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Die Zeit verstrich und die Lage begann für alle unbehaglich zu werden. Die Nachrichten über die Pest, die das Judenviertel erreichten, waren beruhigend. Es traten immer weniger Fälle auf. Arnau musste nach Hause zurückkehren. Am Abend zuvor hatten sich Arnau und Hasdai im Garten getroffen. Sie versuchten sich über nichtige Dinge zu unterhalten, doch die Nacht roch nach Abschied, und während sie so sprachen, vermieden sie es, sich anzusehen.

»Sahat gehört dir«, sagte Hasdai plötzlich und reichte ihm ein Schriftstück, das dies bestätigte.

»Was soll ich mit einem Sklaven? Ich kann nicht einmal mich selbst ernähren, bis der Seehandel wieder aufgenommen wird. Wie soll ich da einen Sklaven unterhalten? Die Zunft lässt nicht zu, dass Sklaven mitarbeiten. Ich brauche Sahat nicht.«

»Doch, du wirst ihn brauchen können«, entgegnete Hasdai lächelnd. »Er steht in deiner Schuld. Seit Raquel und Jucef auf der Welt sind, kümmert er sich um sie, als wären sie seine eigenen Kinder, und ich versichere dir, dass er sie ebenso sehr liebt. Weder Sahat noch ich können dir jemals vergelten, was du für sie getan hast. Wir dachten, der beste Weg, diese Schuld abzutragen, sei es, dir das Leben zu erleichtern. Dazu wirst du Sahat brauchen, und er steht bereit.«

»Mir das Leben erleichtern?«

»Wir beide werden dir dabei helfen, reich zu werden.«

Arnau erwiderte das Lächeln des Mannes, der noch sein Gastgeber war.

»Ich bin ein einfacher Bastaix. Reichtum ist nur etwas für Adlige und Händler.«

»Und auch für dich, dafür werde ich schon sorgen. Wenn du klug vorgehst und dich an Sahats Anweisungen hältst, habe ich keinen Zweifel, dass es dir gelingen wird.« Arnau sah ihn an, während er auf weitere Erklärungen wartete. »Wie du weißt«, fuhr Hasdai fort, »ist die Pest auf dem Rückzug. Es treten nur noch vereinzelte Fälle auf, doch die Auswirkungen der Seuche sind erschreckend. Niemand weiß genau, wie viele Menschenleben sie in Barcelona gefordert hat, aber bekannt ist, dass vier von fünf Ratsherren gestorben sind. Und das kann schlimme Folgen haben. Nun, die Sache ist Folgende: Unter den Toten sind viele Geldwechsler, die ihr Geschäft in Barcelona hatten. Ich weiß es, weil ich mit ihnen zusammengearbeitet habe und sie nun nicht mehr da sind. Ich glaube, wenn du Interesse daran hast, könntest du in den Geldwechsel einsteigen …«

»Ich habe keine Ahnung von Geldgeschäften«, unterbrach ihn Arnau. »Außerdem muss man eine Prüfung ablegen, und ich habe keine Ahnung von diesen Dingen.«

»Die Geldwechsler müssen das noch nicht«, antwortete Hasdai. »Ich weiß, dass man den König aufgefordert hat, Bedingungen zu erlassen, aber noch hat er es nicht getan. Der Geldwechsel ist ein freier Beruf, solange du dein Geschäft versicherst. Was die Kenntnisse betrifft, so hat Sahat mehr als genug davon. Er weiß wirklich alles über den Geldwechsel. Er arbeitet seit vielen Jahren für mich. Ich habe ihn gekauft, weil er ein Experte in diesen Transaktionen war. Wenn du ihn gewähren lässt, wirst du rasch dazulernen und Erfolg haben. Obwohl er ein Sklave ist, ist er ein absolut vertrauenswürdiger Mann, der dir sehr verbunden ist für das, was du für meine Kinder getan hast – die einzigen Menschen, die er je geliebt hat. Sie sind seine Familie.« Hasdai sah Arnau fragend an. »Und?«

»Ich weiß nicht …«, zögerte Arnau.

