24

Rubio Arzano beobachtete entsetzt, wie Lucia im Wasser verschwand und von der starken Strömung mitgerissen wurde. Im nächsten Augenblick rannte er bereits das Ufer entlang flussabwärts und sprang dabei über Büsche und umgestürzte Bäume. An der ersten Biegung sah er Lucia auf sich zutreiben, war mit einem Satz im Wasser und kämpfte schwimmend gegen die Strömung an, um sie zu erreichen. Aber das war fast unmöglich.

Arzano merkte, dass er abgetrieben wurde. Lucia war nur wenige Meter von ihm entfernt, aber es hätten ebenso gut Kilometer sein können. Er machte eine letzte heldenhafte Anstrengung, bekam ihren Arm zu fassen und spürte, dass seine Finger abzurutschen drohten. Aber er umklammerte ihn krampfhaft und zog Lucia hinter sich her, während er sich ans rettende Ufer zurückarbeitete.

Als Rubio endlich das Ufer erreichte, zog er Lucia aus dem Wasser ins Gras und brach kraftlos keuchend neben ihr zusammen. Lucia war bewusstlos und schien nicht mehr zu atmen. Rubio drehte sie auf den Bauch, setzte sich rittlings auf sie und begann, mit beiden Handflächen gegen ihre Lungen zu drücken. Eine Minute verstrich, dann die zweite, und als er schon verzweifeln wollte, schoss ein Wasserstrahl aus ihrem Mund, und sie stöhnte leise. Rubio schickte ein Dankgebet gen Himmel.

Er übte weiter rhythmischen Druck aus, bis Lucias Atmung und Herzschlag sich stabilisiert hatten. Sie begann vor Kälte zu zittern. Rubio hastete zum nächsten Baum, streifte händeweise Laub ab, kam mit den Blättern zurück und rieb Lucia damit trocken. Er fror in seiner nassen Kleidung ebenfalls, aber er achtete nicht darauf. Anfangs hatte ihn panische Angst beherrscht, Schwester Lucia könnte sterben. Aber während er ihren nackten Körper jetzt mit Laub trockenrieb, setzten ihm sündige Gedanken zu.

Sie hat den Körper einer Göttin. Verzeih mir, Herr, sie gehört dir, und ich dürfte so was gar nicht denken, aber...

Unter dieser sanften Massage wurde Lucia allmählich lebendig. Sie träumte davon, mit Ivo am Strand zu liegen und seine weiche Zunge zu spüren, die über ihren Körper wanderte und allmählich tiefer glitt. Oh, wie wundervoll! dachte sie. Weiter, nicht aufhören, Caro. Sie war erregt, noch bevor sie die Augen aufschlug.

Jetzt musst du sterben! war ihr letzter Gedanke gewesen, als sie in den reißenden Fluss gestürzt war. Aber sie lebte noch und blickte jetzt zu dem Mann auf, der ihr das Leben gerettet hatte. Lucia streckte impulsiv die Arme aus und zog Rubio zu sich herab. Auf seinem Gesicht stand ein ungläubig erstaunter, fast schockierter Ausdruck.

»Schwester«, protestierte er, »wir dürfen nicht.«.

»Pst!«

Ihre warmen Lippen pressten sich hungrig und fordernd auf seine, und ihre Zunge drang in seinen Mund ein. Das war zuviel für Rubio.

»Schnell!« flüsterte Lucia. »Beeil dich!«

Sie sah zu, wie Rubio nervös seine nassen Sachen abstreifte. Er hat eine Belohnung verdient, dachte sie. Und du auch.

»Schwester, wir dürfen.«, murmelte Rubio, während er zögernd zu ihr kam.

Aber Lucia hatte keine Lust, mit ihm zu diskutieren. Sie zog Rubio zu sich herab, spürte, wie ihre Körper sich in einem zeitlosen, nur vom Gefühl bestimmten Ritual vereinigten, und gab sich den herrlichen Empfindungen hin, die sie durchfluteten. Dass sie dem nassen Tod um Haaresbreite entronnen war, machte alles nur um so süßer.

