Ein Zauber zur Ebbe

Es war Morgen, und Nuramon saß auf dem Stein, an dem die Königin einst das Stundenglas zerschlagen hatte. Hier hatten sie viele Sandkörner gefunden, und Farodin erzählte, er habe diesen Stein in einer Vision in der Gewandkammer der Königin gesehen.

Nuramon konnte immer noch nicht fassen, dass sie tatsächlich den Ort gefunden hatten, den das Orakel ihm gewiesen hatte. Es herrschte Ebbe. Das Meer hatte sich weit zurückgezogen und einen welligen Boden zwischen der Insel und dem Festland zurückgelassen. Das Watt erinnerte Nuramon an den Weg zum Orakel, der ihm wie ein trockenes Flussbett erschienen war.

Nur etwa zwanzig Schritt entfernt lag der Albenstern. Die Ebbe hatte ihn freigelegt. Die Stelle war an den Muscheln zu erkennen, die sich um den Albenstern sammelten.

Es war fast ein Wunder, dass sie hier so weit im Osten Land gefunden hatten. Jenseits der Insel schien ein ganzer Kontinent zu liegen, von dem die Menschen im Fjordland, in Angnos, Drusna oder Fargon nichts ahnten. Es sah fast aus wie unberührtes Land.

»Er ist so weit!«, sagte Mandred und schlug Nuramon auf die Schulter. »Farodin ist bereit.« Der Menschensohn sah müde aus. Die letzten Tage hatte er damit verbracht, Farodin mit dem kleinen Beiboot durch die ganze Bucht zu rudern, um nach verstreuten Sandkörnern zu suchen.

Nuramon nickte nur.

»Diesmal wird es schon klappen.« Mandreds Versuch, ihm Mut zu machen, fruchtete nicht. Zu oft hatte Nuramon sich in den vergangenen Tagen bemüht, das Tor zu Noroelle zu öffnen. Doch jedes Mal war er jämmerlich gescheitert. Zuerst hatte er es während der Flut versucht, doch das Wasser schien seinen Zauber zu schwächen, und um die Pforte zu Noroelle zu öffnen, war er auf all seine Kraft angewiesen.

Nuramon stand auf.

Die Mannschaft kam herbei und sammelte sich am Strand. Sie wollten sich das Schauspiel nicht entgehen lassen, auch wenn es in den letzten Tagen wenig zu sehen gegeben hatte. Farodin war nicht bei ihnen.

Die Insel, auf der sie sich befanden, mochte in der Zerbrochenen Welt ein Ebenbild besitzen. Nur ein Tor auf dem Albenstern, und sie wären bei Noroelle! Nuramon konnte nicht fassen, dass sie der Geliebten so nahe waren und doch nicht zu ihr gelangen konnten. Aus eigener Kraft war es unmöglich, an dem Albenstern eine Pforte zu öffnen, denn die Barriere der Königin war zu mächtig.

»Farodin hat nun alle Sandkörner gefunden, die es hier gibt«, sagte Mandred.

Die Worte seines Gefährten konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie wohl immer noch zu wenige Sandkörner besaßen und der Zauber der Königin übermächtig war.

Farodin kam schließlich herbei. Er wirkte ausgeruht. »Denk daran, Mandred«, sagte er mit entspannter Stimme. »Ihr dürft uns nicht zu Hilfe kommen, was auch geschieht. Am Ende scheitert der Zauber noch an eurer Sorge.«

»Versprochen!«, entgegnete Mandred. Auch die übrigen Firnstayner stimmten zu. Dann klopfte der Jarl Nuramon auf die Schulter. »Denk an deine Heldentat in der Höhle des Luth!«

Gemeinsam schritten Nuramon und Farodin dem Albenstern entgegen. Die Muscheln bildeten einen Kreis und folgten den Pfaden ein wenig, sodass sie wie ein Sonnensymbol wirkten. In der Mitte des kleinen Kreises häuften sich einige Muscheln. Offenbar war das Meer zu schwach, um sie fortzuspülen. Der Albenstern hielt sie fest.

Sie stellten sich in den Muschelkreis.

»Was ist los, Nuramon?«, fragte Farodin schließlich.

