Die blaß orangefarbene Sonne ging unter, und die Temperatur sank auf minus fünf Grad. Als Venus über dem Horizont aufstieg, wirkte sie in der schneidenden Nachtluft größer als sonst. Intensiv orangerote Konturen umrahmten die Gipfel der Blue Ridge Mountains und verwandelten den Tiefschnee in goldene Wellen. Der Schnee lag so hoch, daß sogar der Ginster zugedeckt war. Eine dünne Eiskruste überzog die Schneedecke.
Es war unmöglich, Orlando eine Rundfahrt durch ganz Crozet zu bieten, weil viele Nebenstraßen nicht geräumt waren. Blair bat seinen Freund um Nachsicht, als er nachmittags um zehn nach fünf in Harrys Zufahrt einbog. Er hatte ihr einen runden schwarzen Enteiser für den Wassertrog besorgt und fand, daß heute der richtige Abend war, um das Gerät anzuprobieren. Paul Summers im Southern-States-Laden hatte gesagt, wenn es nicht funktioniere, könne er es zurückbringen und bekäme sein Geld erstattet.
»Ich kann mich nicht erinnern, daß du ein Landleben-Typ warst.« Orlando hielt sich an der Handschlaufe fest, als der Wagen langsam über die Zufahrt ruckelte. »Ehrlich gesagt, ich kann mich nicht erinnern, daß du jemals vor elf aufgestanden wärst.«
»Die Zeiten ändern sich, und die Menschen ändern sich mit ihnen.« Blair lächelte.
Orlando lachte. »Hat nicht zufällig was mit der Posthalterin zu tun, oder?«
»Hmm«, lautete Blairs Kommentar.
Orlando wurde einen Moment ernst. »Es geht mich ja nichts an, aber sie scheint wirklich ein guter Mensch zu sein, und sie sieht nett aus. So frisch. Und nach allem, was du durchgemacht hast, verdienst du alles Glück, das du finden kannst.«
»Ich habe Robin geliebt, aber ich konnte mich ja auch immer vor ihr zurückziehen. Weißt du, wenn wir geheiratet hätten, ich glaube, es hätte nicht gehalten. Wir haben ziemlich oberflächlich gelebt.«
Orlando seufzte. »Ich schätze, das tu ich auch. Aber guck dir meine Branche an. Wenn du die Kunden mit dem großen Geld willst, mußt du ihnen um den Bart gehen. Ich beneide dich.«
»Warum?«
»Weil du den Mut zum Aussteigen hattest.«
»Von Zeit zu Zeit mache ich ja noch Aufnahmen, zumindest bis ich zu verknittert bin oder mich niemand mehr haben will. Du hast es schlauer angestellt als ich. Du hast dir einen Beruf ausgesucht, wo das Alter keine Rolle spielt.«
Orlando lächelte, als das Schindelhaus und der Stall in Sicht kamen. »Klare Linien.«
»Sie hat wenig Sinn für Dekoratives, also halt dich zurück, okay? Ich meine, sie ist nicht blöd oder was, aber sie hat wirklich kein Geld, deswegen kann sie nicht viel machen.«
»Verstehe vollkommen.«
Sie hielten vor der Scheune an und stiegen aus. Harry war gerade dabei, die Pferdeboxen auszumisten. Ihre Winterstiefel gaben Zeugnis von ihrer Beschäftigung. Die Türen der Boxen standen offen, während Harry die verbrauchte Streu in den Schubkarren warf. Am Ende des Ganges stand ein zweiter Schubkarren mit süß duftender Streu. Auch die Tür zur Sattelkammer war offen. Tucker begrüßte die Männer, und Mrs. Murphy steckte den Kopf durch die Heubodenluke. Ein verirrter Strohhalm hing an ihren Schnurrhaaren. Als Harry die zwei Männer sah, winkte sie und rief »Hola!« Orlando fand das lustig.
»Wer ist das?« fragte Simon.
»Blair und sein Freund Orlando.«
»Sie wird sie doch nicht hier raufbringen, oder?« Das Opossum ging ängstlich auf und ab.»Einmal hat sie Susan mitgebracht, das fand ich gar nicht in Ordnung.«
»Das war wegen dem Ohrring. Ein Sonderfall. Sie werden nicht die Leiter raufklettern. Der eine ist viel zu gut angezogen.«
»Ruhe da unten. « Die Eule plusterte sich auf, drehte sich um und setzte sich wieder zurecht, erhaben über ihrer aller Unzulänglichkeiten.
Unten bewunderte Orlando die Architektur der Scheune. Sie war Ende der 1880er Jahre gebaut worden; die massiven Balken würden noch jahrhundertelang als Stützen dienen.
Tucker bellte:»Da kommt wer.«
Ein weißer Range Rover hielt neben Blairs Explorer. FitzGilbert Hamilton öffnete die Tür und eilte in die Scheune.