Rubio war ein überraschend guter Liebhaber - sanft und wild zugleich. Auch seine offenkundige Verwundbarkeit war eine Überraschung für Lucia. Und sein Blick war dabei so zärtlich, dass sie plötzlich vor Rührung einen Klumpen im Hals zu haben glaubte.

Der große Lümmel verliebt sich doch hoffentlich nicht in dich? Er ist so bemüht, dir jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Wann hat sich zum letzten Mal ein Mann so um dich bemüht? fragte Lucia sich. Und sie dachte an ihren Vater. Und sie fragte sich, was er von Rubio Arza-no gehalten hätte. Und dann fragte sie sich, weshalb sie sich fragte, was ihr Vater von Rubio Arzano gehalten hätte. Du bist wohl übergeschnappt? Der Kerl ist ein einfacher Bauer - und du bist Lucia Carmine, Angela Carmines Tochter. Rubios Leben hat nichts mit deinem Leben zu tun. Ihr seid euch nur durch einen dummen Zufall begegnet.

»Lucia, meine Lucia«, murmelte Rubio immer wieder, während er sie umarmt hielt.

Und das Leuchten in seinen Augen sagte ihr, was er für sie empfand. Er ist so lieb, dachte sie. Und dann: Was ist in dich gefahren? Weshalb denkst du überhaupt so an ihn? Du bist auf der Flucht vor der Polizei und... Sie erinnerte sich plötzlich an das Kruzifix und holte erschrocken tief Luft. Großer Gott, wie hast du ’s auch nur für einen Augenblick vergessen können?

Sie setzte sich rasch auf. »Rubio, ich habe ein... ein Päckchen an der Stelle zurückgelassen, wo ich gebadet habe. Holst du’s mir bitte? Und meine Sachen?«

»Natürlich. Ich bin gleich wieder da.«

Lucia saß wie auf Kohlen, während sie auf Rubio wartete. Was tust du, wenn das Kruzifix verschwunden ist? Wenn jemand vorbeigekommen ist und es mitgenommen hat?

Ein Gefühl großer Erleichterung durchflutete Lucia, als sie Rubio mit dem in Leinen gehüllten Kruzifix unter dem Arm zurückkommen sah. Du darfst es nie wieder aus den Augen lassen, dachte sie. »Vielen Dank.«

Rubio wollte Lucia ihre Kleidungsstücke geben. Sie blickte zu ihm auf und sagte mit sanfter Stimme: »Die brauche ich noch nicht gleich.«

Die Sonne auf ihrer nackten Haut machte Lucia träge, und sie fühlte sich in Rubios Armen wunderbar warm und geborgen. Es war, als hätten sie eine Oase des Friedens entdeckt, und die Gefahren, vor denen sie auf der Flucht waren, schienen Lichtjahre weit entfernt zu sein.

»Erzähl mir von deinem Bauernhof«, forderte sie Rubio verträumt auf.

Seine Augen leuchteten auf, und aus seiner Stimme sprach Stolz. »Ich habe einen schönen Hof in einem kleinen Dorf bei Bilbao gehabt. Er ist seit Generationen in Familienbesitz gewesen.«

»Was ist daraus geworden?«

Sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich. »Die Regierung in Madrid hat mich mit zusätzlichen Steuern dafür bestraft, dass ich Baske bin. Als ich mich geweigert habe, sie zu zahlen, ist mein Hof zwangsversteigert worden. Damals habe ich mich Jaime Miro angeschlossen, um gegen den Staat und für mein Recht zu kämpfen. Meine Mutter und meine beiden Schwestern leben noch im Dorf. Sie warten darauf, dass wir eines Tages unseren Hof zurückbekommen und ich ihn wieder bewirtschafte.«

Lucia dachte an ihren Vater und ihre beiden Brüder, die lebenslänglich hinter Gitter saßen. »Stehst du deinen Angehörigen sehr nahe?«

Rubio nickte lächelnd. »Natürlich. Die Familie ist stets unsere erste Liebe, nicht wahr?«

Ja, dachte Lucia. Aber du wirst deine nie wieder sehen.