»Wir sind ihr so nahe, und doch …«

Farodin unterbrach ihn. »Ich werde die Kraft aus dem Sand ziehen. Darin bin ich gut. Und ich werde sie zu dir fließen lassen. So können wir alle Macht aufbieten, die wir besitzen.«

Es beruhigte Nuramon zwar, dass Farodin ihm auf diese Weise helfen wollte, doch sein Gefährte ahnte nicht, wie machtvoll die Barriere der Königin war. Mandreds Vergleich mit der Höhle des Luth war nicht abwegig. Nuramon hatte gestern bei dem Versuch, den Zauber zu brechen, schreckliche Schmerzen gelitten. Farodin hatte ebenfalls versucht, ein Tor zu öffnen, war jedoch schon im Ansatz gescheitert. So hatte Farodin nicht gespürt, wie groß die Macht war, gegen die sie hier antraten. Sie mussten viel mehr Kraft aufbieten, um ihr Ziel zu erreichen. Das Schicksal schien sie wieder und wieder vor unlösbare Aufgaben zu stellen. Nuramon musste an den Kampf gegen den Devanthar denken. Dafür waren sie ebenso wenig gewappnet gewesen wie für diesen Zauber. Doch wenn sie ein einziges Mal über sich hinauswuchsen, dann mochte es reichen, um Noroelle zu retten.

»Bist du bereit?«, fragte Farodin.

»Nein, ich bin nicht bereit. Aber ich will zu Noroelle!« Nuramon fasste Farodins Hand und hielt sie fest. Dann schloss er die Augen. Er konzentrierte sich, und langsam erschienen die Albenpfade vor seinen Augen. Drei verliefen parallel zum Boden, nur einer drang aus dem Grund, durchstieß den Albenstern und reichte geradewegs hinauf zum Himmel. Dieser eine Pfad war es, der zu Noroelle führte. Er war schwarz und von grünen Lichtadern durchzogen. Die Barriere der Königin konnte Nuramon fühlen, nicht aber sehen. Sie war wie eine Kruste, die den Pfad zu Noroelle ummantelte und blockierte. Wie ein Sieb schien sie nur einen Teil der Macht des Pfades hindurchzulassen. Die Kruste war härter als alles, was Nuramon kannte. Er beschloss, direkt dagegen anzukämpfen und nicht wie zuvor den Versuch zu wagen, sich vorsichtig an die Barriere heranzutasten.

So wob er den Zauber und machte sich bereit, die Barriere mit einem mächtigen Schlag zu durchdringen und dem Albenstern eine Wunde zu schlagen. Wie ein Schwert fuhr seine Zaubermacht gegen die Barriere. Noch ehe sie die Kraftmauer traf, spürte Nuramon, wie sich vor ihm etwas sammelte. Plötzlich griff es nach seinem Körper, und brennender Schmerz durchfuhr ihn.

Er brach den Zauber ab, als er seinen Leib nicht mehr spüren konnte. Dann löste er sich von der Barriere, und augenblicklich verschwand der Schmerz.

Nuramon schlug die Augen auf, ließ die Hand seines Gefährten los und atmete durch.

Farodin starrte ihn mitleidvoll an. »Du hast mir keine Kraft genommen«, stellte er fest.

»Ich bin nicht einmal dazu gekommen. Diese Barriere ist stärker als das Tor zu den Zwergenreichen.«

»Du willst aufgeben?«, fragte Farodin. »Niemand würde dich einen Schwächling nennen.«

»Noroelle ist auf der anderen Seite! Ich werde es noch einmal versuchen.«

Er fasste wieder Farodins Hand, schloss die Augen und konzentrierte sich erneut. Es musste einfach schneller gehen! In dem Augenblick, da sich die Kraft der Barriere sammelte, um ihm den Schmerz beizubringen, musste er mit seiner Macht bereits die Kruste durchdrungen haben. Er ging den Zauber noch einmal im Geiste durch. Dann wagte er es erneut. Seine Kraft traf auf die Barriere, drang dieses Mal in sie ein wie das Schwert in den Leib eines Gegners, und dennoch gelang es nicht, die magische Wand zu durchbrechen, ehe der Schmerz ihn übermannte. Ihm war, als hätte er sich selbst eine Klinge in den Leib gestoßen.