»Orlando, ich habe dich bei Blair gesucht, und dann habe ich mir schon gedacht, daß ihr hier sein könntet.«
»Fitz, bist du es wirklich?« Orlando blinzelte. »Du siehst verändert aus.«
»Dicker, älter. Ein paar Haare weniger.« Fitz lachte. »Du siehst noch genauso aus, nur besser. Erstaunlich, was die Jahre mit den Menschen anstellen - innerlich und äußerlich.«
Während die zwei Männer sich die Hände schüttelten, bemerkte Harry in Fitz' Fliegerjacke auf Brusthöhe eine Ausbuchtung. Es war keine gewöhnliche Fliegerjacke - sie war mit Gänsedaunen gefüttert, so daß sie Fitz warm hielt und er gleichzeitig flott aussah.
Tucker hob die Nase und schnupperte.»Murphy, Murphy!«
»Was?«
»Fitz riecht nach Angst.«
Mrs. Murphy witterte. Menschen, die Angst hatten, verströmten einen kräftigen, beißenden Geruch. Dieser Geruch war unverkennbar, so stark, daß sogar Menschen mit einer - für ihre Verhältnisse - guten Nase ihn wahrnehmen konnten, wenn sie erst einmal gelernt hatten, ihn zu erkennen.»Du hast recht, Tucker.«
»Da stimmt was nicht«, bellte Tucker.
Harry bückte sich und tätschelte der Corgihündin den Kopf. »Ruhig, Kleine.«
Mrs. Murphy rief hinunter.»Vielleicht hat er wieder eine Leiche gefunden.« Sie stockte. Wenn er eine Leiche gefunden hatte, hätte er es gleich gesagt.»Tucker, stell dich hinter ihn.«
Der kleine Hund schlich sich hinter Fitz, der sich munter mit Orlando, Blair und Harry unterhielt. Dann wechselte er die Tonart. »Wie bist du auf die Idee gekommen, daß der Mann auf dem Bild Tommy Norton ist?«
Orlando legte den Kopf schief. »Sah für mich eindeutig so aus. Wieso hast du ihn bloß nicht erkannt?«
Fitz zog den Reißverschluß seiner Jacke auf und holte eine tödliche, schimmernde .45er hervor. »Ich hab ihn sehr wohl erkannt. Ihr drei stellt euch jetzt da drüben an die Wand. Ich hab keine Zeit für lange Abschiedszeremonien. Ich muß auf die Bank und zum Flugplatz, bevor Rick Shaw merkt, daß ich hier draußen bin, und ich will verdammt sein, wenn ihr mir die Sache verpatzt, also.«
Während Orlando noch verwundert dastand, grub Tucker ihre Zähne bis zum Zahnfleisch in Fitz' Bein. Er kreischte und drehte sich herum, aber der zähe Hund ließ nicht locker. Die Menschen stoben auseinander. Harry rannte in eine Box, Orlando verschwand in der Sattelkammer und machte die Tür zu, und Blair stürzte zum Wandtelefon im Gang, aber Fitz faßte sich und feuerte.
Blair stöhnte und taumelte in Gins Box.
»Alles in Ordnung mit Ihnen?« rief Harry. Sie hatte nicht gesehen, ob Blair getroffen worden war.
»Ja«, sagte der verdatterte Blair mit zusammengebissenen Zähnen. Wenn man von einer Kugel getroffen wird, ist die Wucht genauso schmerzhaft wie das Eindringen des Bleis ins Fleisch. Blairs Schulter pulsierte und brannte.
Tucker ließ Fitz' Bein los und sauste zum Scheunentor, während Kugeln hinter ihr herflogen. Sobald sie sich aus der Scheune gezwängt hatte, schlich sie seitlich an dem Gebäude entlang. Tucker wußte nicht, was sie tun sollte.
Mrs. Murphy, die vom Heuboden heruntergespäht hatte, rannte an die Seitenwand und lugte durch eine Ritze in den Brettern. »Tucker, Tucker, dir ist doch nichts passiert?«
»Nein.« Tuckers Stimme war kehlig und rauh.»Wir müssen Mutter retten.«
»Sieh zu, ob du Tomahawk und Gin Fizz zur Scheune holen kannst.«
»Ich werd's versuchen.« Die Corgihündin rannte zur Weide.
Zum Glück hatte der Frost die Schneedecke gefestigt, so daß Tucker auf der Oberfläche laufen konnte. Ein paarmal sank sie in das Pulver ein, aber sie rappelte sich wieder hoch.
Simon saß neben Mrs. Murphy und zitterte ängstlich.
Unten schlich Fitz zu den Boxen. Die Katze spähte wieder hinunter. Sie sah, daß er gleich unter der Leiter sein würde.
Harry rief: »Fitz, warum haben Sie die Leute ermordet?« Sie versuchte Zeit zu gewinnen.
Mrs. Murphy hoffte, ihre Mutter könnte ihn hinhalten, denn sie hatte eine rettende Idee.
