55


Die Soldaten der Inquisition mussten in das Verlies kommen, um ihn zu holen. Zwei von ihnen packten ihn unter den Armen und schleiften den stolpernden Arnau hinter sich her. Er stieß mit den Knöcheln gegen die Treppenstufen, die zum Verlies hinabführten, und ließ sich durch die Gänge des Bischofspalasts schleifen. Er hatte nicht geschlafen. Er bemerkte nicht einmal die Mönche und Priester, die zusahen, wie man ihn zu Nicolau brachte. Wie hatte Joan ihn nur verraten können?

Seit man ihn in den Kerker zurückgebracht hatte, weinte Arnau. Er schrie und schlug den Kopf gegen die Wand. Warum Joan? Und wenn Joan ihn denunziert hatte, was hatte Aledis mit alldem zu tun? Und die gefangene Frau? Aledis hatte allen Grund, ihn zu hassen. Er hatte sie verlassen und war dann vor ihr geflohen. Ob sie mit Joan unter einer Decke steckte? War Joan wirklich zu Mar gegangen? Und falls ja, warum war sie nicht gekommen? War es so schwierig, einen einfachen Kerkermeister zu bestechen?

Francesca hörte ihn schluchzen und toben. Als sie ihren Sohn so hörte, sank ihr Körper noch mehr in sich zusammen. Zu gerne hätte sie ihn angesehen und mit ihm gesprochen, um ihn zu trösten, und sei es durch Lügen. »Du wirst ihm nicht widerstehen können«, hatte sie Aledis gewarnt. Und sie selbst? Würde sie diese Situation noch lange ertragen? Francesca presste sich gegen die kalten Steine der Mauer, während Arnau weiter mit dem Schicksal und der Welt haderte.

Die Türen des Gerichtssaals öffneten sich und Arnau wurde hineingezerrt. Das Tribunal war bereits versammelt. Die Soldaten schleiften Arnau in die Mitte des Raumes und ließen ihn los. Arnau sank zu Boden. Er hörte, wie Nicolau in die Stille hineinsprach, doch er war unfähig, seine Worte zu verstehen. Was konnte ihm dieser Mönch noch antun, nachdem ihn sein eigener Bruder bereits verdammt hatte? Er hatte niemanden mehr. Er hatte nichts.

»Du täuschst dich«, hatte ihm der Kerkermeister geantwortet, als er ihm ein kleines Vermögen anbot, um ihn zu bestechen. »Du hast kein Geld mehr.« Geld! Geld war der Grund dafür gewesen, dass der König ihn mit Elionor verheiratet hatte. Geld steckte hinter dem Verhalten seiner Ehefrau, die seine Festnahme in die Wege geleitet hatte. Sollte Geld Joan dazu bewogen haben …?

»Bringt die Mutter herein!«

Angesichts dieses Befehls war Arnau auf einmal hellwach.


Mar und Aledis standen auf der Plaza Nova, gegenüber dem Bischofspalast. Joan hielt sich ein wenig abseits. »Infant Don Juan wird heute Nachmittag meinen Herrn empfangen«, hatte ihnen einer von Guillems Sklaven tags zuvor mitgeteilt. Heute Morgen in aller Frühe war derselbe Sklave zu ihnen gekommen, um ihnen von seinem Herrn auszurichten, dass sie auf der Plaza Nova warten sollten.

Und da standen die drei nun und spekulierten darüber, warum Guillem ihnen diese Botschaft geschickt hatte.


Arnau hörte, wie hinter ihm die Tür geöffnet wurde. Die Soldaten kamen herein und stellten jemanden neben ihn, dann nahmen sie wieder ihren Posten an der Tür ein.

Er spürte ihre Gegenwart. Er sah ihre nackten, runzligen Füße. Sie waren schmutzig und schwielig, und sie bluteten. Nicolau und der Bischof lächelten, als sie sahen, wie Arnau die Füße seiner Mutter anstarrte. Dann hob er den Kopf und sah zu ihr auf. Obwohl er kniete, überragte ihn die alte Frau um höchstens eine Spanne, so gebeugt war sie. Die Tage im Kerker waren nicht spurlos an Francesca vorübergegangen. Ihr schütteres graues Haar stand wirr in die Höhe. Sie hatte den Blick starr auf das Tribunal gerichtet, die Haut war pergamenten und eingefallen. Ihre Augen lagen tief in violett verfärbten Höhlen.

»Francesca Esteve«, sagte Nicolau, »schwörst du auf die vier Evangelien?«

Die feste Stimme der Greisin überraschte alle Anwesenden.

»Ich schwöre«, antwortete sie, »doch Ihr sitzt einem Irrtum auf. Ich heiße nicht Francesca Esteve.«

»Wie dann?«, fragte Nicolau.

»Mein Name ist Francesca, doch nicht Esteve, sondern Ribes. Francesca Ribes«, sagte sie laut und vernehmlich.

»Müssen wir dich an deinen Eid erinnern?«, mahnte der Bischof.