Plötzlich unterstützte Farodin ihn mit seiner Zaubermacht. Die Sandkörner gaben ihm große Kraft und halfen Nuramon, den Schmerz auszuhalten. Er versuchte verzweifelt, die Barriere zu durchstoßen, doch er kam zu langsam vorwärts. Und je mehr Macht er aufbot, den Zauber der Königin zu brechen, desto größer wurde der Schmerz.

Nuramon hörte einen Schrei. Es war Farodin! Die Pein schien auch nach seinem Gefährten gegriffen zu haben. Nuramon spürte, wie sie den Schmerz nun teilten. So blieb ihm mehr Kraft für seinen Zauber, und er drang noch tiefer in die Barriere ein. Doch mit jedem Stück, das er vorankam, wuchs der Schmerz, bis er schließlich so stark anwuchs, dass Farodins Schreie nicht mehr enden wollten. Der Schmerz war nun überall. Wie einst in der Eishöhle verlor Nuramon allmählich des Gefühl für seinen Körper. Doch er kam mit seinem Zauber noch immer vorwärts. Der Schutzzauber war fast gebrochen. Bald könnte er damit beginnen, seine Kraft in den dunklen Albenpfad zu lenken, um das Tor zu öffnen. Stück für Stück kam er näher an ihn heran. Bald wären sie bei Noroelle!

Dann steigerte sich der Schmerz ins Unermessliche. Noch immer spürte er Farodins Hand, doch sein Gefährte konnte ihm keine Kraft mehr geben. Es floss nichts mehr nach. Wie ein Blitz durchfuhr es Nuramons Geist. Er kämpfte verzweifelt gegen das Versagen an. Dann erlosch auch seine Macht, und er wurde vom Zauber zurückgeschleudert.

Nuramon öffnete die Augen. Vorsichtig löste er die Hand von Farodin. Sein Gefährte starrte ihn mit glasigen Augen an und atmete schwer. Das Fläschchen mit den Sandkörnern entglitt seinen Fingern. So verletzlich wie in diesem Augenblick hatte er Farodin noch nie gesehen.

»Verzeih mir! Ich war am Ende meiner Kräfte!«, sagte er schließlich. »Diese Schmerzen! Ist es das, was du gestern schon gefühlt hast?«

»Ja«, entgegnete Nuramon. »Bei jedem Versuch kam der Schmerz.«

»Ich hatte ja keine Ahnung … Wo hast du gelernt, das auszuhalten?«

»In der Höhle des Luth.«

Farodin machte ein erstauntes Gesicht.

»Unser Zauber ist nicht am Schmerz gescheitert«, erklärte Nuramon. »Unsere Kraft reicht nicht, um sich mit der Königin zu messen. Ich fühlte mich wie eine Auenfee, die einem Kentauren ein Bein stellen will. Ich bin leer und ausgebrannt. Dir geht es ähnlich, nicht wahr?«

Farodin nickte und holte tief Luft.

Nuramon schaute zu Mandred. Der Jarl und die Firnstayner machten besorgte Mienen, hatten sich aber wie versprochen nicht von der Stelle gerührt.

»Alles in Ordnung?«, rief Mandred ihnen entgegen.

»Es ist vorbei!«, entgegnete Nuramon mürrisch.

Die Enttäuschung auf Mandreds Gesicht schmerzte Nuramon. Der Menschensohn hatte immer an seine magischen Fähigkeiten geglaubt und ihn für einen großen Zauberer gehalten.

Mandred und die Firnstayner zogen sich in den Wald zurück, der nahezu die ganze Insel bedeckte. Als alle fort waren, wandte sich Nuramon an Farodin. »Wir müssen reden, wie es nun weitergehen soll.«

Seite an Seite schritten sie ans Ufer zurück und gingen an dem Stein vorüber in den Wald. Sie schwiegen lange. Nuramon musste an die Worte des Dschinns in Valemas denken. _Große Macht mit großer Macht bekämpfen!_ Sie waren noch nicht so weit, die Barriere zu brechen. »Wir müssen fürs Erste aufgeben und einen anderen Weg beschreiten«, sagte Nuramon.

»Lass es uns morgen noch einmal versuchen«, entgegnete Farodin.