»Ben war unersättlich, Harry. Er wollte immer mehr.«
Während Fitz sprach, rückte Orlando, flach gegen die Wand gedrückt, näher zur Sattelkammertür.
»Warum haben Sie ihm überhaupt was bezahlt?«
»Tja nun, das ist eine lange Geschichte.« Er ging einen Schritt näher zur Heubodenluke.
Die keuchende Tucker erreichte Tomahawk zuerst.»Komm in die Scheune, Tommy. Da drin ist die Hölle los. Fitz-Gilbert will Mom umbringen.«
Tomahawk schnaubte, rief nach Gin, und sie stürmten zur Scheune. Tucker folgte ihnen, so gut sie konnte.
Drinnen hörte die Tigerkatze den Hufschlag. Die Pferdeweide lag an der Westseite der Scheune. Mrs. Murphy sprang über Heuballen und rief durch eine Ritze in der Seitenwand:»Könnt ihr über den Zaun springen?«
Gin antwortete:»Mit unseren Außendecken geht das in dem vielen Schnee nicht.«
Simon rang seine rosa Pfoten.»Oh, es ist furchtbar.«
»Dann zertrümmert den Zaun. Macht soviel Lärm, wie ihr könnt, aber sammelt euch zuerst und zählt bis zehn.« Tucker holte die Pferde ein.»Tucker«, rief Mrs. Murphy,»hilf ihnen bis zehn zu zählen. Geht's? Langsam.« Sie drehte sich um und rief Simon über die Schulter zu:»Hilf mir, Simon.«
Das graue Opossum huschte, so flink es konnte, über Timotheusheu und Luzerne zu Mrs. Murphy an der Südseite der Scheune. Überall flog Heu herum, als die Katze mit den Krallen an einem Ballen zerrte.
»Was machst du da?«
»Ich hol die Kletternatter. Sie ist im Winterschlaf und wird sich nicht um uns ringeln und zischen und beißen.«
»Aber sie wird aufwachen!« Simon hob die Stimme.
»Darüber mach dir später Gedanken. Komm, hilf mir, sie hier rauszukriegen.«
Simon wich zurück.»Ich faß sie nicht an!«
In diesem Moment sehnte sich Mrs. Murphy nach ihrer Corgi- Freundin. Auch wenn Tucker in Mrs. Murphys Gegenwart noch so oft griente und greinte, sie hatte die Tapferkeit eines Kriegers. Tucker hätte die Schlange ohne zu zögern gepackt.
»Harry hat so gut für dich gesorgt«, flehte die Katze.
Simon schnitt eine Grimasse.»Uff!« Er haßte die Schlange.
»Simon, wir dürfen keine Minute verlieren!« Mrs. Murphys Pupillen waren so groß, daß Simon die herrliche Farbe ihrer Iris kaum sehen konnte.
Ein dumpfer, erstickter Laut über ihnen erschreckte sie. Die Eule ließ sich auf dem Heuballen nieder. Draußen konnte man die Pferde einen weiten Kreis beschreiben hören. In wenigen Sekunden würden sie den Bretterzaun bei der Scheune in Stücke schlagen. Die Eule befahl mit ihrer tiefen, opernhaften Stimme.»Geht zur Leiter, ihr zwei. Beeilt euch!«
Luzernenfetzen wehten in die Luft, als Mrs. Murphy zur Luke wetzte. Simon, der nicht so flink auf den Beinen war, folgte ihr. Die Eule hüpfte herunter und schloß ihre mächtigen Klauen um die schlafende, 1,20 Meter lange Schlange. Dann breitete sie die Flügel aus und erhob sich in die Luft.
Die schwere Schlange behinderte sie stärker, als sie erwartet hatte. Ihre kräftigen Brustmuskeln trugen sie, und ruhig glitt sie zu der Stelle, wo die Katze und das Opossum warteten. Sie ließ die Flügel zum Landen ausgebreitet, schlug sie einmal, um zu steuern, und landete dann sanft neben Mrs. Murphy. Sie legte der Katze die benommene Schlange vor die Pfoten, öffnete dann ihre Flügel zu voller Spannweite und entschwebte aufwärts in ihren Horst. Mrs. Murphy hatte keine Zeit, ihr zu danken. Draußen splitterte Holz, sie hörte Wiehern und gedämpften Hufschlag im Schnee und wußte, daß sie handeln mußte. Tucker bellte, was ihre Lungen hergaben.
»Faß das Ende, das bei dir liegt.« befahl Mrs. Murphy Simon streng. Er tat wie geheißen. Er hatte jetzt mehr Angst vor Mrs. Murphy als vor der Schlange.
Fitz, durch den Tumult draußen einen Moment abgelenkt, drehte seinen Kopf in Richtung des Lärms. Er war nahe an der Heubodenluke. Die Katze, den vorderen Teil der schweren Schlange im Maul, während Simon das Schwanzende hielt, warf Fitz die Schlange auf die Schultern. Inzwischen war die Schlange wach genug, um sich für einen Moment um seinen Hals zu ringeln. Sie versuchte verzweifelt, sich zurechtzufinden, und Fitz kreischte, was das Zeug hielt.
