Sie schlug die Augen auf und lag in einem Krankenhausbett. Ihr erster Blick fiel auf Alec Nichols.
»Im Haus ist nichts für dich zu essen«, flüsterte sie. Und brach in Tränen aus.
Alecs Blick war schmerzerfüllt. Er umarmte sie und drückte sie an sich. »Elizabeth!«
»Ist schon gut, Alec«, murmelte sie. »Alles in Ordnung.«
Und seltsam genug: Das war die Wahrheit. Jeder Zentimeter ihres Körpers tat ihr weh, und sie fühlte sich wie durch hundert Mangeln gedreht, aber sie lebte und konnte es kaum fassen. Sie erinnerte sich an den Schrecken der rasenden Talfahrt, und es wurde ihr eiskalt.
»Wie lange liege ich hier schon?« Ihre Stimme war schwach und heiser.
»Seit zwei Tagen, da haben sie dich gefunden. Seitdem bist du bewusstlos gewesen. Der Arzt meint, es ist überhaupt ein Wunder, dass du lebst. Jeder, der den Unfallort gesehen hat, sagt, du müsstest eigentlich tot sein. Einige Leute von der Forstverwaltung haben dich entdeckt und im Eiltempo hierhergebracht. Du hast eine Gehirnerschütterung und bist von oben bis unten mit Beulen und blauen Flecken übersät, aber Gott sei Dank ist nichts gebrochen.« Er sah sie fragend an. »Sag mal, was hast du denn eigentlich da oben in der Feuerschneise gewollt?«
Elizabeth erzählte ihm alles. Sie sah das Entsetzen auf seinem Gesicht, als er die grauenvolle Fahrt miterlebte. »Oh, mein Gott!« entfuhr es ihm immer wieder. Am Schluss war Alec leichenblass. »Was für ein verdammt blöder, furchtbarer Unfall.«
»Das war kein Unfall, Alec.«
Verständnislos sah er sie an. »Was sagst du da?«
Wie konnte er das auch verstehen? Schließlich hatte er den Bericht nicht gelesen. Elizabeth eröffnete ihm: »Jemand hat an den Bremsen manipuliert.«
Er schüttelte ungläubig den Kopf. »Wer sollte das tun -und warum?«
»Weil -« Nein, sie konnte es ihm nicht sagen. Jedenfalls jetzt noch nicht. Sie vertraute Alec mehr als irgend jemandem sonst, aber noch war es nicht an der Zeit zu reden. Erst musste sie zu Kräften kommen, musste Zeit zum Nachdenken haben.
»Ich weiß auch nicht«, wich sie aus. »Ich bin mir nur sicher, dass jemand dafür verantwortlich ist.«
Sie beobachtete ihn, registrierte aufmerksam den Wechsel seines Gesichtsausdrucks - von Ungläubigkeit über Verwirrung zu Zorn.
»Also, das bekommen wir raus, da hab keine Angst.« Seine Stimme klang entschlossen.
Er nahm den Telefonhörer ab, und wenige Minuten später war er mit dem Polizeichef von Olbia verbunden. »Hier spricht Alec Nichols. Ich - ja, es geht ihr gut, den Umständen entsprechend. Vielen Dank... Ja, danke. Ich werd’s ausrichten. Ich rufe an wegen des Jeeps, mit dem sie gefahren ist. Können Sie mir sagen, wo der sich befindet?. Ach ja? Würden Sie ihn bitte dortbehalten? Und tun Sie mir einen Gefallen, besorgen Sie einen guten Mechaniker. Ich bin in einer halben Stunde da.« Er legte auf. »Der Jeep steht in der Polizeigarage. Ich fahre rüber.«
»Ich komme mit.«
Er sah sie völlig entgeistert an. »Aber Elizabeth! Der Arzt hat dir doch ein, zwei Tage strikte Bettruhe verordnet. Du kannst doch nicht einfach -«
Aber sie konnte. Eine Dreiviertelstunde später war Elizabeth gegen den lauten Protest des Arztes aus dem Krankenhaus entlassen und befand sich mit Alec Nichols auf dem Weg zur Polizeigarage.