»Nein. Wegen dieses Eids sage ich die Wahrheit. Mein Name ist Francesca Ribes.«

»Bist du nicht die Tochter von Pere und Francesca Esteve?«, fragte Nicolau.

»Ich habe meine Eltern nie kennengelernt.«

»Warst du die Ehefrau von Bernat Estanyol aus Navarcles?«

Arnau richtete sich auf. Bernat Estanyol?

»Nein. Ich bin nie an diesem Ort gewesen und ich war auch nicht verheiratet.«

»Hattest du keinen Sohn namens Arnau Estanyol?«

»Nein. Ich kenne keinen Arnau Estanyol.«

Arnau sah Francesca an.

Nicolau Eimeric und Berenguer d'Erill flüsterten miteinander. Dann wandte sich der Inquisitor an den Schreiber.

»Hör genau hin«, forderte er Francesca auf.

»Aussage von Jaume de Bellera, Herr von Navarcles«, begann der Schreiber zu lesen.

Arnaus Augen verengten sich, als er den Namen Bellera hörte. Sein Vater hatte ihm von ihm erzählt. Neugierig hörte er die Geschichte seines Lebens an, die sein Vater zum großen Teil mit in den Tod genommen hatte. Wie seine Mutter auf die Burg bestellt worden war, um den neugeborenen Sohn Llorenç de Belleras zu stillen. Eine Hexe? Aus dem Mund des Schreibers hörte er Jaume de Belleras Version über die Flucht seiner Mutter, nachdem dieser noch als Säugling die ersten Anfälle von Fallsucht erlitten hatte.

»Bernat Estanyol«, fuhr der Schreiber fort, »nutzte einen unaufmerksamen Moment der Wachen, um seinen Sohn Arnau zu befreien, nachdem er zuvor einen unschuldigen Jungen ermordet hatte. Die beiden ließen ihr Land im Stich und flohen nach Barcelona. In der gräflichen Stadt angekommen, fanden sie Unterschlupf bei der Familie des Händlers Grau Puig. Der Zeuge hat Beweise dafür, dass aus der Hexe eine öffentliche Frau wurde. Arnau Estanyol ist der Sohn einer Hexe und eines Mörders«, schloss er.

»Was hast du dazu zu sagen?«, fragte Nicolau Francesca.

»Dass Ihr die falsche Hure erwischt habt«, sagte die Alte ungerührt.

»Du, eine Metze, wagst es, die Erkenntnisse der Inquisition in Zweifel zu ziehen?«, brüllte der Bischof, während er mit dem Finger auf sie zeigte.

»Ich stehe nicht als Dirne hier«, entgegnete Francesca, »noch, um als solche zur Verantwortung gezogen zu werden. Der heilige Augustinus schreibt, es sei an Gott, über die Dirnen zu richten.«

Der Bischof lief rot an.

»Wie kannst du es wagen, dich auf den heiligen Augustinus zu berufen?«

Berenguer brüllte weiter, doch Arnau hörte nicht hin. ›Der heilige Augustinus schreibt, es sei an Gott, über die Dirnen zu richten.‹ Der heilige Augustinus … Vor vielen Jahren hatte er diese Worte schon einmal von einer Hure in einem Gasthof in Figueras gehört. Hieß sie nicht Francesca? Der heilige Augustinus … Konnte es sein?

Arnau wandte sich Francesca zu. Er hatte sie zweimal in seinem Leben gesehen, beide Male an entscheidenden Wendepunkten. Alle Mitglieder des Tribunals sahen, wie er die Frau anstarrte.

»Sieh deinen Sohn an!«, donnerte Eimeric. »Bestreitest du, seine Mutter zu sein?«

Arnau und Francesca hörten seine Worte von den Wänden des Saales widerhallen. Er auf Knien, das Gesicht der alten Frau zugewandt, sie den Blick starr geradeaus auf den Inquisitor gerichtet.

»Sieh ihn an!«, brüllte Nicolau erneut.

Ein leichtes Zittern durchlief Francescas Körper angesichts des Hasses, mit dem der Inquisitor anklagend auf Arnau deutete. Nur Arnau konnte sehen, wie die pergamentene Haut, die sich über ihren Hals spannte, leise bebte. Doch Francesca sah den Inquisitor unverwandt an.

»Du wirst gestehen«, versicherte ihr Nicolau, jedes Wort betonend. »Ich versichere dir, dass du gestehen wirst.«


»Via fora!«

Der Ruf störte die Ruhe auf der Plaza Nova. Ein Junge lief vorbei und wiederholte ein ums andere Mal das »Via fora!«, das die Bürger zu den Waffen rief. Aledis und Mar sahen sich an, dann sahen sie zu Joan.

»Die Glocken läuten gar nicht«, stellte dieser schulterzuckend fest.

Santa María besaß noch keine Glocken.