Währenddessen ließ sich Mrs. Murphy von der Heubodenluke fallen und landete auf Fitz' Rücken.
»Tu's nicht!« schrie Simon.
Der Katze blieb keine Zeit zu einer Antwort. Sie rangelte mit der Schlange unter ihr, während Fitz brüllte und versuchte, sich von seinen Peinigerinnen zu befreien. Mrs. Murphy zerfetzte ihm mit ihren Krallet gnadenlos das Gesicht. Während sie Fitz zerfleischte, sah sie aus dem Augenwinkel Blair aus der Box sausen.
»Orlando!« rief Blair.
Kaum hatte er nach seinem Freund gebrüllt, als Harry, die ihren Winterparka ausgezogen hatte, wie der Blitz aus Tomahawks Box geschossen kam.
Mrs. Murphy krallte nach Fitz' rechtem Auge.
Er gab gerade einen Schuß in die Luft ab, als die Katze ihn blendete. Instinktiv hielt er sich die rechte Hand, die die Waffe hielt, vor das verletzte Auge, und im selben Moment trat Harry ihn gegen die Knie. Mit einem »Umpf« ging er zu Boden. Die Schlange landete mit ihm auf der Erde. Mrs. Murphy sprang erlöst ab. Tucker zwängte sich wieder in die Scheune.
»Nimm dir seine rechte Hand vor!« kreischte Mrs. Murphy.
Tucker raste zu dem um sich schlagenden Mann. Fitz versetzte Harry einen Tritt, und sie taumelte mit einem Plumps gegen die Wand. Blair mühte sich ab, Fitz unten zu halten, aber sein einer Arm baumelte nutzlos herunter. Orlando schlich aus der Sattelkammer, überblickte die Situation, schluckte fest und stürzte sich ebenfalls in den Kampf.
»Herrgott!« brüllte Fitz, als der Hund ihm das Handgelenk durchbiß und ein paar Knöchelchen zerkleinerte. Seine Finger ließen die Pistole los.
»Greifen Sie die Pistole!« Blair knallte Fitz seine gesunde Faust in die Magengrube. Wäre die Daunenjacke nicht gewesen, Fitz hätte gestöhnt.
Harry robbte auf dem Bauch über den Gang zu der Pistole. Sie packte sie, während Fitz Blair in die Leisten trat. Orlando hing wie eine Zecke auf seinem Rücken. Fitz hatte die Kräfte eines Wahnsinnigen oder einer in die Enge getriebenen Ratte. Er stürmte rückwärts und quetschte Orlando an die Wand. Tucker biß ihn unaufhörlich in die Hacken.
Fitz drehte sich um und sah Harry, die die Pistole auf ihn richtete. Blut und klare Flüssigkeit strömten aus seinem blinden rechten Auge. Er bewegte sich auf Harry zu.
»Das trauen Sie sich nicht, Mary Minor Haristeen.«
Blair, der von der Anstrengung und vor Schmerzen keuchte, schob sich zwischen Fitz und Harry, während Orlando, völlig außer Atem, nach Luft schnappte wie ein Fisch auf dem Trockenen.
Das Fell gesträubt, so daß sie doppelt so groß war wie sonst, balancierte Mrs. Murphy auf der Tür einer Box. Wenn es sein mußte, würde sie zum nächsten Angriff übergehen. Unterdessen gelang es der benommenen Kletternatter, in Tomahawks Box zu kriechen und sich in der Streu zu vergraben. Simon steckte den Kopf durch die Heubodenluke. Sein Unterkiefer hing schlaff herab.
Blair streckte die Hand aus, um den näher kommenden Fitz zurückzuhalten: »Sie haben nicht die geringste Chance. Geben Sie auf.«
»Verpiß dich, du Schwuchtel.«
Blair war schon so oft Schwuchtel geschimpft worden, daß es ihm nichts ausmachte- und außerdem waren die Schwulen, die er kannte, feine Kerle. »Keinen Schritt weiter.«
Fitz holte aus, Blair duckte sich.
Harry hielt die Pistole im Anschlag. »Aus dem Weg, Blair.«
»Sie werden nicht schießen. Sie doch nicht, Harry.« Fitz lachte, ein unheimliches, schrilles Lachen.
»Aus dem Weg, Blair. Ich meine es ernst.« Harrys Stimme war ruhig und entschlossen.
Orlando rappelte sich hoch und lief zum Telefon. Er wählte 911 und versuchte stockend zu erklären.
»Sagen Sie einfach Harry Haristeen, Yellow Mountain Road. Hier kennt jeder jeden«, rief sie Orlando zu.
»Nein, es kennt nicht jeder jeden, Harry. Sie kennen mich nicht. Sie wollten mich nicht kennen.« Fitz schlich näher an sie heran.
