Legende der Stadtkarte


von Barcelona



1. DIE STADTMAUER

Stadttor Santa Anna (La Rambla/Calle Santa Anna)


Seit dem 13. Jahrhundert war Barcelona von einer Mauer umgeben, die auch jene Viertel umschloss, die jenseits der alten römischen Stadtmauern entstanden waren. Diese verlief parallel zur Rambla, die damals noch ein Wasserlauf war. Dahinter erstreckte sich das Raval mit seinen Feldern, Brachen, Herbergen und Klöstern. König Pedro III. und der Rat der Hundert beschlossen dann den Bau einer neuen Mauer, die auch das Raval einschloss.

Das Portal Santa Ana erhielt seinen Namen von dem gleichnamigen Kloster. Rund um dieses Stadttor lebten die Armen und Entwurzelten der Stadt, die Krüppel und Bettler. Die Stadttore wurden jeden Morgen geöffnet, um Besucher und Landbewohner einzulassen, bei Sonnenuntergang wurden sie wieder geschlossen.



2. DAS TÖPFERVIERTEL

Carrer dels Ollers, Nähe Stadttor Trentaclaus (Calle Escudellers /La Rambla)


Am Stadttor Trentaclaus befand sich das Töpferviertel. In diesem Randbereich der Stadt am Ende der Rambla gab es Sand, den die Töpfer zur Herstellung ihrer Töpfe, Teller und Schüsseln brauchten. So entstanden dort die Straßen Carrer dels Ollers und Carrer dels Ollers Blancs, die heutige Calle Escudellers. Sie nahm ihren Anfang an einem weiteren Stadttor an der Rambla, dem Portal de Trentaclaus.



3. DAS VIERTEL FRAMENORS

Kloster Framenors (Plaza del Duc de Medinaceli)


Das Kloster Framenors hat seinen Namen von den Franziskaner-Minoriten, die sich im 13. Jahrhundert dort ansiedelten. Das unmittelbar am Meer gelegene Kloster war das Zentrum des Viertels Framenors, das sich zwischen der Stadtmauer an der Rambla, Calle Boquería, Calle del Mar und Strand erstreckte.

Wie in allen europäischen Städten des Mittelalters gingen seit dem 13. Jahrhundert auch in Barcelona wichtige kulturelle und geistliche Impulse von den Orden der Dominikaner und der Franziskaner aus.



4. DAS SEEKONSULAT UND DER MITTELMEERHANDEL

Seehandelsbörse (Börse, Pia del Palau/Paseo Isabel II.)


Das Seekonsulat von Barcelona war ein unabhängiges Tribunal von Händlern und Seeleuten, das sich mit Streitfällen in der Seefahrt befasste. Grundlage der Urteile waren die in den Seehandelsgesetzen festgeschriebenen Regeln und Richtlinien.

In der Mitte des 14. Jahrhunderts wurde auf einer kleinen Anhöhe direkt am Ufer, dem Puig de les Falzies, die Seehandelsbörse errichtet. Ende des Jahrhunderts erbaute Pere Arvey die Neue Börse, deren gotischer Kern trotz zahlreicher Umbauten, Restaurierungs- und Erweiterungsarbeiten erhalten blieb.

Im Zuge des Seehandels entstanden zahlreiche weitere Einrichtungen in Barcelona, die Handelshöfe etwa, die den Kaufleuten Unterkunft und Warenlager boten, der Pórtico de los Encantes, der Pórtico del Forment und die neue Werft.



5. HANDEL UND GESCHÄFTSWELT

Plaça dels Canvis (Ecke Canvis Vells/Canvis Nous)


Obwohl Barcelona keinen Hafen besaß, hatte sich die Stadt zu einem aufstrebenden, weltoffenen Zentrum am Mittelmeer entwickelt. Sie wurde von zahlreichen Reisenden und Händlern besucht, die fremde Sprachen sprachen und die verschiedensten Währungen mitbrachten. Die Geldwechsler tauschten Devisen, spekulierten mit den Wechselkursen und beteiligten sich an Geschäften und Warenlieferungen, die es ihnen ermöglichten, das Zinsverbot zu umgehen.

Die Geldwechsler siedelten sich in der Nähe des Hafens im sogenannten Canvis an, unweit der Börse. Nachdem sie die Kaution entrichtet hatten, die von den städtischen Behörden als Sicherheit verlangt wurde, stellten sie ihre Wechseltische entlang der Straße auf und statteten sie mit allem aus, was man für dieses Geschäft benötigte.

Die Entwicklung im Geldhandel führte 1401 zur Gründung der Taula de Canvi , der ersten öffentlichen Bank Barcelonas.