Dennoch verbreitete sich das »Via fora!« in der ganzen Stadt, und die Menschen sammelten sich überrascht auf der Plaza del Blat, wo sie erwarteten, das Banner des Stadtpatrons Sant Jordi neben dem Stein in der Mitte des Platzes vorzufinden. Stattdessen wurden sie von zwei mit Armbrüsten bewaffneten Bastaixos zur Kirche Santa María geführt.

Auf dem Vorplatz der Kirche versammelte sich das Volk vor dem Gnadenbild der Schutzpatronin des Meeres, das die Bastaixos unter einem Baldachin auf ihren Schultern trugen. Vor der Madonna standen die Zunftmeister der Bastaixos mit ihrem Banner und erwarteten die Menge, die durch die Calle de la Mar herbeiströmte. Einer von ihnen hatte den Schlüssel des Marienschreins um den Hals hängen. Die Leute drängten sich immer zahlreicher um das Gnadenbild. Etwas abseits stand Guillem in der Tür zu Arnaus Wechselstube und beobachtete aufmerksam das Geschehen.

»Die Inquisition hat einen Bürger dieser Stadt entführt, den Seekonsul von Barcelona«, erklärten die Zunftmeister.

»Aber die Inquisition …«, wandte eine Stimme ein.

»Die Inquisition gibt nichts auf unsere Stadt«, entgegnete einer der Zunftmeister, »ja, nicht einmal auf den König. Sie ist weder dem Rat der Hundert noch dem Stadtrichter unterstellt. Ihre Mitglieder werden nicht von einer dieser Autoritäten ernannt, sondern vom Papst, einem fernen Papst, der nur das Geld unserer Bürger will. Wie können sie einen Mann der Ketzerei bezichtigen, der sein Leben für die Schutzpatronin des Meeres gegeben hätte?«

»Sie wollen nur das Geld unseres Konsuls«, rief einer der Versammelten.

»Sie lügen, um an unser Geld zu kommen!«

»Sie hassen das katalanische Volk«, erklärte ein zweiter Zunftmeister.

Die Leute erzählten sich weiter, was dort vorne gesprochen wurde. Die Rufe schallten durch die Calle de la Mar.

Guillem sah, wie die Zunftmeister der Bastaixos den Zunftmeistern der übrigen Innungen die Lage erklärten. Wer fürchtete nicht um sein Geld? Andererseits war auch die Inquisition zu fürchten … Es brauchte nur eine absurde Beschuldigung …

»Wir müssen unsere Rechte verteidigen«, sagte einer, nachdem er mit den Bastaixos gesprochen hatte.

Das Volk begann sich zu empören. Schwerter, Dolche und Armbrüste wurden über den Köpfen geschwenkt, während immer lauter der Schlachtruf »Via fora!« erklang.

Das Gebrüll wurde ohrenbetäubend. Guillem sah, wie mehrere Ratsherren eintrafen, und gesellte sich rasch zu der Gruppe, die vor dem Baldachin mit der Madonna diskutierte.

»Und die Soldaten des Königs?«, hörte er einen der Ratsherren fragen.

Der Zunftmeister wiederholte genau die Worte, die Guillem ihm vorgegeben hatte: »Gehen wir zur Plaza del Blat und sehen wir, was der Stadtrichter zu unternehmen gedenkt.«

Guillem ging davon. Für einen kurzen Moment fiel sein Blick auf die kleine steinerne Figur, die auf den Schultern der Bastaixos ruhte. »Steh ihnen bei«, betete er stumm.

Die Menge setzte sich in Bewegung. »Zur Plaza del Blat!«, riefen die Menschen.

Guillem schloss sich dem Strom an, der sich durch die Calle de la Mar auf den Platz ergoss, an dem sich der Palast des Stadtrichters befand. Nur wenige wussten, dass man herausfinden wollte, welche Haltung der Stadtrichter in der Sache einnahm, und so hatte er keine Probleme, zu dessen Amtssitz durchzukommen, während unter den Rufen der Menge das Gnadenbild der Jungfrau dort aufgestellt wurde, wo sich sonst die Banner von Sant Jordi und der Stadt befanden.

Die Zunftmeister und Ratsherren standen neben der Madonna und dem Banner der Bastaixos in der Mitte des Platzes und sahen zum Palast des Stadtrichters herüber. Die Menge begann zu begreifen. Es wurde still und alle wandten sich dem Palast zu. Guillem konnte die Anspannung förmlich spüren. Würde sich der Infant an die Abmachung halten? Die Soldaten hatten sich mit gezogenen Schwertern zwischen die Menge und den Palast gestellt. Der Stadtrichter erschien an einem der Fenster, betrachtete die Menschenmasse, die sich dort unten drängte, und verschwand wieder. Kurz darauf trat ein königlicher Beamter auf den Platz. Tausende von Augenpaaren, auch jenes von Guillem, richteten sich auf ihn.

»Der König sieht sich außerstande, sich in die Angelegenheiten der Stadt Barcelona einzumischen«, verkündete er. »Die Einberufung des Bürgerheers ist Sache der Stadt.«

Dann befahl er den königlichen Soldaten, sich zurückzuziehen.