»Ich hatte Sie gern, Fitz. Ich glaube, Sie sind verrückt geworden. Bleiben Sie stehen.« Sie wich nicht zurück, als er näher kam.
»Fitz-Gilbert Hamilton ist tot. Er besteht nur noch aus Fetzen.« Fitz lachte schrill.
Orlando legte den Hörer auf. Blairs Züge erstarrten. Sie trauten ihren Ohren nicht.
»Was sagst du da?« fragte Orlando.
Fitz machte eine halbe Drehung, um ihn mit seinem gesunden Auge sehen zu können. »Ich bin Tommy Norton.«
»Das darf doch nicht wahr sein!« Orlandos Lungen schmerzten noch.
»Ist es aber. Fitz hat den Verstand verloren, wie du weißt. Mal war er da, mal weg, und schließlich futsch.« Fitz, oder besser der Mann, den sie als Fitz kannten, fuchtelte bei dem Wort »futsch« mit der Hand in der Luft herum. »Meistens wußte er nicht einmal seinen eigenen Namen, aber mich kannte er. Ich war sein einziger Freund. Er hat mir vertraut. Nach dem Autounfall mußten wir beide operiert werden, plastische Chirurgie. Eine kleine Korrektur seiner Nase, und außerdem wurde mein Kinn verkleinert, während seins vergrößert wurde. Nachher sah er eher wie Tommy Norton aus und ich eher wie Fitz-Gilbert Hamilton. Als die Schwellung abgeklungen war, hätte man uns für Brüder halten können. Und da wir noch jung und noch nicht ganz ausgewachsen waren, haben die Leute die kleinen Veränderungen ohne weiteres akzeptiert, als sie mich wiedersahen; die tiefere Stimme, den kräftigeren Körperbau. Es war so einfach. Als sein Verstand schließlich komplett im Eimer war, haben der Erbschaftsverwalter und ich den neuen Tommy in die Central-Islip-Klinik gesteckt. Was meine Familie anging - mein Vater hatte meine Mutter verlassen, als ich sechs war. Sie war meistens so besoffen, daß sie froh war, mich los zu sein, sofern sie überhaupt was mitgekriegt hat.«
»Der Erbschafts-Verwalter! War das nicht Cabell?« fragte Harry.
»Ja. Er wurde anständig bezahlt und war ein guter Erbschaftsverwalter. Wir sind in Verbindung geblieben, als er von New York nach Virginia zog. Durch Cabell habe ich sogar meine Frau kennengelernt. Er hat seinen Anteil bekommen, und alles lief bestens. Bis Tommys auftauchte.«
In der Ferne heulte eine Sirene.
»All ihr reichen Leute. Ihr wißt ja nicht, wie das ist. Es lohnt sich, für Geld zu töten. Glaubt mir, ich würde es wieder tun. Fitz würde noch leben, wenn er nicht hier herumgestreunt wäre und mich gesucht hätte. War wahrscheinlich wie bei George III von England, jahrelang im Wahn, und auf einmal, klick, ist sein Verstand wieder voll da. Ich war leicht zu finden. Little Marilyn und ich erscheinen regelmäßig in den Klatschspalten. Außerdem brauchte er bloß bei seiner früheren Bank anzurufen und seinen Erbschaftsverwalter ausfindig zu machen. Er war schlau genug, das zu tun. Nach und nach fiel ihm seine Vergangenheit wieder ein, und bald wußte er, daß er Fitz-Gilbert Hamilton war. Das konnte ich nicht zulassen, oder? Ich war ein besserer Fitz-Gilbert Hamilton als er. Er brauchte sein Geld nicht. Er hätte bloß wieder den Verstand verloren, und das viele Geld wäre nutzlos gewesen, unantastbar.«
Die Sirene heulte jetzt lauter, und weil Tommy Norton glaubte, Harry sei nicht mehr so wachsam, sprang er sie an. Ein Flammenblitz schoß aus der Mündung der Pistole. Tommy Norton stieß ein tiefes, gutturales Heulen aus und stürzte, sein Knie umklammernd, auf die Erde. Harry hatte ihm die Kniescheibe zerschossen. Unbeirrt kroch er auf Harry zu.
»Töten Sie mich. Ich will lieber tot sein. Töten Sie mich, denn sonst töte ich Sie, wenn ich Sie erwische.«
Blair trat hinter Tommy und rammte ihm sein Knie in den Rücken; er legte dem zappelnden Mann seinen heilen Arm um den Hals und sagte: »Geben Sie auf, Mann.«
Das Metalltor der Scheune wurde quietschend zurückgeschoben. Rick Shaw und Cynthia stürmten mit gezogenen Waffen in die Scheune. Hinter ihnen standen Tomahawk und Gin Fizz; Splitter vom Zaun waren im Schnee verstreut, ihre Decken waren übel zugerichtet.
»Haben wir unsere Arbeit gut gemacht?« wieherten sie.
»Super«, antwortete Mrs. Murphy, deren Fell sich nun wieder glättete.
