Ich wähle die Nummer des Gefängnisses und frage nach der Dame, mit der ich bei meinem ersten Besuch bei Bobby Ort gesprochen habe. Die Vorschriften verlangen, daß alle Besuche mit ihr abgesprochen werden. Ich will noch einmal mit ihm sprechen, bevor wir ihn vernehmen.
Ich kann hören, wie sie etwas in einen Computer eingibt.»Bobby Ott ist nicht mehr hier«, sagt sie.
«Wie bitte?«
«Er wurde vor drei Tagen entlassen.«
«Mir hat er gesagt, er hätte noch achtzehn Tage vor sich. Und das war vor einer Woche.«
«Pech gehabt. Er ist fort.«
«Und wohin?«frage ich fassungslos.
«Machen Sie Witze?«fragt sie und legt auf.
Ott ist verschwunden. Er hat mich angelogen. Wir hatten Glück, daß wir ihn gefunden hatten, und nun ist er wieder untergetaucht.
Der Anruf, vor dem ich mich gefürchtet habe, kommt schließlich an einem Sonntagmorgen. Ich sitze auf Miss Birdies Terrasse, als gehörte das Haus mir, lese die Sonntagszeitung, trinke Kaffee und genieße einen herrlichen Tag. Es ist Dot, und sie sagt mir, daß sie ihn vor einer Stunde gefunden hat. Er ist gestern abend eingeschlafen und nicht wieder aufgewacht.
Ihre Stimme bebt ein wenig, aber sie hat ihre Gefühle unter Kontrolle. Wir unterhalten uns einen Moment, und ich spüre, daß mein Hals trocken ist und meine Augen feucht sind. In ihren Worten klingt ein Anflug von Erleichterung mit.»Er ist jetzt besser dran«, sagt sie mehr als einmal. Ich sage ihr, wie leid es mir tut, und verspreche, am Nachmittag zu kommen.
Ich wandere durch den Hintergarten zu der Hängematte, wo ich mich an eine Eiche lehne und mir die Tränen von den Wangen wische. Ich setze mich auf den Rand der Hängematte, mit den Füßen auf dem Boden und mit tief gesenktem Kopf, und spreche das letzte meiner vielen Gebete für Donny Ray.
Ich rufe Richter Kipler zu Hause an und informiere ihn. Die Beisetzung soll morgen nachmittag um zwei Uhr stattfinden, was ein Problem mit sich bringt. Die Vernehmungen der Leute von Great Benefit sollen um neun Uhr morgens beginnen und den größten Teil der Woche dauern. Ich bin sicher, daß die Typen aus Cleveland bereits in der Stadt sind. Vermutlich sitzen sie gerade in Drummonds Büro und proben vor Videokameras. Das würde seiner Art von Gründlichkeit entsprechen.
Kipler meint, ich sollte trotzdem um neun erscheinen, dann würde er die Dinge schon in die Hand nehmen. Ich sage ihm, daß ich bereit bin. Ich sollte es jedenfalls sein. Ich habe alle nur erdenklichen Fragen für jeden einzelnen Zeugen schriftlich formuliert, und Seine Ehren selbst hat Vorschläge gemacht. Deck hat sie gleichfalls durchgesehen.
Kipler deutet an, daß er die Vernehmungen möglicherweise vertagen wird, weil er morgen zwei wichtige Anhörungen hat.
Im Augenblick ist mir so ziemlich alles recht.
Als ich bei den Blacks eintreffe, hat sich die gesamte Nachbarschaft zum Trauern versammelt. An der Straße und auf der Einfahrt parken Wagen Stoßstange an Stoßstange. Alte Männer stehen im Vorgarten herum und sitzen auf der Veranda. Ich lächle und nicke und bahne mir meinen Weg durch die Leute hindurch ins Haus, wo ich Dot in der Küche vor dem Kühlschrank finde. Das Haus ist brechend voll. Der Küchentisch und sämtliche freien Flächen sind bedeckt mit Pasteten, Auflaufen und Tupperdosen mit gebratenen Hähnchen.
Dot und ich umarmen uns sanft. Ich spreche ihr mein Beileid aus, indem ich einfach sage, daß es mir leid tut, und sie dankt mir für mein Kommen. Ihre Augen sind rot, aber ich habe das Gefühl, daß sie das Weinen satt hat. Sie deutet auf all die Eßwaren und sagt mir, ich solle mich bedienen. Ich überlasse sie einigen Damen aus der Nachbarschaft.