6. SANTA MARÍA DEL MAR

Basilika Santa María del Mar (Plaza de Santa María)


Die gotische Kirche Santa María del Mar, Mittelpunkt des Ribera-Viertels, ist ein Werk der Baumeister Berenguer de Montagu und Ramón Despuig und wurde in der beeindruckend kurzen Zeit von nur fünfundfünfzig Jahren erbaut.

Bereits am 15. August 1384 war die schmucklose, schlanke, lichtdurchflutete Kirche fertiggestellt. Die einzigartige Weite des Raumes und die harmonischen Proportionen machen aus ihr eines der vollkommensten Beispiele der katalanischen Gotik. Ermöglicht wurde der Bau durch die selbstlose Mitarbeit vieler Bewohner des Ribera-Viertels. Hier ist insbesondere die Zunft der Bastaixos zu nennen, der Lastenträger des Barceloneser Hafens, die auf ihren Schultern die Steine vom Montjuïc zur Baustelle schleppten. Die Zunft hatte strenge Aufnahme- und Verhaltensregeln für ihre Mitglieder, die zahlreiche Privilegien in der Kirche Santa María del Mar besaßen und an vielen Stellen der Kathedrale des Meeres dargestellt sind.



7. MARKTTAGE, VERGNÜGUNGEN UND FESTE

Plaça del Born ( Paseo del Born)


Das Ribera-Viertel war das am dichtesten bevölkerte Viertel des mittelalterlichen Barcelona und auch das Viertel mit der stärksten sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung. Mittelpunkt war die Plaça del Born, eine große Freifläche zwischen Rec Comtal und Pia d'en Llull.

Auf dem Born spielte sich das Leben des Viertels ab: Es wurde Markt gehalten, Handwerker arbeiteten im Freien, es gab Schänken, Bordelle, Glücksspiele, den alten und den neuen Fischmarkt. Seeleute und Besucher der Stadt mischten sich auf dem Born unters Volk, flanierten in einem steten Sehen und Gesehenwerden. Auch Prozessionen und religiöse Feste fanden dort statt, Spiele und Turniere, Aufführungen von Troubadouren und Volkstänze.



8. DAS HAFENVIERTEL

Die Uferhäuser (Calle Ribera und umliegende Straßen)


Viele Hafenarbeiter von Barcelona lebten in den letzten Häusern des Ribera-Viertels, kleine, einfache Häuschen, die direkt auf dem Strand standen. Üblicherweise hatten diese zwei Stockwerke mit einem ebenerdigen Raum, der als Küche und Wohnraum diente, und einer oder zwei Schlafkammern im Obergeschoss. Manchmal vermieteten arme Familien diese Kammern an andere Familien unter, denen es noch schlechter ging als ihnen selbst.

In diesen Häusern in der Nähe des Fischmarktes und der Lagergebäude für Trockenfisch lebten Fischer, Seeleute und auch viele Bastaixos. Der Beruf des Lastenträgers war hart und einfach, aber dringend notwendig, denn durch das seichte Wasser liefen große Handelsschiffe wie die bauchigen katalanischen Koggen Gefahr, auf Grund zu laufen. Deshalb setzte man Boote ein, deren Besatzungen in der Zunft der Hafenschiffer organisiert waren, und diese wurden am Strand von den Bastaixos be- und entladen.



9. HÄNDLER, RITTER UND EDELLEUTE

Die Stadtpaläste in der Calle Monteada (Calle Monteada)


Die Calle Monteada entstand im 13. Jahrhundert und war schon bald eine der vornehmsten und prächtigsten Straßen des gotischen Barcelona, ein geradliniger Straßenzug, gesäumt von den Stadtpalästen reicher Händler und des Adels der Stadt.

Die Stadtpaläste von Barcelona waren nach einem festen Grundriss angelegt: Die Wohnräume lagen rings um einen zentralen Innenhof und waren über eine Freitreppe rechts des Zugangs von der Straße aus zu erreichen. Das große Tor zur Straße war für Kutschen und Pferde ausgelegt. Die Stallungen befanden sich ebenerdig im hinteren Teil des Innenhofs, neben den Küchenräumen und dem Wachhaus.



10. EINE STADT DER REISENDEN

Plaça de la Llana (Plaza de la Llana/Calle Carders)


Im Spätmittelalter zog Barcelona viele Reisende an, die für die Dauer ihres Aufenthalts eine Unterkunft brauchten. An den Zufahrtsstraßen der Stadt entstanden Gasthöfe und Herbergen. Die Calle Bòria war eine dieser Achsen, die vom Portal Nou ins Stadtzentrum führte. Dort befanden sich viele solcher Herbergen. Sie hatten die ganze Nacht geöffnet, und ein Licht über der Tür wies den Weg. Zu den zahlreichen Gasthöfen des 14. Jahrhunderts in Barcelona gehörten das Hostal de Pere ça Cort , die Albergue d'En Pila , das Hostal de los Judíos und das Hostal de los Degollados.