»Du kannst auf meine Hilfe zählen und die aller Juden, die von deiner mutigen Tat wissen. Wir sind ein dankbares Volk, Arnau. Sahat kennt alle meine Handelspartner rund ums Mittelmeer, in Europa und sogar im fernen Orient, in den entlegenen Gegenden des Sultans von Ägypten. Du wirst eine gute Grundlage für deine Geschäfte haben und wir werden dir am Anfang helfen. Es ist ein guter Vorschlag, Arnau. Du wirst keinerlei Probleme haben.«

Arnaus skeptische Zustimmung setzte die ganze Maschinerie in Gang, die Hasdai bereits vorbereitet hatte. Erste Regel: Niemand, wirklich niemand durfte wissen, dass Arnau von den Juden unterstützt wurde. Das würde ihm schaden. Hasdai überreichte ihm einen Beleg, demzufolge alles Geld, über das er verfügte, von einer alten Christin aus Perpignan stammte, und formal war es auch so.

»Wenn dich jemand danach fragt«, riet ihm Hasdai, »dann antworte nicht. Wenn dir nichts anderes übrig bleibt, dann hast du geerbt. Du wirst ziemlich viel Geld brauchen«, fuhr er fort. »Zunächst einmal musst du deine Wechselstube beim Magistrat von Barcelona versichern und eine Sicherheit von tausend Silbermark hinterlegen. Dann musst du ein Haus im Viertel der Geldwechsler kaufen oder anmieten, in der Canvis Vells oder der Canvis Nous, und es für deine Zwecke herrichten. Schließlich brauchst du weiteres Geld, um mit der Arbeit zu beginnen.«

Geldwechsler! Warum eigentlich nicht? Was war ihm von seinem alten Leben geblieben? Alle seine Lieben waren an der Pest gestorben. Hasdai schien überzeugt zu sein, dass die Wechselstube mit Sahats Hilfe funktionieren würde. Er konnte sich nicht einmal vorstellen, wie das Leben eines Geldwechslers aussah. Er würde reich werden, hatte ihm Hasdai versichert. Was machte man als reicher Mann? Plötzlich musste er an Grau denken, den einzigen Reichen, den er kannte, und er hatte ein flaues Gefühl im Magen. Nein, er würde niemals so werden wie Grau.

Er versicherte seine Wechselstube mit den tausend Silbermark, die Hasdai ihm gab, und schwor vor dem Magistrat, Falschgeld zu melden – er fragte sich, wie er die Münzen erkennen sollte, wenn Sahat einmal nicht da war – und es mit einer speziellen Zange, die jeder Geldwechsler haben musste, entzweizubrechen. Der Magistrat legalisierte mit seiner Unterschrift die riesigen Rechnungsbücher, in denen Arnaus Geschäftsaktionen festgehalten werden sollten, und während in Barcelona nach der Beulenpest das Chaos herrschte, erhielt er die Genehmigung, eine Wechselstube zu eröffnen. Es wurde festgesetzt, an welchen Tagen und zu welchen Uhrzeiten er sich vor seinem Laden befinden musste.

Der zweite Ratschlag, den Hasdai ihm mitgab, betraf Sahat.

»Niemand darf wissen, dass er ein Geschenk von mir ist. Sahat ist bestens bekannt unter den Geldwechslern, und wenn jemand davon erfährt, bekommst du Schwierigkeiten. Als Christ kannst du Geschäfte mit Juden machen, aber sieh dich vor, dass man dich nicht einen Judenfreund nennt. Da ist noch ein weiteres Problem mit Sahat, von dem du wissen solltest: Nur wenige Geldwechsler würden seinen Verkauf verstehen. Ich hatte Hunderte von Angeboten für ihn, darunter sehr großzügige, doch ich habe mich stets geweigert, sowohl wegen seines Sachverstands als auch wegen seiner Liebe zu meinen Kindern. Sie würden es nicht verstehen. Deshalb haben wir uns überlegt, dass Sahat zum Christentum konvertiert …«

»Er konvertiert?«, unterbrach ihn Arnau.

»Ja. Es ist uns Juden verboten, christliche Sklaven zu besitzen. Wenn einer unserer Sklaven konvertiert, müssen wir ihn freilassen oder an einen anderen Christen verkaufen.«

»Und werden ihm die anderen Geldwechsler diese Bekehrung abnehmen?«

»Eine Pestepidemie kann jeden Glauben erschüttern.«

»Ist Sahat zu diesem Opfer bereit?«

»Das ist er.«

Sie hatten darüber gesprochen, nicht wie Herr und Sklave, sondern wie zwei Freunde, die sie im Laufe der Jahre geworden waren.