Ich bin plötzlich hungrig. Ich fülle einen großen Pappteller mit Hähnchen, gebackenen Bohnen und Krautsalat und nehme ihn mit auf die kleine Terrasse hinter dem Haus, wo ich allein sein kann. Buddy sitzt nicht in seinem Wagen. Sie hat ihn vermutlich im Schlafzimmer eingeschlossen, wo er sie nicht in Verlegenheit bringen kann. Ich esse langsam und lausche den gedämpften Stimmen, die durch die offenen Fenster von Küche und Wohnzimmer herausdringen. Als mein Teller leer ist, fülle ich ihn noch einmal und ziehe mich wieder auf die Terrasse zurück.
Wenig später gesellt sich ein junger Mann zu mir, der mir seltsam bekannt vorkommt.»Ich bin Ron Black«, sagt er und läßt sich auf dem Stuhl neben meinem nieder.»Der Zwillingsbruder.«
Er ist schlank und fit, nicht sehr groß.»Ich freue mich, Sie kennenzulernen«, sage ich.
«Sie sind also der Anwalt?«Er hält eine Dose Cola in der Hand.
«Der bin ich. Rudy Baylor. Das mit Ihrem Bruder tut mir sehr leid.«
«Danke.«
Mir ist bewußt, wie selten Dot und Donny Ray über Ron gesprochen haben. Er hat das Haus kurz nach der High-School verlassen, ist weit fortgezogen und hat sich von ihnen ferngehalten. Bis zu einem gewissen Grad kann ich das verstehen.
Ihm ist nicht nach Reden zumute. Seine Sätze sind kurz und gezwungen, aber schließlich kommt er auf die Knochenmarkstransplantation zu sprechen. Er bestätigt, was ich sowieso für die Wahrheit halte, daß er bereit und willens war, sein Mark zu spenden, um seinen Bruder zu retten, und daß Dr. Kord ihm gesagt hat, daß er der ideale Spender wäre. Ich sage ihm, daß er das in wenigen Monaten einer Jury erklären muß, und er sagt, das würde er mit Freuden tun. Er hat ein paar Fragen über die Klage, läßt aber keine Spur von Neugierde erkennen, wieviel Geld sie ihm einbringen könnte.
Ich bin sicher, daß er traurig ist, aber er wird mit seinem Kummer gut fertig. Ich öffne die Tür zu ihrer Kindheit und hoffe, ein paar nette Geschichten über die Streiche und Scherze zu hören, die die Zwillinge miteinander ausgeheckt haben müssen. Nichts. Er ist hier aufgewachsen, hier in diesem
Haus, und es ist offensichtlich, daß er für seine Vergangenheit keine Verwendung hat.
Die Beisetzung findet morgen um zwei Uhr statt, und ich wette, um fünf sitzt Ron Black bereits in einem Flugzeug, das ihn nach Houston zurückbringt.
Die Besucherschar nimmt ab und wächst wieder an, aber das Essen bleibt. Ich esse zwei Stücke Schokoladenkuchen, während Ron warme Cola trinkt. Nach zwei Stunden Herumsitzen bin ich erschöpft. Ich verabschiede mich und fahre davon.
Am Montag sitzt eine ganze Horde von ernstgesichtigen und dunkel gekleideten Männern auf der anderen Seite des Gerichtssaals um Leo F. Drummond herum.
Ich bin bereit. Ängstlich und zitternd und nervös, aber die Fragen sind niedergeschrieben und warten. Selbst wenn ich vollständig festhänge, kann ich immer noch die Fragen ablesen und sie zwingen, sie zu beantworten.
Es ist ein erfreulicher Anblick, wie diese großen Firmenbosse verängstigt dahocken. Ich kann mir so ungefähr vorstellen, welche harten Worte sie für Drummond und mich und Kipler und Anwälte im allgemeinen und diesen Fall im besonderen hatten, als ihnen mitgeteilt wurde, daß sie heute hier en masse zu erscheinen haben, und daß sie nicht nur erscheinen und aussagen, sondern außerdem stunden- und tagelang herumsitzen müssen, bis ich mit ihnen fertig bin.
