Beim ersten Tageslicht begannen zwei Männer rings um den Grabstein mit dem harfespielenden Engel vorsichtig die Erde umzugraben. Larry Johnson, Arzt im Ruhestand, war zum Untersuchungsrichter von Crozet bestellt worden - ein geruhsamer Job, da es normalerweise herzlich wenig zu tun gab. Er schaute zu, zusammen mit Reverend Herbie Jones. Rick Shaw und Cynthia Cooper siebten sorgsam die Erde, die die Männer mit ihren Spaten umgruben. Harry und Blair blieben hinten beim Zaun. Miranda Hogendobber kam in ihrem Falcon vorgefahren, stürmte aus dem Wagen und marschierte zum Friedhof.
»Harry, Sie haben Miranda angerufen. Geben Sie's zu. Ich weiß es«, erregte sich Rick.
»Ja nun. sie hat eine interessante Art zu denken.«
»Ich muß doch sehr bitten.« Rick schüttelte den Kopf.
»Erzhaltige Erde.« Einer der grabenden Männer zog sich sein Halstuch vor die Nase.
»Ich hab was. Ich hab was.« Der andere Mann griff hinab und legte vorsichtig ein Bein frei.
In diesem Moment erreichte Miranda Hogendobber den Hügel. Sie warf einen Blick auf das verwesende Bein, das mit einer zerrissenen Hose bekleidet war und den Fuß noch in einem Turnschuh stecken hatte, und fiel in Ohnmacht.
»Dafür sind Sie verantwortlich!« Rick wies mit dem Zeigefinger auf Harry.
Harry sah ein, daß er recht hatte. Schnell lief sie zu Mrs. Hogendobber und wuchtete sie mit Blairs Hilfe hoch. Sie kam zu sich. Da sie nicht wußten, was ein zweiter Blick auf den schauerlichen Fund anrichten würde, redeten sie ihr gut zu. Zuerst sträubte sie sich, aber dann ließ sie sich von den beiden in Blairs Haus führen.
Die Polizei setzte ihre Arbeit fort und entdeckte eine zweite Hand, ebenfalls mit abgeschnittenen Fingerkuppen, und noch ein Bein, das wie sein Gegenstück an der Stelle abgetrennt war, wo der Oberschenkelknochen sich mit dem Becken verbindet.
Um die Mittagszeit, nach stundenlangem Sieben und Graben, sagte Rick den Männern, daß sie aufhören könnten.
»Sollen wir bei den anderen Gräbern weitermachen?«
»Da ist die Erde nicht aufgerissen; mir wäre es lieber, Sie ließen es bleiben«, sagte Reverend Jones. »Lassen Sie die Toten in Frieden ruhen.«
Rick wischte sich die Stirn. »Reverend, ich habe durchaus Sinn für Pietät, aber wenn wir noch einmal herkommen müssen, dann. Sie verstehen.«
»Ich weiß, aber Sie stehen auf meiner Mutter.« Ein leicht vorwurfsvoller Ton hatte sich in Herbs volle Stimme eingeschlichen. Er war verstörter, als ihm selbst bewußt war.
»Verzeihung.« Rick trat rasch beiseite. »Gehen Sie wieder an Ihre Arbeit, Reverend. Ich melde mich, wenn's was gibt.«
»Wer würde so etwas tun?« Herbie deutete auf die stinkenden Beweisstücke.
»Einen Mord begehen?« Cynthia Cooper breitete die Hände aus, die Handflächen nach oben. »Scheinbar durchschnittliche Leute begehen Morde. Das passiert jeden Tag.«
»Ich meine, wie kann man einen Menschen so zerstückeln?« Die Augen des Pastors waren feucht.
»Ich weiß es nicht«, erwiderte Rick. »Aber wer das getan hat, hat sich die größte Mühe gegeben, alles zu beseitigen, was der Identifizierung dient.«
Als der brave Reverend gegangen war, entfernten sich die vier Gesetzeshüter ein Stück weit von dem Geruch und berieten sich. Wo war der Rumpf, und wo war der Kopf?
Sie sollten es bald erfahren.