Cynthia kümmerte sich um Blair. »Ich rufe einen Krankenwagen.«
»Ich glaube, ich bin schneller dort, wenn ich in meinem Explorer selbst hinfahre.«
»Ich bringe Sie hin.«
Tommy saß auf der Erde. Blut spritzte aus seinem Knie und aus seinem Auge, aber er schien keine Schmerzen zu fühlen. Vielleicht konnte sein Gehirn nicht hinnehmen, was soeben emotional und körperlich mit ihm passiert war.
»Nein, das tun Sie nicht. Beide Männer müssen behandelt werden.« Rick bat Orlando, das Krankenhaus anzurufen, und nannte ihm die Nummer. »Sagen Sie, Sheriff Shaw ist hier. Sie sollen sich beeilen.«
Während Harry und Blair die Beamten informierten, lachte Tommy dazwischen und berichtigte kleine Details.
»Wie ist Ben Seifert da hineingeraten?« wollte Rick wissen.
»Durch Zufall. Er ist auf Cabell Halls zweiten Satz Bücher gestoßen, in denen er die Zahlungen an mich aufgeführt hat. Cabell ist übrigens irgendwo in den Bergen. Ich nehme an, er hat sich aus dem Staub gemacht, weil er dachte, ich würde ihn umbringen. Er wird wohl demnächst wieder runterkommen. Ben erwies sich jedenfalls als nützlich. Er hat mich darüber informiert, wer kurz vor dem Bankrott stand, und ich hab das Land der Leute gekauft oder ihnen zu einem hohen Zinssatz Geld geliehen. Ich hab dann angefangen, ihm das zu vergüten, aber. « Tommy stöhnte, als seine Sinne schließlich einen zuckenden Schmerz wahrnahmen.
Harry ging zu Mrs. Murphy und hob sie von der Tür der Box herunter. Sie vergrub ihr Gesicht im Fell der Katze. Dann ging sie in die Hocke und gab Tucker einen Kuß. Tränen liefen Harry über die Wangen.
Blair legte seinen heilen Arm um sie. Sie konnte das Blut riechen, das durch sein Hemd und seine Jacke sickerte.
»Die sollten Sie besser ausziehen.« Sie half ihm aus der Jacke. Er zuckte zusammen. Cynthia kam hinzu, während Rick seinen Revolver auf Tommy gerichtet hielt.
»Die ist noch drin.« Cynthia meinte die Kugel. »Ich hoffe, sie hat keinen Knochen zersplittert.«
»Das hoffe ich auch.« Blair war ein bißchen schwindelig. »Ich glaube, ich muß mich einen Moment hinsetzen.«
Harry half ihm in die Sattelkammer und auf einen Stuhl.
Orlando stellte sich neben Rick. Er starrte auf den Mann, den er einmal gekannt hatte. »Tom, du sahst Fitz wirklich verdammt ähnlich.«
Winzige Kniescheibensplitter lagen im Scheunengang verstreut. Ein mattes Lächeln huschte über Toms Gesicht, während er gegen seine höllischen Schmerzen ankämpfte. »Ja, ich hab sie alle reingelegt. Sogar diesen unerträglichen Snob, diese Zicke von einer Schwiegermutter.« Sein Gesicht verzerrte sich vor Schmerzen, und er rang um Beherrschung. »Ich wäre nie in der Lage gewesen, Little Marilyn zu heiraten. Fitz-Gilbert konnte sie heiraten, Tommy Norton nicht.«
»Könnte sein, daß du sie unterschätzt.« Orlandos Stimme klang beschwichtigend.
»Sie läßt sich von ihrer Mutter gängeln«, bekam er lakonisch zur Antwort. »Aber weißt du, was das Komische ist? Ich habe meine Frau lieben gelernt. Ich hätte nie geglaubt, daß ich jemanden lieben könnte.« Er machte ein Gesicht, als wollte er weinen.
»Wieviel war das Hamilton-Vermögen wert?« fragte Sheriff Shaw.
»Als ich es sozusagen erbte, war es einundzwanzig Millionen wert. Durch Cabells Verwaltung und mein eigenes Management war der Wert bis zu meiner Volljährigkeit auf vierundsechzig Millionen angewachsen. Es gibt keine Erben. Von den Hamiltons lebt niemand mehr. Bevor ich Fitz tötete, habe ich ihn gefragt, ob er Kinder hat, und er hat nein gesagt.« Tommy vermied es, sein Knie anzusehen, als würden sich die Schmerzen dadurch in Schach halten lassen.
»Wer bekommt das Geld?« wollte Orlando wissen. Geld ist nun mal faszinierend.
»Little Marilyn. Das ist doppelt abgesichert. Auf sie ist sowohl mein Testament als auch das von Fitz-Gilbert ausgestellt, das er damals im Oktober in meinem Büro unterzeichnet hat. Vertrauensvoll wie ein Lamm. Es mag eine Weile dauern, aber auf die eine oder andere Weise bekommt meine Frau das Geld.«
»Wie haben Sie Fitz-Gilbert Hamilton getötet?« erkundigte sich Cynthia.
