»Er war außer sich vor Entrüstung.« Miranda hielt ihr Publikum in Bann. Sie war in ihrer Geschichte an dem Punkt angelangt, wo Samson Coles mit hinter dem Rücken gefesselten Händen zum Wagen des Sheriffs geführt wurde und zu brüllen anfing. Er wolle nicht ins Gefängnis. Er habe weiter nichts Unrechtes getan, als mit dem Auto seine Frau zu verfolgen, und außerdem: Welcher Mann verspüre nicht hin und wieder den Drang, seiner Frau den Schädel einzuschlagen? Noel Coward habe geschrieben, Frauen seien wie Gongs, sie müßten regelmäßig geschlagen werden.
»Hat er das wirklich gesagt?« fragte Susan Tucker.
»InIntimitäten«, klärte Mim sie auf. Mim saß auf dem Schulstuhl, den Miranda aus dem hinteren Raum des Postamtes für sie herbeigeschafft hatte. Larry Johnson, der niemandem von den Tagebüchern erzählt hatte, Fair Haristeen und Ned Tucker standen; Market Shiflett saß, Pewter neben sich, auf dem Schalter. Mrs. Hogendobber schritt auf und ab und gestikulierte wild, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen. Tucker lief neben ihr her, und Mrs. Murphy saß auf der Briefwaage. Wenn Miranda eine Bestätigung wünschte, wandte sie sich an Harry, die ebenfalls auf dem Schalter saß.
Reverend Jones stieß die Tür auf; er war gekommen, um seine Post zu holen. »Wieviel habe ich verpaßt?«
»Fast alles, Herbie, aber ich gebe Ihnen eine Privataudienz.«
Nach Herb kamen Ansley und Warren Randolph. Mrs. Hogendobber strahlte, denn nun konnte sie das Erlebnis mit theatralischen Ausschmückungen wiederholen. Aller guten Dinge sind drei.
»Eine Oscarreife Vorstellung«, sagte Mrs. Murphy lakonisch zu ihren beiden Freundinnen.
»Ich wünschte, wir wären dabeigewesen.« Tucker haßte es, etwas Aufregendes zu verpassen.
»Mir wäre schlecht geworden«, bemerkte Pewter.»Hab ich euch schon erzählt, wie ich kotzen mußte, als Market mich zum Tierarzt brachte?«
»Nicht jetzt!« beschwor Mrs. Murphy die graue Katze.
Als Mrs. Hogendobber ihren Bericht zum zweiten Mal beendet hatte, fingen alle gleichzeitig zu reden an.
»Hat man die Mordwaffe gefunden? Die Pistole, mit der Kimball Haynes getötet wurde?« fragte Warren.
»Coop sagt, den ballistischen Untersuchungen zufolge war es eine kurzläufige .38er Pistole. Sie war nicht registriert. Erschreckend, wie leicht man illegal an eine Waffe kommen kann. Die Kugeln entsprechen dem Kaliber der .38er, die man in Samsons Wagen gefunden hat. Die Schüsse hatten das Fenster auf der Beifahrerseite zerschmettert. Er muß die Waffe auf dem Sitz neben sich gehabt haben. Sieht so aus, als wollte er Lulu wirklich umbringen. Und es sieht ganz so aus, daß er es war, der Kimball Haynes umgebracht hat.« Miranda schüttelte den Kopfüber so viel Gewalttätigkeit.
»Das will ich nicht hoffen«, erklang Dr. Johnsons ruhige Stimme. »Eheprobleme hat jeder, und die von Samson mögen größer sein als die der meisten, aber wir wissen noch nicht, was das Ganze ausgelöst hat. Und wir wissen nicht, ob er Kimball getötet hat. Im Zweifel für den Angeklagten. Bedenken Sie, wir sprechen von einem Einwohner von Crozet. Wir sollten lieber erst mal abwarten, bevor wir ihn hängen.«
»Von hängen habe ich nichts gesagt«, schnaubte Miranda. »Aber es ist schon äußerst merkwürdig.«
»Dieser Frühling war äußerst merkwürdig.« Fair zog seine Zehen zusammen und spreizte sie, eine nervöse Angewohnheit von ihm.
»So gerne ich Samson mag, ich hoffe, hiermit ist der Fall erledigt. Warum sollte er Kimball Haynes töten? Ich weiß es nicht.« Ned Tucker legte den Arm um die Schultern seiner Frau. »Aber wir würden nachts besser schlafen, wenn wir wüßten, daß der Fall abgeschlossen ist.«
»Laß die Toten die Toten begraben.« Unter Gemurmel stimmte die kleine Gruppe in Neds Hoffnungen ein.
Niemand bemerkte, daß Ansley geisterbleich geworden war.