50

Mit dem Sheaffer Füllhalter, der einst seinem Vater gehört hat­te, schrieb Cabell einen Brief an seine Frau. Mit schwarzer Tin­te kritzelte er in kühnem Schwung über das hellblaue Papier.

Meine liebste Florence,

bitte verzeih mir. Ich muß fort von hier, um gründlich nach­zudenken. Ich habe mein persönliches Girokonto aufgelöst. Deins bleibt bestehen, ebenso unser Gemeinschaftskonto und das Wertpapierkonto. Geld ist genug da, also mach Dir keine Sorgen.

Den Wagen lasse ich auf dem Bankparkplatz hinter dem Einkaufszentrum stehen. Bitte ruf Rick Shaw nicht an. Und mach Dir keine Sorgen um mich. In Liebe, Cabell

Aber Taxi machte sich doch Sorgen. Der Brief lehnte an der Kaffeemaschine. Sie las ihn wieder und wieder. In all den Jah­ren, die sie ihren Mann kannte, hatte er nie etwas so Drastisches getan.

Sie rief Miranda Hogendobber an, mit der sie seit dem Kin­dergarten befreundet war. Es war morgens um halb acht. »Miranda.«

Mrs. H. fiel die Anspannung in der Stimme ihrer Freundin so­fort auf. »Florence, was ist passiert?« »Cabell hat mich verlassen.« »Was?!«

»Ich hab mich falsch ausgedrückt. Warte, ich les dir seinen Brief vor.« Als sie fertig war, schluchzte Florence. »Er muß so was wie einen Nervenzusammenbruch gehabt haben.« »Du mußt den Sheriff anrufen.« »Er hat's mir verboten.« Florence weinte heftiger. »Das war falsch von ihm. Wenn du's nicht tust, tu ich es.«


Als Rick Shaw und Cynthia zu der schönen Villa der Halls ka­men, war Miranda schon eine halbe Stunde da. Sie saß neben ihrer Freundin und stand ihr während der Befragung bei.

Rick, der Taxi Hall gern mochte, rauchte eine halbe Schachtel Zigaretten, während er umsichtig seine Fragen stellte. Cynthia verzichtete aufmerksamerweise aufs Rauchen, sonst wäre der Raum in blauen Dunst gehüllt gewesen.

»Sie sagten, er war nachdenklich und in sich gekehrt.«

Taxi nickte, und Rick fuhr fort. »Gab es irgendwas, das ihn aus der Fassung gebracht hat?«

»Er hat sich schrecklich aufgeregt wegen Ben Seifert. Er hat sich beruhigt, als die Bücher geprüft waren, aber ich weiß, daß es ihn trotzdem beschäftigt hat. Ben war sein Schützling.«

»Gab es Widerstand in der Bank, weil Ben zum Nachfolger Ihres Mannes aufgebaut wurde?«

Sie verschränkte die Arme und überlegte. »Gemurrt wird im­mer, aber das reicht doch nicht für einen Mord.«

»Hat Ihr Mann Namen genannt?«

»Er hat erwähnt, daß Marion Molnar Ben nicht ausstehen konnte, aber die Zusammenarbeit mit ihm hat trotzdem ge­klappt.«

Rick holte tief Luft. »Haben Sie irgendeinen Grund zu der Annahme, daß Ihr Mann sich mit einer anderen Frau trifft?«

»Muß das sein?« schimpfte Miranda.

Ricks Stimme wurde sanfter. »Unter diesen Umständen, ja.«

»Ich protestiere. Ich protestiere aufs schärfste. Sehen Sie nicht, daß sie krank vor Sorge ist?«

Taxi tätschelte Mirandas Hand. »Laß nur, Miranda. Man muß alles in Erwägung ziehen. Nach meinem besten Wissen hat Cabell nichts mit einer anderen Frau. Wenn Sie Cabell so gut kennen würden wie ich, wüßten Sie, daß ihm mehr am Golfspiel liegt als am Liebesspiel.«

Rick lächelte matt. »Danke, Mrs. Hall. Wir leiten eine Fahn­dung ein. Wir faxen Cabbys Foto an andere Polizei- und She­riffdienststellen. Und sobald er irgendwo eine Kreditkarte be­nutzt, werden wir's erfahren. Versuchen Sie, ruhig zu bleiben, und glauben Sie mir, wir werden alles tun, was in unserer Macht steht.«

Vor der Haustür ließ Rick eine Zigarette fallen; sie zischte im Schnee.

Cooper sah zu, wie der Schnee um die heiße Glut schmolz. »Tja, sieht so aus, als wüßten wir, wer Ben Seifert umgebracht hat. Weshalb wäre er sonst getürmt?«

»Verdammt noch mal, wir werden es rauskriegen.« Er trat auf die erloschene Zigarette »Coop, nichts paßt zusammen. Gar nichts!«

Загрузка...