»Ben hat Panik geschoben. Typisch. Schwach und geldgierig. Ich habe Cabell immer gesagt, daß Ben die Allied Bank nie leiten könnte, wenn Cabell sich zur Ruhe setzte. Er hat mir nicht geglaubt. Ben war aber immerhin so schlau, Fitz aus der Bank und in seinen Wagen zu lotsen, bevor er einen noch größeren Aufstand machte oder ausposaunte, wer er war. Er fuhr mit ihm zu meinem Büro. Ben hatte es darauf angelegt, dazubleiben und mir lästig zu werden. Ich sagte ihm, er solle wieder in die Bank gehen, Fitz und ich würden uns schon irgendwie arrangieren. Ich hab das in Fitz' Gegenwart gesagt. Ben ging. Fitz war eine Weile ganz okay. Als ich dann von seinem Geld sprach, wurde er gereizt. Ich habe viel mehr daraus gemacht, als er gekonnt hätte! Ich habe ihm angeboten, mit ihm zu teilen. Das schien durchaus fair. Er wurde wütend. Eins führte zum anderen, und dann ist er auf mich losgegangen. So ist mein Büro verwüstet worden.«
»Und Sie haben sich das Geld aus dem Büro selbst geklaut?« ergänzte Cynthia.
»Na klar. Was sind schon die zweihundert Dollar und ein CD- Player, die ich als vermißt angab?« Tommys Gesicht war schweißgebadet.
»Und wie haben Sie ihn umgebracht?« drängte sie weiter.
»Mit einem Briefbeschwerer. Fitz war nicht sehr kräftig, und der Briefbeschwerer hatte ein ganz schönes Gewicht. Ich muß ihn wohl genau an der richtigen Stelle erwischt haben.«
»Beziehungsweise an der falschen«, sagte Harry.
Tommy zuckte die Achseln und fuhr fort: »Wie auch immer. Jetzt ist er tot. Das Schwierige war, die Leiche zu zerlegen. Gelenke lassen sich verdammt schwer durchtrennen.«
Rick übernahm die Befragung. »Wo haben Sie das gemacht?«
»Auf dem alten Forstweg, der von der Yellow Mountain Road abgeht. Ich hab gewartet, bis es Nacht war. Die Leiche hatte ich in meinem Büro im Schrank versteckt. Ich ging sie holen und fuhr damit zu dem Forstweg. Die Hände und Beine zu vergraben war einfach, aber dann kam der Sturm auf. Ich hatte nicht erwartet, daß es so schlimm würde, aber genaugenommen kam ja alles unerwartet.«
»Und die Sachen, die er anhatte?« Rick kritzelte in seinem Notizbuch.
»Hab ich auf die Müllkippe hinter Safeway geworfen. Die Zähne auch. Wenn es nicht so geregnet und der verdammte Köter die Hand nicht gefunden hätte, wäre kein Mensch dahintergekommen. Alles wäre genau wie vorher.«
»Sie glauben, Ben und Cabell hätten Ihnen keine Schwierigkeiten gemacht?« warf Harry zynisch ein.
»Ben schon, höchstwahrscheinlich. Cabell ist cool geblieben, bis Ben tot aufgefunden wurde.« Tom lehnte den Kopf an die Wand. Er zitterte vor Schmerzen und Erschöpfung. »Dann ist er übergeschnappt. Das Geld nehmen und türmen war seine Devise. Dummes Geschwätz. Man braucht Wochen, um Wertpapiere flüssigzumachen. Obwohl ich zur Vorsicht immer eine Menge Bares auf meinem Girokonto hatte.«
»Hm, vielleicht wären Sie mit den Morden davongekommen, vielleicht aber auch nicht.« Rick schrieb ruhig weiter. »Aber der Rumpf und der Kopf im Kürbis - Sie haben's übertrieben, Tommy. Sie haben's übertrieben.«
Er lachte rauh. »Diese Genugtuung, Mims Gesicht zu sehen.« Er lachte wieder. »Dafür hat sich's gelohnt. Ich wußte, daß ich nicht in Gefahr war. Der Rumpf im Bootshaus deutete auf eine offensichtliche Feindschaft gegen Marilyn Sanburne hin, na und? Die Leichenteile auf dem alten Friedhof - nach dem, was mit Robin Mangione passiert war, war ich sicher, daß Sie das von der Spur ablenken würde. Ich habe Robins Ermordung kopiert, um Blair zum Hauptverdächtigen zu stempeln, nur für den Fall, daß was schiefging. Ich war daraufgefaßt, mit Menschen fertig werden zu müssen, falls es Ärger geben sollte - nicht mit Tieren.« Er seufzte, dann lächelte er. »Aber der Kopf im Kürbis - das war ein Geniestreich.«
»Sie haben der ganzen Stadt das Erntefest verdorben«, warf Harry ihm vor.