Kipler läßt sich an seinem Tisch nieder und ruft unseren Fall als ersten auf. Wir werden die Vernehmungen nebenan vornehmen, in einem Gerichtssaal, der diese Woche leer steht, ganz in der Nähe, damit Seine Ehren jederzeit den Kopf hereinstecken und Drummond bei der Stange halten kann. Er ruft uns nach vorn, weil er etwas zu sagen hat.
Ich lasse mich rechts von ihm nieder, vier Typen von Trent & Brent links von ihm.
«Das gehört nicht ins Protokoll«, weist Kipler die Protokollantin an. Dies ist keine offizielle Anhörung.»Mr. Drummond, ist Ihnen bekannt, daß Donny Ray Black gestern morgen gestorben ist?«
«Nein, Sir«, erwidert Drummond ernst.»Es tut mir sehr leid.«
«Die Beisetzung findet heute nachmittag statt, und das wirft ein Problem auf. Mr Baylor hier ist einer der Sargträger. Im Grunde sollte er sich jetzt bei der Familie aufhalten.«
Drummond ist aufgestanden und sieht erst mich an und dann Kipler.
«Wir werden diese Vernehmungen vertagen. Sorgen Sie dafür, daß Ihre Leute nächsten Montag wieder hier sind, dieselbe Zeit, derselbe Ort. «Kipler funkelt Drummond an und wartet auf die falsche Antwort.
Die fünf wichtigen Persönlichkeiten von Great Beneft werden gezwungen, mit ihren vollen Terminkalendern zu jonglieren, sie neu zu arrangieren und nächste Woche abermals nach Memphis zu kommen.
«Weshalb können wir nicht morgen anfangen?«fragt Drummond fassungslos. Es ist eine völlig berechtigte Frage.
«Ich stehe diesem Gericht vor, Mr. Drummond. Ich leite die Beweisaufnahme, und ich habe auch vor, den Prozeß zu leiten.«
«Aber, Euer Ehren, wenn's recht ist, und ich will nicht mit Ihnen streiten, aber Ihre Anwesenheit ist bei den Vernehmungen doch nicht erforderlich. Diese fünf Herren konnten es nur unter großen Schwierigkeiten einrichten, heute hier zu erscheinen. Nächste Woche ist das vielleicht nicht möglich.«
Das ist genau das, was Kipler hören wollte.»Oh, sie werden hier sein, Mr. Drummond. Sie werden am nächsten Montag Punkt neun Uhr hier sein.«
«Also, das halte ich für unfair, bei allem Respekt.«
«Unfair? Diese Vernehmungen hätten vor zwei Wochen in Cleveland stattfinden können. Aber dann haben Ihre Mandanten ja unbedingt Spielchen spielen müssen.«
Angelegenheiten wie diese stehen im uneingeschränkten Ermessen eines Richters, und es gibt keine Möglichkeit, dagegen Einspruch zu erheben. Kipler straft Drummond und Great Benefit, und meiner bescheidenen Ansicht nach geht er ein wenig zu weit. Aber in ein paar Monaten wird hier ein Prozeß stattfinden, und der Richter steckt seine Position ab. Er läßt
diesen berühmten Anwalt wissen, daß er, Seine Ehren, beim Prozeß das Sagen haben wird.
Was mir nur recht sein kann.
Hinter einer kleinen Dorfkirche, ein paar Meilen nördlich von Memphis, wird Donny Ray Black zur letzten Ruhe gebettet. Weil ich einer der acht Sargträger bin, werde ich angewiesen, hinter den Stühlen zu stehen, auf denen die Familie sitzt. Es ist kühl, und der Himmel ist bedeckt, ein Tag für eine Beisetzung.
Die letzte Beerdigung, an der ich teilgenommen habe, war die meines Vaters, und ich bemühe mich verzweifelt, nicht daran zu denken.
Die Menge drängt sich unter dem burgunderfarbenen Baldachin zusammen, und der junge Geistliche beginnt, aus der Bibel vorzulesen. Wir starren auf den grauen, von Blumen umgebenen Sarg. Ich kann Dot leise weinen hören. Ich kann Buddy sehen, der neben Ron sitzt. Ich schaue woanders hin, versuche, im Geiste diesen Ort zu verlassen und von etwas Angenehmem zu träumen.