Luigi Ferraro, Polizeichef von Olbia, war ein dunkelhäutiger Sarde mittleren Alters, krummbeinig und mit Hängebauch. Der Kriminalbeamte Bruno Campagna, ein Muskelprotz in den Fünfzigern, überragte seinen Chef beträchtlich. Campagna stand neben Elizabeth und Alec, als sie den Mechaniker beobachteten. Er prüfte den Unterboden eines Jeeps, der auf einer hydraulischen Hebebühne hochgefahren worden war. Kühler und linke Vorderachse waren vollkommen demoliert und klebten vom Harz der Bäume, die den Wagen aufgehalten hatten. Beim Anblick des Wracks überkam Elizabeth ein Schwächegefühl, und sie musste sich auf Alec stützen. Er sah sie besorgt an. »Ist das nicht ein bisschen viel für dich?«
»Es geht schon«, übertrieb sie. Sie fühlte sich sehr schwach und entsetzlich müde. Aber sie musste es mit eigenen Augen sehen.
Der Mechaniker wischte sich die Hände an einem öligen Lappen ab und kam auf die Gruppe zu. »So wie der da werden Autos heute gar nicht mehr gebaut.«
Gott sei Dank, betete Elizabeth im stillen.
»Jede andere Kiste war’ in Stücke geflogen.«
»Was ist mit den Bremsen?« wollte Alec wissen.
»Die Bremsen? Die sind tipptopp.«
Elizabeth hatte plötzlich ein irreales Gefühl. »Wie? Was sagen Sie da?«
»Genau das. Die sind prima in Schuss, funktionieren tadellos. Trotz des Unfalls sind sie einwandfrei, wirklich. Darum sag’ ich ja, so was Grundsolides gibt es heute nicht mehr.«
»Das ist doch unmöglich«, unterbrach ihn Elizabeth. »In diesem Jeep funktionierten die Bremsen ganz und gar nicht.«
»Miss Roffe ist der Ansicht, jemand hätte sich mutwillig daran zu schaffen gemacht«, erklärte der Polizeichef.
Der Mechaniker schüttelte den Kopf. »Nein, unmöglich.« Er deutete auf den Unterboden. »Fregare...« Er wandte sich an Elizabeth: »Verzeihung, Signorina, wollte sagen, die Bremsen kaputtmachen kann man beim Jeep nur auf zwei Arten. Man kann die Bremsleitungen durchschneiden oder diesen Verschluss hier aufschrauben.« Er zeigte auf eine Stelle an der Jeepunterseite. »Und dann die Bremsflüssigkeit rauslaufen lassen. Da, sehen Sie selbst. Die Schläuche sind intakt, und ich hab’ die Bremsflüssigkeit geprüft. Es ist genug vorhanden.«
Ferraro sprach beruhigend auf Elizabeth ein. »In dem Zustand, in dem Sie sich befanden, versteh’ ich sehr gut, dass-«
»Moment mal«, unterbrach ihn Alec. Er wandte sich an den Mechaniker. »Kann es denn nicht sein, dass die Schläuche zerschnitten und später ausgewechselt wurden oder dass jemand Bremsflüssigkeit nachgefüllt hat?«
Doch der Mechaniker verneinte. »Mister, an diesen Schläuchen hat sich niemand zu schaffen gemacht. Und, hier...« Er griff wieder zu seinem Lappen und wischte vorsichtig das Öl von der Verschlusskappe ab. »Sehen Sie selbst. Wenn jemand die losgeschraubt hätte, dann wären doch Spuren vom Schraubenschlüssel zu erkennen, das können Sie mir glauben. Ich versichere Ihnen, die hat im letzten halben Jahr niemand angefasst. Mit den Bremsen hier ist nichts los, absolut nichts. Und das werd’ ich Ihnen beweisen.«
Er ging zur Wand und drückte einen Hebel herunter. Ein surrendes Geräusch war zu hören, und die Hebebühne mit dem Jeep senkte sich. Sie sahen zu, wie der Mechaniker Platz nahm, den Motor startete und bis an die hintere Wand zurücksetzte. Dann legte er den ersten Gang ein und gab plötzlich Gas. Der Jeep raste direkt auf Campagna zu. Elizabeth öffnete den Mund vor Erstaunen, wollte schreien, aber im selben Moment gab es einen Ruck, und das Auto bremste scharf, keine fünf Zentimeter von dem Polizisten entfernt. Der Mechaniker übersah geflissentlich dessen Gesichtsausdruck und sagte triumphierend: »Sehen Sie? Die Bremsen hier sind Super-klasse.«
Jetzt blickten alle Elizabeth an, und sie wusste, was in ihren Köpfen vorging. Aber das änderte nichts an dem Grauen ihrer Talfahrt. Sie fühlte noch, wie ihr Fuß auf die Bremse trat und diese nicht ansprach. Dennoch hatte der Polizeimechaniker den Beweis geliefert, dass diese Bremsen in Ordnung waren... Es sei denn, er steckte mit im Komplott. Und dann wahrscheinlich auch der Polizeichef. Ich leide an Verfolgungswahn, dachte Elizabeth.