11. STADTZENTRUM UND KORNMARKT

Plaça del Blat (Plaza del Àngel )


Die Plaza del Blat war das symbolische Zentrum des gotischen Barcelona. Es gab einen Markstein, auf dem die einzelnen Stadtviertel dargestellt waren, und im 14. Jahrhundert fand dort der Mehl- und Kornmarkt statt. Wenn das Getreide knapp wurde, stieg der Getreidepreis, und die Menschen hungerten. Der Hunger führte zu Aufruhr, und die Menschen, die nichts zu verlieren hatten, erhoben sich gegen die Obrigkeit und verlangten nach Brot, so auch im April 1334.

Öffentliche Bestrafungen waren im mittelalterlichen Barcelona gang und gäbe, bewies die Obrigkeit doch damit, dass sie in der Lage war, die Ordnung aufrechtzuerhalten. Gleichzeitig dienten sie der Abschreckung. Eine öffentliche Strafe etwa bestand darin, die Gefangenen ›Bòria Abajo‹ zu führen. Dabei wurden diese auf einem Esel vom Palast des Stadtrichters über die Plaza del Blat durch die Calle Bòria geführt. Während dieses demütigenden Schauspiels wurden die Delinquenten öffentlich ausgepeitscht, zum Tode Verurteilte wurden anschließend vor den Mauern der Stadt gehängt.



12. DER KÖNIGLICH-GRÄFLICHE PALAST VON BARCELONA

Plaça del Rei und Capilla Palatina (Plaza del Rei und Kapelle Santa Ágata)


An der Plaza del Rei befindet sich der Königliche Palast, Residenz der königlichen Grafen der aragonesischen Krone in Barcelona. Im Jahr 1306 wurde die gotische Palastkapelle geweiht, die über einem romanischen Vorgängerbau errichtet wurde.

Diese über römischem Mauerwerk errichtete Capilla Palatina ist von bescheidenen Ausmaßen und besitzt einen achteckigen, bekrönten Glockenturm. Im Inneren gibt es eine Kassettendecke, die Wände sind mit Reliefs königlicher Wappen geschmückt.

Nebenan ließ König Pedro III. den Saló del Tinell errichten. Mit diesem Thron- und Audienzsaal, der auch für Bankette genutzt wurde, schuf der Architekt Guillem Carbonell eines der spektakulärsten Beispiele gotischer Profanbauten in Katalonien.



13. DIE INQUISITION

Bischofspalast von Barcelona (Calle del Bisbe)


Die Inquisition, auch Sanctum Officium genannt, entstand im 13. Jahrhundert zur Bekämpfung der Häresie und wurde vor allem von den Dominikanern kontrolliert. Die Aufgabe dieses kirchlichen Tribunals war es, über die Reinheit des katholischen Glaubens zu wachen. Die Inquisitoren suchten nach abtrünnigen Sündern und Ketzern, um sie an Leib und Besitz zu strafen oder hinzurichten. Am Anfang konzentrierte sich die Inquisition auf die Katharer. Später verlegte sie sich darauf, die christliche Gesellschaft von heimlichen Juden und Judenfreunden, Protestanten und Hexen zu reinigen, bis sie schließlich im 19. Jahrhundert in ganz Spanien abgeschafft wurde.

Das Inquisitionstribunal von Barcelona hatte seinen Sitz zunächst im Bischofspalast; später zog es in einige Gebäude im Innenhof des königlichen Palasts an der Calle dels Comtes.



14. DAS JUDENVIERTEL VON BARCELONA

Call de Barcelona (Calle del Call/Plaza Sant Jaume)


Die jüdischen Familien von Barcelona lebten in einem teils von einer Mauer umgebenen Viertel, dem Call, zwischen den heutigen Straßen Calle Bisbe, Baixada de Santa Eulàlia, Calle del Call und Banys Nous gelegen. Mit dem Bevölkerungswachstum des 14. Jahrhunderts dehnte sich das Judenviertel über diesen Bereich hinaus, es entstand der Call Menor, auch Call d'en Sanahuja genannt.

Die Juden Barcelonas gingen unterschiedlichen Berufen nach. Sie waren Handwerker, Geldwechsler, Hofbeamte, Ärzte und vieles mehr. Das Leben im Judenviertel spielte sich rund um die einzelnen Synagogen ab. Zu den Lehrern, Denkern, Wissenschaftlern und Philosophen der jüdischen Gemeinde Barcelonas gehörten mehrere Mitglieder der Familie Cresques.

Im 14. Jahrhundert jedoch wurde die Stimmung zunehmend judenfeindlich und es kam zu mehreren Pogromen, die in dem großen Sturm auf den Call im Jahr 1391 gipfelten, der praktisch das Ende dieser blühenden Gemeinde bedeutete.

Загрузка...