Deck ist ein Nervenbündel, als ich ins Büro zurückkehre. Sein Kumpel Butch, der Privatdetektiv, sitzt auf dem Tisch, und unter seinem engen Rollkragenpullover zeichnen sich seine dicken Oberarmmuskeln ab. Er ist ein schmuddeliger Typ mit roten Wangen, spitzen Cowboystiefeln und dem Aussehen eines Mannes, der Spaß an Schlägereien hat. Deck macht uns miteinander bekannt, stellt Butch als Mandanten vor, dann reicht er mir einen Block mit einer Botschaft:»Reden Sie irgendwelches belangloses Zeug, okay?«
«Wie war die Beerdigung?«fragt Deck, ergreift meinen Arm und führt mich zu dem Tisch, auf dem Butch wartet.
«Wie Beerdigungen nun einmal sind«, sage ich und mustere die beiden Männer.
«Wie geht es der Familie?«fragt Deck.
«Den Umständen entsprechend. «Butch schraubt rasch den Deckel vom Telefonhörer ab und deutet ins Innere.
«Ich nehme an, der Junge ist jetzt besser dran, meinen Sie nicht?«sagt Deck, während ich hineinschaue. Butchs Finger wandert näher heran, zu einem kleinen, runden, schwarzen Gegenstand, der an der Innenwand klebt. Ich kann ihn nur anstarren.
«Meinen Sie nicht auch, daß der Junge jetzt besser dran ist?«wiederholt Deck sich laut und versetzt mir einen Rippenstoß.
«Ja, natürlich. Er ist jetzt bestimmt besser dran. Aber traurig ist es trotzdem.«
Wir sehen zu, wie Butch den Hörer gekonnt wieder zusammensetzt, dann zuckt er die Achseln, als wüßte ich genau, was nun zu tun ist.
«Lassen Sie uns hinuntergehen und einen Kaffee trinken«, sagt Deck.
«Gute Idee«, sage ich mit einem gewaltigen Knoten im Bauch.
Auf der Straße bleibe ich stehen und sehe sie an.»Was zum Teufel hat das zu bedeuten?«
«Gehen wir in diese Richtung«, sagt Deck und deutet die Straße hinunter. Anderthalb Blocks entfernt gibt es ein kleines Cafe, und wir legen den Weg ohne ein weiteres Wort zurück. Wir verstecken uns in einer Ecke, als würden wir von Scharfschützen belauert.
Die Geschichte ist schnell erklärt. Seit Bruiser und Prince verschwunden sind, haben Deck und ich immer wieder sorgenvoll an das FBI gedacht. Wir haben damit gerechnet, daß sie bei uns erscheinen und ein paar Fragen stellen würden. Wir haben oft genug über das FBI gesprochen. Außerdem hat er, ohne daß ich davon wußte, Butch in die Sache eingeweiht. Ich selbst würde Butch nicht über den Weg trauen.
Butch ist vor einer Stunde im Büro aufgekreuzt, und Deck hat ihn leise gebeten, einen Blick auf unsere Telefone zu werfen. Butch gesteht, daß er in Sachen Wanzen kein Experte ist, aber er hat so seine Erfahrungen. Sie sind leicht zu entdecken. Identische Vorrichtungen in allen drei Telefonen. Sie waren im Begriff, nach weiteren Wanzen zu suchen, beschlossen dann aber, auf mich zu warten.
«Noch mehr Wanzen?«frage ich.
«Ja, so eine Art kleiner Mikrofone überall im Büro, die das auffangen, was nicht über die Telefone geht«, sagt Butch.»Es ist ziemlich einfach. Wir müssen nur jeden Quadratzentimeter mit der Lupe absuchen.«
Decks Hände zittern heftig. Ich frage mich, ob er über eines unserer Telefone mit Bruiser gesprochen hat.
«Und was ist, wenn wir mehr finden?«frage ich. Wir haben noch keinen Schluck von unserem Kaffee getrunken.