Die Menge beobachtete, wie die Soldaten an dem Palast entlangmarschierten und durch das frühere Stadttor abzogen. Noch bevor der Letzte verschwunden war, erschallte ein lautes »Via fora!«, das Guillem einen Schauder über den Rücken jagte.


Nicolau wollte Francesca soeben zur Folter in den Kerker zurückbringen lassen, als die Glocken zu läuten begannen und ihn mitten im Satz unterbrachen. Zuerst war es nur die Glocke von Sant Jaume, die das Bürgerheer einberief, dann fielen sämtliche Glocken der Stadt ein. Die meisten Priester in Barcelona waren treue Anhänger der Lehren Ramon Llulls, der Eimerics Missfallen erregt hatte, und nur wenige von ihnen hatten etwas gegen die Lektion einzuwenden, welche die Stadt der Inquisition zu erteilen gedachte.

»Das Bürgerheer?«, fragte der Inquisitor Berenguer d'Erill.

Der Bischof hob ratlos die Schultern.

Unterdessen befand sich das Gnadenbild der Jungfrau weiterhin in der Mitte der Plaza del Blat und wartete, dass sich die Banner der einzelnen Zünfte der Stadt zu jenem der Bastaixos gesellten. Die Menge indes zog bereits zum Bischofspalast.

Aledis, Mar und Joan hörten sie näher kommen, bis schließlich das »Via fora!« über die Plaza Nova schallte.

Nicolau Eimeric und Berenguer d'Erill traten an eines der Bleiglasfenster. Nachdem sie es geöffnet hatten, sahen sie weit über hundert Menschen dort versammelt, die schrien und ihre Waffen gegen den Palast erhoben. Das Geschrei wurde lauter, als einer die beiden Kirchenmänner erkannte.

»Was geht da vor?«, fragte Nicolau einen Beamten, nachdem er einen Schritt zurückgetreten war.

»Barcelona ist gekommen, um seinen Seekonsul zu befreien«, rief ein Junge Joan auf die gleiche Frage zu.

Aledis und Mar schlossen die Augen und pressten die Lippen aufeinander. Dann fassten sie sich bei den Händen und sahen mit tränennassem Blick zu dem Fenster hinauf, das halb geöffnet geblieben war.

»Lauf und such den Stadtrichter!«, befahl Nicolau dem Beamten.

Nun, da niemand auf ihn achtete, erhob sich Arnau und fasste Francesca am Arm.

»Warum hast du gerade gezittert, Frau?«, fragte er sie.

Francesca unterdrückte eine Träne, die ihr über die Wange rollen wollte, konnte jedoch nicht verhindern, dass sich ihre Lippen zu einer schmerzlichen Geste verzogen.

»Vergiss mich«, antwortete sie mit brüchiger Stimme.

Der Lärm von draußen ließ keine weiteren Gespräche und Gedanken mehr zu. Das Bürgerheer, nun vollständig versammelt, näherte sich der Plaza Nova. Es zog durch das alte Stadttor, am Palast des Stadtrichters vorbei, der das Schauspiel von einem der Fenster aus beobachtete, durch die Calle de los Seders zur Calle de la Boquería und von dort aus gegenüber der Kirche Sant Jaume, deren Glocke noch immer läutete, durch die Calle del Bisbe zum Bischofspalast.

Mar und Aledis sahen die Straße hinunter. Sie hielten sich immer noch so fest an den Händen, dass die Knöchel weiß hervortraten. Die Leute wichen an die Hauswände zurück, um das Heer vorbeizulassen, zuerst das Banner der Bastaixos und deren Zunftmeister, dann den Baldachin mit der Jungfrau und dahinter in einem bunten Fahnenmeer die Banner sämtlicher Innungen der Stadt.


Der Stadtrichter weigerte sich, den Beamten der Inquisition zu empfangen.

»Der König hat keine Möglichkeit, sich in die Angelegenheiten des Bürgerheers von Barcelona einzumischen«, beschied ihm der königliche Beamte.

»Aber sie werden den Bischofspalast stürmen«, beschwerte sich, immer noch keuchend, der Gesandte der Inquisition.

Der Stadtrichter zuckte mit den Schultern. »Benutzt du dein Schwert nur zum Foltern?«, hätte er beinahe gesagt. Der Hauptmann der Inquisition bemerkte den Blick und die beiden Männer hüllten sich in Schweigen.

»Ich würde gerne sehen, wie es sich mit einem kastilischen Schwert oder einem maurischen Krummsäbel misst«, bemerkte der Beamte des Stadtrichters schließlich und deutete auf die Waffe. Dann spuckte er vor dem Inquisitionsbeamten aus.

Unterdessen war das Gnadenbild der Jungfrau vor dem Bischofspalast angekommen. Begleitet von den Rufen des Bürgerheers, schwankte es auf den Schultern der Bastaixos hin und her, die nicht viel anderes tun konnten, als sich dem Ungestüm der Barcelonesen anzuschließen.

