70. KAPITEL

Leutnant Collet stand im Salon des Château Villette und blickte betrübt in das erlöschende Kaminfeuer. Capitaine Fache war wenige Augenblicke zuvor eingetroffen. Man hörte seine Stimme im Nebenraum ins Telefon brüllen, wo er die fehlgeschlagene Suchaktion nach dem Range Rover noch zu retten versuchte.

Die sind längst über alle Berge, dachte Collet.

Nachdem er Faches ausdrücklichen Befehl missachtet hatte und Langdon ihm zum zweiten Mal durch die Lappen gegangen war, musste er dankbar sein, dass die Spurensicherung das Einschussloch im Boden entdeckt hatte, was wenigstens Collets Behauptung bestätigte, dass im Haus geschossen worden war. Gleichwohl, Fache war sauer, und Collet spürte, dass die Sache ein Nachspiel haben würde, sobald der Staub sich gelegt hatte.

Es kam hinzu, dass die Spuren und Hinweise keinerlei Rückschlüsse zuließen, was im Château vorgefallen war, und wer die Beteiligten gewesen waren. Der schwarze Audi war unter falschem Namen gemietet und mit einer gefälschten Kreditkarte bezahlt worden, und die Fingerabdrücke im Innern des Fahrzeugs waren in der Datenbank von Interpol nicht registriert.

Ein Beamter kam in den Salon gerannt. »Wo ist Capitaine Fache?«, rief er eifrig.

Collet sah kaum von der verlöschenden Glut auf. »Hängt am Telefon.«

»Ich hänge nicht am Telefon!«, stieß Fache hervor, der soeben in den Salon kam. »Was haben Sie für mich?«

»Chef, die Zentrale hatte gerade einen Anruf von André Vernet von der Zürcher Depositenbank«, sagte der Beamte. »Vernet möchte unter vier Augen mit Ihnen sprechen. Er will seine Aussage ändern.«

»Was Sie nicht sagen.«

Auch Collet sah jetzt auf.

»Vernet gibt zu, dass Langdon und Neveu heute Nacht eine gewisse Zeit in seiner Bank verbracht haben.«

»Das dachten wir uns schon«, knurrte Fache. »Warum hat Vernet uns belogen?«

»Er sagt, er will nur mit Ihnen persönlich sprechen, aber er hat sich zur vorbehaltlosen Kooperation bereit erklärt.«

»Was verlangt er als Gegenleistung?«

»Dass wir den Namen seiner Bank aus den Meldungen heraushalten. Außerdem möchte er, dass wir ihm bei der Wiederbeschaffung eines gestohlenen Gegenstandes helfen. Langdon und Neveu haben anscheinend etwas aus Saunières Depot mitgehen lassen.«

»Wie bitte?«, platzte Collet heraus.

Faches Blick ruhte unerschütterlich auf dem Polizeibeamten. »Und was haben sie gestohlen?«

»Dazu hat Vernet sich nicht geäußert, aber er scheint zu allem bereit zu sein, sofern er diesen Gegenstand zurückbekommt.«

Collet versuchte sich vorzustellen, was geschehen war. Hatten Langdon und Neveu einen Bankangestellten mit der Waffe bedroht? Möglicherweise hatten sie Vernet gezwungen, Saunières Depot zu öffnen und ihnen mit dem Geldtransporter zur Flucht zu verhelfen. Doch Collet konnte sich einfach nicht vorstellen, dass Sophie Neveu sich an so etwas beteiligen würde.

»Capitaine?«, rief ein Beamter aus der Küche. »Ich bin gerade den Kurzwahlspeicher des Telefons durchgegangen und habe jetzt den Flugplatz Le Bourget an der Strippe. Leider gibt es schlechte Neuigkeiten.«


Dreißig Sekunden später hatte Fache seinen Auftritt im Château Villette beendet und eilte zu seinem Wagen. Er hatte soeben erfahren, dass Teabing auf dem nahen Flugplatz eine Privatmaschine stehen hatte, die vor etwa einer halben Stunde gestartet war.

Die Flugleitung von Le Bourget hatte am Telefon behauptet, das Ziel der Maschine nicht zu kennen. Eine Starterlaubnis war nicht erteilt, ein Flugplan nicht eingereicht worden. Doch Fache war sicher, alle gewünschten Auskünfte zu bekommen, wenn er nur die richtigen Register zog.

»Leutnant Collet«, schnauzte er auf dem Weg zur Tür, »ich habe leider keine andere Wahl, als Ihnen hier die Leitung der Spurensicherung zu überlassen. Versuchen Sie zur Abwechslung, diesmal keinen Mist zu bauen.«

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