Medley Orion hatte Monticello während der allgemeinen Konfusion nach Thomas Jeffersons Tod im Jahre 1826 verlassen. Kimball verbrauchte auf den kurvigen Landstraßen einen Tank Benzin nach dem anderen, immer auf der Suche nach Stammbäumen, Sklavenlisten, irgendwas, das ihm weiterhelfen konnte. In den guterhaltenen Tagebüchern von Tinton Venable waren einige Hinweise auf Medleys Geschick als Näherin aufgetaucht.
Gefesselt von dem Mordfall und von Medley selbst, war Kimball sogar zur Kongreßbibliothek gefahren, um die Aufzeichnungen von Dr. William Thornton und seiner in Frankreich geborenen Ehefrau durchzulesen. Thornton verstand sich wie Jefferson als Universaltalent. Jefferson hatte reinrassige Pferde gezüchtet, das Kapitol und das Oktagonhaus in Washington, D. C. entworfen, war ein eingefleischter Föderalist gewesen und hatte die Zerstörung Washingtons im Jahre 1814 überlebt. Seine Bemühungen, während dieses Großbrandes die Stadt zu retten, hatten zu einer erbitterten Feindschaft zwischen ihm und dem Bürgermeister von Washington geführt. Thorntons Ehefrau Anna Maria ließ stündlich sein Lob erschallen wie eine zeitgenau eingestellte Kirchenglocke. Als sie 1802 in Monticello zu Besuch war, schrieb sie: »Das ganze Haus hat eher etwas Grandioses, Erhabenes denn Komfortables. Eine Stätte, die man lieber hin und wieder betrachten statt bewohnen möchte.«
Mrs. Thornton war als Französin zwar ein wenig versnobt, aber sie hatte Humor. Jefferson hingegen bildete sich seltsamerweise etwas auf seinen Pragmatismus und seine Effizienz ein.
Kimballs Suche zahlte sich aus. Er fand einen Hinweis auf Medley. Mrs. Thornton erwähnte ein mintgrünes Sommerkleid, das Martha Jefferson - Patsy - gehörte. Das Kleid, schrieb Mrs. Thornton, sei von Patsysdienstbarem Geist< Medley Orion genäht worden. Sie erwähnte auch, daß Medleys noch nicht voll erblühte Tochter ungewöhnlich schön war, wie ihre Mutter, nur noch hellhäutiger. Ferner vermerkte sie, daß Medley und Martha Jefferson sich sehr gut verstanden, »ein Wunder, wenn man bedenkt«, aber Mrs. Thornton hatte es für unangemessen gehalten, diesen bedeutungsschweren Satz zu Ende zu führen.
Mrs. Thornton ließ sich sodann eingehend über ihre Einstellung zur Sklaverei aus - sie war dagegen - und über ihre Einstellung zur Rassenmischung, die sie ebensowenig guthieß. Ihrer Meinung nach leistete die Sklaverei der Faulheit Vorschub. Ihre Begründung dieser Behauptung enthielt, so gewunden sie war, ein Körnchen Logik: Warum sollte man arbeiten, wenn man die Früchte seiner Mühen nicht behalten durfte? Ein Dach über dem Kopf, ein voller Bauch und Kleider am Leib waren keine ausreichende Motivation für Fleiß, vor allem wenn man sah, daß die eigene Arbeit der anderen Seite den Nutzen brachte.
Vor Aufregung fuhr Kimball auf seinem Nachhauseweg auf der Route 29 so schnell, daß er einen Strafzettel bekam; trotzdem schaffte er die Strecke von Washington nach Charlottesville, für die man gewöhnlich zwei Stunden brauchte, bloß fünfzehn Minuten schneller. Er konnte es nicht erwarten, Heike von seiner Entdeckung zu berichten. Er mußte sich noch überlegen, was er Oliver erzählen würde, der mit jedem Tag nervöser wurde.