»Erzähl mir von deiner Familie, Lucia«, verlangte Ru-bio. »Hast du ihr sehr nahe gestanden, bevor du ins Kloster gegangen bist?«

Ihr Gespräch drohte eine gefährliche Wendung zu nehmen. Was kannst du ihm erzählen? Dass dein Vater ein Mafioso ist? Dass er und deine beiden Brüder wegen Mordes im Gefängnis sitzen? »Ja, wir haben ein gutes Verhältnis zueinander.«

»Was ist dein Vater von Beruf?«

»Er. er ist Geschäftsmann.«

»Hast du auch Geschwister?«

»Ich habe zwei Brüder. Beide arbeiten in seiner Firma.«

»Lucia, warum bist du ins Kloster gegangen?«

Weil die Polizei wegen der beiden Männer, die ich ermordet habe, nach mir fahndet... Du musst diesem Gespräch eine andere Richtung geben! dachte Lucia. »Weil ich von allem weg wollte.« Das kommt der Wahrheit nahe genug.

»Hast du das Gefühl gehabt, die Welt nicht. nicht mehr ertragen zu können?«

»Irgendwas in dieser Richtung.«

»Ich habe kein Recht, dir das zu sagen, Lucia, aber ich liebe dich.«

»Rubio.«

»Ich möchte dich heiraten. Das habe ich mein Leben lang noch zu keiner anderen Frau gesagt.«

Er hatte etwas rührend Aufrichtiges an sich. Rubio weiß nicht, wie man mit anderen spielt, dachte Lucia. Du darfst ihn nicht verletzen. Aber die Vorstellung, dass Angela Carmines Tochter einen Bauern heiraten könnte! Sie hätte beinahe laut aufgelacht.

Rubio deutete ihr Lächeln falsch. »Ich werde nicht ewig im Untergrund leben. Die Regierung wird eines Tages mit uns Frieden schließen müssen. Dann bekomme ich meinen Hof zurück. Querida.. ich möchte den Rest meines Lebens damit verbringen, dich glücklich zu machen. Wir bekommen viele Kinder, und die Mädchen werden alle wie du aussehen.«

So darfst du ihn nicht weiterreden lassen, überlegte Lucia sich. Das muss sofort aufhören! Aber sie konnte sich aus irgendeinem Grund nicht dazu durchringen, Rubio zu unterbrechen. Stattdessen hörte sie sich seine romantische Schilderung ihres gemeinsamen Lebens an und wünschte sich beinahe, alles könnte so werden. Sie war es leid, ständig auf der Flucht zu sein. Es musste wunderbar sein, einen sicheren Zufluchtsort zu finden und von einem Mann, der einen liebte, umsorgt zu werden. Sag mal, du spinnst wohl?

»Darüber wollen wir jetzt nicht reden«, wehrte Lucia ab. »Ich glaube, wir müssen weiter!«

Sie zogen nach Nordosten weiter und folgten dem gewundenen Flusslauf des Dueros zwischen sanften Hügeln und üppig grünen Bäumen. Am Fuß der Berge kamen sie durch das malerische Dorf Rascafria, wo sie Brot, Käse und Wein kauften, um sich auf einer Wiese am Fluss zu einem Picknick niederzulassen.

In Rubios Nähe fühlte Lucia sich ausgeglichen und zufrieden. Seine stille Kraft schien auch ihr Kraft zu verleihen. Er ist nichts für dich, dachte Lucia, aber er wird eine andere, die’s verdient hat, sehr glücklich machen.