Alec war hilflos. »Elizabeth -«
Aber sie ließ sich nicht davon abbringen. »Als ich diesen Jeep fuhr, funktionierten die Bremsen nicht.«
Alec sah sie nachdenklich an, wandte sich dann an den Mechaniker. »Nehmen wir mal an, jemand hat wirklich dafür gesorgt, dass die Bremsen dieses Autos nicht funktionierten. Wie hätte man das sonst noch bewerkstelligen können?«
Campagna machte sich bemerkbar. »Man hätte den Bremsbelag nass machen können.«
Elizabeth spürte eine Erregung in sich aufsteigen.
»Wenn man das täte, was passierte dann?« fragte sie schnell.
»Dann sprechen die Bremsen nicht an«, erwiderte der Mechaniker. »Nur« - und er wandte sich Elizabeth zu -, »wie war denn das, als Sie losgefahren sind? Haben sie da funktioniert?«
Elizabeth dachte nach. Ja, da waren sie in Ordnung, als sie rückwärts aus der Garage setzte, und auch später, als sie vom Grundstück auf die Straße einbog, und auch noch an den ersten Kurven.
»Ja«, sagte sie, »sie haben funktioniert.«
»Da haben Sie auch Ihre Antwort«, triumphierte der Mechaniker. »Ihre Bremsen sind erst unterwegs im Regen nass geworden.«
»Augenblick mal«, warf Alec ein. »Wieso konnte sie nicht jemand nass gemacht haben, bevor sie überhaupt losfuhr?«
Der Mechaniker sprach übertrieben geduldig: »Wenn jemand die Bremsen nass gemacht hätte, ehe sie losfuhr, hätten sie von Anfang an nicht funktioniert.«
Der Polizeichef wandte sich an Elizabeth. »Der Regen kann sehr gefährlich sein, Miss Roffe. Besonders hier auf den engen Bergstraßen. So was passiert leider nur zu oft.«
Alec betrachtete Elizabeth, wusste offensichtlich nicht, was jetzt zu geschehen hatte. Sie kam sich wie eine Idiotin vor. Also war es doch ein Unfall gewesen. Sie wollte nichts wie weg hier. Sie sah den Polizeichef an. »Es tut mir leid, dass ich Ihnen soviel Mühe gemacht habe.«
»Aber ich bitte Sie, Signorina, war mir ein Vergnügen, äh, ich meine, ich bedauere die Umstände außerordentlich, aber es ist mir immer ein Vergnügen, Ihnen behilflich sein zu dürfen. Mein Kollege Campagna wird Sie in Ihre Villa zurückbegleiten.«
»Wenn du mir die Bemerkung nicht verübelst, altes Mädchen«, meinte Alec besorgt, »du siehst aus wie ein Gespenst. Jetzt gibt’s nur noch eins: marsch ins Bett, und da bleibst du die nächsten Tage. Ich werde telefonisch Lebensmittel bestellen.«
»Und wer soll kochen, wenn ich im Bett liege?«
»Ich natürlich«, verkündete Alec.
Und am Abend bereitete er das Essen und servierte es Elizabeth am Bett.
»Ich fürchte, ich bin als Koch nicht gerade überwältigend«, meinte er fröhlich, als er das Tablett vor Elizabeth absetzte.
Das war die Untertreibung des Jahres, dachte sie. Alec als Koch war eine Katastrophe. Die Speisen waren entweder angebrannt oder halb gar oder völlig versalzen. Aber sie brachte etliches davon herunter, teils weil sie Hunger hatte, aber auch, um Alecs Gefühle nicht zu verletzen. Er leistete ihr Gesellschaft, versuchte, sie mit belanglosem Geplauder aufzuheitern. Kein Wort verlor er über ihre Blamage bei der Polizei. Ja, Alec war ein Schatz. Elizabeth liebte ihn sehr.