«Von Rechts wegen dürfen Sie sie entfernen«, erklärt Butch.»Sie können aber auch einfach auf das achtgeben, was Sie sagen. Tricksen Sie die Typen doch aus.«
«Was ist, wenn wir die Dinger entfernen?«
«Dann wissen die FBI-Fritzen, daß Sie sie gefunden haben. Sie werden noch argwöhnischer und verstärken wahrscheinlich andere Formen der Überwachung. Ich meine, es wäre das beste, so zu tun, als wäre nichts passiert.«
«Sie haben gut reden.«
Deck wischt sich den Schweiß von der Stirn und weigert sich, mich anzusehen. Ich bin seinetwegen ziemlich nervös.»Kennen Sie Bruiser Stone?«frage ich Butch.
«Natürlich. Ich habe für ihn gearbeitet.«
Das überrascht mich ganz und gar nicht.»Gut«, sage ich, dann sehe ich Deck an.»Haben Sie über unser Telefon mit Bruiser gesprochen?«
«Nein«, sagt er.»Seit dem Tag, an dem er verschwunden ist, habe ich nicht mehr mit Bruiser gesprochen.«
Diese Lüge erzählt er mir, damit ich vor Butch den Mund halte.
«Ich möchte trotzdem wissen, ob noch andere Wanzen da sind«, sage ich zu Butch.»Es wäre doch nett zu wissen, wieviel die da draußen mitkriegen.«
«Wir müssen das Büro durchkämmen.«
«Dann lassen Sie uns das tun.«
«Soll mir recht sein. Wir fangen mit den Tischen, Schreibtischen und Stühlen an. Sehen in Papierkörben, Büchern, Uhren, Heftmaschinen und so weiter nach. Diese Wanzen können kleiner sein als Rosinen.«
«Können sie mitbekommen, daß wir suchen?«fragt Deck, zu Tode verängstigt.
«Nein. Sie beide reden wie üblich übers Geschäft. Ich werde kein Wort sagen, und die werden nicht wissen, daß ich da bin. Wenn Sie etwas gefunden haben, geben Sie Handzeichen.«
Wir nehmen den Kaffee mit in unsere Kanzlei, einen Ort, der plötzlich unheimlich und widerwärtig ist. Deck und ich fangen eine banale Unterhaltung über Derrick Dogans Fall an, während wir vorsichtig Tische und Stühle umdrehen. Jeder, der zuhört und nur ein bißchen Verstand hat, muß merken, daß wir nicht bei der Sache sind und versuchen, etwas zu verheimlichen.
Wir kriechen auf allen vieren herum. Wir wühlen in Papierkörben und durchsuchen Akten. Wir inspizieren Heizungsrohre und Fußleisten. Zum ersten Mal bin ich dankbar dafür, daß wir sowenig Möbel und Geräte haben.
Wir suchen vier Stunden und finden nichts. Nur unsere Telefone sind angezapft worden. Deck und ich spendieren Butch eine Portion Spaghetti in einem Bistro ein Stück die Straße hinunter.
Um Mitternacht liege ich im Bett und denke nicht mehr an die Möglichkeit, schlafen zu können. Ich lese die Frühausgabe der Zeitung und starre gelegentlich auf mein Telefon. Bestimmt, sage ich mir immer wieder, würden sie sich nicht die Mühe machen, auch darin eine Wanze anzubringen. Den ganzen Nachmittag und den ganzen Abend hindurch habe ich Schatten gesehen und Geräusche gehört. Ich habe eine Gänsehaut nach der anderen bekommen. Ich kann nicht essen. Ich weiß, ich werde beschattet. Die Frage ist nur: Wie nahe sind sie?
Und wie nahe werden sie mir kommen wollen?
Mit Ausnahme der Anzeigen lese ich jedes Wort in der Zeitung. Sara Plankmore Wilcox hat gestern ein sieben Pfund schweres Mädchen zur Welt gebracht. Gut für sie. Ich hasse sie nicht mehr. Seit Donny Ray gestorben ist, bin ich allen Menschen freundlicher gesinnt. Ausgenommen natürlich Drummond und seinen widerwärtigen Mandanten.
PFXFreights ist im WinterBall noch ungeschlagen.
Ich frage mich, ob er sie zwingt, zu allen Spielen mitzukommen.
Ich lese jeden Tag die standesamtlichen Nachrichten, vor allem die Anträge auf Scheidung, obwohl ich nicht optimistisch bin. Ich lese auch die Liste der Verhaftungen, um zu sehen, ob Cliff Riker festgenommen wurde, weil er seine Frau wieder geschlagen hat.