»Mom!«, riefen die Tiere, als Harry durch die Hintertür des Postamtes stürmte. »Hi«, grüßte sie.
»O Harry, ich bin so froh, daß Sie da sind. Hier.« Miranda reichte ihr einen geöffneten Briefumschlag. »Hat Susan für Sie dagelassen. Sie hat vergessen, ihn Ihnen beim Frühstück zu geben.«
Harry sah auf die Adresse, Mrs. Tucker. »Hm, hm.« Sie zog den Brief heraus und las laut vor:
Liebe Susan,
wie du weißt, habe ich vor, mich um das Bürgermeisteramt unserer schönen Stadt Crozet zu bewerben. Ich benötige deine Unterstützung und die Hilfe aller unserer Freundinnen und Freunde. Ich hoffe, daß du und Harry euch voll hinter meine Kampagne stellen werdet.
Meine zwei obersten Prioritäten sind die Bewahrung des ländlichen Charakters von Crozet und eine enge Zusammenarbeit mit dem Sheriffbüro von Albemarle, um die Zahl der Verbrechen zu verringern. Bitte ruf mich so bald wie möglich an. Mit freundlichen Grüßen, Marilyn Sanburne
Harry raschelte ein bißchen mit dem Papier. »Sie anrufen? Sie kann jeden von uns auf der Straße erwischen. Gebührenverschwendung.«
»Es ist ziemlich förmlich, und ich denke, neutral zu bleiben ist nicht so einfach wie Sie glauben. Und wenn wir uns zu lange drum herumwinden, machen wir sie uns zur Feindin«, sagte Miranda weise.
»Die Frage ist, hat Little Mim die Unterstützung der Partei?« Harry war erstaunt, daß Little Mim an Susan geschrieben hatte. Es hatte so was Distanziertes.
»Nein, noch nicht. Sie hat Rev Jones angerufen. Er ist im örtlichen Lenkungsausschuß der Partei. Er sagte, sie haben auf ihrer Monatsversammlung, die Samstag stattfand, über die Unterstützung von Marilyn abgestimmt. Sie wollen das Ergebnis nicht bekannt geben, bevor der Lenkungsausschuß sein Okay gibt. Herb sagte, sie würden vermutlich heute von Richmond hören. Er rechnet nicht mit Problemen. Schließlich ist Jim Sanburne als Republikaner seit fast zwanzig Jahren ohne Gegenkandidaten angetreten. Die Demokraten dürften über ihre Kandidatin begeistert sein. Nicht genug, daß jemand Jim herausfordert, es ist auch noch seine eigene Tochter.«
Mrs. Murphy rieb sich an Harrys Bein.»Wir haben in dein Postfach geguckt, Mom. Du hast bloß Rechnungen.«
Sie bückte sich und nahm die hübsche Tigerkatze auf den Arm. »Mrs. Murphy, du bist die Allerschönste.«
»Ha«, kam es krächzend von Pewter, die hinten auf dem kleinen Küchentisch auf der Seite lag. Sie durfte eigentlich nicht auf dem Tisch liegen, aber das hinderte sie nicht daran, es trotzdem zu tun.
»Eifersüchtig.« Harry ging zu Pewter und kraulte sie an den Ohren.
»Ich bin nicht eifersüchtig.«
»Bist du wohl«, sagte Murphy spöttisch zu ihrer Freundin.
»Bin ich nicht.« Pewter streckte die Zunge heraus, die erstaunlich rosa war, knallrosa.
Murphy wand sich aus Harrys Armen und fiel über Pewter her. Sie wälzten sich herum, bis sie vom Tisch plumpsten, sich schüttelten und in entgegengesetzte Richtungen spazierten, als sei dies die natürlichste Sache der Welt.
»Katzen.« Tucker legte den Kopf schief, dann sah sie zu Harry hoch.»Mom, diese Kettenbriefe gefallen mir nicht. Da ist was faul.«
Harry kniete sich hin. »Du bist der beste Hund im Universum. Nicht nur im Sonnensystem, sondern im Universum.« Sie küßte den seidigen Kopf.
»Würg, kotz!« Pewter zog eine Grimasse, dann drehte sie sich um, ging zu Mrs. Murphy und setzte sich neben sie; ihre Katzenbalgerei war so schnell vergessen, wie sie aufgeflammt war.»So eine Schleimscheißerin.«
»Hunde sind immer so.« Murphy nickte weise, aber Tucker war es piepegal.
Nach einer knappen Stunde fuhr Coop vor und huschte in den Haupteingang des Postamtes, gerade als es anfing zu regnen. »Spielt das Wetter verrückt, oder was?«, fragte sie und schloß die Tür hinter sich.
»Was herausgefunden?« Miranda öffnete die Trennklappe, um Coop nach hinten durchzulassen.
»Ja.« Cynthia ging durch, zog ihre Jacke aus und hängte sie an den Holzhaken an der Hintertür. »Das Crozet Hospital ist in Aufruhr. Herrgott, ist das eine schäbige Bande. Fallen sich gegenseitig in den Rücken.«
»Tut mir aber Leid, das zu hören.« Mrs. Hogendobber war enttäuscht. »Keine Verdächtigen?«
»Noch nicht«, antwortete Coop angespannt.
»Ist ja großartig. Da läuft ein Mörder frei herum.«
»Harry«, sagte Mrs. Murphy laut.»Ihr Menschen habt viel öfter Tuchfühlung mit Mördern, als ihr ahnt. Ich bin überzeugt, das Tier namens Mensch ist das einzige Tier, das Spaß am Morden hat.«
Als würde sie die Gedanken ihrer Katze fortführen, sagte Harry laut: »Ich möchte wissen, ob es Hanks Mörder Spaß gemacht hat, ihn zu töten.«
»Ja«, sagte Cooper, ohne zu zögern.
»Machtgefühl?«, fragte Harry.
»Ja. Über diesen Aspekt am Morden spricht niemand gern. Der Herr gibt und der Herr nimmt. Niemand hat das Recht, einem anderen Menschen das Leben zu nehmen.«
»Miranda, die Menschen mögen ja die Bibel lesen, aber sie befolgen die Gebote nicht«, sagte Cooper.
»Du weißt doch, das Postamt ist im Zentrum von allem. Eine Art Aktionszentrale.« Harrys Augen leuchteten auf. »Wir könnten helfen.«
»Nein, bloß nicht.« Cooper schob das Kinn vor.
»Tja.« Mrs. Murphy plusterte ihren Schwanz auf.»Ein bißchen Herumschleichen tut einer Katze gut.«
»Welcher Katze?«, murrte Pewter.
Cynthia Cooper drohte Harry und Miranda mit dem Finger. »Nein, nein und nochmals nein.«