»Ich sage dir: Es ist unmöglich!«

»Wir sind so nahe am Ziel! Wir können jetzt nicht …«

Nuramon unterbrach seinen Gefährten. »Es ist unmöglich!«, wiederholte er. »Wie oft hast du mich diese Worte sprechen hören?«

Farodin stutzte. »Noch nie …«

»Dann glaube es mir. Wir sind dieser Macht noch nicht gewachsen. Es gibt nur eine Hoffnung: ein Albenstein!«

Farodin hob sein Fläschchen. »Wir haben hier viele Sandkörner gefunden, es wird mir nun noch leichter fallen, andere zu finden. Dann können wir es noch einmal versuchen.«

»Ich kann nicht glauben, dass du immer noch daran festhältst, Farodin. Die Kraft der Sandkörner ist zu gering, sie ist nicht gebunden. Wenn wir wenigstens das Stundenglas hätten!«

»Ich habe danach Ausschau gehalten, aber hier findet sich keine Spur. Da ist einfach nichts.«

»Die Sandkörner haben ihre Rolle gespielt. Sie haben uns hierher geführt und mögen uns am Ende vielleicht noch einmal dienen … Stell dir vor, wie in der Zerbrochenen Welt Noroelle genau wie wir zwischen den Bäumen geht und an uns und vielleicht an Obilee denkt. Ich wünschte, dieser Gedanke allein würde mir die Kräfte verleihen, die wir brauchen. Gewiss, wir können über uns hinauswachsen, doch alles hat Grenzen, und ich spüre, dass uns noch vieles an Macht fehlt.«

»Aber woher sollen wir einen Albenstein bekommen? Außer der Königin weiß ich von keinem Albenkind, das einen solchen Stein besitzt. Und Emerelle wird uns ihren Stein niemals geben.« Er zögerte. »Aber vielleicht könnte man ihn stehlen?«

Nuramon lehnte sich mit dem Rücken gegen einen Baum. »Erniedrigen wir uns nicht! Es muss andere Steine geben.«

»Selbst wenn es sie gibt, dann können wir sie nicht finden, denn niemand wird dir den Weg zu einem Albenstein weisen. Wer einen besitzt, der wird ihn verborgen halten. Und selbst angenommen, wir finden einen: Weißt du ihn zu nutzen?«

»Nein. Aber es gibt einen Ort, an dem wir das lernen können. Und vielleicht finden wir dort auch eine Spur zu einem Albenstein.«

»Iskendria!«, entgegnete Farodin.

Nuramon nickte. »Ja, Iskendria.«

Sie erreichten die andere Seite der Insel. Hier hatten sie das Lager aufgeschlagen.

Mandred trat erwartungsvoll an Nuramon und Farodin heran. »Wie geht es nun weiter?«, fragte er.

»Wir sind gescheitert und werden wieder scheitern, egal wie oft wir es versuchen«, antwortete Farodin. »Wir werden wiederkehren, wenn wir stärker sind.«

»Wir werden einen Albenstein suchen und jedes Sandkorn aufsammeln, das wir finden können«, erklärte Nuramon. »Dann kommen wir hierher zurück.«

Mandred nickte. Seine Enttäuschung schien zu weichen. »Es ist töricht, eine Schlacht zu schlagen, die man nicht gewinnen kann. Den Krieg gewinnt, wer in der letzten Schlacht siegt. Und unsere letzte Schlacht ist noch lange nicht geschlagen.« Er wandte sich an die Mannschaft. »Wir brechen das Lager ab!«

Während die Männer sich an die Arbeit machten, begaben sich die drei Gefährten zurück auf das Schiff. Mandred war es, der das Schweigen brach. »Hier sind doch Albenpfade. Könnten wir auf einem zurück nach Firnstayn gelangen?«

»Und das Wagnis eingehen, einen weiteren Sprung in der Zeit zu machen?«, erwiderte Farodin. »Wir haben uns bereits damit abgefunden, aber was ist mit den Männern? Sie werden uns verfluchen, wenn sie heimkehren und ihre Kinder Greise sind. Das willst du doch nicht, oder?«

»Natürlich nicht. Ich habe mich nur gefragt, ob es geht.«

»Die Fauneneiche hat uns gesagt, dass wir einst zwischen Albensternen einer Welt reisen könnten. Aber ich schätze, so weit sind wir noch nicht.«

Nuramon mischte sich ein. »Doch, wir sind so weit, Farodin. Ich habe den Zauber auf meiner Suche nach dem Orakel versucht, als ich durch Angnos reiste. Irgendwann habe ich es einfach gewagt, und es ist geglückt. Im Grunde ist es ganz einfach. Man muss nur den Pfad genau kennen. Ich habe den Zauber verwendet, den uns die Fauneneiche gelehrt hat. Statt des Pfades in eine andere Welt wählst du einfach einen, der die Welt nicht verlässt.«

»Wieso hast du mir das nicht gesagt?«, fragte Farodin.

