Kapitel 88

Einmal schwamm Müll vorbei. Erste Anzeichen waren schillernde Öllachen auf dem Wasser. Wenig später kamen Haus- und Industrieabfälle: überwiegend Kunststoffmüll in den unterschiedlichsten Formen und Farben, aber auch Holz, Bierdosen, Weinflaschen, Stoffreste, Seilstücke, alles umgeben von einem gelblichen Schaumkranz. Wir steuerten mitten hinein. Ich wollte nachsehen, ob etwas Nützliches dabei war, und fischte eine leere Weinflasche mit Korken heraus. Das Rettungsboot stieß gegen einen Kühlschrank, der seinen Motor verloren hatte. Er dümpelte mit der Tür nach oben im Wasser. Ich streckte die Hand aus, packte den Griff und öffnete die Tür. Der Gestank, der mir entgegenschlug, war so ekelerregend, dass ich das Gefühl hatte, selbst die Luft hätte sich davon verfärbt. Ich hielt mir die Hand vor den Mund und sah hinein. Der Kühlschrank war innen voller Schimmelflecke und brauner Flüssigkeit und enthielt neben allerlei verfaultem Gemüse und verdorbener Milch, die schon zu einer grünen, gallertartigen Masse geronnen war, vier Teile eines Tierkadavers in einem so fortgeschrittenen Stadium der Verwesung, dass ich nicht mehr sagen konnte, was es war. Der Größe nach zu urteilen war es wohl ein Lamm gewesen. In der abgeschlossenen, feuchten Atmosphäre des Kühlschranks hatte der Gestank in aller Ruhe reifen können und war so widerlich und beißend, dass er meine Sinne mit einer aufgestauten Wut attackierte, von der mir schwindelte; der Magen drehte sich mir um und meine Knie wurden weich. Zum Glück füllte die See den übelriechenden Hohlraum bald aus, und das ganze Ding verschwand unter der Wasseroberfläche. An der Lücke, die der versunkene Kühlschrank hinterließ, schwamm schon bald anderer Unrat.

Wir ließen den Müll hinter uns. Ich konnte ihn noch lange riechen, wenn der Wind aus dieser Richtung wehte. Die See brauchte einen ganzen Tag, um die ölverschmierten Seiten des Rettungsboots wieder reinzuwaschen.

Ich steckte eine Botschaft in die Flasche: »Japanischer Frachter Tsimtsum unter Panamaflagge, gesunken 2.Juli 1977, Pazifik, vier Tagesreisen von Manila. Sitze im Rettungsboot. Name Pi Patel. Habe etwas Nahrung, etwas Wasser, aber bengalischer Tiger ein ernstes Problem. Bitte Familie in Winnipeg, Kanada, benachrichtigen. Hilfe sehr erwünscht. Danke.« Ich verschloss die Flasche mit dem Korken und zog ein Stück Plastik darüber, das ich mit Nylonschnur am Flaschenhals befestigte. Dann schleuderte ich die Flasche ins Wasser.

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