Auf der Rückfahrt nach Crozet in Mrs. Hogendobbers Falcon - Mrs. Murphy lag erschöpft auf Harrys Schoß und Tucker schlief vollkommen erschöpft auf dem Rücksitz - rotierten Harrys Gedanken wie ein Elektromixer.
»Ich warte.«
»Hm?«
»Harry, ich kenne Sie von klein auf.« Mrs. Hogendobber tippte sich an die Schläfe. »Was ist los?«
»Oliver. Er hat früher in einer Werbeagentur gearbeitet. Sie wissen schon, das sind diese Leute, die es so hinbiegen können, daß Shermans Marsch wie unbefugtes Betreten aussieht.«
»Ich kann seine Situation verstehen. Ich glaube nicht, daß sie so schlimm ist, wie er denkt. Aber ich bin ja auch nicht dafür verantwortlich, daß genug Geld da ist, um die Rechnung für das neue Dach von Monticello zu bezahlen. Er muß an den Ruf des Projektes denken.«
»Also, an der Mulberry Row ist ein Mann ermordet worden. Er hatte Geld in den Taschen; ich wüßte gern, wieviel es nach heutigen Maßstäben war.«
»Kimball wird es ausrechnen.«
»Er trug einen breiten goldenen Ring. Er war keineswegs ärmlich. Was hat er bloß in Medley Orions Hütte gemacht?«
»Ein Kleid für seine Frau abgeholt.«
»Oder was Schlimmeres.« Harry runzelte die Stirn.
»Deswegen ist Oliver so außer sich. Ein Sklave hätte keine Brokatweste oder einen goldenen Ring am Finger gehabt. Das Opfer war weiß und wohlhabend. Wenn ich mir darüber Gedanken mache, werden es andere auch tun, sobald über die Geschichte berichtet wird.«
»Und das wird bald sein, nehme ich an.«
»Mim wird kochen vor Wut.« Harry mußte lächeln.
»Sie weiß es schon«, klärte Mrs. Hogendobber sie auf.
»Verdammt, Sie wissen wirklich über alles Bescheid.«
»Nein, über jeden.« Mrs. H. lächelte. »Kimball hat es erwähnt, als ich ihm, natürlich hinter vorgehaltener Hand, gesagt habe, daß man es Mim sagen muß.«
»Oh.« Harry unterbrach sich, dann kam sie in Fahrt: »Also, ich meine, wenn ich an weiße Männer in Sklavinnenhütten denke, dann denken auch andere daran. Das Opfer muß es nicht unbedingt mit Medley getrieben haben, aber wer weiß? Die Leute urteilen vorschnell. Und damit wird der ganze Schlamassel mit Sally Hemings wieder aufgewärmt. Armer Thomas Jefferson. Man wird das wohl nie auf sich beruhen lassen.«
»Seine sogenannte Affäre mit der schönen Sklavin Sally war eine Erfindung der Föderalisten. Sie haben ihn gehaßt und gefürchtet. Sie wollten unter allen Umständen verhindern, daß Jefferson Präsident wurde. An der Geschichte ist kein wahres Wort.«
Harry, die sich da nicht so sicher war, überlegte weiter: »Komisch, nicht? Ein Mann wurde vor hundertneunzig Jahren ermordet, falls es 1803 geschah, und wir sind darüber beunruhigt. Es ist wie ein Echo aus der Vergangenheit.«
»Ja.« Miranda runzelte die Stirn. »Weil es etwas Entsetzliches ist, wenn ein Mensch einen anderen ermordet. Wer diesen Mann getötet hat, hat ihn gekannt. War es Haß? Liebe? Liebe, die in Haß umschlug? Angst vor einer Strafe? Was kann jemanden dazu getrieben haben, diesen Mann zu töten, der mächtig gewesen sein muß? Eins kann ich Ihnen sagen.«
»Was?«
»Der Teufel hat seine Krallen in beide geschlagen, in den Mörder und in das Opfer.«