53. Kapitel

Elizabeth fuhr im Bett hoch, ihr Herz schlug wie wild. Was war das? Was hatte sie geweckt? Dann hörte sie ihn wieder. Der gespenstisch hohe Schrei schien von draußen zu kommen, direkt vor ihrem Fenster, Agonie einer gequälten Seele im Todeskampf. Elizabeth raffte sich auf und stolperte zum Fenster. Sie sah in die Nacht hinaus. Vor ihr lag eine Landschaft wie von Daumier, erleuchtet von einem kalten Wintermond. Kahle Bäume ragten in den dunklen Himmel, die Äste gepeitscht von einem fauchenden Wind. Weit unten die kochende See.

Und wieder kam der Schrei. Wieder und immer wieder. Plötzlich ging Elizabeth auf, was es war. Die singenden Felsen! Der Schirokko war stärker geworden und blies durch das Gestein, erzeugte den qualvollen Ton, ein Kreischen ohne Unterlass. Und während sie hinhörte, verwandelte es sich in die Stimme von Rhys. Es war Rhys, der nach ihr schrie, sie in seiner Not um Hilfe anflehte. Sie presste die Hände an die Ohren, aber das Schreien wollte nicht verstummen.

Elizabeth schwankte auf die Schlafzimmertür zu und merkte zu ihrem Erstaunen, wie schlapp sie war. Ihr Kopf dröhnte vor Erschöpfung. Sie kam in den Flur und an die Treppe, schwebte auf einer Dunstwolke, als hätte man sie betäubt. Verzweifelt versuchte sie, Campagna zu rufen, aber ihre Stimme war nur ein heiseres Krächzen. Mit letzter Kraft stieg sie die Treppe hinab, kämpfte um ihr Gleichgewicht. Lauter hallte ihre Stimme: »Signore Campagna!«

Keine Antwort. Elizabeth stolperte ins Wohnzimmer. Dort war er nicht. Sie zwang sich, in Bewegung zu bleiben, ging von Zimmer zu Zimmer, hielt sich an den Möbeln aufrecht.

Campagna war nirgends zu finden.

Sie war allein im Haus.

Sie stand in der Halle. In ihrem Kopf lief alles durcheinander. Sie zwang sich zum Nachdenken. Campagna war nach draußen gegangen, um mit den Beamten im Streifenwagen zu sprechen.

Natürlich, das war es. Sie ging zur Haustür, öffnete sie mühsam, spähte in die Nacht.

Dort war niemand. Nur die Finsternis und der kreischende Wind. Die Angst begann sie zu würgen. Elizabeth machte kehrt und ging ins Wohnzimmer zurück. Sie bewegte sich wie durch zähe Watte. Unbedingt musste sie die Polizeistation anrufen und herausfinden, was geschehen war. Endlich am Ziel, nahm sie mit zitternder Hand den Telefonhörer ab. Die Leitung war tot.

Im selben Augenblick gingen alle Lichter aus.

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