnen absuchen lassen - bisher leider erfolglos. Und jetzt war eine der Schwestern hier im Lager aufgekreuzt und hatte sich freiwillig gestellt. Der Oberst würde zufrieden sein. Der Oberst würde sogar sehr zufrieden sein.

Sie erreichten das Zelt, in dem Oberst Fal Sostelo und sein Stellvertreter über einer Landkarte brüteten. Die beiden Offiziere sahen auf, als der Wachposten eine Frau hereinführte.

»Entschuldigung, Oberst. Das ist Schwester Teresa aus dem Kloster Avila.«

Oberst Sostelo starrte sie ungläubig an. In den vergangenen drei Tagen hatte er seine ganze Kraft auf die Fahndung nach Jaime Miro und den vier Nonnen konzentriert - und jetzt stand eine leibhaftig vor ihm. Ein fast unglaublicher Zufall!

»Nehmen Sie bitte Platz, Schwester.«

Dafür ist keine Zeit, dachte Schwester Teresa. Sie musste ihm begreiflich machen, wie dringend ihr Anliegen war. »Wir müssen rasch handeln. Sie versuchen, mich nach Eze zurückzuschaffen.«

Der Oberst zog verständnislos die Augenbrauen hoch. »Wer will Sie nach Eze zurückschaffen?«

»Jaime Miros Leute.«

Sostelo sprang auf. »Schwester, wissen Sie etwa, wo diese Männer sich aufhalten?«

»Natürlich!« antwortete Schwester Teresa ungeduldig. Sie drehte sich um und zeigte nach draußen. »Sie halten sich in den Hügeln vor Ihnen versteckt.«

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