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Am Ende einer alten Landstraße stritten sich zwei Männer. Eine schwere Wolkendecke verstärkte die gespannte, düstere Stim­mung. Weiter oben in der Ferne war die versiegelte Höhle des ersten Tunnels zu sehen, den Claudius Crozet durch die Blue Ridge Mountains getrieben hatte.

Einer der beiden Männer schüttelte die geballten Fäuste vor dem Gesicht des anderen. »Du verdammter Blutsauger! Keinen Cent kriegst du mehr von mir. Woher sollte ich ahnen, daß er auftauchen würde? Er war jahrelang eingesperrt!«

Ben Seifert, der Bedrohte, lachte nur. »Er ist in meinem Büro aufgetaucht, nicht in deinem, du Arschloch, und ich will was haben für meine Mühen - einen Bonus!«

Ehe er sich's versah, wurde ihm ein buntes Kletterseil um den Hals gezurrt, und er erstickte an dem Wort »Bonus«. Es dauerte keine zwei Minuten, da war er erdrosselt.

Immer noch wütend, trampelte der Mörder wie wild auf dem Toten herum und brach ihm dabei ein paar Rippen. Dann schüt­telte er den Kopf, besann sich und bückte sich, um die schlaffe Leiche aufzuheben, ein unangenehmes Unterfangen, denn der Sterbende hatte seine Eingeweide entleert.

Fluchend hievte er sich die Leiche über die Schulter - er war ein kräftiger Mann - und trug sie den Hang hinauf. Der Tunnel war zwar nach dem Zweiten Weltkrieg versiegelt worden, aber ein früherer Bewohner von Crozet hatte einmal ein paar Steine gelockert, um einen Zugang zu schaffen. Die Eisenbahngesell­schaft hatte es versäumt, den Tunnel neu zu versiegeln.

Der Mann war jetzt bei klarem Verstand. Er entfernte die Steine vorsichtig, um sich nicht die Hände aufzuscheuern, dann schleppte er die Leiche in den Tunnel. Er konnte das Tappen kleiner Pfoten hören, als er seine unerwünschte Last auf die Erde warf. Er ging hinaus und rückte die Steine wieder an Ort und Stelle. Dann stapfte er den Hügel hinunter, sammelte sich und klopfte seine Kleider ab. Es spazierte selten jemand zu den Tunnels hinauf. Mit etwas Glück würde es Monate dauern, be­vor man den Mistkerl fand, falls überhaupt.

Das Problem war Seiferts Auto. Er untersuchte Sitze, Koffer­raum und Handschuhfach, um sich zu vergewissern, daß keine Notiz herumlag, kein Hinweis auf ihre Verabredung. Dann ließ er den Motor an und fuhr in einen Vorstadtbezirk. Den Wagen ließ er an einer Tankstelle stehen. Er wischte das Lenkrad ab, den Türgriff, alles, was er angefaßt hatte. Das Auto glänzte, als er fertig war. Schlauerweise hatte er seinen eigenen Wagen fünf Kilometer entfernt abgestellt, an der Stelle, wo das Opfer ihn abgeholt hatte. Das war heute nacht um eins gewesen. Jetzt war es halb fünf Uhr morgens, und bald würde die Dunkelheit dem Licht weichen.

Er joggte die fünf Kilometer zu seinem Wagen, der bei den Craycroft-Zementwerken hinter einem Zementlaster parkte. Sofern nicht jemand um die Betonmischmaschine herumgegan­gen war, hatte niemand den Wagen gesehen.

Er hatte damit gerechnet, daß sein unerwünschter Partner eventuell umgebracht werden mußte, daher die Vorbereitungen. Nicht, daß er den dämlichen Saukerl ermorden wollte, aber der war unersättlich geworden. Er hatte ihn unaufhörlich ge­schröpft. Da war ihm kaum eine andere Wahl geblieben.

Erpressungen pflegten selten damit zu enden, daß beide Par­teien übers ganze Gesicht lächelten.

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