»Die nächste Stadt ist Aranda de Duero«, erklärte Ru-bio ihr, nachdem sie gegessen hatten. »Eine ziemlich große Stadt. Am besten umgehen wir sie, um der GOE und dem Militär auszuweichen.«

Damit war der Augenblick der Wahrheit gekommen, in dem Lucia ihn verlassen musste. Sie hatte darauf gewartet, dass sie in die Nähe einer größeren Stadt kommen würden. Rubio Arzano und sein Bauernhof waren ein Traum; ihre Flucht in die Schweiz war die Realität. Lucia wusste, wie sehr sie ihn verletzen würde, und konnte ihm nicht ins Gesicht sehen, als sie jetzt sagte: »Rubio, ich. ich würde gern mit dir in die Stadt gehen.«

Er runzelte die Stirn. »Das wäre gefährlich, Querida. Die Soldaten.«

»Dort fahnden sie bestimmt nicht nach uns.« Sie überlegte rasch. »Außerdem brauche ich neue Sachen. Ich kann nicht ewig so rumlaufen.«

Der Gedanke, sich freiwillig in eine Stadt zu wagen, war Rubio unheimlich, aber er sagte nur: »Gut, wenn du willst.«

In der Ferne ragte Aranda de Duero mit seinen Wällen, Türmen und Gebäuden wie ein von Menschenhand aus Fels gehauener Berg vor ihnen auf.

Rubio nahm einen weiteren Anlauf. »Lucia.. musst du unbedingt in die Stadt?«

»Ja, unbedingt.«

Die beiden überquerten den Fluss auf der zur Hauptstraße, der Avenida Castilla, führenden langen Brücke und gingen in Richtung Stadtmitte weiter. Sie kamen an einer Zuckerraffinerie, an Kirchen und Geflügelläden mit ihren typischen Gerüchen vorbei. Wohn- und Geschäftshäuser säumten die Avenida Castilla. Rubio und Lucia schlenderten gemächlich weiter, um nur ja keine Aufmerksamkeit zu erregen. Schließlich entdeckte Lucia zu ihrer Erleichterung ein Schild, nach dem sie Ausschau gehalten hatte: Casa de Empenos - ein Leihhaus. Aber sie ging schweigend daran vorbei.

Sie erreichten den Stadtplatz mit seinen Bars, Geschäften und Lebensmittelläden und kamen an der Taverna Cueva mit ihrer langen Theke und den Holztischen vorbei. Im Lokal stand eine Musikbox, und von den eichenen Deckenbalken hingen Schinken und Knoblauchzöpfe herab.

Lucia sah ihre Chance. »Ich habe Durst, Rubio«, behauptete sie. »Können wir dort reingehen?«

»Natürlich.«

Rubio nahm Lucias Arm und führte sie in das Lokal.

An der Theke standen sieben oder acht Männer. Rubio und Lucia setzten sich an einen Ecktisch.

»Was möchtest du trinken, Querida?«

»Bestellst du mir bitte ein Glas Rotwein? Ich bin gleich wieder da. Ich muss nur rasch etwas erledigen.«

Sie stand auf und verließ das Lokal, ohne sich um Ru-bio zu kümmern, der ihr verblüfft nachstarrte.

Lucia, die ihr in Leinen gewickeltes kostbares Beutestück mit beiden Händen an sich gepresst hielt, hastete zur Casa de Empenos zurück. Neben einem Hauseingang auf der anderen Straßenseite sah sie ein schwarzes Schild mit der weißen Aufschrift Policia. Während Lucia es anstarrte, schlug ihr das Herz bis zum Hals; dann wandte sie sich ruckartig ab und betrat das Pfandhaus.

Im Halbdunkel hinter der Theke stand ein hagerer Alter mit übergroßem Kopf.

»Buenos dias, Senorita.«

»Buenos dias, Senor. Ich habe etwas, das ich beleihen oder verkaufen möchte.« Sie war so nervös, dass ihre Knie zitterten.

»Ja?«

Sie wickelte das goldene Kruzifix aus und hielt es dem Alten hin. »Würden Sie. hätten Sie Interesse daran, dieses Stück zu kaufen?«

Der Pfandleiher griff danach, und Lucia beobachtete, wie seine Augen aufleuchteten.

»Darf ich fragen, woher Sie es haben?«

»Ein kürzlich verstorbener Onkel hat es mir vermacht.« Ihre Kehle war so ausgedörrt, dass sie kaum sprechen konnte.