Ein Stein wurde gegen die Bleiglasfenster geschleudert.

Der Erste traf nicht, wohl aber der Zweite und viele von denen, die noch folgten.

Nicolau Eimeric und Berenguer d'Erill entfernten sich von den Fenstern. Arnau wartete immer noch auf eine Antwort von Francesca. Keiner der beiden rührte sich.

Mehrere Personen warfen sich gegen die Tore des Palastes. Ein Junge begann die Mauer zu erklimmen, die Armbrust umgehängt. Die Menge feuerte ihn an. Andere folgten seinem Beispiel.

»Genug!«, rief einer der Ratsherren, während er versuchte, die Männer wegzudrängen, die gegen die Tür anrannten. »Genug! Niemand greift ohne Zustimmung der Stadt an.«

Die Männer an der Tür hielten inne.

»Niemand greift ohne Zustimmung der Ratsherren und Zunftmeister der Stadt an«, schärfte er ihnen noch einmal ein.

Die Männer vorne an der Tür verstummten und die Botschaft verbreitete sich über den ganzen Platz. Das Gnadenbild der Jungfrau hörte auf zu tanzen, Schweigen legte sich über die Menge, und alle sahen zu den sechs Männern empor, die sich an der Fassade hinaufhangelten. Der Erste hatte bereits das eingeschlagene Fenster des Gerichtssaals erreicht.

»Kommt herunter!«, war zu hören.

Die fünf Ratsherren der Stadt und der Zunftmeister der Bastaixos, der den Schlüssel des Marienschreins um den Hals trug, klopften am Tor des Palasts an.

»Öffnet dem Bürgerheer von Barcelona!«


»Aufmachen!« Der Inquisitionsbeamte hämmerte gegen das Tor des Judenviertels, das beim Vorbeimarsch des Bürgerheeres geschlossen worden war. »Aufmachen! Inquisition!«

Er hatte versucht, zum Bischofspalast zu gelangen, doch in sämtlichen Straßen, die dorthin führten, drängten sich die Menschen. Es gab nur einen Weg, zum Palast zu kommen: durch das angrenzende Judenviertel. Von dort aus konnte er zumindest seine Nachricht übermitteln: Der Stadtrichter würde nicht eingreifen.


Nicolau und Berenguer erhielten die Botschaft noch im Gerichtssaal: Die königlichen Truppen würden nicht zu ihrer Verteidigung ausrücken, und die Ratsherren drohten damit, den Bischofspalast zu stürmen, wenn man ihnen den Zutritt verwehrte.

»Was wollen sie?«

Der Beamte sah zu Arnau.

»Den Seekonsul befreien.«

Nicolau trat so nahe vor Arnau, dass sich ihre Gesichter beinahe berührten.

»Wie können sie es wagen?«, zischte er. Dann drehte er sich um und setzte sich wieder hinter den Richtertisch. Berenguer tat es ihm nach. »Lasst sie ein«, befahl Nicolau.

Den Seekonsul befreien … Arnau hielt sich so aufrecht, wie es sein geschwächter Zustand erlaubte. Seit der Frage, die ihr Sohn ihr gestellt hatte, blickte Francesca ins Leere. Der Seekonsul bin ich, gab Arnau Nicolau mit seinem Blick zu verstehen.

Die fünf Ratsherren und der Zunftmeister der Bastaixos stürmten in den Gerichtssaal. Hinter ihnen folgte möglichst unauffällig Guillem, dem der Bastaix die Erlaubnis gegeben hatte, sie zu begleiten.

Guillem blieb an der Tür stehen, während die übrigen sechs bewaffnet vor Nicolau traten. Einer der Ratsherren trat vor die Abordnung.

»Was wollt ihr?«, fragte Nicolau.

»Das Bürgerheer von Barcelona«, fiel der Ratsherr dem Inquisitor ins Wort, »befiehlt Euch die Herausgabe des Seekonsuls Arnau Estanyol.«

»Ihr wagt es, der Inquisition Befehle zu erteilen?«, empörte sich Nicolau.

Der Ratsherr sah Nicolau Eimeric unverwandt in die Augen.

»Zum zweiten Mal«, erklärte er: »Das Bürgerheer von Barcelona befiehlt Euch die Herausgabe des Seekonsuls von Barcelona.«

Nicolau stotterte und sah Hilfe suchend zum Bischof.

»Sie werden den Palast stürmen«, gab dieser leise zu bedenken.

»Das werden sie nicht wagen«, flüsterte Nicolau.

»Er ist ein Ketzer!«, brüllte er dann.

»Müsstet Ihr ihn dafür nicht erst verurteilen?«, war aus der Abordnung der Ratsherren zu vernehmen.

Nicolau sah sie aus schmalen Augen an.

»Er ist ein Ketzer«, betonte er noch einmal.