Die nächsten Tage verbrachten beide ganz ruhig in der Villa. Elizabeth blieb im Bett. Alec benahm sich wie eine besorgte Glucke, kochte für sie, las ihr vor. Die ganze Zeit schien es Elizabeth, als hörte das Telefon überhaupt nicht auf zu klingeln. Ivo und Simonetta riefen jeden Tag an, um sich nach ihrem Befinden zu erkundigen, ebenso Helene und Charles und auch Walther. Sogar Vivian meldete sich. Alle boten an, sofort zu kommen und sich um Elizabeth zu kümmern.
»Wirklich nicht nötig«, erklärte sie. »Es geht mir ganz ausgezeichnet. In ein paar Tagen bin ich wieder in Zürich.«
Auch Rhys Williams rief an. Bis sie seine Stimme hörte, war sich Elizabeth überhaupt nicht bewusst gewesen, wie sehr sie ihn vermisste.
»Wie ich höre, haben Sie sich entschlossen, Helene Konkurrenz zu machen.« Aber in seiner Stimme lag echte Besorgnis.
»Ganz verkehrt. Meine Autorennen finden nur auf steilen Bergstraßen statt, und zwar abwärts«, gab sie zurück. Sie traute ihren Ohren kaum, als sie sich selbst über das Schrecknis scherzen hörte.
»Bin ich froh, dass Sie okay sind, Liz!«
Seine Worte und der Ton überfluteten sie mit Wärme. Ob er wohl gerade bei einer anderen Frau war? Und wer konnte es sein? Jemand ganz besonders Hübsches, versteht sich.
Der Teufel sollte sie holen!
»Wussten Sie, dass Sie Schlagzeilen machen?« fragte Rhys.
»Nein. Wieso?«
»Erbin entgeht knapp dem Tod durch Autounfall«, zitierte Rhys. »Nur wenige Wochen nach dem Ableben ihres Vaters wäre die bekannte - na ja, den Rest können Sie sich denken.«
Sie telefonierten eine halbe Stunde miteinander, und als Elizabeth auflegte, fühlte sie sich wesentlich besser. Rhys hatte so echte Anteilnahme gezeigt. Ob er wohl jeder Frau dieses Gefühl zu vermitteln wusste? Das gehörte einfach zu seinem Charme. Sie erinnerte sich, wie sie gemeinsam ihren Geburtstag gefeiert hatten. Mrs. Rhys Williams.
Vielleicht sollte sie ihm von dem geheimen Bericht erzählen.
Alec arrangierte ihren Rückflug nach Zürich in einem Konzern-Jet.
»Ich find’s selber scheußlich, dich schon zurückzuhetzen«, entschuldigte er sich. »Aber da gibt es ein paar sehr dringende Entscheidungen zu treffen.«
Der Flug selbst war ereignislos. Auf dem Flughafen warteten die Reporter. Elizabeth gab eine kurze Erklärung über ihren Unfall ab. Dann hatte Alec sie entschlossen in die Limousine verfrachtet, die sie zum Konzern-Hauptquartier bringen sollte.
Im Konferenzsaal waren alle Mitglieder des Direktoriums versammelt. Die Sitzung dauerte schon drei Stunden, und die Luft war zum Schneiden. Elizabeth fühlte sich nach ihrem Erlebnis immer noch nicht ganz auf der Höhe und hatte scheußliches Kopfweh. »Darüber brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen, Miss Roffe«, hatte der Arzt gesagt. »Wenn erst die Gehirnerschütterung geheilt ist, verschwinden auch die Kopfschmerzen.«
Sie ließ den Blick durch den Raum schweifen, musterte die angespannten, verärgerten Mienen. »Ich habe mich entschieden: Es wird nicht verkauft«, hatte sie ihnen eröffnet. Sie hielten sie für eigensinnig und dickschädelig. Wenn sie wüssten, dachte Elizabeth, wie kurz ich vor dem Nachgeben gestanden habe. Aber nun war das nicht mehr möglich. Jemand in diesem Raum war der Feind. Und wenn sie jetzt aufgab, würde er der Sieger sein.
Alle hatten versucht, sie umzustimmen, jeder auf seine Weise.
