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»Weißt du was, wenn ich 's zu Hause nicht mehr aushalte, zieh ich zu dir in den Stall«, verkündete Paddy.

»Nein, das wirst du nicht tun«, rief Simon das Opossum vom Heu­boden herunter.»Du stiehlst mir meine Schätze. Du taugst nichts. Du bist als Taugenichts geboren und wirst als Taugenichts sterben.«

»Red nicht solchen Quatsch, du zu groß geratene Ratte. Wenn ich deine Meinung hören will, frag ich dich danach.« Paddy putzte eine seiner weißen Gamaschen.

Paddy, ein großer schwarzer Kater, der stets Frack und Gamaschen trug, sah gut aus, und das wußte er auch. Sein weißer Latz glänzte, und so streitsüchtig er war, nach jedem Kampf putzte er sich picobel­lo.

Mrs. Murphy saß in der Sattelkammer auf einem Regiestuhl. Paddy saß auf dem Stuhl gegenüber, und Tucker hatte sich auf dem Fußbo­den ausgestreckt. Simon mochte nicht herunterkommen. Er konnte fremde Tiere nicht ausstehen.

Das letzte Tageslicht warf einen pfirsichrosa Schimmer durch das Fenster. Die Pferde plauderten in ihren Boxen miteinander.

»Ich wünschte, Mom würde nach Hause kommen«, sagte Tucker.

»Sie wird lange in Eagle 's Rest bleiben.« Mrs. Murphy wußte, daß dieser Beileidsbesuch sich hinziehen würde, zumal ganz Crozet dort versammelt sein würde.

»Komisch, wie der alte Mann zusammengebrochen ist.« Paddy be­gann, seine andere Vorderpfote zu putzen.»Sie heben schon sein Grab aus. Ich bin auf meiner Runde über den Friedhof gegangen. Wesleys Platz ist zwischen den Berrymans und den Craigs.«

Tucker ging bis ans Ende des Stalls, dann kam sie zurück.»Der Himmel über den Bergen ist blutrot.«

»Es wird wieder Frost geben heute nacht«, stellte Paddy fest.»Im­mer, wenn man denkt, es wird Frühling.«

»Die Tage werden schon wärmer«, bemerkte Mrs. Murphy.»Dr. Craig. War das nicht Larry Johnsons Partner?«

Paddy erwiderte:»Lange bevor einer von uns geboren war.«

»Laß mich überlegen.« »Murph.« Tucker stellte sich nachdenklich auf die Hinterbeine und legte die Vorderpfoten auf den Stuhl.»Frag Herbie Jones, der erin­nert sich an alles.«

»Wenn die Menschen uns bloß verstehen könnten.« Mrs. Murphy machte ein finsteres Gesicht, dann hellte ihre Miene sich auf.»Dr. Jim Craig. 1948 ermordet. Er hat Larry in seine Praxis genommen, genau wie Larry HaydenMclntire hereingenommen hat.«

Paddy starrte seine Exfrau an. Wenn sie sich in eine Idee verrannte, ließ man sie am besten gewähren. Sie zeigte mehr Interesse für Men­schen als er.

»Worauf willst du hinaus?«

Die Tigerkatze sah auf ihre Hundegefährtin hinunter.»Paddy sagte, er ist über den Friedhof gegangen. Das Familiengrab der Randolphs liegt zwischen den Berrymans und den Craigs.«

Tucker wanderte unruhig umher.»Noch so ein ungelöster Mord­fall.«

»Ach, das ist eine von diesen Spukgeschichten, die sie dir als jun­ges Kätzchen erzählen, um dir Angst einzujagen«, sagte Paddy ge­ringschätzig.»Der alte Dr. Craig wurde in seinem Pontiac gefunden, bei laufendem Motor. Am Friedhofstor haben sie ihn entdeckt. Ja, ja, jetzt erinnere ich mich. Sein Enkel, Jim Craig II. hat vor Jahren ver­sucht, den Fall wieder aufzurollen, aber es ist nichts dabei herausge­kommen.«

»Ein Schuß zwischen die Augen«, sagte Mrs. Murphy.»Seine Arzt­tasche wurde gestohlen, aber kein Geld.«

»Diese Stadt ist voll von irren Typen. Da wollte einer allen Ernstes Doktor spielen«, sagte Paddy kichernd.

»1948.« Mrs. Murphy besann sich stolz auf die Einzelheiten, die ihre Mutter ihr vor langer Zeit erzählt hatte.»Die ganze Stadt war erschüttert, denn Dr. Craig war bei allen beliebt.«

»Nicht bei allen«, sagte Paddy.

»Hurra!« Tucker sprang hoch, als sie den Transporter in der Ein­fahrt hörte.»Mom ist da.«

»Paddy, komm mit rein. Harry mag dich.«

»Ja, mach, daß du hier rauskommst, du Nichtsnutz«, rief Simon vom Heuboden herunter.

Die Eule steckte den Kopf unter ihrem Flügel hervor, dann zog sie ihn wieder zurück. Sie beteiligte sich selten an den Gesprächen der anderen Tiere, da sie die Nachtschicht schob.

Der Hund sprang voraus.

Der befrackte Kater und die getigerte Katze schlenderten gemäch­lich zur Haustür. Es schickte sich nicht, sich allzu aufgeregt zu zei­gen.

»Wünschst du dir manchmal, wir wären noch zusammen?« fragte Paddy.»Ich schon.«

»Paddy, die Beziehung mit dir war wie Dünger für meine Charak­terfehler.« Ihr Schwanz schnellte in die Senkrechte, als Harry ihren Namen rief.

»Heißt das, daß du mich nicht leiden kannst?«

»Nein, es heißt, daß ich mich in der damaligen Situation nicht lei­den konnte. Komm jetzt, Abendessen.«

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