Nuramon musste schmunzeln. Es lag ihm auf der Zunge, seinen Kameraden daran zu erinnern, wie oft er ihnen sein Wissen vorenthalten hatte. »Neben allem, was sonst geschehen war, erschien es mir unwesentlich. Aber Mandred hat wieder einmal die richtige Frage gestellt.« Nuramon sah den Stolz im Gesicht des Jarls. »Die Reise, die hinter uns liegt, war eine Reise der weiten Wege. Jene, die vor uns liegt, ist von einer anderen Art.« Er deutete den Albenpfad entlang. »Wir sind sehr früh auf diesen Pfad gestoßen. Wenn ich mich nicht irre, dann durchquert er das südliche Fjordland. Für den Rückweg wird uns das nicht helfen, weil wir nicht wissen, zu welchem Albenstern er führt. Aber es mag sein, dass er uns nützt, wenn wir hierher zurückkehren. Denn die Barriere blockiert nur Noroelles Pfad, nicht aber die anderen.«

»Du meinst, wir sollten von nun an von Albenstern zu Albenstern springen?«

»So können wir rasch nach Iskendria gelangen und die Menschen ebenso meiden wie lange Reisen durch unangenehme Gebiete.« Er musste an die Wüste denken.

Farodin lächelte. »Du willst also reisen wie die Alben.«

»Das ist es, was die Fauneneiche angedeutet hat«, entgegnete Nuramon.

»Was sagst du dazu, Mandred?«, fragte Farodin.

Der Jarl grinste breit. »Du fragst mich, ob ich statt Monden nur wenige Augenblicke unterwegs sein will? Was soll ich darauf wohl anderes antworten als: Ja, verdammt!«

Farodin nickte. »Dann lasst uns nach Firnstayn zurückkehren und von dort aus auf den Spuren der Alben wandeln …«

Die Chronik von Firnstayn

Am fünften Tag des vierten Mondes im dritten Jahr König Neltors kehrte die Albenstern zurück nach Firnstayn. Mandred, Nuramon, Farodin und die Mandriden, sie alle waren wohlbehalten. Es war ein Freudentag, der mit einem großen Fest begangen wurde. Tharhild brachte ihren Sohn vor Mandred. Und der Jarl erkannte das Kind als seines an. König Neltor bot sogar an, seine Krone an Mandred zu übergeben, wenn er sie denn wolle. Doch der Jarl lehnte ab und sagte, das Königreich brauche einen beständigen Herrscher, der sich vor Ort um alles kümmere. Sein Schicksal aber sei es, rastlos umherzuwandern und von daher nur selten in Firnstayn zu weilen. Als er das Kind in den Armen hielt, stand in seinen Augen eine Trauer, als wüsste er, dass er es niemals wieder sehen würde. Und er mied das Kind fortan.

Mandred und seine Gefährten blieben zehn Tage und bereiteten sich indessen auf eine weitere große Reise vor. Die Mandriden aber, welche die drei Gefährten begleitet hatten, erzählten von dem Land im fernen Osten, von der Zauberei der beiden Elfen und der Weisheit Mandreds. Es sei keine Reise des Kampfes gewesen, sondern eine der Magie.

Als Mandred, Nuramon und Farodin dann auszogen, vermuteten wir, dass der Jarl wohl nicht in unserer Lebensspanne zurückkehren werde. Die folgenden Tage herrschte Trübsinn in Firnstayn. Doch der König versicherte, dass Mandred immer dann zur Stelle sein werde, wenn große Gefahr drohe. Und seit jenem Tag warten wir auf die Rückkehr des mächtigen Jarls von Firnstayn. Manche fürchten sie auch, denn wenn er wiederkehrt, wird eine Zeit der Not angebrochen sein.

Niedergeschrieben von Lurethor Hjemison,

Band 17 der Tempelbibliothek zu Firnstayn, s.89

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