»Wärst du dazu bereit?«, hatte Hasdai gefragt.

»Ja«, antwortete Sahat. »Allah – gelobt und gepriesen sei er! – wird es verstehen. Du weiß ja, dass die Ausübung unseres Glaubens in christlichen Ländern verboten ist. Wir kommen unseren Verpflichtungen heimlich nach, in der Verschwiegenheit unserer Herzen. Und so wird es bleiben, ganz gleich, wie viel Weihwasser man mir über den Kopf schüttet.«

»Arnau ist ein gläubiger Christ«, stellte Hasdai klar. »Wenn er davon erfährt …«

»Er wird es nie erfahren. Wir Sklaven kennen uns bestens in der Kunst der Verstellung aus. Nein, das gilt nicht für dich, aber ich bin überall Sklave, wo ich hingehe. Oft hängt unser Leben davon ab.«

Die dritte Regel blieb ein Geheimnis zwischen Hasdai und Sahat.

»Ich muss dir nicht sagen, Sahat«, erklärte sein früherer Herr mit bewegter Stimme, »wie dankbar ich dir für deine Entscheidung bin. Meine Kinder und ich werden dir ewig dankbar sein.«

»Ich bin es, der euch zu danken hat.«

»Ich nehme an, du weißt, worauf du dich im Moment konzentrieren solltest …«

»Ich denke schon.«

»Keine Gewürze. Keine Stoffe, kein Öl, kein Wachs«, riet ihm Hasdai, während Sahat mit dem Kopf nickte. Er ahnte schon, was nun kam. »Bis sich die Lage wieder stabilisiert hat, ist Katalonien noch nicht für solche Importe bereit. Sklaven, Sahat, Sklaven. Nach der Pest braucht Katalonien Arbeitskräfte. Bislang hatten wir nicht viel mit dem Sklavenhandel zu tun. Du findest Sklavenmärkte in Byzanz, Palästina, Rhodos und Zypern. Natürlich auch in Sizilien. Soweit ich weiß, werden in Sizilien viele Türken und Tataren verkauft. Ich würde allerdings dazu raten, dich an ihren Herkunftsorten umzusehen; wir haben dort überall Handelspartner, an die du dich wenden kannst. In kürzester Zeit wird dein neuer Herr ein beträchtliches Vermögen anhäufen.«

»Und wenn Arnau den Sklavenhandel ablehnt? Er wirkt nicht wie einer, der …«

»Er ist ein guter Mensch«, unterbrach ihn Hasdai, um seine Vermutungen zu bestätigen, »gewissenhaft, aus einfachen Verhältnissen stammend und sehr großzügig. Es kann sein, dass er sich weigert, in den Sklavenhandel einzusteigen. Bring sie nicht nach Barcelona. Arnau darf sie nicht sehen. Bring sie direkt nach Perpignan, Tarragona oder Salou oder verkaufe sie gleich auf Mallorca. Mallorca hat einen der wichtigsten Sklavenmärkte des Mittelmeers. Beauftrage andere damit, sie nach Barcelona zu bringen oder anderswo mit ihnen zu handeln. Auch Kastilien braucht dringend Sklaven. Bis Arnau begreift, worum es geht, wird genügend Zeit vergehen, um ausreichend Geld zu verdienen. Ich würde ihm vorschlagen – und das werde ich ihm auch persönlich empfehlen –, sich zunächst mit den Münzen, dem Geldwechsel, den Märkten, den Handelsrouten und den wichtigsten Einfuhr- und Ausfuhrgütern vertraut zu machen. In der Zwischenzeit kannst du dich deinen Dingen widmen, Sahat. Denk daran, dass wir auch nicht schlauer sind als die anderen und jeder, der ein wenig Geld hat, Sklaven einkaufen wird. Es wird eine sehr lukrative, aber kurze Zeit sein. Nutze die Zeit, bis der Markt gesättigt ist.«

»Kann ich auf deine Hilfe zählen?«

»In jeder Hinsicht. Ich werde dir Schreiben an all meine Handelspartner mitgeben, die du bereits kennst. Sie werden dir das Geld vorstrecken, das du benötigst.«

»Und die Bücher? Die Sklaven müssen dort vermerkt werden und Arnau könnte sie überprüfen.«

Hasdai lächelte verschwörerisch.

»Ich bin sicher, dass du eine Lösung für dieses kleine Detail finden wirst.«

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