»Zum dritten und letzten Mal, gebt den Seekonsul heraus.«

»Was soll das heißen: Zum letzten Mal?«, erkundigte sich Berenguer d'Erill.

»Seht nach draußen, wenn Ihr es wissen wollt.«

»Nehmt sie fest!«, brüllte der Inquisitor und winkte wütend die Soldaten herbei, die an der Tür standen.

Guillem rückte von den Soldaten ab. Die Ratsherren rührten sich nicht. Einige Soldaten griffen nach ihren Waffen, doch der befehlshabende Hauptmann winkte ab.

»Nehmt sie fest!«, verlangte Nicolau erneut.

»Sie sind gekommen, um zu verhandeln«, widersetzte sich der Hauptmann.

»Wie kannst du es wagen!«, tobte Nicolau und sprang auf.

Der Hauptmann ließ ihn nicht ausreden: »Sagt mir, wie ich diesen Palast verteidigen soll, dann nehme ich sie fest. Der König wird uns nicht zu Hilfe kommen.« Der Hauptmann deutete nach draußen, von wo das Geschrei der Menge zu hören war. Dann sah er zum Bischof.

»Ihr könnt euren Seekonsul mitnehmen«, antwortete der Bischof. »Er ist frei.«

Nicolau lief rot an.

»Was sagt Ihr da?«, rief er und packte den Bischof am Arm.

Berenguer d'Erill riss sich wütend los.

»Arnau Estanyol untersteht nicht Eurer Autorität«, sagte der Ratsherr, an den Bischof gewandt. »Nicolau Eimeric«, fuhr er dann fort, »das Bürgerheer von Barcelona hat Euch drei Möglichkeiten gewährt. Übergebt uns nun den Seekonsul oder Ihr werdet die Folgen tragen.«

Wie um die Worte des Ratsherren zu unterstreichen, flog ein Stein durchs Fenster und prallte gegen den langen Tisch, an dem die Mitglieder des Tribunals saßen. Selbst die Dominikanermönche zuckten auf ihren Plätzen zusammen. Das Geschrei auf der Plaza Nova war wieder lauter geworden. Ein weiterer Stein flog in den Raum. Der Schreiber sprang auf, raffte seine Unterlagen zusammen und flüchtete ans andere Ende des Saales. Die schwarzen Mönche, die dem Fenster am nächsten saßen, wollten es ihm nachtun, doch ein Zeichen des Inquisitors hinderte sie an der Flucht.

»Seid Ihr verrückt?«, flüsterte ihm der Bischof zu.

Nicolau ließ seinen Blick über die Anwesenden gleiten, bis er an Arnau hängenblieb. Dieser sah ihn an und lächelte.

»Ketzer!«, tobte er.

»Es reicht«, sagte der Ratsherr und wandte sich zum Gehen.

»Nehmt ihn mit!«, flehte der Bischof.

»Wir sind nur gekommen, um zu verhandeln«, erklärte der Ratsherr und blieb stehen. Er musste die Stimme erheben, um den Lärm zu übertönen, der vom Platz heraufdrang. »Wenn sich die Inquisition den Forderungen der Stadt nicht beugt und den Gefangenen nicht freilässt, wird das Bürgerheer ihn befreien müssen. So ist das Gesetz.«

Nicolau stand zitternd vor ihnen. Seine Augen waren blutunterlaufen und traten aus den Höhlen. Zwei weitere Steine prallten gegen die Wände des Gerichtssaals.

»Sie werden den Palast stürmen«, sagte der Bischof zu ihm, ohne darauf zu achten, ob man ihn hörte. »Was wollt Ihr noch? Ihr habt seine Aussage und sein Vermögen. Erklärt ihn trotzdem zum Ketzer, und er ist dazu verdammt, ein Leben lang auf der Flucht zu sein.«

Die Ratsherren und der Zunftmeister der Bastaixos hatten sich zum Gehen gewandt. Die Soldaten traten beiseite, Angst stand auf ihren Gesichtern. Guillem achtete nur auf das Gespräch zwischen dem Bischof und dem Inquisitor. Unterdessen stand Arnau immer noch mitten im Raum neben Francesca und sah Nicolau herausfordernd an. Dieser wich seinem Blick aus.

»Nehmt ihn mit!«, gab der Inquisitor schließlich nach.


Die Menge auf dem Platz und in den überfüllten Seitenstraßen brach in Jubel aus, als die Ratsherren mit Arnau vor dem Tor des Palasts erschienen. Francesca zog die Füße nach. Niemand hatte auf die alte Frau geachtet, als Arnau sie am Arm gepackt und aus dem Gerichtssaal geschoben hatte. Doch an der Tür hatte er sie losgelassen und war wie angewurzelt stehen geblieben. Die Ratsherren hatten ihn zum Weitergehen gedrängt, doch Arnau rührte sich nicht. Nicolau stand noch immer hinter dem Tisch und sah ihm hinterher, ohne auf den Steinhagel zu achten, der durch das Fenster hereinprasselte. Einer der Steine traf ihn am linken Arm, doch der Inquisitor blieb reglos stehen. Die übrigen Mitglieder des Tribunals hatten sich weit weg von der Fensterfront in Sicherheit gebracht, vor der sich der Zorn der Bürger entlud.