»Ach Quatsch, Harry. Die Leute werden sich die Geschichte noch jahrzehntelang erzählen, jahrhundertelang. Das Fest verdorben? Ich hab es zu einer Legende gemacht!«
»Wann haben Sie es gemacht? Am Vormittag?« Cynthia war neugierig.
»Klar. Jim Sanburne und ich haben die handwerklichen und gärtnerischen Erzeugnisse katalogisiert. Weil er die Gartenprodukte zu beurteilen hatte, fanden wir es unfair, wenn er sie schon vorher zu sehen bekäme. Ich hatte sowieso vor, den Kopf in einen Kürbis zu stecken - ein weiteres Geschenk für Mim -, aber diese Gelegenheit war zu schön, um sie ungenutzt zu lassen. Jim war in der Aula und ich in der Turnhalle. Wir waren allein, nachdem die Leute ihre Produkte abgeliefert hatten. Es war ganz einfach.«
»Sie haben Glück gehabt«, sagte Harry.
Tom schüttelte den Kopf, als versuchte er ihn klar zu bekommen. »Nein, so viel Glück war gar nicht dabei. Die Leute sehen, was sie sehen wollen. Bedenken Sie, was uns täglich entgeht, weil wir verwerfen, was offensichtlich ist, weil Merkwürdigkeiten nicht unserem Bild entsprechen, das wir uns von der Welt machen, wie sie sein sollte, statt von der Welt, wie sie ist. Sie waren alle leicht zu täuschen. Es ist Jim nicht ein einziges Mal in den Sinn gekommen, Rick zu erzählen, daß ich mit den Kürbissen allein war. Die Leute haben nach einem wahnsinnigen Mörder gesucht. nicht nach mir.«
Die Krankenwagensirene kam näher. »Meine Frau hat gesehen, was sie sehen wollte. An dem Abend, als ich von Sloans Kneipe nach Hause kam, dachte sie, ich wäre betrunken. War ich aber nicht. Wir nahmen unseren Sherry als Schlaftrunk, und ich habe ihr wohlweislich eine Schlaftablette ins Glas getan. Als sie eingeschlafen war, bin ich rausgegangen, habe Ben Seifert beseitigt, diesen rückgratlosen Naseweis, und als ich zurückkam, bin ich noch für eine Stunde ins Bett gekrochen, und sie hatte nicht die leiseste Ahnung. Beim Aufwachen hab ich getan, als hätte ich einen Kater, womit ich meine absolute Erschöpfung kaschiert habe, und sie hat es geschluckt.«
»Und welchen Sinn hatten die Postkarten?« Harry spürte, wie ihr die Zornesröte ins Gesicht stieg, nachdem das Adrenalin von dem Gerangel nun abebbte.
»Allied National hat einen dieser sagenhaften Computer für Desktop-Publishing, genau wie die meisten größeren Firmen in Albemarle County, was Sie, Sheriff, bestimmt herausgefunden haben, als Sie versuchten, einen aufzuspüren.«
»Stimmt«, bekam er kurz und bündig zur Antwort.
»Die sind nicht so individuell wie Schreibmaschinen. Cabell wurde langsam nervös, und da sind wir auf die Idee mit den Postkarten gekommen. Er meinte, das würde den Verdacht noch mehr auf Blair lenken, weil er keine Karte bekam. Obwohl damals kaum jemand wirklich glaubte, daß Blair die Morde begangen hatte. Cabell wollte die Masche mit dem schuldigen Neuankömmling inszenieren und Sie von der Spur ablenken. Obwohl ich mir wegen der Spur keine Sorgen gemacht habe. Ihr wart alle so weit von der Wahrheit entfernt, aber Cabell wurde unruhig. Ich hab's zum Vergnügen getan. Es war lustig, an einer Schnur zu ziehen und euch hüpfen zu sehen. Und dann der Klatschbetrieb.« Er lachte wieder »Verquer - ihr Leute seid absolut verquer. Die einen denken an Rache. Die anderen denken an Dämonenkult. Ich habe bei dieser Geschichte mehr über Menschen erfahren als jeder Psychiater.«
»Was haben Sie erfahren?« Harrys rechte Augenbraue wölbte sich aufwärts.
»Vielleicht habe ich nur die Bestätigung dafür gefunden, was ich schon wußte.« Der Krankenwagen bog in die Zufahrt ein. »Die Leute sind so verdammt egozentrisch, daß sie kaum etwas sehen, wie es wirklich ist, weil sie ständig alles auf sich beziehen. Deswegen sind sie so leicht zu täuschen. Denken Sie mal darüber nach.« Und damit verließen ihn die Kräfte. Er konnte den Kopf nicht mehr aufrecht halten. Die Schmerzen besiegten am Ende auch seine beachtliche Willenskraft.
Als der Krankenwagen Tommy Norton abtransportierte, wußte Harry, daß sie die nächsten Jahre damit verbringen würde, darüber nachzudenken.