Alec sagte ruhig und vernünftig: »Das Unternehmen braucht einen erfahrenen Präsidenten, Elizabeth. Vor allem jetzt. In deinem eigenen Interesse, aber auch zum Besten aller Beteiligten, solltest du die Hände davon lassen.«
Ivo setzte seinen Charme ein. »Du bist doch eine schöne Frau, carissima! Dir gehört die ganze Welt. Warum willst du dich zur Sklavin langweiliger Geschäfte machen? Du könntest das Leben genießen, könntest reisen -«
»Gereist bin ich schon mehr als genug«, fiel ihm Elizabeth ins Wort.
Charles nahm gallische Logik zu Hilfe. »Du besitzt die Aktienmajorität. Das ist einem tragischen Unglück zu verdanken. Aber es bedeutet noch lange nicht, dass du dich jetzt auch zur Konzernführung berufen fühlen kannst. Wir haben ernste Probleme. Und du wirst sie nur gravierender machen.«
Walther suchte sein Heil in der Holzhammermethode. »Die Gesellschaft ist schlimm genug dran. Du hast keine Ahnung, wie schlimm. Wenn du jetzt nicht verkaufst, ist es zu spät.«
Elizabeth fühlte sich regelrecht belagert. Sie hörte alle an, beobachtete sie, wog ihre Argumente ab. Jeder gab vor, das Wohl des Konzerns im Auge zu haben. Einer jedoch arbeitete an dessen Untergang.
Alle aber wollten Elizabeth los sein, wollten unbedingt ihre Einwilligung, die Anteile zu verkaufen und Roffe und Söhne damit in die Hände von Fremden zu legen. Elizabeth wusste, sobald sie nachgab, bedeutete das den Schluss-Strich unter ihr Vorhaben, den Schuldigen zu finden. Solange sie ihren Platz behauptete, gab es zumindest die Chance, dem Saboteur auf die Spur zu kommen. Und sie würde nur so lange bleiben, wie es unbedingt nötig war. In den vorangegangenen drei Jahren war sie Sam nahe genug gewesen, um von ihm einiges über das komplizierte Räderwerk des Unternehmens zu lernen. Und Sam hatte ein tüchtiges und erfahrenes Management aufgebaut, mit dessen Hilfe sie die Geschäftspolitik ihres Vaters weiterverfolgen konnte. Das Drängen der Direktoriumsmitglieder, die Finger davon zu lassen, bestärkte sie nur in ihrem Vorhaben. Sie würde bleiben.
Und jetzt, so meinte sie, hatte die Konferenz lange genug gedauert.
»Ich habe meine Entscheidung getroffen«, verkündete Elizabeth. »Im übrigen schwebt mir nicht vor, das Unternehmen im Alleingang zu führen. Ich weiß genau, wieviel ich noch lernen muss, und auch, dass ich mich auf euch alle verlassen kann. Wir werden die Probleme der Reihe nach angehen.«
Da saß sie, am Kopfende des Tisches, noch ganz blass von ihrem Unfall, wirkte klein und hilflos.
Ivo warf verzweifelt die Hände in die Luft. »Kann ihr denn niemand Vernunft beibringen?«
Rhys wandte sich Elizabeth zu. Er lächelte. »Ich glaube, es bleibt uns keine andere Wahl, als der Lady ihren Willen zu lassen.«
»Danke, Rhys.« Elizabeth sah die anderen an. »Und da wäre noch etwas. Da ich den Platz meines Vaters einnehmen möchte, wäre es gut, wenn man es auch offiziell verkündet.«
Charles starrte sie ungläubig an. »Das heißt - du willst doch nicht sagen, dass du als Präsident fungieren wirst?«
»In der Tat«, erklärte Alec trocken, »ist Elizabeth es bereits. Sie ist nur höflich genug, uns die Gelegenheit zu geben, das auch amtlich zu machen.«
Charles zögerte. Dann fügte er sich in das Unvermeidliche. »Na schön. Ich beantrage, Elizabeth Roffe zum Vorsitzenden und Präsidenten von Roffe und Söhne zu nominieren.«
»Ich unterstütze den Antrag«, kam es von Walther.
Der Antrag wurde angenommen.
Dabei herrschten so schlechte Zeiten für Präsidenten, dachte er betrübt. Wie viele mussten ihr Leben lassen!