»Guillem …«

Der Maure trat zu ihm, fasste ihn bei den Schultern und küsste ihn auf den Mund.

»Geh mit ihnen, Arnau«, drängte er ihn. »Draußen warten Mar und dein Bruder. Ich habe noch etwas hier zu erledigen. Wir sehen uns später.«

Obwohl sich die Ratsherren bemühten, ihn zu schützen, stürzten sich die Leute auf Arnau, sobald er den Platz betrat, um ihn zu umarmen, zu berühren und zu beglückwünschen. Immer neue lächelnde Gesichter tauchten vor ihm auf. Niemand wollte zur Seite weichen, um die Ratsherren durchzulassen. Die Gesichter riefen ihm etwas zu.

Durch das Gedränge der Menge wurden die fünf Ratsherren und der Zunftmeister, die Arnau in ihre Mitte nahmen, hin und her geschoben. Das Geschrei ging Arnau durch Mark und Bein. Immer neue Gesichter tauchten vor ihm auf. Seine Beine gaben nach. Arnau versuchte über die Köpfe der Leute hinwegzusehen, doch er erkannte nur einen Wald von Armbrüsten, Schwertern und Dolchen, die sich unter dem Geschrei der Menge in den Himmel reckten, immer und immer wieder … Er stützte sich auf die Ratsherren, doch als er kurz davor war zu fallen, tauchte eine kleine steinerne Figur in dem Meer aus Waffen auf, die genau wie diese hin und her wogte.

Guillem war zurückgekommen und seine Jungfrau lächelte ihm zu. Arnau schloss die Augen und ließ sich von den Ratsherren davontragen.


Mar, Aledis und Joan kamen nicht an Arnau heran, sosehr sie auch drängten und rempelten. Als das Gnadenbild der Jungfrau und die Banner zurück zur Plaza del Blat zogen, entdeckten sie ihn auf den Armen der Ratsherren. Auch Jaume de Bellera und Genis Puig, die sich unters Volk gemischt hatten, konnten ihn sehen. Bis gerade eben hatten auch sie ihre Schwerter in dem Meer aus Waffen gegen den Bischofspalast erhoben und waren gezwungenermaßen in die Rufe gegen den Inquisitor eingefallen, obwohl sie aus tiefstem Herzen beteten, dass Nicolau hart blieb und der König seine Haltung änderte und dem Sanctum Officium zu Hilfe kam. Wie war es möglich, dass sich der König, für den sie so oft ihr Leben riskiert hatten, so feige zurückhielt?

Als er Arnau entdeckte, reckte Genis Puig erneut sein Schwert in die Luft und begann zu schreien wie ein Besessener. Der Herr von Navarcles kannte diesen Schrei. Er hatte ihn schon oft gehört, wenn sich der Ritter, das Schwert über seinem Kopf schwenkend, im gestreckten Galopp in den Kampf stürzte. Genis' Waffe stieß gegen die Armbrüste und Schwerter der Umstehenden. Die Leute wichen zurück, und Genis Puig drängte in Richtung der Ratsherren, die soeben von der Plaza Nova in die Calle del Bisbe einbogen. Hatte er vor, sich dem gesamten Heer von Barcelona entgegenzustellen? Man würde ihn töten, zuerst ihn und dann …

Jaume de Bellera warf sich auf seinen Freund und zwang ihn, das Schwert zu senken. Die Umstehenden sahen sie befremdet an, doch die große Masse drängte weiter in Richtung Calle del Bisbe. Die Lücke in der Menge schloss sich, sobald Genis aufgehört hatte zu brüllen und mit dem Schwert zu fuchteln. Der Herr von Bellera zog ihn von denen weg, die seine Attacke beobachtet hatten.

»Bist du verrückt geworden?«, fragte er.

»Sie haben ihn freigelassen … Frei!« Genis betrachtete die Banner, die nun die Calle del Bisbe hinunterzogen. Jaume de Bellera zwang Genis, ihn anzusehen.

»Was hast du vor?«

Genis Puig betrachtete erneut die Banner und versuchte, sich von Jaume de Bellera loszureißen.

»Ich will Rache!«, entgegnete er.

»Aber nicht so!«, riet ihm der Herr von Bellera. »Das ist nicht der richtige Weg!« Dann schüttelte er Genis aus Leibeskräften, bis dieser zur Besinnung kam. »Wir werden einen Weg finden …«

Genis sah ihn durchdringend an. Seine Lippen bebten.