Der Alte drehte das Kruzifix in den Händen und begutachtete es von allen Seiten. »Wie viel möchten Sie dafür haben?«

Ihr Traum begann in Erfüllung zu gehen. »Zweihundertfünfzigtausend Peseten.«

Er schüttelte stirnrunzelnd den Kopf. »Tut mir leid, es ist bestenfalls hunderttausend wert.«

»Eher verkaufe ich meinen Körper.«

»Vielleicht könnte ich Ihnen hundertfünfzigtausend geben.«

»Lieber schmelze ich’s ein und lasse das Gold in den Rinnstein laufen!«

»Zweihunderttausend Peseten. Das ist mein letztes Wort.«

Lucia nahm ihm das goldene Kruzifix aus der Hand. »Das grenzt an Straßenraub, aber Sie sollen es dafür haben.«

Der Pfandleiher konnte sein Entzücken nur mühsam verhehlen. »Bueno, Senorita.« Er griff nach dem Kruzifix.

Lucia zog es zurück. »Sie kriegen es - unter einer Bedingung.«

»Welche Bedingung wäre das, Senorita?«

»Mein Reisepass ist mir gestohlen worden. Ich brauche einen neuen, um zu meiner verwitweten Tante reisen zu können.«

Der Alte musterte sie prüfend; dann nickte er langsam. »Ja, ich verstehe.«

»Besorgen Sie mir einen Pass, dann können Sie das Kruzifix für zweihunderttausend haben.«

Der Pfandleiher seufzte. »Pässe sind schwer zu beschaffen, Senorita. Die Behörden kontrollieren sehr streng.«

Lucia wickelte das Kruzifix schweigend wieder ein.

»Ich weiß wirklich nicht, wie ich Ihnen da helfen soll.«

»Trotzdem vielen Dank, Senior.« Sie ging zur Tür.

Er wartete, bis ihre Hand auf der Türklinke lag, bevor er »Momentito!« sagte.

Lucia blieb stehen.

»Mir ist eben etwas eingefallen. Ich habe einen Verwandten, der gelegentlich in solch schwierigen Fällen helfen kann. Er ist ein entfernter Verwandter, müssen Sie wissen.«

»Ja, ich verstehe.«

»Ich könnte mit ihm reden. Wann brauchen Sie den Pass?«

»Noch heute.«

Der übergroße Kopf nickte langsam. »Und wenn ich Ihnen einen beschaffe, sind wir handelseinig?«

»Sobald ich den Reisepass habe.«

»Einverstanden. Kommen Sie nach acht Uhr abends hierher - dann ist mein Verwandter auch da. Er macht ein Foto von Ihnen und fügt es in den Pass ein.«

Lucia schlug das Herz bis zum Hals. »Danke, Senor.«

»Möchten Sie, dass ich das Kruzifix sicher für Sie aufbewahre?«

»Bei mir ist’s sicher genug.«

»Gut, dann bis acht Uhr. Hasta luego.«

Sie verließ das Pfandhaus. Auf der Straße machte sie einen weiten Bogen um die Polizeistation und ging zu der Taverne zurück, in der Rubio auf sie wartete. Ihr Schritt wurde langsamer. Sie hatte es endlich geschafft! Das Geld für das Kruzifix würde ihr den Weg in die Schweiz und in die Freiheit öffnen. Sie hätte jubeln sollen, aber stattdessen fühlte sie sich eigenartig deprimiert.

Was ist los mit dir? Endlich bist du nach Südamerika unterwegs. Rubio kommt bald darüber hinweg, dass du ihn verlassen hast, und tröstet sich mit einer anderen.

Sie erinnerte sich an den Blick, mit dem er gesagt hatte: Ich möchte dich heiraten. Das habe ich mein Leben lang noch zu keiner anderen Frau gesagt.

Der Teufel soll den Kerl holen! dachte Lucia. Aber was geht er dich schließlich an?

Bevor sie die Taverne betrat, in der Rubio auf sie wartete, blieb sie stehen, holte tief Luft und setzte ein künstliches Lächeln auf.

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