»Schwörst du es mir?«

»Bei meiner Ehre.«


Als das Bürgerheer von der Plaza Nova abzog und die letzten Siegesrufe in der Calle del Bisbe verhallten, wurde es still im Gerichtssaal. Nur der schwere Atem des Inquisitors war zu hören. Niemand hatte sich gerührt. Die Soldaten hielten die Stellung und gaben sich alle Mühe, dass ihre Waffen und Rüstungen nicht verräterisch klirrten. Nicolau sah die Anwesenden an. Worte waren überflüssig. »Verräter«, sagte der Blick, den er Berenguer d'Erill zuwarf. »Feiglinge«, gab er den Übrigen stumm zu verstehen. Als er sich schließlich den Soldaten zuwandte, bemerkte er Guillem.

»Was hat dieser Ungläubige hier zu suchen?«, schrie er.

Der Hauptmann wusste nicht, was er antworten sollte. Guillem war mit den Ratsherren hereingekommen, und er hatte ihn nicht bemerkt, weil er mit den Anweisungen des Inquisitors beschäftigt gewesen war. Guillem wiederum wollte abstreiten, dass er ein Ungläubiger war, und seine Taufe erwähnen, doch dann tat er es nicht: Trotz der Bemühungen des Generalinquisitors hatte das Sanctum Officium keine rechtliche Handhabe gegen Juden und Mauren. Nicolau konnte ihn nicht festnehmen.

»Mein Name ist Sahat von Pisa«, sagte Guillem laut und vernehmlich, »und ich möchte mit Euch sprechen.«

»Ich habe nichts mit einem Ungläubigen zu besprechen. Werft ihn hinaus!«

»Ich glaube, was ich Euch zu sagen habe, wird Euch interessieren.«

»Was du glaubst, ist mir völlig gleichgültig.«

Nicolau gab dem Hauptmann ein Zeichen und dieser zog sein Schwert.

»Vielleicht ist es Euch nicht gleichgültig, zu erfahren, dass Arnau Estanyol bankrott ist«, setzte Guillem hinzu, während er vor dem Hauptmann zurückwich. »Ihr werdet keinen einzigen Sueldo aus seinem Vermögen bekommen.«

Nicolau seufzte und sah an die Decke. Ohne auf einen ausdrücklichen Befehl zu warten, senkte der Hauptmann das Schwert.

»Erkläre dich, Ungläubiger«, forderte der Inquisitor Guillem auf.

»Ihr habt Arnau Estanyols Rechnungsbücher. Seht sie Euch genau an.«

»Denkst du, das haben wir nicht bereits getan?«

»Ihr solltet wissen, dass die Schulden des Königs erlassen wurden.«

Guillem selbst hatte die entsprechenden Dokumente unterzeichnet und an Francesco de Perellós übergeben. Arnau hatte seine Vollmachten nie löschen lassen, wie der Maure aus den Büchern des Magistrats ersah.

Nicolau verzog keine Miene. Alle im Raum hatten den gleichen Gedanken: Das also war der Grund, weshalb der Stadtrichter nicht eingegriffen hatte.

Es vergingen einige Sekunden, in denen Guillem und Nicolau sich mit Blicken maßen. Guillem wusste, was dem Inquisitor in diesem Moment durch den Kopf ging. ›Was wirst du jetzt deinem Papst sagen? Wie willst du ihm die versprochene Summe zahlen? Der Brief ist bereits unterwegs, und es gibt keine Möglichkeit, ihn abzufangen, bevor er den Papst erreicht. Was willst du ihm sagen? Du bist auf seine Unterstützung gegen den König angewiesen, den du dir zum Feind gemacht hast.‹

»Und was hast du mit all dem zu schaffen?«, fragte Nicolau schließlich.

»Das kann ich Euch erklären … unter vier Augen«, verlangte Guillem angesichts der Herablassung, mit der Nicolau ihn behandelt hatte.

»Die Stadt erhebt sich gegen die Inquisition, und nun verlangt ein gewöhnlicher Ungläubiger eine Privataudienz von mir!«, tobte Nicolau. »Wofür haltet ihr euch?«

›Was wirst du deinem Papst sagen?‹, schien Guillems Blick zu fragen. ›Willst du, dass ganz Barcelona von deinen Machenschaften erfährt?‹

»Durchsucht ihn«, wies der Inquisitor den Hauptmann an. »Vergewissert euch, dass er keine Waffen bei sich trägt, und führt ihn in den Vorraum meines Arbeitszimmers. Dort wartet ihr, bis ich komme.«

Bewacht von dem Hauptmann und zwei Soldaten, stand Guillem im Vorzimmer des Inquisitors. Er hatte nie den Mut gehabt, Arnau zu erzählen, dass sein Vermögen aus dem Import von Sklaven stammte. Die Schulden des Königs waren getilgt, und wenn die Inquisition Arnaus Vermögen konfiszierte, so galt das auch für seine Verpflichtungen – und nur er, Guillem, wusste, dass die Gutschriften zugunsten von Abraham Levi falsch waren. Wenn er nicht die Verzichtserklärung vorlegte, die der Jude damals unterschrieben hatte, war Arnau mittellos.

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